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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.06.2005
Aktenzeichen: 15 W 487/04
Rechtsgebiete: KostO, FGG, ZPO, BNotO


Vorschriften:

KostO § 35
KostO § 146 Abs. 1
KostO § 147 Abs. 2
KostO § 147 Abs. 3
KostO § 156
KostO § 156 Abs. 2
KostO § 156 Abs. 4 S. 4
KostO § 156 Abs. 6 S. 1
FGG § 28 Abs. 2
ZPO § 800
BNotO § 24 Abs. 1
BNotO § 15 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Sache wird gem. §§ 156 Abs. 4 S. 4 KostO, 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe: I. Die Beteiligte zu 1) beurkundete am 07.08.2003 zu UR-Nr. 00/2003 die Erklärung der Beteiligten zu 2), durch die sie an dem im Grundbuch von B Blatt 13.975 eingetragenen Grundstück zugunsten der Sparkasse M eine Buchgrundschuld zum Kapitalbetrag von 139.000,00 Euro nebst 18 % Zinsen und einer einmaligen Nebenleistung von 5 % mit einer dinglichen Zwangsvollstreckungsunterwerfung im Sinne des § 800 ZPO bestellten. Der Rang der Grundschuld ist in der Urkunde in der Weise bestimmt, daß diese im Rang vor der in Abt. II Nr. 1 des Grundbuchs für die Stadt B eingetragenen Auflassungsvormerkung aufgrund einer noch einzuholenden Rangrücktrittserklärung der Berechtigten eingetragen werden soll. Die Beteiligte zu 1) hat mit Schreiben vom 07.08.2003 die Stadt B unter Hinweis auf die erfolgte Grundschuldbestellung um die Erteilung der Rangrücktrittserklärung gebeten. Die Stadt B hat eine entsprechende Erklärung in der Urkunde vom 12.08.2003 abgegeben und diese der Notarin übersandt. Die Beteiligte zu 1) hat sodann am 18.08.2003 die Eintragung der Grundschuld bei dem Grundbuchamt beantragt. Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 2) für ihre Tätigkeit eine notarielle Kostenberechnung erteilt, die sie im Laufe des vorliegenden Verfahrens unter dem 07.09.2004 neu gefaßt hat, um Bedenken gegen deren formelle Ordnungsgemäßheit Rechnung zu tragen. In dieser Kostenberechnung hat die Beteiligte zu 1) neben einer Gebühr für die Beurkundung der Grundschuldbestellung eine Betreuungsgebühr gem. § 147 Abs. 2 KostO für die Einholung der Rangrücktrittserklärung in Höhe der Hälfte der vollen Gebühr mit einem Betrag von 45,00 Euro nebst anteiliger Mehrwertsteuer angesetzt. Der Präsident des Landgerichts hat aus Anlaß einer Geschäftsprüfung die Kostenberechnung im Hinblick auf den Ansatz der Betreuungsgebühr für die Einholung der Rangrücktrittserklärung beanstandet, weil es sich um ein gebührenfreies Nebengeschäft (§§ 35, 147 Abs. 3 KostO) handele. Er hat die Beteiligte zu 1), die der Beanstandung nicht abhelfen will, mit Verfügung vom 22.03.2004 gem. § 156 Abs. 6 S. 1 KostO angewiesen, die Kostenberechnung dem Landgericht zur Entscheidung vorzulegen. Unter Bezugnahme auf diese Anweisung hat die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 04.05.2004 den Vorgang dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beteiligte zu 1) ist der Anweisungsbeschwerde aus eigenem Recht entgegengetreten. Sie hat insbesondere den Standpunkt vertreten, die Einholung einer Rangrücktrittserklärung könne nur dann als gebührenfreies Nebengeschäft behandelt werden, wenn dem Notar ein Auftrag auch für die Beurkundung der eingeholten Erklärung oder für den Entwurf einer zu beglaubigenden Erklärung erteilt worden sei. Daran fehle es jedoch, wenn die anderweitige notarielle Tätigkeit sich - wie hier - auf die Beurkundung der Erklärung des Eigentümers beschränke. Der Präsident des Landgerichts hat zu der Anweisungsbeschwerde mit Verfügung vom 