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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.07.2001
Aktenzeichen: 15 W 81/01
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 16
GmbHG § 39
Das Registergericht hat sowohl bei deklaratorischen (z.B. Änderung in der Person des Geschäftsführers einer GmbH) als auch bei konstitutiven Eintragungen (z.B. Sitzverlegung der Gesellschaft) eine Prüfungspflicht, ob der entsprechende Gesellschafterbeschluß ordnungsgemäß zustande gekommen ist, insbesondere ob die beschlussfassende Person GmbH-Gesellschafter oder zur Ausübung des Stimmrechts des Gesellschafters befugt war.

Ist allerdings ein Erwerb des Geschäftsanteils iSd § 16 GmbHG ordnungsgemäß bei der Gesellschaft angemeldet, so dass der Anmeldende gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter gilt, ist hieran auch das Registergericht gebunden. Die Fiktion des § 16 GmbHG hat insoweit materielle Wirkung.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 81/01 OLG Hamm

In der Handelsregistersache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 10. Juli 2001 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 13. Februar 2001 gegen den Beschluß der 24. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom 1. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Engelhardt und Oellers

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.

Auf die Erstbeschwerde der Beteiligten zum 15. November 2000 wird der Beschluß des Amtsgerichts vom 8. November 2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die mit Gesellschaftsvertrag vom 17.06.1994 gegründete Beteiligte, die ursprünglich ihren Sitz in V hatte, wurde am 24.08.1994 unter HRB 3160 in das Handelsregister des Amtsgerichts Gütersloh eingetragen. Gesellschafter waren zu diesem Zeitpunkt ausweislich der zu den Registerakten gereichten Gesellschafterliste mit einem Gesellschaftsanteil von je 100.000,00 DM eine Firma B Marketing GmbH in V und eine Firma K Holding BV mit Sitz in Rotterdam.

Mit notariellem Vertrag vom 16.04.1997 - UR.-Nr. 216/97 des Notars - übertrug die Gesellschafterin B Marketing GmbH ihren Geschäftsanteil auf einen Herrn G der gleichzeitig zum neuen Geschäftsführer der Beteiligten bestellt wurde. Herr G nahm an der notariellen Gesellschafterversammlung vom 16.04.1997 außerdem auch als Vertreter der zweiten Gesellschafterin, der Firma K Holding BV teil. Die Eintragung des neuen Geschäftsführers in das Handelsregister erfolgte am 23.06.1998.

In der Gesellschafterversammlung vom 19.01.1999 beschloß die Firma K Holding BV, die sich nunmehr als alleinige Gesellschafterin der Beteiligten bezeichnete, die Verlegung des Sitzes von V nach E Die Sitzverlegung wurde am 21.04.1999 in das Handelsregister eingetragen, die Registerakten wurden nunmehr bei dem Amtsgericht F unter HRB 46991 geführt. Unter dem 01.07.1999 zeigte der Notar Dr. aus F die Übertragung der Geschäftsanteile zu seiner UR-Nr. 255/99 vom gleichen Tag an. In der daraufhin auf Verlangen des Registergerichtes zu den Registerakten gereichten Gesellschafterliste vom 06.10.1999 wurde nunmehr als alleinige Gesellschafterin die Firma K Belgium N.V. mit Sitz T (Antwerpen), Belgien, genannt.

Am 08.03.2000 fand eine Gesellschafterversammlung der Beteiligten statt, die ein Herr W als vollmachtloser Vertreter für die K Belgium N.V. zur UR-Nr. 63/2000 des Notars aus Rh abhielt. In dieser Gesellschafterversammlung wurde beschlossen, den Sitz der Gesellschaft von E nach Rh zu verlegen. Der Geschäftsführer G wurde als Geschäftsführer abberufen. Der Kaufmann W wurde zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Am 09.05.2000 genehmigte ein Herr R als Geschäftsführer der Firma K Belgium N.V. die vorgenannten Erklärungen des Herrn W. Unter dem 17.05.2000 beantragte die Beteiligte bei dem Amtsgericht F die Eintragung der Sitzverlegung von E nach Rh Das Amtsgericht F leitete daraufhin die Registerakten zur weiteren Veranlassung an das Amtsgericht Rh weiter, bei dem sie derzeit unter dem Aktenzeichen AR 82/00 geführt werden.

