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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 23.10.2003
Aktenzeichen: 15 W 372/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 15 Abs. 3
Die Zweckbestimmung einer Teileigentumseinheit als "Büro" steht einer Nutzung des Sondereigentums als Zahnarztpraxis nicht entgegen, wenn nach dem Zuschnitt der Arzttätigkeit als Einzel- und Bestellpraxis keine größere Beeinträchtigungen durch Publikumsverkehr zu erwarten sind, als sie auch von einem Bürobetrieb ausgehen können.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 372/02 OLG Hamm

In der Wohnungseigentumssache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 23. Oktober 2003 auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2) vom 24. September 2002 und die der Beteiligten zu 3) und 4) vom 20. September 2002 gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 3. Juli 2002 durch die Richter am Oberlandesgericht Budde, Lohmeyer und Tegenthoff

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) wird als unzulässig verworfen.

Auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 4) wird der angefochtene Beschluss des Landgerichts vom 3. Juli 2002 mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben. Die sofortige erste Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 10. August 2001 wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens. Die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz tragen der Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 3) zu je 1/2. Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet in beiden Beschwerdeinstanzen nicht statt.

Der Gegenstandswert für das Verfahren dritter Instanz wird auf 16.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 4) errichtete Ende der 90er Jahre die im Betreff näher bezeichnete Wohnungseigentumsanlage. Diese besteht gem. § 1 der Teilungserklärung vom 27. Oktober 1997 aus 4 Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 30 Wohnungen, 3 Büroeinheiten und 2 Ladenlokalen, einer Tiefgarage mit 20 Einstellplätzen und 21 oberirdischen Kfz-Stellplätzen.

Der Antragsteller erwarb aufgrund notariellen Kaufvertrags vom 10. Dezember 1997 die in § 1 der Teilungserklärung mit den Nummern 31 und 32 bezeichneten Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an den im Gebäude D im I. und II. Obergeschoss jeweils rechts gelegenen Wohnungen und dem Sondernutzungsrecht an den Stellplätzen 31 und 33. Zugunsten des Antragstellers ist jeweils eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Die Antragsgegner sind Eigentümer der in § 1 der Teilungserklärung mit den laufenden Nummern 21 und 22 bezeichneten Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an den in dem Gebäude C im I. Obergeschoss links und rechts gelegenen, "nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten" nebst Kellerräumen und Stellplätzen.

Gem. § 5 Abs. 1 der Teilungserklärung sind die Teileigentümer berechtigt, "die dem Teileigentum unterliegenden Räumlichkeiten (Ladenlokal oder Büro) zweckentsprechend zu nutzen".

§ 16 der Teilungserklärung (Eigentümerversammlung) lautet auszugsweise wie folgt:

"...

Für die Versammlungen werden gebildet:

a) eine Gesamteigentümergemeinschaft,

b) je eine Untereigentümergemeinschaft für die Häuser A, B, C und D,

c) eine Untereigentümergemeinschaft für die Tiefgarage.

Die Gesamteigentümergemeinschaft und die Untereigentümergemeinschaften halten je eigene Eigentümerversammlungen ab, die jedoch, ungeachtet ihrer rechtlichen Verselbständigungen gemeinsam stattfinden können.

Jede Untereigentümerversammlung ist zuständig für alle Angelegenheiten ihrer jeweiligen Häuser, soweit sie deren Sondereigentum und das jeweilige in diesem Haus befindliche Gemeinschaftseigentum betreffen.

...

Die Gesamteigentümergemeinschaft ist für alle anderen Angelegenheiten zuständig, insbesondere für den Außenbereich. Sie ist auch dann zuständig, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die sämtliche Miteigentümer berühren."

Die Beteiligten zu 2) haben die in ihrem Eigentum stehenden, oben näher bezeichneten Räumlichkeiten an ihren Sohn vermietet, der darin eine Zahnarztpraxis betreibt. Die Möglichkeit der Nutzung der Räume als Zahnarztpraxis hat die Beteiligte zu 4) in dem mit den Beteiligten zu 2) geschlossenen Kaufvertrag als "sichergestellt" bezeichnet.

