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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 15 W 371/07
Rechtsgebiete: GBO, BNotO


Vorschriften:

GBO § 13
GBO § 34
BNotO § 21 Abs. 1
Der durch ein Zeugnis des Registergerichts oder eine Notarbescheinigung zu führende Nachweis einer Vertretungsberechtigung oder der Rechtsnachfolge einer GmbH ist nicht durch die Einführung des gemeinsamen Registerportals der Länder entbehrlich geworden. Denn das Grundbuchamt ist nicht verpflichtet, sich durch Einsichtnahme in dieses Register selbst die für erforderlich angesehenen Unterlagen beizuziehen.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 370/07 OLG Hamm 15 W 371/07 OLG Hamm

In der Grundbuchsache

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17.01.2008 auf die weitere Beschwerden der Beteiligten vom 01.10.2007 gegen den Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 04.09.2007 durch

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Auf die erste Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Grundbuchamtes vom 18.06.2007 abgeändert.

Die Zurückweisung des Antrags auf Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 1) und Löschung der zugunsten der Bank I eingetragenen Grundschuld Abteilung III Nr. 5 wird durch den Erlass folgender Zwischenverfügung ersetzt.

Dem Vollzug des genannten Antrags stehen folgende Hindernisse entgegen:

1. fehlender Vertretungsnachweis für den in der Urkunde vom 23.02.2007 handelnden Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beteiligten zu 1) in der Form der §§ 29, 32 GBO,

2. fehlender Nachweis in der Form des § 29 GBO, dass die C AG Rechtsnachfolgerin der eingetragenen Grundschuldgläubigerin in Abteilung III Nr. 5 ist.

Zur Behebung der Hindernisse durch Herbeiführung der genannten Nachweise wird den Beteiligten eine Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Beschlusses gesetzt.

Gründe:

I.

Mit Grundstückskaufvertrag und Auflassung vom 23.02.2007 (Urkundenrolle Nr. 212/2007 des Notars Wolfang E aus C3) veräußerte der Beteiligte zu 2) den dort näher bezeichneten Grundbesitz, eingetragen im eingangs genannten Grundbuch, an die Beteiligte zu 1). Die Beteiligten wurden in dem Beurkundungstermin vertreten durch Herrn H, der nach den beurkundeten Erklärungen für den Beteiligten zu 2) aufgrund einer zuvor beurkundeten notariellen Veräußerungsvollmacht und für die Beteiligte zu 1) als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH handelte.

Unter dem 03.05.2007 beantragte der Urkundsnotar unter Bezugnahme auf § 15 GBO u.a. die Löschung der zugunsten der Bank I eingetragenen Grundschuld Abteilung III Nr. 5 sowie die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 1).

Mit Zwischenverfügung vom 08.05.2007 wies der Rechtspfleger des Amtsgerichts darauf hin, dass der Vollmachtsnachweis für den in der Urkunde handelnden Bevollmächtigten der Beteiligten zu 1) in der Form des § 29 GBO nicht vorliege. Außerdem fehle der Nachweis, dass die C AG Rechtsnachfolgerin der eingetragenen Grundschuldgläubigerin in Abteilung III Nr. 5 sei.

Hiergegen legte der Urkundsnotar unter dem 15.05.2007 "Erinnerung" ein, die er im Wesentlichen damit begründete, es bedürfe eines Vollmachtsnachweises des Bevollmächtigten der Beteiligten zu 1) nicht. Denn Herr H sei für die Käuferin nicht aufgrund einer Vollmacht aufgetreten, sondern in seiner Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementärin der Beteiligten zu 1). Die Komplementärin sei im Handelsregister HRB #### des Amtsgerichts Bad Oeynhausen eingetragen. Die erwerbende Kommanditgesellschaft, die Beteiligte zu 1), sei im Handelsregister unter HRA #### des Amtsgerichts Bad Oeynhausen eingetragen. Das Grundbuchamt müsse sich hierüber selbst durch elektronische Einsichtnahme in das von den Justizverwaltungen der Länder selbst herausgegebene "gemeinsame Registerportal der Länder" Gewissheit verschaffen. Dieses sei über das Internet problemlos möglich. In gleicher Weise sei es dem Grundbuchamt möglich, die in der Löschungsbewilligung der C AG vom 15.03.2007 (Urkundenrolle Nr. #####/####des Notars U in M) behauptete Rechtsnachfolge nach der Bank I in C4 durch Einsichtnahme in die in der Löschungsbewilligung erwähnten Handelsregister HRB #### und HRB ####, beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg selbst durch Einsichtnahme in das gemeinsame Registerportal der Länder festzustellen.

