Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.03.2008
Aktenzeichen: 15 W 54/08
Rechtsgebiete: PsychKG NW, FGG


Vorschriften:

PsychKG NW § 11
FGG § 70l
1) Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne des § 11 Abs. 2 PsychKG NW kann sich auch aus der gesundheitlichen Gefährdung einer Person ergeben, die auf krankheitsbedingte, unablässige gezielte Stalking-Attacken der Betroffenen zurückzuführen ist. Dabei reicht die Mitursächlichkeit des Verhaltens der Betroffenen bei einer bereits bestehenden gesundheitlichen Vorbelastung der attackierten Person aus.

2) Gegen den Beschluss des Amtsgerichts, durch den Beschränkungen für den Schrift- und Telefonverkehr der untergebrachten Betroffenen angeordnet werden, steht dieser die Beschwerde nach den §§ 19, 20 FGG zu.

3) Die Anordnung von Beschränkungen des Schrift- und Telefonverkehrs ist dem Leiter der Klinik vorbehalten, in der die Betroffene untergebracht ist. Das Amtsgericht ist im Verfahren nach § 70l FGG auf eine Kontrollfunktion beschränkt, jedoch nicht befugt, in eigener Zuständigkeit Beschränkungen anzuordnen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 54/08 OLG Hamm 15 W 64/08 OLG Hamm

In der Unterbringungssache

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13.03.2008 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 30.01.2008 und ihre weitere Beschwerde vom 15.02.2008 gegen die Beschlüsse der 6. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 24.01. und 28.01.2008 durch

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss vom 24.01.2008 betreffend die Unterbringung der Betroffenen wird zurückgewiesen.

Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluss vom 28.01.2008 teilweise, nämlich soweit die Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist, aufgehoben. Der Beschluss des Amtsgerichts X. vom 12.12.2007 wird insgesamt aufgehoben.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 3) hat im August 2007 beim Amtsgericht Y. die Anordnung der Unterbringung der Betroffenen auf der Grundlage der §§ 10, 11 PsychKG beantragt. Zur Begründung hat er auf den (gerichtsbekannten) Sachverhalt verwiesen. Dieser stellt sich in objektiver Hinsicht so dar, dass die Betroffene den örtlichen Gemeindepfarrer seit Jahren in massiver Weise und fortlaufend belästigt, u.a. indem sie sich leicht bekleidet oder nackt vor der Kirche oder dem Pfarrhaus zeigt und hierbei lauthals ihre sexuellen Phantasien hinsichtlich des Pfarrers kund tut. Bei Auftritten des Pfarrers in der Öffentlichkeit, auch im Gottesdienst oder anlässlich von Beerdigungen, sucht sie ihn auf sich aufmerksam zu machen, teils durch laute Rufe, die teilweise wiederum einen obszönen Inhalt haben. Weiter schickt sie dem Gemeindepfarrer fortlaufend Postkarten und SMS mit ebensolchem Inhalt und versucht ihn telefonisch zu erreichen. Versuche, die Betroffene wegen dieses Verhalten straf- und zivilrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, blieben in der Vergangenheit erfolglos, da die im Rahmen des Strafverfahrens eingeschaltete psychiatrische Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Betroffene schuldunfähig sei.

Der Beteiligte zu 3) legte mit dem Antrag eine ärztliche Bescheinigung des Hausarztes des Pfarrers, des Zeugen B. vor. Hierin führt der Facharzt für innere Medizin aus, dass bei seinem Patienten eine Bluthochdruckerkrankung vorliege. Der durch die Nachstellungen der Betroffenen ausgelöste Stress gefährde die Gesundheit des Patienten erheblich. Trotz des Einsatzes hochwirksamer Medikamente sei es nicht gelungen, den Bluthochdruck zu normalisieren. Es seien bereits Folgeschäden in Form einer Aortensklerose feststellbar, die zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen, so auch zu einem Schlaganfall führen könnten. Auch zeigten sich stresstypische funktionale Gesundheitsstörungen und eine depressive Verstimmung. Weiter wurde mit dem Antrag das ärztliche Zeugnis einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vorgelegt, wonach die Betroffene an einer psychischen Erkrankung leidet.

Durch Beschluss vom 22.10.2007 hat das Amtsgericht Y. die sofortige Unterbringung der Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus für bis zu sechs Wochen angeordnet, der Betroffenen eine Verfahrenspflegerin bestellt und die Sache sodann an das Amtsgericht X. abgegeben.