Der Beteiligte zu 1) hat die Ansicht vertreten, dass die Nutzung der vorgenannten Räumlichkeiten zum Betrieb einer Zahnarztpraxis nicht zulässig sei, da dies keine zweckentsprechende Nutzung im Sinne des § 5 der Teilungserklärung darstelle und die erforderliche Zustimmung der übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft nicht vorliege. Denn nach der Teilungserklärung könnten die Räumlichkeiten nur als Büroräume genutzt werden. Damit stehe die Nutzung als Zahnarztpraxis nicht im Einklang. Deren Betrieb beeinträchtige die Eigentümergemeinschaft in Form hoher Patientenfluktuation, ständigen Zutritts fremder Personen zum Gemeinschaftseigentum und den durch eine solche Praxis ausgehenden Emissionen, wie Geruch von Desinfektions- und Betäubungsmitteln und Geschrei behandlungsunwilliger Kinder.

Mit seinem an das Amtsgericht gerichteten Antrag vom 8. März 2001 hat der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegnern aufzugeben, die Nutzung der folgenden Eigentumswohnungen bzw. Teileigentumseinheiten in dem Objekt ... unterlassen, hilfsweise zu unterbinden:

277, 17/10.000 Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen im 1. Obergeschoss links nebst Kellerraum, jeweils Nr. 21 des Aufteilungsplans ...,

252,54/10.000 Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen im 1. Obergeschoss rechts nebst Kellerraum, jeweils Nr. 22 des Aufteilungsplans ....

Die Beteiligten zu 2) haben der Beteiligten zu 4) den Streit verkündet. Diese ist dem Verfahren auf Seiten der Beteiligten zu 2) beigetreten.

Die Beteiligten zu 2) und 4) haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben die Ansicht vertreten, dass zur Ermittlung der Zweckbestimmung allein auf die in der Teilungserklärung zu den unter den Ziffer 21 und 22 genannten Räumlichkeiten gewählte Formulierung "nicht zu Wohnzwecken bestimmt" abzustellen sei. Danach sei jede gewerbliche Nutzung in diesen Räumen zulässig. Selbst wenn zur Bestimmung des Nutzungszwecks auf die Nutzungsart "Büro" abzustellen sei, sei die jetzige Art der Nutzung nicht zu beanstanden, da der Betrieb einer Zahnarztpraxis die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mehr beeinträchtige als die Nutzung der Räume als Büro.

Die Beteiligte zu 4) hat die Ansicht vertreten, dass der Beteiligte zu 1) keinen Einfluss auf die Nutzung der Räume zu bestimmten Zwecken nehmen könne. Dies betreffe allein Fragen des Sonder- und Gemeinschaftseigentums des Hauses C. Darüber zu befinden stehe gem. § 16 der Teilungserklärung allein der für das Haus C zuständigen Untereigentümergemeinschaft zu, der der Beteiligte zu 1) nicht angehöre, da die von ihm erworbenen Wohnungen im Haus D liegen.

Durch Beschluss vom 10. August 2001 hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Gegen diesen seinen Verfahrensbevollmächtigten am 12. September 2001 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) rechtzeitig mit Anwaltsschriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Landgericht hat die übrigen Wohnungseigentümer vertreten durch die Verwalterin am Verfahren beteiligt. Es hat sodann mit den Beteiligten in öffentlicher Sitzung mündlich verhandelt.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses seinem Antrag vom 8. März 2001 stattzugeben.

Die Beteiligten zu 2) und 4) haben beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 3) und 5) haben keinen Antrag gestellt.

Durch Beschluss vom 3. Juli 2003 hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts vom 10. August 2001 abgeändert und dem Antrag des Beteiligten zu 1) entsprochen.

Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Beteiligten zu 2) als auch die Beteiligten zu 3) und 4) rechtzeitig mit Anwaltsschriftsatz sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

Der Beteiligte zu 1) beantragt, die Rechtsmittel zurückzuweisen.

