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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.07.2007
Aktenzeichen: 15 W 84/07
Rechtsgebiete: ErbbauVO, FGG


Vorschriften:

ErbbauVO § 7 Abs. 1
ErbbauVO § 7 Abs. 3
FGG § 12
Überträgt eine natürliche Person als bisherige Rechtsinhaberin das Erbbaurecht an eine von ihr beherrschte GmbH & Co KG, muss im Ersetzungsverfahren nach § 7 Abs. 3 ErbbauVO näher überprüft werden, ob die Gesellschaft eine vergleichbare Sicherheit für die Zahlung des Erbbauzinses bietet wie die Privatperson als bisherige Rechtsinhaberin.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Erstattung der außergerichtlichen Auslagen der dritten Instanz, an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens dritter Instanz wird auf 10.474 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit notariellem Vertrag vom 27.03.2003 hat der Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) an seinem in G gelegenen 7759 m² großen, im Grundbuch von Z1 Blatt xxxx eingetragenen Grundstück für die Zeit bis zum 31.12.2101 ein Erbbaurecht bestellt. Nach § 1 des Vertrages ist der Erbbauberechtigte berechtigt, auf seine Kosten eine oder mehrere Lagerhallen einschließlich Büroräumen und eventuell eine Hausmeisterwohnung, Parkplätze, Zufahrt und Abstellflächen zu errichten. Nach § 15 Nr. 5 S. 1 des Vertrages bedarf die Veräußerung des Erbbaurechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers. In S. 3 übernahm der Beteiligte zu 1) für den Fall, dass das Erbbaurecht aus irgendeinem Grund gegen den Willen des Beteiligten zu 2) oder ohne dessen Genehmigung auf einen Dritten übergeht, diesem gegenüber die Bürgschaft für die Zahlung des gemäß § 9 des Vertrages festgesetzten Erbbauzinses durch den jeweiligen Erbbauberechtigten.

Nach Übernahme des Grundbesitzes durch den Beteiligten zu 1) errichtete dieser auf dem Gelände einen Parkplatz, den er für sein Speditionsunternehmen nutzt.

Der Beteiligte zu 1) brachte mit notariellem Vertrag vom 25.10.2005 das Erbbaurecht mit Wirkung zum 01.11.2005 in die D KG ein; er ist alleiniger Kommanditist der Kommanditgesellschaft mit einer Einlage von 10.000 € und alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH. In diesem Vertrag sowie in dessen Ergänzung vom 08.05.2006 ist geregelt, dass die Kommanditgesellschaft sämtliche Verpflichtungen des Beteiligten zu 1) aus dessen Erbaurechtsvertrag mit dem Beteiligten zu 2) übernimmt.

Der Beteiligte zu 1) verlangt nun von dem Beteiligten zu 2) die Zustimmung zur Übertragung des betroffenen Erbbaurechts. Der Beteiligte zu 2) ist bereit die Zustimmung zu erteilen, wenn der Beteiligte zu 1) persönlich die Bürgschaft für die Erfüllung der Erbbauzinsverpflichtungen ihm gegenüber übernimmt. Er ist der Meinung, die Verpflichtung des Beteiligten zu 1) zur Stellung einer Bürgschaft ergebe sich schon aus § 15 des Erbbaurechtsvertrages. Zudem stelle ihn der Übergang des Erbbaurechts von dem Beteiligten zu 1) auf eine GmbH & Co KG wirtschaftlich schlechter.

Demgegenüber behauptet der Beteiligte zu 1), die Erwerberin biete die Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsvertrag ergebenden Verpflichtungen. Einem bestehenden Sicherungsinteresse sei dadurch hinreichend Genüge getan, dass die Zahlung des Erbbauzinses durch eine erstrangig im Grundbuch eingetragene Reallast sichergestellt sei.

Mit Beschluss vom 28.11.2006 wies das Amtsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Übertragung des Erbbaurechts mit der Begründung zurück, die Zustimmung werde nicht grundlos im Sinne von § 7 Abs. 1 ErbbauVO verweigert, weil der Beteiligte zu 2) durch die Veräußerung wirtschaftlich schlechter gestellt sei. Denn während ihm nun der Beteiligte zu 1) mit seinem ganzen Vermögen für die sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Verpflichtungen hafte, hafte dieser nach dem Übergang des Erbbaurechts gemäß § 171 Abs. 1 HGB nur bis zur Höhe seiner Einlage von 10.000 €.

Hiergegen legte der Beteiligte zu 1) rechtzeitig sofortige Beschwerde ein, mit der er seinen erstinstanzlich gestellten Antrag weiterverfolgt hat. Er trat der Auffassung des Amtsgerichts entgegen, bereits wegen der Rechtsform des Erbbaurechtsinhabers sei von einer Verschlechterung der Rechtsstellung des Grundstückseigentümers auszugehen. Dies sei nicht haltbar. Dazu behauptete er, die D GmbH & Co KG verfüge über ein Eigenkapital in siebenstelliger Höhe.