Die Betroffene wurde ab dem 23.10.2007 in der LWL-Klinik in X. geschlossen untergebracht. Die gegen den Unterbringungsbeschluss des Amtsgerichts Y. gerichtete sofortige Beschwerde der Betroffenen wies das Landgericht in der Folgezeit zurück. Auch nach der Unterbringung der Betroffenen sandte die Betroffene weitere Postkarten und SMS an den Pfarrer und versuchte ihn telefonisch zu erreichen. Durch die Klinik gewährte Möglichkeiten zum Ausgang nutzte sie, um erneut die Nähe des Pfarrers zu suchen.

Durch Beschluss vom 26.11.2007 verlängerte das Amtsgericht X. die Unterbringungsdauer nach vorheriger Anhörung der Betroffenen und gutachterlicher Stellungnahme der behandelnden Ärzte bis zum 22.01.2008. Nachdem der Pfarrer sich über anhaltende Belästigungen durch Postkarten, SMS und Anrufe beklagt hatte, stellte das Amtsgericht der Betroffenen am 03.12.2007 die Unterbindung des Schrift- und Telekommunikationsverkehrs in Aussicht und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme.

Durch Beschluss vom 12.12.2007 schränkte das Amtsgericht den Schrift- und Telefonverkehr der Betroffenen dahingehend ein, dass das Absenden von Schriftstücken oder Faxschreiben und das Führen von Telefonaten nur noch insoweit gestattet sei, als sichergestellt sei, dass diese nicht an den Pfarrer oder das Pfarramt gerichtet seien. Weiter untersagte es der Betroffenen den Besitz von Telefonen. Zugleich veranlasste es die Erstattung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Notwendigkeit einer längerfristigen Unterbringung. Gegen den Beschluss vom 12.12.2007 legte die Betroffene am 17.12.2007 "Einspruch" ein.

Der Sachverständige Dr. M, der ärztliche Direktor der LWL-Klinik, erstattete am 24.12.2007 ein schriftliches Gutachten. In diesem kam er zu dem Ergebnis, dass bei der Betroffenen eine psychische Erkrankung vorliege. Gleichwohl verneinte er die Voraussetzungen für eine geschlossene Unterbringung nach dem PsychKG, da er davon ausging, dass durch das Verhalten der Betroffenen keine unmittelbare Gefährdung erheblicher Rechtsgüter, sondern lediglich eine (erhebliche) Belästigung entstehe. Weiter zweifelte der Sachverständige die Schuldunfähigkeit der Betroffenen an.

Durch Beschluss vom 09.01.2008 verlängerte das Amtsgericht, nach vorheriger Anhörung der Betroffenen, die Unterbringungsdauer bis zum 09.07.2008, wobei es zur Begründung u.a. ausführte, dass eine erhebliche Gefährdung als Folge des Verhaltens der Betroffenen durch das ärztliche Zeugnis des Dr. B. nachgewiesen sei. Eine relevante Verhaltensänderung bei der Betroffenen infolge der angelaufenen Behandlung sei nach den ergänzenden Angaben des Sachverständigen frühestens nach einem halben Jahr zu erwarten.

Das Landgericht hörte die Betroffene am 18.01.2009 u.a. im Hinblick auf ihre Beschwerde vom 17.12.2007 persönlich an. Im Rahmen der Anhörung erklärte die Betroffene zu Protokoll, gegen den Beschluss vom 09.01.2008 sofortige Beschwerde erheben zu wollen. Nachdem die Kammer am 23.01.2008 den betroffenen Pfarrer, ..., sowie Dr. B. als Zeugen gehört hatte, hat sie durch Beschluss vom 24.01.2008 die sofortige Beschwerde gegen die Anordnung der weiteren Unterbringung (Beschluss vom 09.01.2008) zurückgewiesen und für das weitere Verfahren die Beteiligte zu 2) zur Verfahrenspflegerin bestellt. Durch Beschluss vom 28.01.2008 hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss vom 12.12.2007 betreffend die Beschränkung des Schrift- und Telefonverkehrs aufgehoben, soweit der Telefonverkehr beschränkt und der Betroffenen der Besitz von Telefonen untersagt worden war. Gegen beide Beschlüsse hat die Beteiligte zu 2) "sofortige weitere Beschwerde" erhoben.

II.