05.08.2004, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, Stellung genommen. Das Landgericht hat die angefochtene Kostenberechnung in der Weise abgeändert, daß es den Ansatz der Gebühr gem. § 147 Abs. 2 KostO nebst anteiliger Mehrwertsteuer aufgehoben und den Kostenbetrag unter Zusammenstellung der unbeanstandeten Positionen anderweitig auf 341,35 Euro festgesetzt hat. Ferner hat das Landgericht die weitere Beschwerde zugelassen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), die sie mit einem bei dem Oberlandesgericht am 14.12.2004 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage eingelegt hat. II. Die weitere Beschwerde ist nach § 156 Abs. 2 KostO infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt daraus, daß das Landgericht die genannte Kostenberechnung zu ihrem Nachteil abgeändert hat. In der Sache hält der Senat das Rechtsmittel für unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 S. 4 KostO). Einer die weitere Beschwerde abschließend zurückweisenden Entscheidung des Senats steht jedoch der auf weitere Beschwerde ergangene Beschluß des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 04.03.1998 - 20 W 18/98 - (abgedruckt u.a. in FGPrax 1998, 115 = JurBüro 1998, 376) entgegen; denn auf der Grundlage der vom Oberlandesgericht Frankfurt vertretenen Rechtsauffassung müßte der Senat die angefochtene Kostenberechnung durch Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und Zurückweisung der Erstbeschwerde wiederherstellen. 1) Nach Auffassung des Senats ist hier folgende rechtliche Beurteilung geboten: In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 156 Abs. 6 S. 1 KostO zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen, die die Beteiligte zu 1) auf Anweisung ihres Dienstvorgesetzten erhoben hat. Der Gegenstand der Beanstandung der Kostenberechnung, auf den sich die Anweisung des Präsidenten des Landgerichts bezieht, bestimmt und begrenzt zugleich den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, das hier somit ausschließlich der Überprüfung des Ansatzes der Betreuungsgebühr gem. § 147 Abs. 2 KostO dient. Die Kostenberechnung in ihrer Neufassung vom 07.09.2004 entspricht in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 154 Abs. 2 KostO und kann damit Gegenstand einer sachlichen Überprüfung im Beschwerdeverfahren nach § 156 KostO sein. In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts nach Auffassung des Senats rechtlicher Nachprüfung stand. Die Erhebung einer Betreuungsgebühr für die Einholung der Rangrücktrittserklärung scheidet nach den §§ 147 Abs. 3, 35 KostO aus, weil es sich um ein gebührenfreies Nebengeschäft der Beurkundung der Grundschuldbestellung durch die Beteiligten zu 2) handelt. Als Nebengeschäft im Sinne des § 35 KostO werden nach gefestigter Rechtsprechung solche Tätigkeiten qualifiziert, die mit einem Hauptgeschäft so eng zusammenhängen, daß sie nicht als selbständiges Geschäft in Erscheinung treten, sowie im Verhältnis zum Hauptgeschäft als minder wichtig erscheinen und vorgenommen werden, um das Hauptgeschäft vorzubereiten oder den Vollzug des bereits vorgenommenen Hauptgeschäfts zu fördern und den mit diesem beabsichtigten Erfolg herbeizuführen (BayObLG DNotZ 1985, 101, 102; Senat FGPrax 2002, 40, 41; Rohs/Wedewer, § 147, KostO, 3. Aufl. (März 2005), Rdnr. 26 m.w.N.). Als Hauptgeschäft in diesem Sinne ist hier die Beurkundung der Grundschuldbestellung der Beteiligten zu 2) anzusehen. Denn die Einholung der Rangrücktrittserklärung dient der Entstehung der Grundschuld durch eine Eintragung im Grundbuch, die der