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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.05.2007
Aktenzeichen: 15 W 418/06
Rechtsgebiete: KostO, GBO, BGB


Vorschriften:

KostO § 38 Abs. 2
KostO § 42
GBO § 28
BGB § 925
Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass eine Identitätserklärung ausschließlich grundbuchverfahrensrechtliche Bedeutung hat und für deren Beurkundung deshalb nur eine halbe Gebühr nach § 38 Abs. 2 Nr. 5a KostO zu erheben ist (Abweidung von OLG Düsseldorf DNotZ 1980, 188).
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 418/06 OLG Hamm

In der Notarkostensache

hat der 15.Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 03.05.2007 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 27.11.2006 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 26.10.2006

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Auf die erste Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird Ziffer 1 seiner Kostenrechnung vom 31.07.2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst.

Identitätserklärung vom 28.07.2003

-UR.Nr.xxx/2003 Notar H, N-

Geschäftswert gem. § 30 Abs.1 KostO 9.500 Euro

Entwurf und Beglaubigung

 Gebühr gemäß § 145 Abs.1, 141, 38 Abs.2 Nr.5a KostO (5/10) 27,00 €
Schreibauslagen § 136 KostO 4,00 €
Entgelte für Postdienstleistungen § 152 KostO 5,76 €
Mehrwertsteuer 16% § 151a KostO 5,88 €
  42,64 €.

Gründe:

I.)

Am 28.03.2003 beurkundete der Beteiligte zu 1) zu UR-Nr. xxx/2003 einen Grundstückskaufvertrag, an welchem der Beteiligte zu 2) als Käufer beteiligt war. Kaufgegenstand war eine noch nicht vermessene Teilfläche eines im Grundbuch des Amtsgerichts Münster von N2 BI. xxxx eingetragenen Grundstücks zur Größe von ca. 25.000 m2. In § 6 des Vertrages erklärten die Vertragsparteien die Auflassung. Der Kaufgegenstand wurde bestimmt durch einen der Urkunde beigegebenen Lageplan, in dem die Teilfläche rot umrandet war.

Am 28.07.2003 beglaubigte der Beteiligte zu 1) unter Nr. xxx/2003 seiner Urkundenrolle die Unterschrift der in dem Grundstückskaufvertrag bevollmächtigten Re-No-Fachangestellten N3 unter der von ihm entworfenen und mit Identitätsbescheinigung überschriebenen Erklärung, in welcher die Übereinstimmung der veräußerten Teilfläche mit dem nach Vermessung und Katasterfortschreibung bestehenden Flurstück erklärt wird.

Der Beteiligte zu 1) stellte dem Käufer unter dem 31.07.2003 unter Ziff. 1 Kosten i.H.v. 73,96 € in Rechnung. Er berechnete eine 10/10 Gebühr gem. §§ 145 Abs. 1, 42, 36 Abs. 2 KostO nach einem Geschäftswert von 9.500,-- € i.H.v. 54,-- €.

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Münster beanstandete diese Kostenrechnung im Rahmen der ordentlichen Geschäftsprüfung und vertrat die Ansicht, der Beteiligte zu 1) dürfe für den Entwurf einer Identitätserklärung mit anschließender Unterschriftsbeglaubigung nur eine 5/10 Gebühr gem. §§ 145 Abs. 1, 38 Abs. 2 Nr. 4 (gemeint ist ersichtlich Nr. 6), 42 KostO erheben, da es sich um eine Ergänzung der Auflassung handele. Der Präsident des Landgerichts hat sich der Auffassung des Bezirksrevisors angeschlossen und den Beteiligten zu 1) unter dem 13.03.2006 gem. § 156 Abs. 6 KostO angewiesen, die genannte Kostenrechnung der Zivilkammer zur Entscheidung vorzulegen. Der Beteiligte zu 1) hat daraufhin mit Schriftsatz vom 06.06.2006 weisungsgemäß Beschwerde erhoben, der er aus eigenem Recht entgegengetreten ist.

