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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.10.2002
Aktenzeichen: 15 W 77/02
Rechtsgebiete: WEG, NachbG NW


Vorschriften:

WEG § 14 Nr. 1
NachbG NW § 41
NachbG NW § 47
1) Im Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer ist das aus § 14 Nr. 1 WEG fließende Rücksichtnahmegebot die Grundlage für die Interessenabwägung der Beteiligten im Hinblick darauf, welche Abstände Anpflanzungen zur Grenze einer Sondernutzungsfläche einzuhalten haben.

2) Im Rahmen dieser Abwägung können die Vorschriften des landesrechtlichen Nachbarrechtsgesetzes im Sinne einer Mindestvorgabe wertend einbezogen werden.

3) Die materielle Ausschlußfrist des § 47 NachbG NW findet im Verhältnis der Wohnungseigentümer keine Anwendung. Ein Beseitigungsanspruch kann vielmehr nur aufgrund des bundesrechtlichen Rechtsinstituts der Verwirkung (§ 242 BGB) ausgeschlossen sein.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 77/02 OLG Hamm

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentumsanlage

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 21. Oktober 2002 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 7. Februar 2002 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 8. November 2001 durch die Richter am Oberlandesgericht Budde, Engelhardt und Lohmeyer

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Gerichtskosten und die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf bis zu 1.800,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) bis 8) bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft in E deren Verwalterin die Beteiligte zu 9) ist. Die Beteiligten zu 1) erwarben die im Erdgeschoss des Hauses gelegenen Wohnungen Nr. 5 und 6 des Aufteilungsplans etwa im Jahre 1982. Dem Sondereigentum an diesen Wohnungen sind in der Teilungserklärung vom 30.07.1981 Terrassenflächen zugeordnet, die im rückwärtigen Bereich des Grundstücks an eine Gartenfläche angrenzen, an der ein Sondernutzungrecht für den jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 1 des Aufteilungsplans begründet ist; diese Wohnung haben die Beteiligten zu 2) im Jahre 1989 erworben. Bereits im Jahre 1982 befand sich nahe der Terrasse eine junge Magnolie. Diese ist inzwischen auf eine Höhe von ca. 6 m herangewachsen. Die Beteiligten zu 1) fühlen sich in der Nutzung der Terrasse durch den Schattenwurf der Magnolie beeinträchtigt.

Die Beteiligten zu 1) haben bei dem Amtsgericht beantragt, die Beteiligten zu 2) zur Beseitigung der Magnolie, hilfsweise dazu zu verpflichten, die Magnolie soweit in der Krone auszulichten und zu beschneiden, dass keine Äste in den Luftraum über der Terrasse hineinragen und die Terrasse nicht mehr von der Magnolie beschattet wird, des weiteren nach Beseitigung des der Magnolie anhaftenden Wolllausbefalls es in Zukunft sicher zu stellen, dass Exkremente der die Magnolie befallenden Wollläuse nicht mehr auf die Terrasse gelangen. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 25. Mai 2001 ohne Vorliegen entsprechender Erklärungen der Beteiligten zu 1) und 2) die Erledigung der Hauptsache festgestellt, soweit die Beteiligten zu 1) mit dem Hilfsantrag die Entfernung in den Luftraum über der Terrasse hineinragender Äste verlangt haben. Im übrigen hat es die Anträge der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 25.05.2001 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre bisherigen Anträge weiter verfolgt haben. Das Landgericht hat in öffentlicher Sitzung vom 08.11.2001 vor der vollbesetzten Zivilkammer mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Durch am Schluß der Sitzung verkündeten Beschluss hat das Landgericht in Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels auf den letztgenannten Hilfsantrag die Beteiligten zu 2) verpflichtet sicherzustellen, dass zukünftig keine Exkremente von in der Magnolie lebenden Wollläusen auf die Terrasse der Beteiligten zu 1) fallen können.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), die sie mit einem am 07.02.2002 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tage eingelegt haben und mit der sie den auf Beseitigung der Magnolie gerichteten Hauptantrag weiter verfolgen.

Die Beteiligten zu 2) beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerde bezogen auf den von ihnen gestellten Hauptantrag ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 FGG. Die sofortige weitere Beschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen.