erfolgten Rangbestimmung entspricht. Die ranggerechte Eintragung der Grundschuld war nur durch eine gleichzeitige Rangänderung (§ 880 Abs. 2 BGB) in Ansehung der bereits eingetragenen Auflassungsvormerkung möglich. Der Bewertung der Einholung der Rangrücktrittserklärung als Nebengeschäft der Grundschuldbestellung steht nicht entgegen, daß die Grundschuld als solche wirksam auch an rangbereiter Stelle hätte bestellt werden können. Maßgebend ist vielmehr allein, daß die Grundschuld mit dem Rang vor der Auflassungsvormerkung bestellt werden sollte, um der Gläubigerin die gewünschte Sicherung zu geben. In diesem Sinne diente die Tätigkeit der Beteiligten zu 1) dem dinglichen Vollzug des Geschäfts, nämlich der Herstellung der ranggerechten Eintragung der Grundschuld. In damit vergleichbarer Weise hat der Senat die Einholung von Löschungsbewilligungen von Gläubigern, deren Recht im Zuge der lastenfreien Veräußerung eines Grundstücks gelöscht werden sollen, als Vollzugstätigkeit im Sinne des § 146 Abs. 1 KostO qualifiziert (JurBüro 1988, 1052; OLGR 2002, 146 = ZNotP 2003, 39). Für die Behandlung der Einholung der Bewilligung eines Dritten als Nebengeschäft reicht es nach Auffassung des Senats bereits aus, daß der Notar eine Beurkundungs- oder Entwurfstätigkeit für den Grundstückseigentümer vornimmt, der ein dingliches Recht bestellen will - wie hier - oder in anderen Fällen ein Recht zur Löschung bringen will (ebenso der früher für das Sachgebiet zuständige 14. Zivilsenat des OLG Hamm JurBüro 1959, 525, 526; JurBüro 1965, 305, 306; LG Osnabrück NdsRpfl. 2003, 323 f.; Rohs/Wedewer, a.a.O., § 147 Rdnr. 26 a, 27). Nicht erforderlich ist demgegenüber, daß dem Notar zusätzlich auch ein Auftrag zur Beurkundung oder Entwurfsfertigung im Hinblick auf die Erklärung des Dritten erteilt wird. Der gegenteiligen Auffassung des OLG Frankfurt (a.a.O.; ebenso Assenmacher/Mathias, KostO 15. Aufl., Stichwort "Betreuungsgebühr", Anm. 4.2.2; Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 15. Aufl., § 147, Rdnr. 79) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Richtig ist zwar, daß die Erklärung des Dritten, dessen Bewilligung den Vollzug des Hauptgeschäfts ermöglicht, regelmäßig auf einem eigenständigen Rechtsverhältnis zwischen diesem und dem Grundstückseigentümer beruht, dessen Erklärung der Notar beurkundet hat. So ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß der Rangrücktrittserklärung der Stadt B eine entsprechende schuldrechtliche Verpflichtung zugrunde liegt, ohne daß dieser Gesichtspunkt näherer tatsächlicher Aufklärung bedarf. Um solche eigenständigen Rechtsverhältnisse handelt es sich jedoch in allen Fällen, in denen der rechtliche Erfolg eines Rechtsgeschäfts von der Zustimmung eines Dritten abhängt. Gleichwohl wird in ähnlichen Fallkonstellationen die Anwendbarkeit des § 35 KostO bejaht (BayObLG Rpfleger 1980, 122: Einholung der Genehmigung der Landeszentralbank; BayObLG JurBüro 1980, 751: Einholung einer Genehmigung des Nachlaßgerichts). Diese Überlegung zeigt, daß in dem vorliegenden Zusammenhang nicht die Verschiedenartigkeit der materiell-rechtlichen Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten maßgebend sein kann. Vielmehr muß die Bewertung der tatsächlich durchgeführten notariellen Tätigkeit in den Vordergrund gestellt werden: Dient diese lediglich der Verwirklichung des rechtlichen Erfolgs eines beurkundeten Rechtsgeschäfts und bleibt sie ihrem Umfang nach neben dem Hauptgeschäft ohne selbständiges Gewicht, handelt es sich um ein Nebengeschäft im Sinne des § 