II.

Die Rechtsmittel der Beteiligten zu 2) und 4) haben Erfolg. Hingegen war das Rechtsmittel der Beteiligten zu 3) als unzulässig zu verwerfen.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) ist unzulässig. Die Beteiligte zu 3) war zur Einlegung der weiteren Beschwerde nach § 20 Abs. 1 FGG nicht befugt, weil die den amtsgerichtlichen Beschluss abändernde Entscheidung des Landgerichts die Beteiligte zu 3) nicht in ihren eigenen Rechten beeinträchtigt (vgl. dazu Keidel/Kahl, FG, 15. Aufl., § 20, Rdn. 73) und die Beteiligte zu 3) somit nicht als beschwerdeberechtigt angesehen werden kann. § 20 Abs. 1 FGG setzt voraus, dass ein Recht des Beschwerdeführers durch die angefochtene Verfügung beeinträchtigt ist. Beschwerdeberechtigt ist danach derjenige, der durch die angefochtene Verfügung in seiner Rechtsstellung negativ betroffen ist, für den die angefochtene Entscheidung eine materielle Beschwer begründet. Erforderlich aber auch ausreichend ist danach ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht oder eine nachteilige Beeinträchtigung eines solchen Rechts bzw. dessen Vorenthaltung durch den Entscheidungssatz der angefochtenen Entscheidung selbst. Die Beteiligte zu 3) hat das Rechtsmittel, wie sich dem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20. September 2002 eindeutig und unmißverständlich entnehmen lässt, aufgrund ihrer "eigenen formellen und materiellen Beteiligung" eingelegt. In welchen eigenen Rechtspositionen die Beteiligte zu 3) als Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage durch den Entscheidungssatz der angefochtenen Entscheidung berührt sein konnte, ist nicht ersichtlich. Eine Beschwerdeberechtigung wäre nur hinsichtlich der als Beteiligte zu 5) aufgeführten übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft anzuerkennen, die durch die Beteiligte zu 3) vertreten werden, sofern, wovon der Senat ausgeht, der Verwaltervertrag eine entsprechende Bevollmächtigung enthält, wenn nicht im Einzelfall eine Bevollmächtigung der Beteiligten zu 3) erfolgt ist. Das Rechtsmittel hat die Beteiligte zu 3) allerdings nicht im Namen der Beteiligten zu 5), sondern ausdrücklich und auschließlich im eigenen Namen eingelegt. Eine zur Anfechtung berechtigende Rechtsposition hat die Beteiligte zu 3) auch nicht dadurch erlangt, dass sie an dem Verfahren beteiligt worden ist. Die Beteiligtenstellung hat die Beteiligte zu 3) nur als Vertreterin der übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangt, wie sich der Verfügung des Landgerichts vom 5. März 2003 eindeutig ergibt. Dies vermag das Erfordernis des Betroffenseins in eigenen Rechten i.S.d. § 20 Abs. 1 FGG nicht zu ersetzen. Da die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 3) nicht gegeben ist, diese aber eine Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels ist, war die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) als unzulässig zu verwerfen.

Die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 4) sind nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Ihre Beschwerdebefugnis folgt daraus, dass das Landgericht die ihnen günstige Entscheidung des Amtsgerichts zu ihrem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache haben die Rechtsmittel Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG. Die Rechtsmittel der Beteiligten zu 2) und 4) führen zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.

In der Sache hat das mit einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) befasste Landgericht einen gegen die Beteiligten zu 2) auf Unterlassung des Betriebs einer Zahnarztpraxis gerichteten Anspruch des Beteiligten zu 1) bejaht und hierzu folgende Ausführungen gemacht.