In der Sache hat das Landgericht ausgeführt, dass es einer näheren Prüfung eines sich aus § 1004 BGB möglicherweise ergebenden Abwehranspruches nicht bedürfe. Selbst wenn von der Magnolie relevante störende Einflüsse auf das Sondereigentum der Beteiligten zu 1) ausgingen, sei ein Beseitigungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 1 S. 1 NachbG NW ausgeschlossen. Zur Beurteilung der Frage, welche Beeinträchtigungen durch Anpflanzungen im Verhältnis von Wohnungseigentümern hinzunehmen seien, seien die Grundsätze der Nachbarrechtsgesetze der jeweiligen Länder entsprechend heranzuziehen. Der Grundgedanke der Vorschrift des § 47 Abs. 1 S. 1 NachbG NW, wonach ein Nachbar, der nicht innerhalb von 6 Jahren nach dem Anpflanzen eines störenden Gewächses Beseitigungsklage erhoben habe, einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, auf den der andere Nachbar sich verlassen dürfe, treffe erst recht auf das Verhältnis von Wohnungseigentümern zu, die infolge ihres Gemeinschaftsverhältnisses noch enger untereinander verbunden seien, als dies bei zufälligen Grundstücksnachbarn der Fall sei.

Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Rechtliche Grundlage des geltend gemachten Beseitigungsanspruchs ist die Vorschrift des § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 15 Abs. 3 WEG. Danach kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch u.a. des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz und den Vereinbarungen (der Teilungserklärung) und Beschlüssen entspricht. Das aus dem Sondernutzungsrecht fließende alleinige Gebrauchsrecht der Beteiligten zu 2) an der Gartenfläche schließt die Befugnis ein, die Fläche grundsätzlich nach Belieben und eigenem Geschmack gärtnerisch zu gestalten. Der Sondernutzung sind jedoch wie dem Gebrauch des Sondereigentums durch das Gesetz und die Rechte Dritter Grenzen gesetzt (vgl. § 13 Abs. 1 WEG). Auch für die Ausübung des Sondernutzungsrechts gilt daher die das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer prägende Regelung des § 14 Nr. 1 WEG. Von dem Sondernutzungsrecht darf nur in solcher Weise Gebrauch gemacht werden, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maße hinaus ein Nachteil erwächst. Dieses Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme erfordert im Einzelfall eine konkrete Abwägung der berechtigten Nutzungsinteressen der beteiligten Wohnungseigentümer.

In diesem Rahmen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in geeigneten Fällen die landesrechtlichen Vorschriften der Nachbarrechtsgesetze aufgrund ihrer Leitbildfunktion in die Abwägung der gegenseitigen Interessen einbezogen werden können, weil sie das Maß grenzüberschreitender Einwirkungen beschreiben, die im Verhältnis von Grundstücksnachbarn hingenommen werden müssen (BayObLG 1982, 69; DWE 1985, 28; NJW-RR 1987, 846; ZMR 1999, 348; KG OLGZ 1987, 410; NJR RR-1996, 464). Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine wertende Einbeziehung nachbarrechtlicher Vorschriften in die nach dem WEG vorzunehmende Interessenabwägung, nicht jedoch um eine pauschale analoge Anwendung der nachbarrechtlichen Vorschriften. Denn die Vorschriften über die Grenzabstände von Gehölzen beziehen sich auf die gärtnerische Nutzung im Grenzbereich selbständiger benachbarter Grundstücke. Dieser Regelungsbereich findet innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft am ehesten eine Entsprechung, wenn an einer Gartenfläche des gemeinschaftlichen Eigentums mehrere selbständige Sondernutzungsrechte begründet worden sind. Andererseits kann die konkrete Ausgestaltung der Nutzungsbefugnisse innerhalb einer Wohnungseigentumsanlage durch die Teilungserklärung durchaus ein gegenüber den nachbarrechtlichen Vorschriften erhöhtes Maß an Rücksichtnahme erfordern, insbesondere im Verhältnis zwischen der gärtnerischen Nutzung eines sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümers gegenüber dem unmittelbar angrenzenden Sondereigentumsbereich (Wohnbereich) eines anderen Wohnungseigentümers (zutreffend OLG Köln WE 1997, 230, 231).

Bereits daraus folgt, dass die Ausschlussfrist des § 47 NachbG NW im Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer keine analoge Anwendung finden kann. Es handelt sich im übrigen um eine landesrechtliche materielle Ausschlussfrist, die im bundesrechtlich durch das WEG abschließend geregelten Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer keine Grundlage findet. Der Vorrang des Bundesrechts schließt es aus, eine hier nicht vorgesehene materielle Ausschlussfrist durch analoge Anwendung einer landesrechtlichen Regelung zu begründen. Es bleibt deshalb dabei, dass der geltend gemachte Beseitigungsanspruch im Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander lediglich nach § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung ausgeschlossen sein kann. So zu entscheiden, sieht sich der Senat nicht in einer eine Vorlagepflicht (§ 28 Abs. 2 FGG) begründenden Weise durch die Entscheidung des BayObLG (BayObLGZ 1982, 69 ff.) gehindert. Denn das BayObLG hat in dem von ihm entschiedenen Fall sowohl eine Verwirkung des Beseitigungsanspruchs als auch eine Verjährung des Anspruchs nach Art. 78 Abs. 1 S. 2 bay. AGBGB verneint, weil jeweils die entsprechenden tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Daraus lässt sich bereits nicht herleiten, dass das BayObLG die Anwendbarkeit der Verjährungsvorschrift des bayerischen Landesrechts im Verhältnis der Wohnungseigentümer abschließend hat bejahen wollen. Jedenfalls beruht die Entscheidung nicht auf dieser Auffassung, weil das BayObLG zugleich auch eine Verwirkung des Anspruchs verneint hat.

Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG, 561 ZPO). Für die Annahme einer Verwirkung des Beseitigungsanspruchs fehlen hinreichende tatsächliche Feststellungen. Das Zeitmoment des Verwirkungstatbestandes setzt voraus, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs ein längerer Zeitraum verstrichen ist. Von einer illoyal verspäteten Geltendmachung des Anspruchs kann in diesem Zusammenhang nur ausgegangen werden, wenn seit dem Zeitpunkt, ab dem die Magnolie durch ihren Wuchs eine Höhe erreicht hat, in dem sie sich störend auf die Nutzung der Terrassenfläche auswirkt und die Beteiligten zu 1) deshalb Veranlassung zur Geltendmachung eines Beseitigungsanspruchs hatten, ein längerer Zeitraum verstrichen ist (zutreffend OLG Köln WE 1997, 230, 232). Die Richtigkeit dieses Ansatzes zeigt sich auch daran, dass im Bereich der - hier nicht gegebenen - Anwendbarkeit der Ausschlussfrist des § 47 NachbG NW nichts anderes gilt, soweit der Beseitigungsanspruch darauf gestützt wird, dass Ziersträucher im Verlauf mehrere Jahre den von ihrer Wuchshöhe abhängigen Grenzabstand gem. § 41 Abs. 2 S. 1 NachbG NW - die Wuchshöhe darf das Dreifache des Abstandes zum Nachbargrundstück nicht übersteigen - nicht einhalten. In einem solchen Fall wird die Ausschlussfrist des § 47 NachbG NW erst in Lauf gesetzt, wenn der vom Gesetz vorgeschriebene Abstand infolge des Wachstums der Anpflanzung nicht mehr gewahrt ist (vgl. Schäfer, NachbG NW, 11. Aufl., § 47, Rdnr. 5 m.w.N.); diesen Gesichtspunkt hätte das Landgericht auch im Rahmen der von ihm vorgenommenen Anwendung des § 47 NachbG NW ergänzend berücksichtigen sollen. Zu dem Zeitpunkt, in dem sich das Wachstum der Magnolie störend auf die Nutzung der Terrasse auszuwirken begonnen hat, ist von den Beteiligten nichts vorgetragen. Dasselbe gilt im Hinblick auf das Umstandsmoment des Verwirkungstatbestandes, also die Frage, inwieweit die Beteiligten zu 1) durch ihr Verhalten für die Beteiligten zu 2) einen Vertrauenstatbestand dahin geschaffen haben, dass ein Beseitigungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werde.

Die Entscheidung der Kammer kann deshalb keinen Bestand haben. Der Senat muß die Sache an das Landgericht zurückverweisen, weil es zur Vorbereitung der Sachentscheidung noch weiterer tatsächlicher Feststellungen (§ 12 FGG) bedarf, die im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht getroffen werden können.

Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens und damit der Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung ist zwar nur der Hauptantrag auf Beseitigung der Magnolie, auf dessen Weiterverfolgung sich die sofortige weitere Beschwerde beschränkt. Soweit das Landgericht dem letzten Hilfsantrag der Beteiligten zu 1) entsprochen hat, steht diese Entscheidung unter der auflösenden Bedingung, dass nach Zurückverweisung der Sache dem Hauptantrag stattgegeben wird (BGHZ 106, 219 = NJW 1989, 1486). Der mit dem ersten Hilfsantrag verfolgte Anspruch auf Rückschnitt der Magnolie stellt sich indessen gegenüber dem Hauptantrag nicht als ein Aliud, sondern lediglich als Beschränkung des Umfangs der verfolgten Beseitigung dar. Die Frage, ob ein Rückschnitt der Magnolie möglich ist, kann dabei in zweierlei Hinsicht von Bedeutung sein: Im Verhältnis von Wohnungseigentümern ist die Geltendmachung eines Abwehranspruchs gegenüber Beeinträchtigungen, die von einem durch den Sondernutzungsberechtigten gepflanzten Strauch ausgehen, regelmäßig auf einen Rückschnitt beschränkt, wenn auf diese Weise dem Rücksichtnahmegebot Rechnung getragen werden kann (BayObLG DWE 1995, 28; KG NJW-RR 1996, 464, 465). Umgekehrt kann sich ein Beseitigungsanspruch daraus ergeben, dass sich nach der Art des erreichten Wachstums des Strauches ein Rückschnitt als unmöglich erweist.

