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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.02.2005
Aktenzeichen: 15 W 507/04
Rechtsgebiete: WEG, FGG, BGB


Vorschriften:

WEG § 10 Abs. 3
WEG § 15 Abs. 2
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 1
WEG § 23 Abs. 4 S. 1
WEG § 23 Abs. 4 S. 2
WEG § 43 Abs. 1
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
WEG § 45 Abs. 1
WEG § 47 S. 1
WEG § 47 S. 2
WEG § 48 Abs. 3
FGG § 27
FGG § 29
BGB § 139
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom 18.05.2004 werden aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Gerichtskosten und die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 1.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe: I. Die Beteiligten zu 1) bis 7) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage; die Beteiligte zu 8) ist die Verwalterin. In der Eigentümerversammlung vom 27.07.1999 wurde zu Tagesordnungspunkt 6 die vorliegende Hausordnung genehmigt. Diese enthält folgende Regelung: "6. Tierhaltung Das Halten von Hunden und anderen kleinen Haustieren ist nicht gestattet." Der genannte Eigentümerbeschluss enthält dazu die weitere Maßgabe: "Der bereits vorhandene Hund genießt Bestandsschutz. Ein neuer Hund darf nicht angeschafft werden." Der Beschluss ist nicht angefochten worden. Die verwitwete Beteiligte zu 7) interessierte sich im Jahre 2001 für den Kauf der im Erdgeschoss links gelegenen Wohnung. Von den Voreigentümern Q erhielt sie ein Exemplar der Hausordnung mit der vorstehend wiedergegebenen Regelung. Die Beteiligte zu 7) legte gleichwohl größten Wert darauf, die Wohnung mit ihrem Hund und zwei Katzen beziehen zu können. Am 12.11.2001 kam es zum Abschluss des notariellen Kaufvertrages(UR-Nr. 157/2001 Notar F in I2), der einen umfassenden Gewährleistungsausschluss, jedoch keine nähere Regelung zur Frage der Tierhaltung in der Wohnung enthält. Ob und welche Erklärungen bei der Beurkundungsverhandlung von den Verkäufern bzw. dem Urkundsnotar abgegeben worden sind, ist zwischen den Beteiligten streitig. Zu Tagesordnungspunkt 6 der Eigentümerversammlung vom 03.06.2002 wurde mehrheitlich beschlossen: "Frau I erhält keine Ausnahmegenehmigung zum Halten von einem Hund und zwei Hauskatzen. Die Tiere müssen innerhalb eines Jahres entfernt werden. Die Verwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, hierfür Sorge zu tragen, notfalls auch anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und das gerichtliche Verfahren einzuleiten." Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist nehmen die Beteiligten zu 1) bis 6) die Beteiligte zu 7) auf Unterlassung der Hunde- und Katzenhaltung in ihrer Wohnung in Anspruch. Zur Begründung machen sie im Wesentlichen geltend, die Beteiligte zu 7) setze sich über das ihr bereits bei Erwerb der Eigentumswohnung bekannte und wirksam beschlossene umfassende Tierhaltungsverbot hinweg. Etwaige Erklärungen von Beteiligten aus Anlass der Beurkundung könnten keinen gegenüber ihnen, den Beteiligten zu 1) bis 6), wirksamen Vertrauensschutz begründen. Die Beteiligte zu 7) ist dem Antrag entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, das umfassende Tierhaltungsverbot sei unwirksam. Darüber hinaus sei in ihr durch Erklärungen der Verkäufer und des Urkundsnotars bei der Beurkundungsverhandlung - letzterer habe sich dabei auf telefonische Erklärungen des Geschäftsführers der Beteiligten zu 8) gestützt - die Vorstellung geweckt worden, gegen die Tierhaltung bestünden im Ergebnis keine Bedenken, wenn sie nicht zu Belästigungen für die anderen Wohnungseigentümer führe. Solche Belästigungen seien auch tatsächlich nicht eingetreten. Schließlich hat die Beteiligte zu 7) unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung vorgetragen, sie leide unter Angstzuständen und sei aus therapeutischen Gründen auf die Haltung von Haustieren angewiesen. Das Amtsgericht hat in der Sitzung vom 24.03.2004 durch Vernehmung der Zeugen Dr. Q, F, X und I Beweis erhoben und sodann durch Beschluss vom 18.05.2004 unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags die Beteiligte zu 7) verpflichtet, die Hundehaltung in ihrer Wohnung zu unterlassen. Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 7) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 04.06.2004 rechtzeitig sofortige Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Antrag insgesamt zurückzuweisen. Die Beteiligten zu 1) bis 6) haben mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 13.07.2004 Anschlussbeschwerde erhoben, mit der sie ihren weitergehenden Antrag auf Unterlassung auch der Katzenhaltung weiterverfolgt haben. Das Landgericht hat in öffentlicher Sitzung vom 01.10.2004 vor der vollbesetzten Zivilkammer mit den Beteiligten mündlich verhandelt und durch den am Schluss der Sitzung verkündete Beschluss beide Rechtsmittel zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 7), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 08.12.2004 bei dem Landgericht eingelegt hat. Die Beteiligten zu 1) bis 6) beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels. II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 7) folgt bereits daraus, dass ihre sofortige Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist. In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Die weitere Beschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen sofortigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 7) ausgegangen. Die Sachentscheidung des Landgerichts hält indessen nicht in allen Punkten rechtlicher Nachprüfung stand. Zu Recht hat die Kammer allerdings angenommen, dass die Beteiligte zu 7) auf der Grundlage der im Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer bestehenden Regelungen nicht berechtigt ist, in ihrer Wohnung einen Hund zu halten. Entgegen dem Vorbringen der Beteiligten zu 1) bis 6) ergibt sich eine Verpflichtung der Beteiligten zu 7) zur Unterlassung der Hundehaltung allerdings nicht bereits aus dem nicht angefochtenen Beschluss der Eigentümerversammlung vom 03.06.2002. Denn dem protokollierten Wortlaut dieses Beschlusses ist nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen, dass er nicht lediglich die Aufforderung zur Beseitigung des Hundes in Verbindung mit Maßnahmen zu einer gerichtlichen Inanspruchnahme, sondern darüber hinausgehend eine konstitutive Festlegung der Verpflichtung zur Entfernung des Hundes beinhalten soll. Es mag bereits zweifelhaft sein, ob die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§§ 21 Abs. 3, 23 Abs. 1 WEG) es ausschließt, dass die Eigentümerversammlung mit konstitutiver Wirkung über das Bestehen eines Anspruchs gegen einen der Miteigentümer im Einzelfall, die Mehrheit also vorbehaltlich der Nachprüfung im Beschlussanfechtungsverfahren (§ 23 Abs. 4 S. 1 WEG) quasi als Gericht in eigener Sache entscheiden kann. Sofern eine solche Beschlusskompetenz zu verneinen ist (so KG FGPrax 1997, 92, 93 = NJW-RR 1997, 1033, das insoweit eine Pseudovereinbarung annimmt; ebenso Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 22, Rdnr. 269), müsste daraus im Lichte der neueren Rechtsprechung des BGH (NJW 2000, 3500) die Nichtigkeit der Beschlussfassung abgeleitet werden. Der vorliegende Fall gibt zu einer abschließenden Entscheidung dieser Frage keinen Anlass. Denn bei der Auslegung eines solchen Eigentümerbeschlusses ist jedenfalls im Hinblick auf den Schutz der berechtigten Interessen des von der künftigen Anspruchsverfolgung betroffenen Wohnungseigentümers Zurückhaltung geboten (ebenso KG a.a.O.). Dieser hat regelmäßig keinen Anlass, den Beschluss einer Eigentümerversammlung, in dem für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung zu einem bestimmten Verhalten eine gerichtliche Inanspruchnahme angekündigt wird, dahin zu verstehen, dass bereits durch dieselbe Beschlussfassung eine konstitutive Festlegung des noch zu verfolgenden Anspruchs erfolgen soll mit der Folge, dass er in quasi umgekehrter Rollenverteilung zur Wahrung seiner Rechtsposition gezwungen wäre, seinerseits ein gerichtliches Verfahren einzuleiten und den Eigentümerbeschluss innerhalb der Ausschlussfrist des § 23 Abs. 4 S. 1 WEG anzufechten. Der Wortlaut der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung vom 03.06.2002 lässt auch im vorliegenden Fall eine anderweitige Auslegung nicht zu. Zwar heißt es, die Tiere seien nunmehr innerhalb eines Jahres zu entfernen. Dieser Satz ist indessen eingebettet in die vorangegangene Regelung, durch die der Beteiligten zu 7) eine Ausnahmegenehmigung zum Halten der Tiere versagt wird, und in den nachfolgenden Auftrag an die Beteiligte zu 8), nach Fristablauf ein gerichtliches Verfahren zur Durchsetzung des Verbots der Tierhaltung einzuleiten. Die getroffene Regelung konnte von der Beteiligten zu 7) deshalb nicht anders verstanden werden, als dass ihr noch eine Frist von einem Jahr zur Befolgung des nach Auffassung der Mehrheit bestehenden umfassenden Verbots der Haustierhaltung eingeräumt und erst für den Folgezeitraum eine gerichtliche Inanspruchnahme auf Unterlassung der Tierhaltung angedroht worden ist. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass ein die Beteiligte zu 7) bindendes Verbot der Tierhaltung sich aus dem Beschluss der Eigentümerversammlung vom 27.07.1999 zu Tagesordnungspunkt 6 ergibt, durch den die den Eigentümern vorliegende Hausordnung genehmigt worden ist. Die hier getroffene Regelung ist nicht als Vereinbarung (§ 10 Abs. 1 WEG), sondern als Beschluss (§ 23 WEG) zu qualifizieren. Dies folgt nicht nur daraus, dass die Regelung in der genannten Eigentümerversammlung formell als Beschluss getroffen worden ist. Maßgebend dafür ist insbesondere, dass § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG für die Aufstellung einer Hausordnung ausdrücklich eine mehrheitliche Beschlussfassung eröffnet. Die getroffene Regelung bindet somit gem. § 10 Abs. 3 WEG die Beteiligte zu 7) als Sonderrechtsnachfolgerin, ohne dass es einer Eintragung im Grundbuch (§ 10 Abs. 2 WEG) bedurfte. Der Eigentümerbeschluss über die Hausordnung ist nach § 23 Abs. 4 S. 1 WEG wirksam, es sei denn, dass er im Beschlussanfechtungsverfahren gem. § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG für ungültig erklärt wird. Bereits ein auf eine solche Entscheidung gerichteter Antrag ist nicht gestellt worden. Unabhängig von einer Ungültigerklärung ist ein Eigentümerbeschluss gem. § 23 Abs. 4 S. 2 WEG nur unwirksam, wenn er gegen ein Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann. Als Unwirksamkeitsgrund in diesem Sinne ist in der Rechtsprechung die für die Beachtlichkeit von Mehrheitsbeschlüssen notwendige inhaltliche Bestimmtheit und Klarheit anerkannt, insbesondere auch für die Regelungen einer den Gebrauch des Sondereigentums einschränkenden Hausordnung. Der Regelungsgegenstand muss hinreichend bestimmt und aus sich heraus von den Fällen zulässiger Betätigung abgrenzbar sein (BGH NJW 1998, 3713, 3715 betr. ein Musizierverbot). Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die hier getroffene Regelung insoweit bedenklich, als das Verbot der Tierhaltung auch auf "andere kleine Haustiere" erstreckt worden ist, deren Abgrenzung im Einzelfall nicht nachvollziehbar ist. Bedenken bestehen demgegenüber nicht gegenüber dem formulierten Verbot der Hundehaltung. Der Bestand der Regelung in diesem unbedenklichen Bereich wird entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde nicht durch die ggf. unwirksame weitergehende Regelung berührt. Denn für die Frage, ob eine teilweise Unwirksamkeit der Regelung eines Eigentümerbeschlusses zu seiner Unwirksamkeit insgesamt führt, gilt § 139 BGB entsprechend (BGH a.a.O.). Die Unwirksamkeit eines Teils der Regelung lässt deshalb die Wirksamkeit der Beschlussfassung im Übrigen unberührt, wenn anzunehmen ist, dass diese auch ohne den unwirksamen Teil getroffen sein würde. Davon ist hier auszugehen, weil der Eigentümerbeschluss erkennbar darauf gerichtet ist, die Tierhaltung in der Wohnungseigentumsanlage in möglichst weitgehendem Umfang zu unterbinden. Wenn die getroffene Regelung sich in einem Teilbereich allein deshalb als unwirksam erweist, weil die gewählte Formulierung eine hinreichend bestimmte Abgrenzung nicht zulässt, ist ersichtlich der Fortbestand der Regelung in demjenigen Regelungsbereich gewollt, in dem solche Bedenken nicht bestehen. Entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde ist der Eigentümerbeschluss auch nicht wegen fehlender Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung nichtig. Nach der Rechtsprechung des BGH können zwar nur solchen Angelegenheiten durch einen Eigentümerbeschluss geregelt werden, für die entweder nach den dispositiven