Die Antragsberechtigung des Beteiligten zu 1) ergebe sich aus der zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung, vermittels derer er eine Rechtsstellung erlangt habe, die die Anwendung der Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes rechtfertige. Den sich aus §§ 15 Abs. 3 WEG i.V.m. 1004 BGB ergebenden Unterlassungsanspruch könne der Beteiligte zu 1) geltend machen, ohne zuvor einen darauf gerichteten Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft herbeiführen zu müssen. Der Antragsberechtigung des Beteiligten zu 1) stehe nicht entgegen, dass die Wohnungen des Beteiligten zu 1) im Haus D lägen, während die Zahnarztpraxis in Räumen des Hauses C betrieben werde. Eine auf das Sonder- und Gemeinschaftseigentum des Hauses C beschränkte Auswirkung dieser Nutzung sei zu verneinen, da der durch die Praxis bedingte Fahrzeugverkehr den gesamten Wohnblock und damit auch die Miteigentümer betreffe, deren Sondereigentumseinheiten außerhalb des Hauses C gelegen seien.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch stehe dem Beteiligten zu 1) zu, weil die Nutzung der Räume als Zahnarztpraxis mit der sich durch Auslegung ergebenden Zweckbestimmung der Teileigentumseinheiten Nrn. 21 und 22 des Aufteilungsplans als Büro nicht vereinbar seien. Ein Büro sei nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein Arbeitsraum, in dem z. B. geschrieben, diktiert, telefoniert und verwaltende Tätigkeiten ausgeübt würden. Zwar überschnitten sich die Begriffe "Büro" und "Praxis" teilweise. Grundsätzlich seien die von Büroräumen ausgehenden Beeinträchtigungen jedoch anderer und geringerer Art, als die durch Ausübung einer Praxis entstehenden Beeinträchtigungen. Wenn auch in Einzelfällen der Publikumsverkehr eines Büros dem einer Arztpraxis vergleichbar sein könne, so sei die Besucherfrequenz in der Regel bei einer Arztpraxis aber höher. Ein höheres Maß an Beeinträchtigungen ergebe sich auch aus den von einer Zahnarztpraxis ausgehenden störenden Gerüchen und den gegenüber dem von einem Büro ausgehenden höheren Geräuschpegel.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung durch den Senat nicht in vollem Umfang stand.

Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht als mögliche Anspruchsgrundlage des von dem Beteiligten zu 1) geltend gemachten Anspruchs die §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB herangezogen. Der Senat hat in diesem Zusammenhang den Antrag des Beteiligten zu 1) dahin ausgelegt, dass dieser einen Beseitigungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB geltend macht. Zwar hat der Beteiligte zu 1) seinen Antrag so formuliert, die Beteiligten zu 2) mögen die von ihm gerügte Nutzung unterlassen bzw. unterbinden. Erkennbar ist das Begehren des Beteiligten zu 1) aber auf die Abstellung der als Beeinträchtigung empfundenen weiter anhaltenden Nutzung der Räumlichkeiten als Zahnarztpraxis und nicht allein auf die Abwehr einer erst in Zukunft bevorstehenden Beeinträchtigung gerichtet.

Nach § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sonder- oder Teileigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich hieraus keine Regelung ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Nach dieser Vorschrift ist jeder Wohnungseigentümer antragsbefugt (KG WE 1992, 286; Weitnauer/Lüke, WEG, 8. Aufl., § 15 Rdn. 42; Staudinger/Kreuzer, BGB, 12. Aufl., § 15 WEG Rdn. 134). Jeder Wohnungseigentümer kann verlangen, dass das Sondereigentum der Teilungserklärung gemäß gebraucht wird und die Beseitigung bzw. Unterlassung von Nutzungsänderungen und -überschreitungen geltend machen (Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 15 Rdn. 30).