Der Rechtspfleger half der "Erinnerung" mit Beschluss vom 18.05.2007 nicht ab und legte sie dem Richter zur Entscheidung vor. Dieser wies die "Erinnerung" durch Beschluss vom 15.06.2007 zurück. Daraufhin wies der Rechtspfleger mit Beschluss vom 18.06.2007 die Anträge auf Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligte zu 1) und Löschung des Rechts in Abteilung III Nr. 5 zurück.

Hiergegen legten die Beteiligten Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abhalf und die das Landgericht mit Beschluss vom 04.09.2007 zurückwies.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft und gemäss § 80 Abs. 1 Satz 2 GBO formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt aus der Zurückweisung ihrer ersten Beschwerde. Das Rechtsmittel führt zum erneuten Erlass einer Zwischenverfügung anstelle der vom Grundbuchamt vorgenommenen Antragszurückweisung.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat das Landgericht übersehen, dass Gegenstand des Verfahrens der Erstbeschwerde nicht mehr die Zwischenverfügung vom 08.05.2007 war, weil das Grundbuchamt bereits am 18.06.2007 die Eintragungsanträge der Beteiligten vom 03.05.2007 zurückgewiesen hatte. Damit war eine Hauptsacheerledigung eingetreten (BGHZ 151, 116 = FGPrax 2002, 196; Bauer/von Oefele/Budde, GBO, 2. Aufl., § 77 Rn. 10 m.w.N.), weil das mit der Zwischenverfügung verfolgte Ziel, Mängel des Eintragungsverfahrens mit rückwirkender Kraft vor einer Antragszurückweisung noch zu heilen, nicht mehr erreicht werden konnte. Das Landgericht konnte daher nur noch über die Beschwerde gegen die Zurückweisung entscheiden. Da aber das Landgericht ausdrücklich auch über die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrags entschieden hat, ist der vom Landgericht bestätigte Zurückweisungsbeschluss allein Gegenstand der Überprüfung durch den Senat.

1. In der Sache hat das Landgericht zu Recht die Auffassung des Grundbuchamts bestätigt, dass die Vertretungsmacht für den in der Urkunde handelnden Bevollmächtigten der Beteiligten zu 1) und die Rechtsnachfolge der C AG als Gläubigerin des in Abteilung III Nr. 5 eingetragenen Rechts nicht in der Form der §§ 29, 32 GBO nachgewiesen ist, so dass die Anträge vom 03.05.2007 auf Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 1) und Löschung des Rechts in Abteilung III Nr. 5 zurückzuweisen sind, wenn diese Mängel nicht behoben werden.

Das Landgericht hat ausgeführt:

"Das Grundbuchverfahren unterliegt dem Antrags- und Beibringungsgrundsatz des § 13 GBO. Die Antragstellerin hat die zur Prüfung und zum Vollzug ihres Antrages erforderlichen Unterlagen in der entsprechenden Form beizubringen. Diesen Anforderungen ist die Antragstellerin nicht nachgekommen.

Nach § 29 Abs. 1 GBO soll eine Eintragung nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Nach § 32 Abs. 1 GBO wird der Nachweis, dass der Vorstand einer Aktiengesellschaft aus den im Handelsregister eingetragenen Personen besteht bzw. der Nachweis der Befugnis zur Vertretung einer offenen Handelsgesellschaft, einer Partnerschaftsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, durch ein Zeugnis des Gerichts über die Eintragung geführt.

