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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.05.2008
Aktenzeichen: 15 Wx 138/08
Rechtsgebiete: HGB, FGG, ZPO, GVG, KostO


Vorschriften:

HGB § 30 Abs. 3
HGB § 37 Abs. 1
HGB § 140 Nr. 1
FGG § 27
FGG § 27 Abs. 1 Satz 2
FGG § 29
FGG § 30 Abs. 1 Satz 2
FGG § 132 Abs. 1
FGG § 134 Abs. 1
FGG § 135 Abs. 1
FGG § 140 Nr. 1
ZPO § 349
ZPO § 547 Abs. 1 Nr. 1
GVG § 105 Abs. 1 Satz 1
KostO § 31 Abs. 1 Satz 2
KostO § 119 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom 23.10.2007 werden aufgehoben.

Die Androhungsverfügung des Amtsgerichts vom 15.08.2007 wird ebenfalls aufgehoben.

Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde wird auf 76,69 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die von dem Beteiligten als Director vertretene C Limited ist seit dem 25.05.2006 unter dem genannten Namen in das "Registrar of companies for England and Wales" unter der Company No. ####3 eingetragen.

Das Amtsgericht Arnsberg wies mit Beschluss vom 07.05.2007 - 22 AR 439/06 - den auf Eintragung einer Zweigniederlassung mit Sitz in B gerichteten Antrag der Gesellschaft zurück.

In der Folgezeit nutzte der Beteiligte als Vertreter der Gesellschaft im Geschäftsverkehr einen Briefkopf der Gesellschaft, der folgende Bezeichnung enthält:

"C Ltd. T-straße ## ####6 B"

Das Amtsgericht - Rechtspfleger - hat am 15.08.2007 gegen den Beteiligten folgende Androhungsverfügung (offenbar unter Verwendung eines älteren Formularmusters) erlassen, in der es heißt:

"Gemäß § 37 Abs. 1 HGB, § 140 Nr. 1 HGB, § 132 Abs. 1 FGG wird Ihnen unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 150,-- DM aufgegeben, sich des Gebrauchs der unzulässigen Firma (gemeint ist C Ltd.) zu enthalten oder innerhalb einer mit Zustellung beginnenden Frist von 2 Wochen den Gebrauch der Firma mittels Einspruch gegen diese Verfügung zu rechtfertigen. Der Einspruch kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erhoben werden."

Gegen diese am 21.08.2007 zugestellte Verfügung hat der Beteiligte vertreten durch den Verfahrensbevollmächtigten am 29.08.2007 Einspruch eingelegt. Mit Beschluss vom 23.10.2007 hat das Amtsgericht - Rechtspfleger - den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen, ohne zuvor mündlich verhandelt zu haben. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte sich mit der rechtzeitig erhobenen sofortigen Beschwerde gewandt. Das Landgericht - Kammer für Handelssachen - hat mit Vorsitzendenbeschluss vom 03.03.2008 - ohne mündliche Verhandlung - die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Gegen diese am 26.03.2008 zugestellte Entscheidung richtet sich die am selben Tag eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten, eingelegt durch Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 27, 29, 139 Abs. 1, 140 Nr. 1 FGG statthaft sowie wie form - und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten ergibt sich schon daraus, dass seine Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG). Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der in den Vorinstanzen ergangenen Entscheidungen sowie der Androhungsverfügung vom 15.08.2007.

Die landgerichtliche Entscheidung ist bereits nicht verfahrensfehlerfrei zustande gekommen.

Nicht zu beanstanden ist indes entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde, dass das Landgericht nicht die Gesellschaft, sondern den Beteiligten als Director beteiligt hat. Das Ordnungsgeldverfahren kann sich nur gegen physische Personen richten, die entweder die Gesellschaft gesetzlich vertreten oder sonst kraft Gesetzes zur Anmeldung verpflichtet sind, also nie gegen die juristische Person als solche, sondern nur gegen die handelnden Personen (Keidel - Winkler, a.a.O., § 132 Rdnr 15, § 140 Rdnr 15; Jansen - Steder, FG, 3. Aufl., § 140 Rdnr 56; zu § 132 FGG schon: RGZ 56, 425, 430).