Mit Verfügung vom 21.07.2000 wies das Registergericht daraufhin, daß weder aus der Genehmigungserklärung noch aus sonstigen Unterlagen hervorgehe, daß Herr R Vertretungsmacht hinsichtlich der Firma K Belgium N.V. hatte. Die Beteiligte reichte daraufhin über den Notar eine beglaubigte Ablichtung des Handelsregisterauszug betreffend die Firma K N.V. Belgium zu den Akten. Mit Verfügung vom 04.10.2000 wies das Registergericht darauf hin, daß nach Aktenlage alleinige Gesellschafterin der Firma K (Deutschland) GmbH die Firma K Holding BV mit Sitz in Amsterdam, nicht aber die Firma K Belgium N.V. mit Sitz in Antwerpen sei. Es sei daher entweder die Übertragung der Geschäftsanteile oder aber die Gesamtrechtsnachfolge in der gesetzlich vorgeschriebenen Form nachzuweisen. Außerdem sei nach § 39 GmbHG der Wechsel in der Geschäftsführung anzumelden. Letzteres holte die Beteiligte unter dem 05.10.2000 nach. Außerdem legte sie die Erklärung ihres Geschäftsführers vom 11.10.2000 vor, wonach er anzeigte, daß die Firma K Belgium N.V. alleinige Gesellschafterin sei. Die Übertragung der Geschäftsanteile sei mit Urkunde vom 01.07.1999 des Notars in F erfolgt. Der Erklärung war eine Ablichtung der Urkunde des Notars sowie eine aktuelle Gesellschafterliste beigefügt. Mit Verfügung vom 25.10.2000 teilte das Registergericht mit, daß eine endgültige Überprüfung der formellen Gesellschafterstellung der Firma K Belgium N.V. noch nicht möglich sei, vielmehr um weitere Mitteilung gebeten werde, von wann die überreichten Vollmachten datierten. Außerdem wurde die Beteiligte zur Vorlage eines beglaubigten Registerauszuges betreffend die Firma K Holding BV aufgefordert, aus dem sich die Vertretungsverhältnisse bezogen auf den Stichtag 01.07.1999 ergeben sollten. Schließlich wies das Registergericht darauf hin, daß die Vollmacht der Firma K Belgium N.V. durch einen weiteren "Managing Direktor namens Mr. I.A. " unterzeichnet sei und es insoweit der Klarstellung bedürfe, was es hiermit für eine Bewandnis habe. Mit Schreiben vom 30.10.2000 lehnte die Beschwerdeführerin über den verfahrensbevollmächtigten Notar die Erledigung der Zwischenverfügung ab.

Das Registergericht wies daraufhin mit Beschluß vom 08.11.2000 die Anmeldungen vom 17.05. und 05.10.2000 zurück. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, daß dem Gericht ohne Erledigung der Zwischenverfügung vom 25.10.2000 eine Prüfung, ob die Firma K Belgium N.V. alleinige Gesellschafterin der Beteiligten sei, nicht möglich sei. Eine solche Prüfung sei jedoch erforderlich, da das Registergericht jedenfalls bei Satzungsänderungen und ähnlichen Beschlüssen das formell ordnungsgemäße Zustandekommen derartiger Beschlüsse zu prüfen habe. Eine solche Prüfung verlange aber auch den Nachweis, daß der beschlussfassenden Gesellschafterin die Geschäftsanteile formell ordnungsgemäß übertragen worden seien.

Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 15.11.2000 Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde durch Beschluß vom 01.02.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten, die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 13.02.2000 beim Landgericht Bielefeld eingelegt hat.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. In Verfahren betreffen die Eintragung der Abberufung eines Geschäftsführers als deklaratorische Eintragung auf der Grundlage des § 39 GmbHG und der Änderung des Firmensitzes als konstitutive Eintragung gemäß § 54 Abs. 3 GmbHG ist anmelde- und beschwerdebefugt die betroffene Gesellschaft selbst, die durch ihren Geschäftsführer gesetzlich vertreten wird.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgericht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG). Das Rechtsmittel fuhrt zur Aufhebung der Entscheidungen beider Vorinstanzen und zur Zurückweisung der Sache an das Amtsgericht.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen.

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts, das sich die Rechtsauffassung des Amtsgerichts zu eigen gemacht hat, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Nach § 39 GmbHG ist jede Änderung in der Person der Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Es handelt sich hier um eine deklaratorische Eintragung im Handelsregister. Diese Eintragung dient der Kundbarmachung von Tatsachen oder Rechtsverhältnissen, die unabhängig von der Eintragung in Wirklichkeit bestehen. Hier ist es Aufgabe des Handelsregisters, die Eintragung unrichtiger oder tatsächlich nicht bestehender Rechtsverhältnisse zu verhindern (vgl. KG Rechtspfleger 1997, 440). Die Prüfungspflicht des Registergerichts erstreckt sich in diesen Fallen auf das ordnungsgemäße Zustandekommen des Gesellschafterbeschlusses, insbesondere darauf, ob die beschlussfassende Person GmbH-Gesellschafter oder zur Ausübung des Stimmrechts des Gesellschafters befugt ist (OLG Köln WM 1988, 1749; GmbHRdsch 1990, 82; BayObLG GmbHR 1992, 304, 305 f; Senat Beschluß vom 26.05.1998 15 W 49/98). Bei der Anmeldung betreffend die Sitzverlegung handelt es sich um eine Änderung des Gesellschaftsvertrages im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, die gemäß § 54 Abs. 3 GmbHG erst mit ihrer Eintragung ins Handelsregister wirksam wird, also konstitutiv ist. Insoweit hat das Gericht die Pflicht, die Rechtswirksamkeit des satzungsändernden Beschlusses zu prüfen (KG a.a.O.; Senat FG Prax 1996, 71, 72). Hiervon gehen die Vorinstanzen unter Bezug auf Lehre und Rechtsprechung in zutreffender Weise aus.

Auf dieser Grundlage mußten die Tatsacheninstanzen in eine nähere Prüfung eintreten, ob die Beschlüsse auf der Gesellschafterversammlung vom 08.03.2000, die Herr W als vollmachtloser Vertreter der Firma K Belgium N.V. gefaßt hatte, wirksam waren. An dieser Prüfung sahen sie sich jedoch gehindert, weil sie schon Zweifel an der Alleingesellschafterstellung der Firma K Belgium N.V. hatten. Nach Auffassung der Vorinstanzen sei ein lückenloser Nachweis der Wirksamkeit der formalen Gesellschafterstellung der Firma K Belgium N.V. als Alleingesellschafterin zu fordern. Nur dann könne geprüft werden, ob der Gesellschafterbeschluß vom 08.03.2000 ordnungsgemäß zustande gekommen sei.