Für die sachliche Beurteilung des Anspruchs kommt es deshalb zunächst darauf an festzustellen, ob die Magnolie im Hinblick auf ihren Standort und die erreichte Höhe ihres Wachstums unter Berücksichtigung der Maßstäbe des § 41 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 NachbG NW den erforderlichen Abstand zu der Grenze der Terrassenfläche einhält. Im Hinblick darauf, dass die Sondernutzungsfläche unmittelbar an die dem Sondereigentum der Beteiligten zu 1) zugeordnete Terrassenfläche angrenzt, ergibt sich aus den nachbarrechtlichen Grenzabständen eine Mindestvorgabe, die im Rahmen des Rücksichtnahmegebots auch im Verhältnis der Wohnungseigentümer zu wahren ist. Entgegen dem mit ihrem Hilfsantrag verfolgten Begehren haben die Beteiligten zu 1) allerdings keinen Anspruch darauf, dass keinerlei Schatten auf ihre Terrassenfläche fallen darf (KG, a.a.O.). Andererseits hält der Senat die von dem Landgericht im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag vorgenommene Bewertung nicht für zutreffend, angesichts der Form der Krone der Magnolie könne eine dauerhafte Beschattung oder Verdunkelung der Terrasse ausgeschlossen werden; denkbar seien lediglich gewisse wandernde Schatten, die von den Beteiligten zu 1) jedoch hinzunehmen seien. Abgesehen davon, dass diese Ausführungen nicht auf hinreichenden tatsächlichen Feststellungen (§ 12 FGG) beruhen, weil das Maß der Beeinträchtigung der Nutzung der Terrassenfläche durch den Schattenwurf der Magnolie anhand der im Termin vom 08.11.2001 vorgelegten Lichtbilder nicht zuverlässig beurteilt werden kann, enthält die nachbarrechtliche Vorschrift unter Berücksichtigung des nach § 41 Abs. 2 S. 1 NachbG NW von der Höhe des Strauches abhängigen Grenzabstandes einen geeigneten Beurteilungsmaßstab dafür, welches Maß der Verschattung auch im Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander jedenfalls nicht mehr hingenommen werden muß.

Da es sich bei der Magnolie - entgegen der bisherigen von den Beteiligten verwendeten Terminologie - nicht um einen Baum, sondern um ein Laubziergehölz handeln dürfte, (vgl. Briloer, Bäume, Sträucher und Hecken im Nachbarrecht, 5. Aufl., S. 64/65), richtet sich der bei deren Anpflanzung einzuhaltende Grenzabstand nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 NachbG NW. Da es sich bei den hier bekannten Arten der Magnolie um einen stark wachsenden Zierstrauch im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 2 a NachbG NW handelt, wie das bisherige Höhenwachstum von 6 m belegt, ist bei deren Anpflanzung ein Grenzabstand von 1 m zu beachten. Nach Abs. 2 S. 1 der Vorschrift vergrößert sich der einzuhaltende Grenzabstand in der Weise, dass die Höhe des Strauches das Dreifache seines Abstandes zur Grenze nicht überschreiten darf. Bei einer Höhe von 6 m muß der Grenzabstand also mindestens 2 m betragen.

Sofern es darauf noch ankommen sollte, bleibt ergänzend zu prüfen, ob unter den besonderen örtlichen Gegebenheiten selbst bei Einhaltung der Grenzabstände des § 41 NachbG NW von der Magnolie Beeinträchtigungen für die Nutzung der Terrassenfläche der Beteiligten zu 1) ausgehen, die ihnen unter Berücksichtigung des Rücksichtnahmegebots nicht zugemutet werden können. Dies setzt nähere tatsächliche Feststellungen über den bei einer Wahrung des Grenzabstandes verbleibenden Umfang des Schattenwurfs in der Jahreszeit voraus, in der die Terrasse hauptsächlich benutzt wird. Feststellungen dazu werden sich voraussichtlich nur im Rahmen einer Ortsbesichtigung, ggf. unter Zuziehung eines geeigneten Sachverständigen treffen lassen.

Mit der erneuten Sachentscheidung war dem Landgericht auch die Entscheidung über die Gerichtskosten und die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde (§ 47 S. 1 und 2 WEG) zu übertragen.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Sie folgt der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung der landgerichtlichen Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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