Die Kammer hat die Anweisungsbeschwerde nach Anhörung der Dienstaufsicht zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Auf Anweisung des Präsidenten des Landgerichts hat der Beteiligte zu 1) hiergegen weitere Beschwerde erhoben.

II.)

Die weitere Beschwerde ist infolge der Zulassung durch das Landgericht nach den §§ 156 Abs.2, Abs. 6 S. 1 KostO, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Anweisungsbeschwerde ausgegangen.

Das Landgericht hat sich in den Gründen seiner Entscheidung den Ausführungen des OLG Düsseldorf in dessen Beschluss 06.09.1979 (DNotZ 1980, 188; unklar in diesem Zusammenhang OLG Düsseldorf DNotZ 1992, 94) angeschlossen. In dem genannten Beschluss hat das OLG Düsseldorf ausgeführt, der Ansatz einer vollen Gebühr gemäß §§ 145 Abs.1, 42, 30 Abs.1 KostO für eine sog. Identitätsfeststellung sei nicht zu beanstanden. Durch diese seien der Kaufvertrag und die Auflassung im Hinblick auf § 28 Abs.1 GBO ergänzt worden, so dass gemäß § 42 KostO dieselbe Gebühr wie für die Beurkundung der ergänzten Erklärungen, jedoch nicht mehr als eine volle Gebühr anzusetzen sei. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Die Berechtigung der Kostenrechnung hängt vorliegend entscheidend davon ab, ob man die hier erklärte "Identitätsbescheinigung" als Ergänzung der materiell-rechtlichen Erklärungen, also des Kaufvertrages und der Auflassung, ansieht, mit der Folge, dass eine (volle) Gebühr nach § 42 KostO i.V.m. § 36 Abs.2 KostO entstanden ist. Diese Frage hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 13.03.1980 (Rpfleger 1980, 316), der einen dem vorliegenden vergleichbaren Sachverhalt betraf, verneint. In dieser Entscheidung hat der Senat zur rechtlichen Einordnung sog. Identitätserklärungen Folgendes ausgeführt:

"... Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 4) kann es für den Wert einer Identitätserklärung nicht - gemäß §§ 38 Abs. 2 Nr. 6a), 39 Abs. 1 S 1, 20 Abs. 1 S 1 KostO - auf den vollen Kaufpreis ankommen. Zwar betrifft § 20 Abs. 1 KostO nicht nur die Beurkundung eines Kaufvertrags, sondern auch die einer Auflassung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, Anm 1 zu § 20 KostO). Die Auflassung des von der Beteiligten zu 3) den Beteiligten zu 1) und 2) am 27. Januar 1977 verkauften Grundstücksteils (UR Nr. xx/1977) war aber nicht, auch nicht teilweise, Gegenstand des Notargeschäfts zu UR Nr. xxx/1977 vom 23. Dezember 1977. Die Auflassung ist vielmehr von den Beteiligten zu 1) bis 3) ebenfalls schon am 27. Januar 1977 in § 7 des notariell beurkundeten Vertrags vollständig, d.h. materiellrechtlich wirksam erklärt worden. Der Wirksamkeit der Auflassung stand nicht entgegen, daß das neue Grundstück im Zeitpunkt der Vornahme der Auflassung vermessungstechnisch und grundbuchrechtlich noch nicht gebildet war und deshalb noch nicht nach Flur und Flurstück bezeichnet werden konnte, denn es genügt, daß das erst zu bildende Grundstück nach Beschreibung und beigefügtem Lageplan zweifelsfrei bestimmbar ist, wie es hier der Fall war (vgl dazu Palandt-Bassenge, BGB 39. Aufl., Anm. 5a) bb) zu § 925; Erman-Ronke, BGB 6. Aufl., RdNr. 6 zu § 925; Soergel-Siebert-Baur, BGB 11. Aufl., RdNr. 38 zu § 925).

Hieraus folgt, daß eine Identitätserklärung nicht Teil einer - ohne sie unvollständigen und deshalb noch nicht wirksamen - Auflassung ist. Sie ist überhaupt nicht materiellrechtliche Willenserklärung, vielmehr eine dem Grundbuchamt gegenüber in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO vorzunehmende Verfahrenshandlung, die wegen des Erfordernisses der Grundstücksbezeichnung gemäß § 28 S. 1 GBO zum Zweck der Eintragung notwendig ist."