Ohne Rechtsfehler und unbeanstandet von der weiteren Beschwerde hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beteiligte zu 1) den von ihm erhobenen Beseitigungsanspruch geltend machen kann. Es entspricht einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass einem dringenden praktischen Bedürfnis folgend auf die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft die Vorschriften des WEG weitgehend entsprechend anwendbar sind. Wirtschaftlich betrachtet hat der Erwerber eine einem Wohnungseigentümer vergleichbare Stellung dann erlangt, wenn - wie im vorliegenden Fall gegeben - sein Anspruch auf Eigentumsübertragung durch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert und ihm der Besitz an der Eigentumswohnung übertragen worden ist. Die durch die Auflassungsvormerkung gesicherte Rechtsstellung des Erwerbers rechtfertigt nicht nur die Anwendung der Vorschriften über die gemeinschaftliche Verwaltung gem. §§ 21 ff WEG und das gerichtliche Verfahren gem. §§ 43 WEG, sondern auch die Geltendmachung eines Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG (vgl. Pick in Bärmann/Pick/Merle, a.a.O. Einl. Rdn. 42). Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung bereits wiederholt angeschlossen (OLGZ 1994, 515, 519 = NJW-RR 1994, 975, 977).

Im Ergebnis zutreffend ist das Landgericht desweiteren davon ausgegangen, dass die Antragsberechtigung des Beteiligten zu 1) nicht dadurch berührt wird, dass dieser sich als Eigentümer einer im Hause D gelegenen Sondereigentumseinheit gegen die konkrete Nutzungsweise eines in einem anderen Gebäude der Wohnungseigentumsanlage gelegenen Teileigentums wendet. Eine Einschränkung der Antragsbefugnis läßt sich aus § 16 der Teilungserklärung schon deshalb nicht herleiten. Diese Regelung sieht lediglich die Bildung von Versammlungen der Untereigentümergemeinschaften für die einzelnen Gebäudekomplexe vor. Gegenstand der Versammlungen der jeweiligen Untereigentümergemeinschaften sind die Angelegenheiten der jeweiligen Häuser, soweit sie deren Sondereigentum und das jeweilige in diesem Haus befindliche Gemeinschaftseigentum betreffen. Im zu beurteilenden Fall macht der Beteiligte zu 1) jedoch eine Beeinträchtigung seines Miteigentums an der Gesamtanlage geltend, die er darin sieht, dass nach seiner Ansicht die Beteiligten zu 2) ihr Teileigentum entgegen der sich aus der Teilungserklärung ergebenden Zweckbestimmung nutzen lassen.

Der von dem Beteiligten zu 1) geltend gemachte Beseitigungsanspruch ist sachlich nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB zu beurteilen. Nach dieser Vorschrift kann, wenn das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird, der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles kommt es somit entscheidend darauf an, ob die Nutzung der Teileigentumseinheiten 21 und 22 als Zahnarztpraxis der in der Teilungserklärung festgelegten Zweckbestimmung widerspricht und deshalb von dem Beteiligten zu 1) nicht hingenommen werden muss.

Die Teileigentumsanteile der Beteiligten zu 2) sind in den Ziffern 21 und 22 des § 1 der Teilungserklärung jeweils als "nicht zu Wohnzwecken dienende Räumlichkeiten" bezeichnet worden. Welche Art der Nutzung nach der in der Teilungserklärung enthaltenen Zweckbestimmung zulässig ist, ist durch Auslegung der Regelung der Teilungserklärung festzustellen, die als Teil des Grundbuchinhalts der selbständigen Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt (BayObLG WE 1994, 18). Diese Auslegung hat allein nach dem objektiven Sinn zu erfolgen, wie er sich für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung aus dem Wortlaut der Teilungserklärung ergibt (vgl. BGH NJW 1998, 3713, 3714). Diese Auslegung führt hier in Übereinstimmung mit dem Landgericht zu dem Ergebnis, dass die gewählte Formulierung nicht bedeutet, dass in den vorbezeichneten Räumen jede außerhalb eines Wohnzwecks liegende Nutzung verwirklicht werden kann. Denn in § 1 der Teilungserklärung sind die zu schaffenden Räumlichkeiten im einzelnen zuvor näher beschrieben worden. Daraus ergab sich, dass neben 2 Ladenlokalen auch 3 Büroeinheiten geschaffen werden sollten. Bei letzteren handelte es sich u.a. um die Teileigentumseinheiten der Beteiligten zu 2), wie sich dem Aufteilungsplan ohne Zweifel entnehmen lässt, in der die Teileigentumseinheiten 21 und 22 als Büro gekennzeichnet sind. Mit dem Landgericht ist letztlich auch auf die Regelung in § 5 Nr. 1 S. 2 der Teilungserklärung zu verweisen. Danach sind die Teileigentümer berechtigt, die dem Teileigentum unterliegenden Räumlichkeiten(Ladenlokal oder Büro) zweckentsprechend zu benutzen. Bei dieser Formulierungsweise drängt sich der Schluss auf, dass die in § 1 zu den Ziffern 21 und 22 gewählte Formulierung "nicht zu Wohnzwecken dienender Raum" lediglich eine Wiederholung der gesetzlichen Definition des Teileigentums nach § 1 Abs. 1 WEG darstellt und eine nähere Zweckbestimmung der zulässigen Nutzungsart durch den weiteren Inhalt der Teilungserklärung erfolgt ist.

