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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.02.2000
Aktenzeichen: 15 W 477/99
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 56 Abs. 5
Gesetz:

§ 56 Abs. 5 FGG (Festsetzung der Vergütung des Vormunds, Pflegers und Betreuers)

Leitsatz:

Die Erstbeschwerde nach § 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG können sowohl der Rechtspfleger als auch - im Erinnerungsverfahren - der Amtsrichter zulassen.

OLG Hamm, Beschluss vom 03.02.2000 - 15 W 477/99


OBERLANDESGERICHT HAMM

BESCHLUSS

15 W 477/99 OLG Hamm 7 T 468/99 LG Essen 4 XVII 386/92 AG Marl

In der Betreuungssache

betreffend Frau Sabine hier: Festsetzung der Vergütung der Verfahrenspflegerin,

Beteiligte:

1) Frau Gerlinde, Verfahrenspflegerin,

2) die Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor bei dem Landgericht Essen, Az. 560 Mrl/986.

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 03. Februar 2000 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 13.Dezember 1999 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 24.November 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und. die Richter am Oberlandesgericht Engelhardt und Christ beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und anderweitigen Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht bestellte die Beteiligte zu 1) durch Beschluss vom 05.03.1999 zur Verfahrenpflegerin der Betroffenen für die Entscheidung über die Verlängerung der bestehenden Betreuung. Nach Abschluss ihrer Tätigkeit beanspruchte die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 06.04.1999 eine Vergütung in Höhe von 127,60 DM (1.10 Minuten zu 60,00 DM/Stunde zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer) und Auslagen in Höhe von 15,78 DM. Das Amtsgericht - Rechtspflegerin - setzte mit Beschluss vom 12.04.1999 aufgrund der Mittellosigkeit der Betroffenen die Auslagen und die Vergütung antragsgemäß gegen die Staatskasse fest. Gegen diese Entscheidung erhob die zu 2) beteiligte Landeskasse mit Schreiben vom 16.04.1999 Erinnerung. Sie beanstandete die Höhe des Stundensatzes mit der Begründung, der Beteiligten zu l) stehe aufgrund ihrer Vorbildung gemäß § 1 Abs. 1 Ziff. 1 BVormG nur ein Stundensatz von 45,00 DM zu.

Mit Beschluss vom 23.06.1999 half die Rechtspflegerin der Erinnerung ab. Sie setzte die Vergütung auf der Basis eines Stundensatzes von 45,00 DM auf 95,70 DM fest und ließ die sofortige Beschwerde nicht zu. Die Rechtmittelbelehrung, die in dem Beschluss enthalten war, ging dahin, dass gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der sofortigen Erinnerung gegeben sei. Gegen diesen ihr am 28.06.1999 zugestellten Beschluss legte die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 05.07.1999, das am selben Tag bei Gericht einging, sofortige Erinnerung ein, mit der sie weiterhin aufgrund ihrer Qualifikation eine Vergütung von 60,00 DM pro Stunde beanspruchte.

Mit Beschluss vom 17.08.1999 gab der Richter des Amtsgerichtes der sofortigen Erinnerung statt. Er setzte die Vergütung wieder auf 127,60 DM einschließlich Mehrwertsteuer und Auslagen von 15,78 DM fest und ließ die sofortige Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu.

Hiergegen legte die Beteiligte zu 2) rechtzeitig sofortige Beschwerde ein, mit der sie die Wiederherstellung des Beschlusses vom 23.06.1999 anstrebte.

Das Landgericht verwarf die sofortige Beschwerde als unzulässig und ließ die sofortige weitere Beschwerde zu. Zur Begründung führte es aus, nach § 11 Abs. 2 RPflG habe der Amtsrichter abschließend in der Sache zu entscheiden, ihm obliege aber nicht die Entscheidung darüber, ob gegen seine Entscheidung die Beschwerde zuzulassen sei.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge der Zulassung durch das Landgericht nach § 56 g Abs. 5 FGG statthaft und auch fristgerecht eingelegt worden.

Das Rechtsmittel ist auch begründet, weil die Auffassung des Landgerichts, der Amtsrichter könne im Erinnerungsverfahren gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers nach § 56 g FGG nicht die Beschwerde zulassen, einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält, § 27 Abs. 1 FGG. Diese vom Landgericht vorgenommene eingeschränkte Entscheidungskompetenz des Amtsrichters findet im Gesetz keine Stütze. Nach § 56 g Abs. 5 FGG ist gegen die Entscheidung nach Abs. 1 Satz 1 bis 3, 2 und 3 die Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 300,00 DM übersteigt oder "das Gericht" sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zulässt. Dabei differenziert das Gesetz nicht danach, ob der Rechtspfleger oder der auf die Erinnerung tätig gewordene Amtsrichter die Zulassung ausgesprochen hat. Dies erklärt sich daraus, dass das Erinnerungsverfahren nach § 11 RPflG zur ersten Instanz gehört; der Rechtsbehelf der Erinnerung führt nämlich zu einer Nachprüfung der Entscheidung im gleichen Rechtszug durch das gleiche Gericht. Sie ist verfassungsrechtlich geboten, weil der Rechtspfleger als nichtrichterliches Rechtspflegeorgan öffentliche Gewalt ausübt; damit steht gegen seine Maßnahmen nach Artikel 19 Abs. 4 GG der Weg zur richterlichen Kontrolle offen (Bassenge/Herbst, B. Auflage, § 11 RPflG, Rn. 1 mit weiteren Nachweisen; dies betont auch die amtliche Begründung zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Rechtpflegergesetzes, das am 01.10.1998 in Kraft getreten ist [BT-Drucksache 13/10244, Seite 7]). Seine Entscheidung ist daher im Erinnerungsverfahren, das als Antrag auf richterliche Entscheidung aufzufassen und daher gerichtsgebührenfrei ist (§ 11 Abs. 4 RPflG), durch den Amtsrichter in vollem Umfang nachprüfbar. Hierzu gehört auch die nicht unwesentliche Frage, ob die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und daher die Beschwerde zum Landgericht zuzulassen ist. Für die Zulässigkeit der Erstbeschwerde ist daher maßgeblich darauf abzustellen, ob bereits der Rechtspfleger oder der gegen seine Entscheidung angerufene Amtsrichter, dem aufgrund der Erinnerung die gesamte erstinstanzliche Entscheidung zugefallen ist, die Beschwerde zugelassen hat (ebenso: Keidel/Engelhardt, 14. Auflage, § 56 g FGG Rn. 28 und 32). Der Senat stimmt daher auch nicht dem LG Passau zu, das allein dem Richter die Befugnis zuspricht, über die Zulassung der Beschwerde zu entscheiden Prax 1999, 158).



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