Ein absoluter Beschwerdegrund ergibt sich aber daraus, dass das erkennende Gericht nicht durch die Kammer in ihrer ordentlichen Besetzung mit zwei Handelsrichtern, sondern durch den Vorsitzenden als Einzelrichter entschieden hat, §§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 547 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 FGG erfolgen bei dem Landgericht die Beschwerdeentscheidungen in Handelssachen, wozu das Verfahren über den unbefugten Gebrauch einer Firma zählt, durch eine Kammer für Handelssachen an Stelle der Zivilkammer, sofern - wie hier bei dem Landgericht Arnsberg - eine Kammer für Handelssachen gebildet wurde. Die Besetzung der Kammer für Handelssachen bestimmt sich nach § 105 Abs. 1 Satz 1 GVG. Danach ist die Kammer neben dem Vorsitzenden mit zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt. Eine Entscheidung alleine durch den Vorsitzenden genügt diesen Voraussetzungen nicht. In Angelegenheiten des FGG gelten die Regelungen über den Einzelrichter - § 349 ZPO - nicht (Keidel/ Meyer-Holz, a.a.O., § 30 Rdnr 9; BayObLG NJW - RR 1987, 1206; OLG Köln FGPrax 1996, 229; OLG Frankfurt NJW 1983, 2335).

Darüber hinaus erweist sich auch die Durchführung des Beschwerdeverfahrens nicht frei von Rechtsfehlern. Wird rechtzeitig Einspruch erhoben, so hat das Gericht Termin zu bestimmen, in dem die Angelegenheit mit dem Beteiligten zu erörtern ist, es sei denn, der Einspruch ist ohne weiteres begründet, § 134 Abs. 1 FGG. Das Amtsgericht hat den Einspruch verfahrensfehlerhaft ohne Durchführung eines Termins "zurückgewiesen". Eine Verwerfung des Einspruchs (§ 135 Abs. 1 FGG) setzt die Anberaumung eines Erörterungstermins zwingend voraus. Wird wie hier der Einspruch ohne Terminsbestimmung und -durchführung verworfen, kann das Beschwerdegericht auf sofortige Beschwerde hin entweder das Registergericht zur Terminsbestimmung anweisen oder den Termin selbst nachholen (vgl. BayOblG FGPrax 1998, 233; Bassenge/Roth, FGG, 11. Aufl., § 134 Rdnr 7; Keidel -Winkler, a.a.O., § 134 Rdn. 6; Krafka/ Willer, Handbuch Registerrecht, 7. Aufl., Rdnr 2372; a.A. Jansen - Steder, a.a.O., § 134 Rn. 7, wonach stets der Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben und das Verfahren zurückzuverweisen ist). Wird der Einspruch ohne Termin verworfen und bestätigt dies das Landgericht, was hier geschehen ist, so sind die Entscheidungen auf die Rechtsbeschwerde grundsätzlich auch ohne ausdrückliche Rüge und ohne Sachprüfung aufzuheben, da es an einem ordnungsgemäßen Verfahren fehlt (BayOblG a.a.O.; OLG Düsseldorf FGPrax 1998, 149; Senat Rpfleger 1985, 302, 303; Jansen - Steder, a.a.O., § 134 Rdnr 8).

Der Senat sieht hier gleichwohl ausnahmsweise von einer Zurückverweisung der Sache ab, sondern entscheidet unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen sowie der Androhungsverfügung abschließend in der Sache.

Erweist sich nämlich der Einspruch ohne weiteres nach dem Sachverhalt, wie er sich nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen unter Berücksichtigung des Vorbringens im Einspruchsverfahren ohne die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen ergibt, als begründet und erscheint es auch ausgeschlossen, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung noch zur Feststellung des Bestehens der Verpflichtung führen könnten, hebt das Registergericht die Androhungsverfügung auf, ohne dass es der Durchführung eines Termins bedarf, § 135 Abs. 1 FGG (OLG Düsseldorf a.a.O.). Diese Möglichkeit ist auch dem Rechtsbeschwerdegericht eröffnet (Vgl. Keidel/ Meyer - Holz, § 27 Rdnr 56, 58).

In der Sache ist die Androhungsverfügung zu Unrecht erfolgt. Der Beteiligte ist nicht zur Unterlassung des Gebrauchs der Firma "C Ltd." verpflichtet.