Diese Bevollmächtigung bzw. der Nachweis der Rechtsnachfolge sind jedoch nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen worden. Entsprechende beglaubigte Handelsregisterauszüge sind dem Grundbuchamt nicht vorgelegt worden.

Die Beibringung dieser Unterlagen ist auch nicht durch die Einrichtung der von den Justizverwaltungen der Länder herausgegebenen "gemeinsamen Registerportale der Länder" und die Möglichkeit, solche Kenntnisse aus entsprechenden Internetseiten ermitteln zu können, entbehrlich geworden. Hiermit ist nämlich eine Änderung der entsprechenden zuvor genannten gesetzlichen Vorschriften nicht verbunden gewesen. Das Grundbuchrecht ist grundsätzlich ein formales Recht.

Die Entbehrlichkeit ergibt sich auch nicht entsprechend aus § 34 GBO. § 34 GBO ist insoweit nicht analog anzuwenden. Es liegt insbesondere keine planwidrige Regelungslücke vor. Wie der Verfahrensbevollmächtigte selbst vorträgt, liegen die erforderlichen Unterlagen zudem nicht bei dem Amtsgericht Lübbecke vor. Die zuständigen Registergerichte sind stattdessen die Amtsgerichte Bad Oeynhausen und Charlottenburg in Berlin. Das Grundbuchamt ist insoweit nicht verpflichtet, selbst Einsicht in das Register zu nehmen. Obwohl dem Gesetzgeber bei der Einführung der gemeinsamen Registerportale der Länder die entsprechenden Vorschriften bekannt waren, hat er sie nicht geändert. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der gemeinsamen Registerportale der Länder u.a. eine Verringerung der Arbeitsbelastung der Notare zu Lasten der Gericht bezwecken wollte, zumal die Ergebnisse der Einsichtnahme - Registerauszüge - ohnehin schriftlich der Akte zugeführt werden müssten."

Diesen Ausführungen stimmt der Senat zu.

Der für die Eintragungsbewilligung erforderliche Nachweis der Vertretungsberechtigung bei einer Kommanditgesellschaft und einer GmbH wird nach § 32 Abs. 2 GBO durch ein Zeugnis des Registergerichts über die Eintragung geführt. Dieses muss aus neuester Zeit stammen, weil in der Zwischenzeit die Vertretungsbefugnis weggefallen sein oder sich geändert haben kann (Schöner/Stöber, Grundbuchtrecht, 13. Aufl., Rn. 3638). Mit derselben Beweiskraft kann die Vertretungsberechtigung durch eine Bescheinigung des Notars in der Form des § 39 BeurkG nachgewiesen werden, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BNotO (in der Fassung des Gesetzes vom 31.08.1998 BGBl. I 2585). Der Notar darf die Bescheinigung nur ausstellen, wenn er oder seine Hilfsperson zuvor das Register oder eine beglaubigte Abschrift des Registers oder den Abruf der registerlichen Daten (EDV-Register; vgl. Schöner Stöber a.a.O.) über seine Abrufmöglichkeiten vorgenommen hat, wobei er den Tag der Einsichtnahme des Registers oder der Ausstellung der Abschrift anzugeben hat, § 21 Abs. 2 S. 1 und 2 BNotO.

Ebenfalls in der Form des § 29 GBO zu führen ist der Nachweis, dass die C Rechtsnachfolgerin der Berechtigten der eingetragenen Grundschuldgläubigerin in Abteilung III Nr. 5 ist. Dies kann gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 BNotO durch eine Bescheinigung des Notars in der Form des § 39 BeurkG geschehen. Der Notar darf die Bescheinigung ebenfalls nur unter den oben genannten Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 S. 1 und 2 BNotO ausstellen.