Bei der Teilungserklärung handelt es sich um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gemäß § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG mit der Folge, dass die Beteiligten zu 2) der sich aus der Teilungserklärung ergebenden Nutzungsbeschränkung unterliegen.

Das Teileigentum darf grundsätzlich zu keinem anderen Zweck genutzt werden.

Damit ist für die Beteiligten zu 2) als Sondereigentümer allerdings noch nicht bindend festgelegt, dass die hier in Rede stehenden Räumlichkeiten ausschließlich als Büro genutzt werden dürfen. Denn die Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter ist nach allgemeiner Ansicht dahin auszulegen, dass nur eine solche Nutzung der betreffenden Räumlichkeiten ausgeschlossen sein soll, von der stärkere Beeinträchtigungen ausgehen als sie mit der Nutzung entsprechend dem in der Teilungserklärung festgelegten Zweck verbunden sind (vgl. KG NJW-RR 1995, 333, 334; BayObLG NJW-RR 1988, 141, WuM 1991, 707; DWE 1994, 153).

Die Beantwortung der Frage, ob eine von dem in der Teilungserklärung festgelegten Zweck abweichende Nutzung der betreffenden Räumlichkeiten eine stärkere Beeinträchtigung mit sich bringt, hat anhand einer typisierenden Betrachtungsweise zu erfolgen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die konkreten Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung des Vorliegens einer Mehrbelastung gänzlich außer Betracht zu bleiben haben. Diese Umstände sind von Bedeutung, da die Beantwortung der Frage, ob eine Mehrbeeinträchtigung gegenüber dem vereinbarten Nutzungszweck zu bejahen ist, nicht unerheblich davon abhängt, welches Gepräge und welchen Zuschnitt das abweichend von der Zweckbestimmung betriebene Unternehmen bzw. hier eine freiberufliche Tätigkeit aufweist. Bezogen auf den vorliegenden Fall ist auch ohne nähere Begründung nachvollziehbar, dass die Frage der Mehrbeeinträchtigung nicht darauf reduziert werden kann, ob eine Arztpraxis generell mehr stört als ein Büro, sondern durchaus davon abhängig ist, welche Art von Arztpraxis in den Räumlichkeiten unterhalten wird und welchen Zuschnitt die Arztpraxis aufweist, insbesondere, ob sie als Einzelpraxis oder Gemeinschaftspraxis und als Bestellpraxis betrieben wird (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf FGPrax 1996, 16). Auf dieser Grundlage hat dann die gebotene generalisierende Betrachtungsweise zu erfolgen. In diesem Zusammenhang ist für die zu treffende Entscheidung ohne Belang, welche tatsächlichen Beeinträchtigungen nach dem Sachvortrag der Beteiligten in welchem Umfang und zu welchen Zeitpunkten in der Vergangenheit zu verzeichnen gewesen sind, so dass es der Durchführung einer Beweisaufnahme zur Klärung der möglichen Mehrbeeinträchtigungen im konkreten Fall grundsätzlich nicht bedarf.