Der Beteiligte zu 2) erwiderte hierauf, die Komplementär-GmbH sei mit dem Mindestkapital von 25.000 € ausgestattet und hafte lediglich mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Die Behauptung, die KG verfüge über ein Eigenkapital in siebenstelliger Höhe, sei nicht belegt und werde bestritten. Fest stehe, dass die Komplementär GmbH nur mit der Mindest-Kapitalsumme ausgestattet sei. Bei der beabsichtigten Übertragung verliere er den Beteiligten zu 1) als persönlich haftenden Vertragspartner und erhalte stattdessen als maximales Haftungspotenzial insgesamt 35.000 €.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 20.02.2007 den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und die Zustimmung des Beteiligten zu 2) antragsgemäß ersetzt.

Gegen diese seinen Verfahrensbevollmächtigten am 27.02.2007 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2), die er durch einen bei dem Oberlandesgericht am 05.03.2007 eingegangenen Anwaltsschriftsatz eingelegt hat.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 7 Abs. 3 ErbbauVO, 53 Abs. 1, 60 Abs. 1 Nr. 6, 27, 29 Abs. 2 FGG form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts zu seinem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, weil der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt ist.

Nach § 7 Abs. 3 ErbbauVO kann die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung des Erbbaurechts ersetzt werden, wenn sie von ihm ohne ausreichenden Grund verweigert wird. Nicht ausreichend begründet in diesem Sinne ist die Verweigerung, wenn dem Erbbauberechtigten ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung nach § 7 Abs. 1 S.1 ErbbauVO zusteht. Nach dieser Vorschrift kann der Erbbauberechtigte von dem Grundstückseigentümer die Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung verlangen, wenn anzunehmen ist, dass durch die Veräußerung der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird und dass die Persönlichkeit des Erwerbers Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Verpflichtungen bietet. Diese gesetzliche Vorschrift trägt dem Grundsatz der freien Veräußerlichkeit des Erbbaurechtes (§ 1 Abs. 1 ErbbauVO) Rechnung. Die Vereinbarung eines Zustimmungserfordernisses für die Veräußerung als dinglicher Inhalt des Erbbaurechtes stellt sich als Schutzrecht des Grundstückseigentümers gegen eine Verschlechterung seiner Rechtsposition dar. Die vom Gesetzgeber gewollte Freizügigkeit und wirtschaftliche Freiheit des Erbbauberechtigten darf durch eine willkürliche Verweigerung der Zustimmung nicht beeinträchtigt werden (Senat NJW-RR 2006, 656 = JMBl NW 2006, 91; DNotZ 2006, 206 = Rpfleger 2006, 259; Ingenstau/ Hustedt, ErbbauVO, 8. Aufl., § 7 Rn. 6; von Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 3. Aufl., Kap. 4 Rn. 191). Es ist deshalb im Rahmen der in § 7 Abs. 1 S.1 ErbbauVO genannten Kriterien eine Abwägung der beiderseitigen Interessen vorzunehmen. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 ErbbauVO hat nach einhelliger Auffassung zwingenden Charakter. Der Anspruch auf Erteilung der Zustimmung kann nicht durch vertragliche Abreden ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (Ingenstau/ Hustedt, a.a.O., § 7, Rn. 2; von Oefele/Winkler, a.a.O., Kap. 4 Rn. 193).

Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht ausgegangen und es hat zutreffend die Zuverlässigkeit der Erwerberin nicht schon deshalb verneint, weil die GmbH & Co. KG für die Ansprüche der Antragsgegnerin nicht wie eine natürliche Person hafte. Dies würde im Ergebnis bedeuten, dass ein für eine natürliche Person bestelltes Erbbaurecht nicht auf eine juristische Person mit eingeschränkter Haftung oder eine Personenhandelsgesellschaft in der Form der GmbH & Co. KG übertragen werden könnte und zwar generell, ohne Würdigung der Umstände des Einzelfalles, obwohl das Erbbaurecht auf eine Personenhandelsgesellschaft übertragen werden soll, die eine gesetzlich anerkannte Rechtsform besitzt (so auch OLG Frankfurt NJWRR 2006, 387 = OLG-Report 2006, 229; für den vergleichbaren Fall der Zustimmungsbedürftigkeit der Veräußerung eines Wohnungseigentums nach § 12 WEG bei einem Erwerb durch eine GmbH: BayObLG NJW-RR 1988, 1425).