35 KostO. Im vorliegenden Fall hat sich die Tätigkeit der Beteiligten zu 1) darauf beschränkt, daß sie die Stadt B in einem einfachen Schreiben vom 07.08.2003 von der erfolgten Grundschuldbestellung mit der Bitte unterrichtet hat, eine Rangrücktrittserklärung im Hinblick auf die Auflassungsvormerkung zu erteilen. Die Stadt B hat diese Erklärung wenige Tage später abgegeben und der Beteiligten zu 1) übersandt. Die Bewertung der Tätigkeit eines Notars kann eine andere sein, wenn sie etwa im Hinblick auf nähere Verhandlungen mit dem Dritten über dessen Bereitschaft zur Abgabe der erforderlichen Erklärung einen meßbar größeren Umfang annimmt. Darum geht es jedoch hier nicht. Eine andere Beurteilung ist nach Auffassung des Senats auch nicht unter dem Gesichtspunkt geboten, daß der Notar zur Übernahme einer Betreuungstätigkeit der hier in Rede stehenden Art nicht verpflichtet ist. Es handelt sich hier um eine sonstige Betreuungstätigkeit des Notars im Sinne des § 24 Abs. 1 BNotO. Im Gegensatz zu § 15 Abs. 1 S. 1 BNotO sieht das Gesetz eine Verpflichtung des Notars zu einer weiteren Betreuungstätigkeit nicht vor. Die Beteiligte zu 1) hätte also die Beteiligten zu 2) darauf verweisen können, sich selbst bei der Stadt B um die Erteilung der Ranrücktrittserklärung zu bemühen. Daraus kann jedoch nicht die Schlußfolgerung gezogen werden, die Annahme eines Nebengeschäftes sei bereits dann ausgeschlossen, wenn es sich um eine Amtstätigkeit handele, die der Notar nicht bereits von Amts wegen vornehmen müsse (Klein MittRhNotK 1984, 113, 114; DNotZ 1987, 185, 186). Der Senat hat diese Auffassung bereits abgelehnt (FGPrax 2002, 40, 41) und hält daran weiter fest. § 35 KostO als kostenrechtliche Vorschrift stellt lediglich auf das Verhältnis einer tatsächlich durchgeführten Tätigkeit des Notars zu einem Hauptgeschäft ab, unterscheidet jedoch nicht danach, ob der Notar dienstrechtlich zur Übernahme dieser Tätigkeit verpflichtet war oder nicht. Die Schlußfolgerung, jede Tätigkeit des Notars, zu der dieser dienstrechtlich nicht zwingend verpflichtet sei, müsse eine gesonderte Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO begründen, führt eine Betrachtungsweise in das Kostenrecht ein, die der Gebühr im Ergebnis den Charakter einer privatrechtlichen Dienstleistungsvergütung gibt. Diese Betrachtung widerspricht dem Berufsbild des Notars als Träger eines staatlichen Amtes, zu dessen Aufgaben gem. § 24 Abs. 1 BNotO auch die Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege gehört. Damit wäre es unvereinbar, einem Notar unabhängig vom Gesamtzusammenhang seiner Tätigkeit nur deshalb für eine Einzelverrichtung eine Gebühr (Vergütung) zuzubilligen, weil er sie ohne zwingende dienstrechtliche Verpflichtung wahrgenommen hat, obwohl sie allgemein zum Aufgabenbereich seines Amtes gehört. 2) In dem von ihm beabsichtigten Sinn kann der Senat nicht entscheiden, ohne im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG von der eingangs genannten Entscheidung des OLG Frankfurt abzuweichen. Dieser Entscheidung liegt ein mit der vorliegenden Sache weitgehend deckungsgleicher Sachverhalt zugrunde. Auf der Grundlage der bereits dargestellten Rechtsauffassung des OLG Frankfurt wäre der Ansatz der Betreuungsgebühr gem. § 147 Abs. 2 KostO zu Recht erfolgt, so daß der Senat unter Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts die auf Anweisung erhobene erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) zurückweisen müßte.

Ende der Entscheidung

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