Die Ausführungen des Landgerichts, mit denen dieses die Unvereinbarkeit der tatsächlichen Nutzung mit der sich aus der Teilungserklärung ergebenden Zweckbestimmung begründet, greifen zu kurz und lassen eine hinreichende Auseinandersetzung mit den maßgeblichen Gesichtspunkten im Rahmen der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise vermissen und können deshalb keinen Bestand haben.

Ein Büro ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sicherlich zunächst ein Arbeitsraum, in dem im wesentlichen schriftliche Arbeiten erbracht werden. Einen großen Anteil der Tätigkeiten nehmen zusätzlich Telefonate, Diktate und geschäftliche Besprechungen ein. Andererseits stellt sich ein Bürobetrieb nicht grundsätzlich als ein in sich geschlossenes System dar, welches von der Umgebung abgeschottet und ohne wahrnehmbare Ausstrahlung nach außen Dienstleistungen erbringt. Auch dem Bürobetrieb ist ein Publikumsverkehr nicht wesensfremd, was auch das Landgericht durchaus berücksichtigt hat. Die weiteren, eine Begründung entbehrenden Ausführungen des Landgerichts, die Besucherfrequenz einer Zahnarztpraxis sei höher als die eines Büros, vermögen allerdings nicht zu überzeugen. Dieses mag auf ein reines Schreibbüro in gewissem Umfang noch zutreffen. Neben den Schreibbüros gibt es aber eine Vielzahl von Einrichtungen, die nach der allgemeinen Verkehrsanschauung auch als Bürobetrieb angesehen werden, die jedoch einen nicht zu vernachlässigenden Publikumsverkehr bedingen. In erster Linie sind hierbei an die Büros der Krankenkassen und Versicherer aber auch an die Kanzleien der Rechtsanwälte und Steuerberater zu denken. Während bei den beiden letztgenannten Büros im wesentlichen der Publikumsverkehr inzwischen durch eine vorherige Terminsabstimmung gesteuert wird, hat sich dies in diesem Umfang bei den erstgenannten Institutionen noch nicht durchgesetzt. Dies hat zur Folge, dass in einzelnen Fällen ein erheblicher Kundenandrang zu verzeichnen sein kann. Nach den Erfahrungen des Senats werden Zahnarztpraxen heutzutage überwiegend als sogenannte Bestellpraxen geführt. Da die Behandlung eines Patienten einen gewissen Zeitraum erfordert und die Öffnungszeiten der Zahnarztpraxen begrenzt ist, ist die Anzahl der im Laufe eines Tages im Haus verkehrenden Personen überschaubar. Dieses gilt im besonderen Maße für die Zahnarztpraxen, die, wie im vorliegenden Fall auch, als Einzelpraxis und nicht als Gemeinschaftspraxis betrieben werden. Hinzu kommt, dass im Gegensatz zu einer internistischen Praxis der Anteil der Patienten, die die Praxis nicht zum Zwecke der Behandlung sondern nur deshalb aufsuchen, um sich eine ärztliche Verordnung ausstellen zu lassen, ungleich geringer ist. Zusätzlicher Patientenandrang kann sich somit nur noch in Notfällen einstellen. Danach vermag der Senat bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nicht festzustellen, dass die Besucherfrequenz einer Zahnarztpraxis gegenüber der eines Bürobetriebs höher ist und dadurch bedingt eine stärkere Beeinträchtigung gegenüber dem nach der Teilungserklärung zulässigen Nutzungszweck mit sich bringt. Eine durch die Nutzung als Zahnarztpraxis gegenüber dem zulässigen Nutzungszweck stärkere Beeinträchtigung vermag der Senat auch durch die von den Räumlichkeiten ausgehenden Geräusche nicht zu erkennen. Dem Senat ist aus eigener Anschauung bekannt, dass in den Zeiten der Zahnpflegeprophylaxe aufgrund der modernen Infiltrationsanästhesie und fortschrittlichen Instrumente die Behandlung für den Patienten jedenfalls in der Praxis selbst nicht mehr solche Schmerzen verursacht, dass dies nicht nur in Einzelfällen außerhalb der Praxisräume wahrnehmbar wäre. Ob im Ausnahmefall von dem Betrieb einer Zahnarztpraxis Gerüche von Desinfektionsmitteln ausgehen können, die in das Treppenhaus ausstrahlen, kann dahingestellt bleiben, da eine solche Geruchsübertragung nicht geeignet ist, in der Gesamtbetrachtung eine Mehrbeeinträchtigung durch den konkreten Nutzungszweck gegenüber dem in der Teilungserklärung bestimmten Nutzungszweck zu begründen.