Vorschriften des WEG oder nach einer diese erweiternden Bestimmung der Gemeinschaftsordnung (sog. Öffnungsklausel) die Kompetenz zu einer mehrheitlichen Beschlussfassung begründet wird (BGH NJW 2000, 3500). Hier handelt es sich um eine Regelung des Gebrauchs des Sonder- und Gemeinschaftseigentums. Für diesen Regelungsbereich räumt § 15 Abs. 2 WEG den Wohnungseigentümern ausdrücklich die Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung ein, sofern es um eine "ordnungsmäßige" Maßnahme geht. Die Wohnungseigentümerversammlung ist also nicht von vornherein für eine Beschlussfassung absolut unzuständig. Sie darf nur keine Beschlüsse fassen, die über die "Ordnungsmäßigkeit" des Gebrauchs hinausgehen. Da dies aber von den Umständen des Einzelfalls abhängt und die Frage der Abgrenzung vielfach nicht leicht zu entscheiden ist, kann die Beschlusszuständigkeit nicht davon abhängen, ob eine Maßnahme ordnungsmäßig ist. Die "Ordnungsmäßigkeit" ist aus Gründen der Rechtssicherheit nicht kompetenzbegründend. Die Überschreitung der Grenzen eines ordnungsgemäßen Gebrauchs begründet lediglich die Anfechtbarkeit einer solchen Beschlussfassung der Eigentümerversammlung. Sie wirkt mit dem Eintritt ihrer Bestandskraft mit Ablauf der Beschlussanfechtungsfrist in der neuen Begriffsbildung der Rechtsprechung des BGH vereinbarungsersetzend (BGH a.a.O. S. 3503). Dies gilt auch für einen Eigentümerbeschluss über ein umfassendes Verbot der Hundehaltung (BayObLG FGPrax 2002, 15, 16; ebenso Senatsbeschluss vom 03.06.2003 - 15 W 470/02 -). Die frühere Entscheidung des BGH zur Wirksamkeit einer Beschlussfassung über ein umfassendes Hundeverbot (NJW 1995, 2036) hat danach auch im Lichte seiner neueren Rechtsprechung zur Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung weiterhin Bestand (vgl. Wenzel ZWE 2001, 226, 230). Die Beteiligte zu 7) ist deshalb an das Verbot der Hundehaltung gebunden. Die Durchsetzung des Verbots der Hundehaltung kann jedoch im Einzelfall gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen (BGH NJW 1995, 2036; BayObLG NZM 2001, 105; FGPrax 2002, 15, 16). Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben in diesem Zusammenhang setzt eine sorgfältige Abwägung der Interessen der Wohnungseigentümer voraus. Der Senat hält unter diesem Gesichtspunkt den Sachverhalt noch nicht für hinreichend aufgeklärt (§ 12 FGG). Bei der Abwägung ist davon auszugehen, dass die Interessen der Beteiligten zu 1) bis 6) durch den Eintritt der Bestandskraft des Eigentümerbeschlusses geschützt werden. Die Miteigentümer gerade einer kleinen Wohnungseigentumsanlage können wegen der mit einer Hundehaltung typischerweise einhergehenden Beeinträchtigungen ein berechtigtes Interesse an einem Ausschluss der Hundehaltung in der Anlage haben. Die Berechtigung dieses Interesses kann nicht dadurch in Zweifel gezogen werden, dass die Beteiligten zu 1) bis 6) keine konkreten Beeinträchtigungen durch den von der Beteiligten zu 7) gehaltenen Hund geltend machen. Denn es ist aus ihrer Sicht nicht von der Hand zu weisen, dass der Verzicht auf die Durchsetzung den Beginn einer Verwässerung des Hundehaltungsverbots einleitet, aus der künftige Erwerber im Sinne einer Gleichbehandlung für sich Rechte herleiten könnten. Das Gewicht dieses Interesses wird auch nicht dadurch gemindert, dass die Beteiligte zu 7) bei dem Erwerb des Wohnungseigentums subjektiv geglaubt haben mag, das Verbot der Hundehaltung werde ihr gegenüber nicht zur Anwendung kommen, dies, obwohl sie vor der Beurkundung von der Hausordnung und dem darin enthaltenen Verbot der Tierhaltung Kenntnis genommen hat. Ob und welche Erklärungen der Verkäufer bzw. des Urkundsnotars zu einer solchen Vorstellung der Beteiligten zu 7) beigetragen haben mögen, kann daher offen bleiben. Solche Erklärungen sind jedenfalls im Rahmen des Gemeinschaftsverhältnisses den übrigen Wohnungseigentümern nicht zurechenbar, vielmehr der eigenen Risikosphäre der Beteiligten zu 7) zuzuordnen. Ein anderes Abwägungsergebnis kann sich aus der gesundheitlichen Situation der Beteiligten zu 7) in Verbindung mit weiteren besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Die Beteiligte zu 7) hat bereits in erster Instanz unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung behauptet, sie leide an einer Angststörung. Zur Vermeidung der bei ihr vor allem nachts auftretenden Phobien sei eine Haustierhaltung "aus therapeutischen Gründen" notwendig. Der Schutz der Gesundheit der Beteiligten zu 7) muss bei den Anwendung des § 242 BGB berücksichtigt und angemessen mit den berechtigten Interessen der übrigen Wohnungseigentümer abgewogen werden (BayObLG a.a.O.). Nach dem bisherigen Vorbringen der Beteiligten zu 7) einschließlich der von ihr vorgelegten ärztlichen Bescheinigung wird nicht hinreichend klar, um welche Art der Erkrankung es sich genau handelt, wie sich der bisherige Krankheits- und Behandlungsverlauf darstellt und aus welchen Gründen die Beteiligte zu 7) neben anderen denkbaren Behandlungsalternativen gerade auf eine Tier- und Hundehaltung angewiesen sein soll, um ihren Gesundheitszustand zu stabilisieren. Andererseits ist das Vorbringen der Beteiligten zu 7) hinreichend konkret, um Anlass für weitere Ermittlungen zu geben, die auch im Verfahren nach dem WEG von Amts wegen durchzuführen sind (§ 12 FGG). Ohne solche weitergehenden Ermittlungen ist die Erwägung des Landgerichts, dem Interesse der Beteiligten zu 7) am Schutz ihrer Gesundheit sei bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass sie ihre Katzen behalten dürfe, verfahrensrechtlich bedenklich, weil sie auf eine vorweggenommene Beweiswürdigung hinausläuft. Hinreichende Aufklärung über den Gesundheitszustand der Beteiligten zu 7) gerade im Hinblick auf den von ihr geltend gemachten Einsatz der Hundehaltung zu Therapiezwecken wird mutmaßlich nur ein eingehendes fachpsychiatrisches Sachverständigengutachten erbringen können. Sollte die weitere Sachverhaltsaufklärung eine schwere gesundheitliche Störung der Beteiligten zu 7) der von ihr vorgetragenen Art ergeben, können weitere Einzelumstände zu einer im Ergebnis anderen Gewichtung der Interessen der Beteiligten führen. In diesem Zusammenhang kann zunächst eine Rolle spielen, dass nach dem bisherigen Vorbringen der Beteiligten zu 1) bis 6) von dem Hund der Beteiligten zu 7) keine konkreten Beeinträchtigungen ausgehen. Maßgebend kommt hinzu, dass nach den Feststellungen des Landgerichts der Hund bereits ein Alter von 15 Jahren erreicht hat, seine weitere Lebenserwartung dementsprechend auf einen überschaubaren Zeitraum begrenzt ist. Unter diesen Voraussetzungen wäre die Gefahr einer Verwässerung des Hundehaltungsverbots unbegründet, wenn eine Duldung der Hundehaltung lediglich im Hinblick auf die gesundheitliche Situation der Beteiligten zu 7) und begrenzt auf den Zeitraum bis zum Tod ihres jetzt gehaltenen Hundes erfolgen würde (vgl. BayObLG FGPrax 2002, 15, 17). Nach dem gegenwärtigen Sachstand sieht der Senat demgegenüber keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die berechtigten Interessen der übrigen Wohnungseigentümer auch gegenüber einer zeitlich unbegrenzten Hundehaltung der Beteiligten zu 7) zurücktreten müssten. Sollte sich die Beteiligte zu 7) also nach dem Tod ihres jetzigen Hundes einen neuen Hund anschaffen wollen, wird ihr im Zweifel der Umzug in eine andere Wohnung zugemutet werden müssen, in der einer Hundehaltung nichts entgegensteht. Bei der danach erforderlichen Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung hat der Senat von dem ihm zustehenden Ermessen (Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27, Rdnr. 61) dahin Gebrauch gemacht, die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Dabei hat der Senat maßgebend berücksichtigt, dass die auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats erforderliche Tatsachenfeststellung in beiden Vorinstanzen unterblieben ist und die Sachverhaltsaufklärung vorrangig im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführt werden soll. Mit der erneuten Sachentscheidung war dem Amtsgericht auch die nach § 47 S. 1 und 2 WEG zu treffende Entscheidung über die Gerichtskosten und die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde zu übertragen. Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Sie folgt der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung der Entscheidung des Amtsgerichts.

Ende der Entscheidung

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