Hieran hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest. Es geht dabei letztlich um die Auslegung der Identitätserklärung, wenn sowohl die kaufvertragliche Verpflichtung als auch die Auflassungserklärung bereits wirksam sind, weil der Kaufgegenstand zwar noch nicht kataster- und damit auch grundbuchmäßig verselbstständigt, aber gleichwohl durch eine entsprechende Beschreibung, insbesondere durch die Einzeichnung in einen Lageplan, hinreichend bestimmt ist. Bei einer derartigen Konstellation ergibt sich die Notwendigkeit, nach der Abschreibung des Kaufgegenstandes die Identität desselben mit dem Inhalt des Grundbuchs zu erklären, nicht aus dem materiellen Recht. Notwendig ist diese Erklärung vielmehr allein aus grundbuchverfahrensrechtlichen Gründen, da der Eintragungsantrag nach § 28 S.1 GBO die Bezeichnung des Grundstücks nach oder entsprechend dem Grundbuch erfordert.

In der Regel besteht aber auch kein Interesse der Vertragsparteien, eine Ergänzung der materiellen Willenserklärungen vorzunehmen. Gibt das Vermessungsergebnis keinen Anlass an der Identität zwischen dem Gegenstand des Kaufvertrages und der Auflassung einerseits und dem abgeschriebenen Grundstück andererseits zu zweifeln, so geht das Interesse der Vertragsparteien schon aus Kostengründen dahin, dass allein die grundbuchverfahrensrechtlich notwendigen Erklärungen abgegeben werden. Bestehen nach dem Vermessungsergebnis hingegen Zweifel an der Identität, so widerspricht es in aller Regel dem Interesse des potenziell benachteiligten Vertragspartners, die Ausräumung dieser Zweifel -jedenfalls in Bezug auf den Kaufvertrag- der Ausübung einer Vollzugsvollmacht durch eine Büroangestellte des Notars zu überlassen. Hieraus wird im Übrigen zu Recht gefolgert, dass eine typische Vollzugsvollmacht nicht zur Abgabe von materiellen Willenserklärung befugt, die die tatsächlich nicht gegebene Identität zwischen Kauf/Auflassung und Grundbuchinhalt überhaupt erst herbeiführt (OLG Rostock OLGR 2005, 616f).

Auch im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass die Identitätserklärung jedenfalls keine Ergänzung des Kaufvertrages darstellt, sondern eine rein verfahrensrechtliche Erklärung. Entsprechend ihrer verfahrensrechtlichen Natur ist diese Erklärung nach Auffassung des Senats kostenrechtlich unter § 38 Abs.2 Nr.5a) KostO zu fassen, so dass eine halbe Gebühr in Ansatz zu bringen ist. Zu keinem anderen Ergebnis käme man im Übrigen, wenn man von einer (verfahrensrechtlichen) Ergänzung der bereits wirksam beurkundeten Auflassung ausginge, da dann § 38 Abs.2 Nr.6 KostO einschlägig wäre (so Mümmler, JurBüro 1980, 1228f).

Der Senat sieht keine Veranlassung, hinsichtlich der hier behandelten Beanstandung die Sache gemäß §§ 156 Abs. 4 S. 4 KostO, 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Zwar weicht die Rechtsauffassung des Senats von derjenigen des OLG Düsseldorf ab. Die unterschiedlichen Auffassungen des OLG Düsseldorf und des Senats betreffen indessen allein die Auslegung inhaltsgleicher Erklärungen. Eine solche Erklärung ist jedoch keine bundesgesetzliche Vorschrift im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG. Ihre Auslegung kann daher nicht zum Gegenstand einer Vorlage gemacht werden. Eine Vorlage lässt sich insoweit auch nicht mit dem Hinweis auf eine Meinungsverschiedenheit über die Anwendung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB begründen (vgl. BGH NJW 1984, 308).

Ende der Entscheidung

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