Zur Unterbringung:

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 70 m Abs. 1, 70 h Abs. 1, 70 g Abs. 3, 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen sofortigen Erstbeschwerde der Betroffenen ausgegangen. Auch die Sachentscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Gegen oder ohne seinen Willen kann ein Betroffener in einem psychiatrischen Fachkrankenhaus, einer psychiatrischen Fachabteilung, einem Allgemein-Krankenhaus oder einer Hochschulklinik nur untergebracht werde, wenn er im Sinne des § 1 Abs. 2 PsychKG NRW vom 17.12.1999 psychisch erkrankt ist und durch sein krankheitsbedingtes Verhalten gegenwärtig eine erhebliche Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer besteht, die nicht anders abgewehrt werden kann, § 11 Abs. 1, § 10 Abs. 2 PsychKG NRW. Von einer gegenwärtigen Gefahr ist nach § 11 Abs. 2 PsychKG NRW dann auszugehen, wenn ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten ist. Dabei müssen die gefährdeten Rechtsgüter von erheblichem Gewicht und die den geschützten Rechtsgütern drohende Gefahr erheblich sein (BayObLGZ 1999, 216 = NJW 2000, 881). Die Voraussetzung der erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erfordert eine Prognose anhand tatsächlicher Feststellungen. Hierfür maßgeblich sind insbesondere die Persönlichkeit des Betroffenen, sein früheres Verhalten, seine aktuelle Befindlichkeit und seine zu erwartenden Lebensumstände (BayObLG, a. a. O. mit weiteren Nachweisen).

Das Landgericht ist von den dargelegten gesetzlichen Voraussetzungen ausgegangen und hat hierzu im Wesentlichen Folgendes festgestellt:

Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. M leide die Betroffene an einer histrionischen Persönlichkeitsstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung, ... . Ihr liebeswahnhaftes Verhalten stelle sich als intrapsychische Abwehrreaktion dar.

Aufgrund dieses Verhaltens bestehe eine gegenwärtige erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter, nämlich der Gesundheit des Herrn P.. Nach dem ärztlichen Zeugnis des Dr. med. B. und dessen Bekundungen vor der Kammer sei festzustellen, dass Herr P. an sog. essentiellem Bluthochdruck leide, ... (wird weiter ausgeführt). Die Beeinträchtigungen gingen über bloße Belästigungen deutlich hinaus. Herr P. habe der Kammer als Zeuge glaubhaft und ohne eine überschießende Belastungstendenz geschildert, wie intensiv er durch die vielfältigen Nachstellungen der Betroffenen, die regelrecht Jagd auf ihn mache, beeinträchtigt werde.

Die von der Betroffenen ausgehende Fremdgefährdung sei auch gegenwärtig. Ein schadenstiftendes Ereignis sei im Sinne des § 11 Abs.2 PsychKG zwar unvorhersehbar, nach den besonderen Umständen jedoch jederzeit zu erwarten. Nach den glaubhaften Bekundungen des Dr. B. sei es jederzeit möglich, dass es aufgrund der anhaltenden starken psychischen Belastung zu weiteren erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen komme, insbesondere drohe jederzeit ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall.

Schließlich sei diese Gefahr gegenwärtig auch nicht anders als durch die Unterbringung der Betroffenen abzuwehren. Straf- und zivilrechtliche Sanktionen seien auch dann, wenn man von der Schuldfähigkeit der Betroffenen ausgehe, jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt (noch) nicht geeignet, eine Verhaltensänderung der Betroffenen herbeizuführen. Eine betreuungsrechtliche Unterbringung scheitere an der Unwilligkeit der Betroffenen, sich in einem solchen Rahmen behandeln zu lassen. Während einer ambulanten Therapie sei nach der ärztlichen Stellungnahme der Frau Dr. I jedenfalls zunächst mit einer Fortsetzung des bisherigen Verhaltens zu rechnen. Zudem sei die Erklärung der Betroffenen, sich einer ambulanten Therapie unterziehen zu wollen, nach dem Eindruck der Kammer aufgrund der persönlichen Anhörung unglaubwürdig.

Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Feststellungen des Landgerichts nur beschränkt darauf überprüfen, ob es den Sachverhalt ausreichend und ohne Gesetzesverletzung aufgeklärt (§ 12 FGG), keine wesentlichen Umstände außer acht gelassen (§ 25 FGG), nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen, keinen Rechtsbegriff verkannt und keine allgemeinen Bewertungsmaßstäbe unberücksichtigt gelassen hat (Jansen, FGG, 2. Auflage, § 27 Rn. 27). Derartige Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.

Die Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich der Erkrankung der Betroffenen beruhen auf dem ausführlichen Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. M. Die von ihm aus einer ausführlichen Exploration der Betroffenen gewonnenen Erkenntnisse werden von der sofortigen weiteren Beschwerde auch nicht in Zweifel gezogen.