Mit der vorliegenden Entscheidung weicht der Senat nicht von der im Verfahren mehrfach zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart NJW 1987, S. 385 ab, so dass aus Sicht des Senats keine Veranlassung zur Vorlage der Sache gem. § 28 Abs. 2 FGG an den Bundesgerichtshof bestand. In dieser Entscheidung hat das OLG Stuttgart in einem im Jahre 1986 dort anhängig gewesenen Verfahren die Nutzung von Räumlichkeiten mit der Zweckbestimmung "Büro" zum Betrieb einer Arztpraxis als nicht vereinbar angesehen. Eine Vorlagepflicht bestand für den Senat nicht, da der der Entscheidung des OLG Stuttgart zu Grunde liegende Sachverhalt sich von dem hier vorliegenden Sachverhalt in wesentlichen Punkten unterscheidet. Anders als dort handelte es sich nicht um eine Zahnarztpraxis, die als Bestellpraxis eines allein praktizierenden Zahnarztes betrieben wird, sondern wohl um eine allgemeinmedizinische oder internistische Arztpraxis, die offensichtlich nicht als Bestellpraxis betrieben wurde oder bei der es sich anderenfalls um eine größere Gemeinschaftspraxis gehandelt haben muss. Wie sich den Gründen der Entscheidung an einer Stelle entnehmen lässt, wurde die Praxis ausweislich des Ergebnisses einer durch die Vorinstanz durchgeführten Beweisaufnahme innerhalb eines Zeitraums von 10 Minuten von 10 Patienten aufgesucht bzw. verlassen. Da die von dem Sohn der Beteiligten zu 2) unterhaltene Zahnarztpraxis unwidersprochen als Bestellpraxis betrieben wird und aus den weiteren zuvor genannten Gründen eine gegenüber einem Bürobetrieb größere Beeinträchtigung durch den Betrieb als Zahnarztpraxis nicht resultiert, ist die vorliegende Fallgestaltung mit der, die der Entscheidung des OLG Stuttgart zu Grunde lag, nicht vergleichbar.

Da somit von der von dem Sohn der Beteiligten zu 2) in deren Sondereigentum Nrn. 21 und 22 betriebenen Zahnarztpraxis keine größeren Beeinträchtigungen gegenüber dem nach der Teilungserklärung zulässigen Bürobetrieb resultieren, ist die konkrete Nutzung durch die in der Teilungserklärung enthaltene Zweckbestimmung gedeckt. Demnach ist der Antrag des Beteiligten zu 1), mit dem den Beteiligten zu 2) aufgegeben werden sollte, dafür Sorge zu tragen, dass der Betrieb der Zahnarztpraxis eingestellt wird, unbegründet.

Da somit die erste Beschwerde des Beteiligten zu 1) als unbegründet zurückzuweisen war, unterlag auch die Kostenentscheidung des Landgerichts der Abänderung. Es entspricht dem gem. § 47 S. 1 WEG auszuübenden billigen Ermessen, dass der Beteiligte zu 1) in diesem Fall die Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens zu tragen hat.

Weil das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) unbegründet und das Rechtsmittel des Beteiligten zu 3) bereits als unzulässig abzuweisen war, entspricht es gleichfalls der Billigkeit, dass sie die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz hälftig zu tragen haben (§ 47 S. 1 WEG).

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlaßt. Angesichts der unterschiedlichen Entscheidungen in den vorangegangenen Rechtszügen erscheint es angemessen, es bei dem Grundsatz zu belassen, dass jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Auslagen trägt.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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