Diese Auffassung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Registergericht hat die Wirksamkeit der Geschäftsanteilsübertragung von der Firma K Holding N.V. auf die Firma K Belgium N.V. nicht näher zu überprüfen. Für die Frage, ob die Firma K Belgium N.V. berechtigt war, in der Gesellschafterversammlung vom 08.03.2000 das Stimmrecht auszuüben, kommt es nur darauf an, ob die Firma im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafterin anzusehen ist. In diesem Zusammenhang ist die Sondervorschrift des § 16 GmbHG zu beachten. Nach Absatz 1 der Vorschrift gilt im Falle der Veräußerung eines Geschäftsanteils gegenüber der Gesellschaft nur derjenige als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist. Diese Vorschrift knüpft den Übergang der Gesellschafterstellung im Verhältnis zur Gesellschaft an einen besonderen Gestaltungsakt der Anmeldung an. Erst mit der Anmeldung erlangt der Erwerber gegenüber der Gesellschaft die Rechtsstellung als Gesellschafter. Wesentlicher Zweck der Vorschrift ist der Schutz der Gesellschaft vor den Folgen einer Ungewißheit über die Wirksamkeit des Übertragungsvorgangs. Die gesetzliche Vorschrift knüpft deshalb an die ordnungsgemäße Anmeldung eine gesetzliche Fiktion; auf die Wirksamkeit der Übertragung kommt es nicht an (BGHZ 84, 47, 49; 112, 103, 113; GmbHR 1991, 311; Senat Beschluß vom 26.05.1998 - 15 W 49/98 -). Die Gesellschaft darf also eine ordnungsgemäße Anmeldung, solange sie besteht, ohne Rücksicht darauf als maßgeblich betrachten, ob sie die materielle Rechtslage richtig wiedergibt. Daraus folgt, daß z.B. auch die Anfechtung einer Anteilsübertragung die Wirksamkeit vorausgegangener Rechtsakte des angemeldeten Erwerbers, z.B. seiner Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung, nicht beeinträchtigt (vgl. BGHZ 84,47,49). Hieran ist auch das Registergericht gebunden. Die Fiktion des § 16 GmbHG hat insoweit materielle Wirkung.

Für die Feststellung der Befugnis der Firma K Belgium N.V., in der Gesellschafterversammlung vom 08.03.2000 das Stimmrecht als Gesellschafterin auszuüben, ist deshalb von alleiniger Bedeutung, ob die Übertragungsvorgänge gegenüber der Gesellschaft wirksam angemeldet worden sind.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, daß von einer wirksamen Anmeldung des Übertragungsvorganges von der Firma K Holding BV auf die Firma K Belgium N.V. auszugehen ist. Zwar liegen keine Schreiben bei den Gerichtsakten vor, die die Abtretung der Geschäftsanteile der Gesellschaft anzeigen. Von einer ordnungsgemäßen Anmeldung ist jedoch grundsätzlich ohne weiteres dann auszugehen, wenn die Gesellschaft den Erwerber als neuen Gesellschafter anerkennt und behandelt (BGH GmbHR 1991, 311, 312). Hier hat die Beteiligte, vertreten durch ihren im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer, mit Schreiben vom 11.10.1990 gegenüber dem Registergericht die Übertragung der Geschäftsanteile angezeigt. Beigefügt war der Übertragungsvertrag vom 01.07.1999 des Notars nebst den dazu gehörenden Vollmachten. Hieraus ergibt sich, daß die Gesellschaft den Erwerber als neuen Gesellschafter anerkennt und behandelt. Es ist daher von einer ordnungsgemäßen Anmeldung im Sinne des § 16 GmbHG auszugehen. Die Firma K Belgium N.V. ist somit als alleinige Gesellschafterin der Beteiligten anzusehen.

Die von den Vorinstanzen zitierte Literatur und Rechtsprechung, inbesondere OLG Köln Rpfleger 1990, 170 stehen dieser Auffassung nicht entgegen, da sie sich nicht mit der ordnungsgemäßen Anmeldung einer Geschäftsanteilsübertragung im Sinne des § 16 GmbHG befassen. Die Vorlagepflicht nach § 28 FGG greift nicht ein.

Die Anmeldungen dürfen daher nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, es bestünden Zweifel, ob die Firma K Belgium N.V. als Gesellschafterin der Beteiligten anzusehen ist.

Das die Entscheidungen beider Vorinstanzen somit sachlich nicht aufrechterhalten werden können, hat der Senat die Sache zur erneuten Entscheidung über die Anmeldungen der Beteiligten an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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