Auch die Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich des Vorliegens einer gegenwärtigen Gefahr für bedeutende Rechtsgüter sind rechtsfehlerfrei. Die Rüge der sofortigen weiteren Beschwerde, die Kammer habe nicht hinreichend nachgeprüft, inwieweit die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Herrn P. tatsächlich auf dem Verhalten der Betroffenen beruhten, geht fehl. Soweit die sofortige weitere Beschwerde sich hier auf eine "Wortlautinterpretation" des ärztlichen Zeugnisses bezieht, ist dies verfehlt. Die Kammer hat ihre Überzeugung, dass das Verhalten der Betroffenen für die gesundheitliche Gefährdung des Herrn P. ursächlich ist, im Wesentlichen auf die zeugenschaftliche Vernehmung des Hausarztes und des Herrn P. gestützt. Die von der Kammer hieraus gezogenen Schlussfolgerung, dass Herrn P. bei einer Fortdauer des massiven psychischen Belastung aufgrund seiner Vorerkrankung eine krisenhafte Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bis hin zu einer vitalen Gefährdung droht, wird von den Zeugenaussagen getragen und ist im Übrigen in sich schlüssig und anhand der allgemeinen Lebenserfahrung ohne weiteres nachvollziehbar. Schon aus diesem Grund ist diese tatsächliche Würdigung des Landgerichts für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht bindend.

Im Übrigen verkennt die sofortige weitere Beschwerde mit ihrer Interpretation des (schriftlichen) ärztlichen Zeugnisses grundlegend, dass die Kammer nicht auf die Vorerkrankung des Herrn P. abgestellt und diese dem Verhalten der Betroffenen zugeschrieben hat. Anknüpfungspunkt der Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich einer durch die Betroffenen verursachten unmittelbaren Gefährdung der Gesundheit des Herrn P. ist vielmehr die durch die psychische Belastung verursachte Therapieresistenz dieser Erkrankung und die sich hieraus ergebende Gefahr von schwerwiegenden Folgeschäden.

Soweit die sofortige weitere Beschwerde rügt, die Kammer habe nicht hinreichend geprüft, ob diese Gefährdung auch ohne das Verhalten der Betroffenen, etwa aufgrund berufsbedingter Stressfaktoren vorläge, ist auch dies unbegründet. Die Kammer konnte aufgrund der nachvollziehbaren Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. B. davon ausgehen, dass eine exakte Gewichtung des Einflusses der Stressfaktoren nicht möglich ist. Es ist jedoch ohne weiteres nachvollziehbar, dass die massiven Nachstellungen durch die Betroffene zu einer psychischen Belastung führen, die weit über das hinausgeht, was ein -auch anstrengender- Beruf mit sich bringt. Die Schlussfolgerung des Landgerichts, dass die nach den Angaben des Zeugen grundsätzlich gegebene Möglichkeit einer medikamentösen Normalisierung der Blutdruckwerte hier durch das Verhalten der Betroffenen vereitelt wird, ist danach sachlich möglich, wenn nicht naheliegend, und damit für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht bindend. Für die Annahme einer drohenden Gefährdung der Gesundheit einer Person im Sinne des § 11 PsychKG reicht bereits die Feststellung der Mitursächlichkeit des krankheitsbedingten Verhaltens der Betroffenen neben anderen Ursachenfaktoren aus. Die gegenteilige Auffassung der weiteren Beschwerde liefe auf das unerträgliche Ergebnis hinaus, dass ein gesundheitlich vorbelastetes Stalking-Opfer vom Schutz der öffentlich-rechtlichen Unterbringung ausgeschlossen wäre, weil eine exakte Abgrenzung der Ursachenanteile verschiedener Risikofaktoren ohnehin kaum, bei prognostischer Beurteilung im Rahmen der Gefahrenabwehr schon gar nicht möglich erscheint. Vielmehr reicht es für die getroffene Maßnahme aus, dass das Verhalten der Betroffenen auf dem Boden der bestehenden gesundheitlichen Vorbelastung zu einem nachvollziehbaren, erheblichen zusätzlichen Gefährdungspotential führt.

Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Landgericht von einer unmittelbaren Gefahr im Sinne des § 11 Abs.2 2.Alt. PsychKG ausgegangen ist. Der vorliegende Fall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die Betroffene ihr krankheitsbedingtes Verhalten auf eine konkrete Person konzentriert, die aufgrund ihrer Vorerkrankung hierdurch ernstlich gefährdet wird. Das Verhalten, dass für Dritte immer noch höchst ärgerlich und anstößig ist, mag im Verhältnis zu diesen nicht über eine massive Belästigung hinausgehen. Bezogen auf die Person des Herrn P. ist nach den tatsächlichen Feststellung des Landgerichts hingegen aufgrund des Zusammenspiels seiner Vorerkrankung mit dem ihn gezielt attackierenden Verhalten der Betroffenen eine erhebliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bis hin zu einer lebensbedrohenden Krise zwar nicht sicher vorhersehbar, aber jederzeit möglich.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht auch die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der geschlossenen Unterbringung bejaht. Die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass andere Möglichkeiten der Gefahrenabwehr derzeit nicht vorhanden sind, werden von der sofortigen weiteren Beschwerde nicht angegriffen. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf diese Ausführungen, die einen Rechtsfehler nicht erkennen lassen, Bezug. Der Senat teilt auch die in den Ausführungen des Landgerichts zum Ausdruck kommende Auffassung, dass die Notwendigkeit der Unterbringung zur Gefahrenabwehr nicht erst bei einer möglichen Verlängerung, sondern bereits während des jetzt angeordneten Unterbringungszeitraums im Hinblick auf den Stand der therapeutischen Einflussnahme einerseits sowie der Einwirkungsmöglichkeiten anderer öffentlicher Stellen der fortlaufenden Überprüfung bedarf.

Zur Beschränkung des Schriftverkehrs:

Insoweit ist zunächst zu bemerken, dass gegen den Beschluss des Landgerichts vom 28.01.2008 die nicht fristgebundene weitere Beschwerde gegeben ist, da der Beschluss des Amtsgerichts vom 12.12.2007 seinerseits der einfachen Beschwerde unterlag, § 29 Abs.2 FGG. Denn die amtsgerichtliche Entscheidung ist zwar im Rahmen des Unterbringungsverfahrens ergangen, sie fällt jedoch mangels einer dahingehenden gesetzlichen Regelung nicht unter § 70m FGG, der nach § 70g Abs.3 S.1 FGG nur für die Anordnung oder Ablehnung einer Unterbringung gilt.

Gleichwohl ist die Beteiligte zu 2) auch insoweit beschwerdebefugt, denn ihre Rechtsstellung bezieht sich, wie sich insbesondere aus § 70b Abs.4 FGG ergibt, auf das gesamte gerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Unterbringung. Der Umstand, dass die Erstbeschwerde vorliegend nicht von der Beteiligten zu 2), sondern von der Betroffenen eingelegt wurde, bleibt vorliegend ohne Bedeutung, da die Beteiligte zu 2) erst während des laufenden Beschwerdeverfahrens bestellt wurde, mithin auch die Möglichkeit haben muss, die in der Person der Betroffenen begründete verfahrensrechtliche Position wahrzunehmen.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht mit der vorgenannten Maßgabe von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen. In sachlicher Hinsicht hält die Entscheidung, soweit die Erstbeschwerde zurückgewiesen wurde, der rechtlichen Prüfung hingegen nicht stand.

Die Vorinstanzen haben § 21 Abs.3 PsychKG als Rechtsgrundlage der den Schriftverkehr einschränkenden gerichtlichen Anordnung angesehen. Dabei haben sie verkannt, dass diese Vorschrift keine Eingriffsbefugnisse des Gerichts, sondern vielmehr eine entsprechende Handlungskompetenz der Leitung der Anstalt begründet, in der die Unterbringung vollzogen wird (vgl.Dodegge/Zimmermann, PsychKG, 2. Aufl., § 21 Rdn.2). Dem entspricht die Regelung des § 70l FGG, der den Rechtsschutz u.a. gegen Maßnahmen der Kontrolle des Schriftverkehrs regelt (Dodegge/Zimmermann, a.a.O. Rdn.9 m.w.N.) und das Gericht auf die Rolle einer Kontrollinstanz beschränkt.

Auch wenn danach die Kontrolle des Schrift- und Telekommunikationsverkehrs im Interesse der Gefahrenabwehr geboten sein mag, fehlt es für eine gerichtliche Anordnung an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Vielmehr hat insoweit die Krankenhausleitung die ihr obliegende Verantwortung wahrzunehmen und dabei zu berücksichtigen, dass an Herrn P. gerichtete Schreiben und Telefonate der Betroffenen nach Aktenlage Einzelhandlungen im Rahmen einer Straftat nach § 238 StGB sind. Ggf. ist daher, soweit die Anstaltsleitung keine eigene Eingriffsbefugnis

besitzt, die Hilfe die Polizei- und Ordnungsbehörden in Anspruch zu nehmen, um eine fortgesetzte Begehung zu unterbinden. Die Frage der strafrechtlichen Schuldfähigkeit der Betroffenen ist in diesem Zusammenhang belanglos.

Ende der Entscheidung

Zurück