Auf derartige generell durch die einschränkte Haftung der GmbH & Co. KG sich ergebende Risiken kann daher nicht abgestellt werden. Vielmehr ist zu überprüfen, ob der Vortrag des Beteiligten zu 1), der für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 ErbbauVO die Feststellungslast trägt (OLG Frankfurt aaO; OLG Oldenburg NJWRR 1991, 23 = Rpfleger 1990, 452 m.w.N.), zutreffend ist, dass die Realisierung der Verpflichtung aus dem Erbbauvertrag zur Zahlung des jährlichen Erbbauzinses, der derzeit bei 10.474 € liegt, bei einem Übergang des Rechts vom Beteiligten zu 1) auf die GmbH & Co KG gleichwertig bleibt.

Diese Frage kann derzeit aber nicht beantwortet werden, weil die tatsächliche Vermögenssituation der Erwerberin noch unbekannt ist. Der Beteiligte zu 2) ist dem Sachvortrag des Beteiligten zu 1) entgegengetreten, insbesondere der Behauptung, die K GmbH & Co KG verfüge über ein Eigenkapital in siebenstelliger Höhe. Diesen Punkt hat das Landgericht nicht aufgegriffen und gemeint, konkrete Bedenken seien nicht ersichtlich. Diese Schlussfolgerung konnte das Landgericht jedoch nicht treffen, weil bislang jegliche Feststellungen dazu fehlen, ob die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Erwerberin - deren im Handelsregister ausgewiesenes Stammkapital über deren wirkliche Wirtschaftskraft und finanzielle Lage nichts aussagt - derart ist, dass mit der Übernahme des Erbbaurechts die sich hieraus ergebenden Verpflichtungen in der gleichen Weise wie bisher sichergestellt sind. Nur dann besteht der gesetzliche Zustimmungsanspruch des Erbbauberechtigten gegen den Grundeigentümer.

Die Entscheidung des Landgerichts kann daher keinen Bestand haben und ist, weil sie sich auch nicht aus einem Grund als richtig erweist, zur weiteren Sachverhalsaufklärung aufzuheben und an das Landgericht zurückzuverweisen. Das Landgericht muss in die Ermittlung weiterer tatsächlicher Grundlagen eintreten, um sich eine Überzeugung bilden zu können, dass die Personengesellschaft, auf die der Beteiligte zu 1) das Erbbaurecht übertragen will, unter Berücksichtigung dessen, dass auch bei Privatpersonen eine Insolvenz eintreten kann, im Rahmen einer Prognoseentscheidung eine vergleichbare Sicherheit zur Zahlung der Erbbauzinses bietet wie eine Privatperson. Aus der gegenwärtigen Sichtweise des Senats erfordert dies, dass sich die Kammer ein Bild machen muss über die Entwicklung der wirtschaftlichen Situation der GmbH & Co KG in den letzten Jahren. Hierzu wird es erforderlich sein, sich die Jahresabschlüsse (Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen und Anhänge sowie Lageberichte, vgl. §§ 264, 264 a, 266 ff., 284 - 289 HGB) der letzten fünf Jahre vorlegen zu lassen und dabei u.a. zu überprüfen, ob das Eigenkapital eingezahlt ist. Weiter sollte das Landgericht in einem mündlichen Erörterungstermin mit den Beteiligten der Frage nach den Gründen der Übertragung des Erbbaurechts nachgehen, insbesondere der Frage, warum der Beteiligte zu 1) schon 2 1/2 Jahre nach der Bestellung des Erbbaurechts dieses auf eine Personengesellschaft übertragen will. Zur Ermittlung dieses Hintergrundes besteht hier besonderer Anlass, weil der Beteiligte zu 1) das Recht nicht auf einen von seiner Person unabhängigen "Dritten" übertragen will, sondern auf eine von ihm geleitete Personengesellschaft, es gleichwohl aber strikt ablehnt, für die Zahlungsverpflichtungen, die aus der Übernahme des Erbbaurechts durch die KG herrühren, die persönliche Bürgschaft zu übernehmen. Dieses Verhalten kann den Eindruck erwecken, dass der Beteiligte zu 1) das Erbbaurecht gezielt zu dem Zweck übertragen will, um aus der persönlichen Haftung herauszukommen und das haftende Kapital niedrig zu halten.

Die Frage, ob sich die Pflicht des Beteiligten zu 1) zur Stellung einer Bürgschaft bereits aus § 15 S. 3 des Bestellungsvertrages ergibt, bedarf hier keiner Beantwortung. Denn ein solcher Anspruch ist nur als schuldrechtlicher denkbar, der über den zulässigen dinglichen Inhalt einer Veräußerungsbeschränkung i.S.d. § 5 Abs. 1 ErbbauVO hinausgeht und daher im vorliegenden Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung zur Veräußerung (§ 7 Abs. 3 ErbbauVO) nicht zu überprüfen ist.

Das Landgericht wird bei seiner neuen Entscheidung auch über die außergerichtlichen Auslagen des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach Maßgabe des § 13a Abs. 1 S. 1 FGG zu entscheiden haben.

Die mit den Vorinstanzen übereinstimmende Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf den §§ 131, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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