Eine Bezugnahme auf das Register nach § 34 GBO kommt vorliegend nicht in Betracht, weil diese vom Gesetzgeber zur Erleichterung des Grundbuchverkehrs geschaffene Ausnahmeregelung voraussetzt, dass das Grundbuchamt zugleich das Registergericht ist, was hier nicht der Fall ist. Die Möglichkeit, das EDV-Register bei den für Grundbuchsachen erforderlichen Nachweisen einzubeziehen, ist durch § 21 Abs. 2 S. 1 und 2 BNotO eröffnet. Daraus ergibt sich aber, dass es weiterhin Aufgabe der Notare im Rahmen der von ihnen beurkundeten Geschäfte ist, aus den zu einer Registernummer u.U. umfangreich angebotenen Daten die für den Nachweis der Vertretungsberechtigung oder eines sonstigen in Abs. 1 Nr. 2 BNotO aufgeführten Umstandes erforderlichen Tatsachen mit Hilfe der Registerunterlagen zu erheben, hieraus die rechtlichen Schlussfolgerungen zu treffen und das Ergebnis in einer den Erfordernisses des Grundbuchverkehrs entsprechenden Weise niederzulegen und beim Grundbuchamt einzureichen (Seybold/Reithmann, BNotO, 7. Aufl., § 21 Rn 15ff).

Die mit der Einführung des Gemeinsamen Registerportals der Länder geschaffene Möglichkeit bietet den Notaren hierfür eine Vereinfachung, die damit verbundenen notariellen Aufgaben und dadurch ausgelöste Gebührenlast kann daher nicht unter Hinweis darauf umgangen werden, dass die Gerichte sich selbst die für erforderlich angesehenen Unterlagen beiziehen können. Dies sieht selbst die Ausnahmevorschrift des § 34 GBO nicht vor.

2. Die Kammer hätte allerdings ergänzend prüfen müssen, ob anstelle der vom Amtsgericht vorgenommenen Antragszurückweisung erneut eine Zwischenverfügung mit dem Inhalt der Zwischenverfügung vom 08.05.2007 zu erlassen war. Das Landgericht als Gericht der ersten Beschwerde tritt bei der Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrages voll an die Stelle des Grundbuchamtes. Es hat deshalb zwingend auch die Ermessensentscheidung des Grundbuchamtes dahin zu überprüfen, ob anstelle der sofortigen Antragszurückweisung eine Zwischenverfügung gem. § 18 Abs. 1 GBO zu erlassen ist. Die hier vorliegenden Eintragungshindernisse der fehlenden Nachweise der Vollmacht und des Rechtsübergangs können Gegenstand einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO sein. Dies hatte das Grundbuchamt auch zunächst selbst zutreffend so gesehen. Es hat dann aber seine Zwischenverfügung aufgehoben, ohne zuvor den Beteiligten Gelegenheit zu geben, die Zwischenverfügung von der hierfür zuständigen Beschwerdekammer überprüfen zu lassen. Denn es hat verfahrensfehlerhaft die "Erinnerung" des Notars vom 15.05.2006 gegen die Zwischenverfügung nicht als Beschwerde behandelt und diese nicht dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das früher der Beschwerde vorgeschaltete Verfahren der Durchgriffserinnerung, über die der Grundbuchrichter zu entscheiden hatte, ist durch die bereits zum 01.10.1998 in Kraft getretene Neufassung des § 11 RPflG (BGBl. 1998, I 2030) ersatzlos gestrichen worden. Alle Rechtspflegerentscheidungen sind seitdem mit dem Rechtsmittel anfechtbar, das nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist. Im Grundbuchverfahren ist somit gegen die Entscheidung des Rechtspflegers nach § 71 GBO unmittelbar die Beschwerde gegeben, der der Rechtspfleger nach § 75 GBO abhelfen kann, andernfalls hat er sie dem Landgericht zur Entscheidung vorzulegen (vgl. hierzu Bauer/von Oefele/ Budde, GBO, a.a.O., § 71 Rn. 2). Damit war den Beteiligten vom Amtsgericht verfahrensfehlerhaft der ihnen zustehende Rechtsweg gegen die Zwischenverfügung genommen worden. Diesen Mangel hätte die Beschwerdekammer nur durch den Erlass einer erneuten Zwischenverfügung beheben können.

Da der Sachverhalt geklärt ist, konnte der Senat als Rechtsbeschwerdegericht anstelle des Landgerichts diese Entscheidung nachholen.

Ende der Entscheidung

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