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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: 15 W 400/06
Rechtsgebiete: GO-NW


Vorschriften:

GO NW § 64
GO NW § 113 Abs. 2
Die in der Sondervorschrift des § 113 Abs. 2 GO NW vorgeschriebene Vertretung der Gemeinde in Gesellschafterversammlungen durch einen vom Rat bestellten Vertreter greift auch dann ein, wenn die Gemeinde Alleingesellschafterin einer GmbH ist.
Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 25.000,00 € Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Stadt Z1 ist Alleingesellschafterin der Beteiligten. Der Bürgermeister der Stadt Z1, Herr E, und der Fachbereichsleiter Herr E2 als vertretungsberechtigter Beamter haben als Vertreter der Stadt Z1 unter Berufung auf § 64 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (fortan: NWGO) am 30.01.2006 in notarieller Form einen Gesellschafterbeschluss der Beteiligten gefasst, der verschiedene Änderungen und Ergänzungen des Gesellschaftsvertrages betrifft.

Das Amtsgericht Arnsberg hat den Antrag der Beteiligten auf Eintragung der Änderungen bzw. Ergänzung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister gemäß Anmeldung vom 31.06.2006 mit Beschluss vom 3.5.2006 zurückgewiesen, weil die Stadt Z1 als Alleingesellschafterin bei der Beschlussfassung am 30.01.2006 durch den Bürgermeister und den vertretungsberechtigten Beamten nicht wirksam vertreten worden sei. § 64 Abs. 1 NWGO, nach dem die Gemeinde bei Verpflichtungserklärungen durch den Bürgermeister oder seinen Stellvertreter und einen vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten vertreten werde, sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. In einer Gesellschaftsversammlung einer juristischen Person, an der die Gemeinde beteiligt sei, werde sie gemäß § 113 Abs. 2 NWGO durch einen vom Rat bestellten Vertreter vertreten. Der Beschluss vom 30.01.2006 sei von einem solchen Vertreter nicht gefasst worden.

Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte am 27.7.2006 Beschwerde eingelegt.

Sie ist der Auffassung, die Vertretungsregelung des § 113 Abs. 2 NWGO gehe nur dann der Vertretungsregelung des § 64 NWGO vor, wenn die Gemeinde bei einer juristischen Person Mitgesellschafterin, nicht aber, wenn sie Alleingesellschafterin sei.

Das Landgericht - Kammer für Handelssachen - hat die Beschwerde mit der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die am 2.10.2006 mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten beim Landgericht eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten ergibt sich bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die weitere Beschwerde unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten gegen die Zurückweisung ihres Eintragungsantrags ausgegangen.

Auch die Sachentscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Nach allgemeiner Auffassung hat das Registergericht die Rechtswirksamkeit des einzutragenden Satzungsänderungsbeschlusses zu prüfen, soweit Zweifel an dessen Wirksamkeit bestehen (vgl. Senat FGPrax 1996, 117 = NJWRR 1997, 417 m.w.N.). Hier bestanden Zweifel an der ordnungsgemäßen Vertretung der Beteiligten, weil sich die für sie Handelnden bei der Beschlussfassung am 30.01.2006 ausdrücklich auf § 64 NWGO berufen haben und nicht auf § 113 NWGO. Liegt aber eine nicht ordnungsgemäße Vertretung der Alleingesellschafterin bei der Beschlussfassung über die Satzungsänderung nach §§ 53, 48 Abs. 3 GmbHG vor, so führt dies zu deren Unwirksamkeit. Die Eintragung eines unwirksamen Gesellschafterbeschlusses darf das Registergericht nicht vornehmen (vgl. Baumbach-Zöllner, GmbHG, 18. Aufl., § 54 Rn. 20 m.w.N.).

Die Auffassung des Landgerichts, die Stadt Z1 als Alleingesellschafterin der Beteiligten sei bei der Beschlussfassung vom 30.1.2006 nicht wirksam vertreten gewesen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Die Vorschriften des § 63 Abs. 1 S. 1 und des § 64 Abs. 1 NWGO, nach denen dem Bürgermeister die gesetzliche Vertretung der Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften obliegt und Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, der Unterzeichnung durch den Bürgermeister und einem vertretungsberechtigtem Beamten oder Angestellten bedürfen, erfahren durch § 63 Abs. 2 NWGO eine Einschränkung dahin, dass für die Vertretung der Gemeinde in Organen von juristischen Personen oder Personenvereinigungen § 113 NWGO gilt. Nach dem Absatz 2 dieser Bestimmung vertritt unter anderem in Gesellschafterversammlungen von juristischen Personen, an denen die Gemeinde beteiligt ist, ein vom Rat bestellter Vertreter die Gemeinde. Sofern weitere Vertreter zu benennen sind, muss der Bürgermeister oder ein von ihm vorgeschlagener Beamter oder Angestellter dazu zählen. § 113 NWGO stellt eine Spezialvorschrift dar, die der allgemeinen Außenvertretung nach § 63 Abs. 1 NWGO vorgeht (vgl. Senat, a.a.O.; Rehn/Cronauge/von Lennep, Kommentar zur NW GO, Loseblattsammlung, 2. Aufl., 28. Erg. 2004, Band II, § 113 II. 2.). Diese Regelung entspricht sachlich der Vorgängerregelung in § 55 NWGO in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15.5.1979, durch die die Wahrnehmung von Mitgliedschaftsrechten der Gemeinde in juristischen Personen grundsätzlich aus der Zuständigkeit des Gemeindedirektors herausgelöst und auf den Rat übertragen worden ist (vgl. Senat a.a.O.).

Die Vertretungsregelung in § 113 Abs. 2 GO NW hängt nicht davon ab, mit welchem Umfang die Gemeinde an der Gesellschaft beteiligt ist und ob die Beteiligung unmittelbar oder über eine Holding besteht. Die Vorschrift unterscheidet weder nach dem Beteiligungsumfang noch nach der Art der rechtlichen Konstruktion, sondern setzt lediglich voraus, dass die Gemeinde überhaupt an einer Gesellschaft beteiligt ist. Dies erklärt sich daraus, dass die Zwecke der Entsendung von Art und Umfang der Beteiligung unabhängig sind. In jedem Falle soll die Gemeinde über ihre Vertrauensperson ihre Interessen in den genanten Gremien zur Geltung bringen können (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 8.12.2006 - 1 A 3842/05 -, Rn. 53, zitiert nach juris).

Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Gemeindeordnung dementsprechend auch sonst nicht zwischen einer Mit- und Alleinbeteiligung unterscheidet. Die in § 108 NWGO aufgenommene "Gründung" eines Unternehmens ist als Sonderfall der Beteiligung in die Vorschrift einbezogen worden, um auch die Fälle echter Umwandlung nach den §§ 57, 58 des Umwandlungsgesetzes zu erfassen (vgl. Rehn/Cronauge/von Lennep, a.a.O., Band II, § 108 II. 2.).

Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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