Nach § 37 Abs. 1 HGB ist das Registergericht grundsätzlich verpflichtet, zur Wahrung des öffentlichen Interesses an der Verhinderung unbefugter Firmenführung gegen denjenigen, der eine ihm nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches nicht zustehende Firma gebraucht, einzuschreiten. Es hat ihn zur Unterlassung des Gebrauchs durch Ordnungsgeld anzuhalten. Für den Gebrauch einer Firma im Sinne dieser Bestimmung genügt jede Handlung im Rahmen des Geschäftsverkehrs, aus der sich der Wille ergibt, die Firma als Handelsnamen auf Dauer zu benutzen. Ein firmenmäßiger Gebrauch der Unternehmensbezeichnung liegt u.a. regelmäßig dann vor, wenn Geschäftsbriefbögen - wie hier - mit entsprechenden Aufdrucken verwendet werden (vgl. BayObLG FGPrax 1998, 233; BayObLG DB 1992, 569; Baumbach/

Hopt, HGB, 33. Aufl. § 37 Rdnr 3; Röhricht/ Graf von Westphalen - Ammon, 2. Aufl., HGB, § 37 Rdnr 5; Keidel - Winkler, a.a.O., § 140 Rdnr 7; FGG 12.Aufl. Rn.7; auch schon RGZ 29, 57, 61 zu § 132 FGG).

Unbefugt ist der Gebrauch jedoch nur dann, wenn das Firmenrecht den Gebrauch nicht gestattet.

Das ist hier nicht der Fall. Die von dem Beteiligten vertretene Gesellschaft ist mit dem genutzten Namen "C Ltd." in dem "Registrar of Companies for England and Wales in Cardiff" mit Sitz in C1 eingetragen. Die in Art 43 und 48 EG - Vertrag auch für Gesellschaften verankerte Niederlassungsfreiheit garantiert einer Gesellschaft innerhalb der EU auch außerhalb des Staates, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, wirtschaftlich tätig zu werden. Das gilt auch dann, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit ausschließlich in anderen Staaten als demjenigen, in dem sich der Sitz der Gesellschaft befindet, ausgeübt wird (Vgl. EuGH NJW 2002, 3612- Überseering BV/ Nordic Construction Company Baumanagement GmbH; BGHZ 154, 185, 188). Daraus folgt, dass sie auch ihren im Land der Hauptniederlassung anerkannten Namen in den anderen Ländern im Geschäftsverkehr nutzen kann, auch wenn dieser nicht mit den firmenrechtlichen Vorschriften des anderen Staates in Einklang steht. Insoweit kann der Beteiligte auch grundsätzlich den registrierten Namen, C Ltd., im Geschäftsverkehr verwenden.

Allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer unbefugten gesonderten Firmierung einer nicht bestehenden Zweigniederlassung kann in diesem Fall ein registergerichtliches Einschreiten nach § 37 Abs. 1 HGB in Betracht kommen.

Die rechtlich unselbständige Zweigniederlassung hat grundsätzlich keine eigene Firma. Ihre Firma entspricht derjenigen der Hauptniederlassung. Das schließt nicht aus - im Falle des § 30 Abs. 3 HGB sogar zwingend -, dass eine Zweigniederlassung eine eigene Firma führt (Baumbach/ Hopt, a.a.O., § 13 Rdnr 7; Röhricht/ von Westphalen - Ammon, a.a.O., § 13 Rdnr 17, 18). In diesem Zusammenhang kann die unbefugte Verwendung einer Firma einer Zweigniederlassung Anlass für ein Einschreiten des Registergerichts nach § 37 Abs. 1 HGB sein.

Vorliegend ist aber nicht erkennbar, inwieweit der Beteiligte für die Betriebsstätte in B unbefugt eine andere Firma verwendet, die nicht mit dem im englischen Register eingetragenen Namen der Hauptniederlassung identisch ist. So ist die Stadtbezeichnung B auch Teil des Namens der Hauptniederlassung. Die Anschrift der Betriebsstätte ist gerade nicht Teil der verwandten Firma. Die Angabe verstößt nicht gegen firmenrechtliche Vorschriften. Da dort ein Geschäftsbetrieb - wenn auch nicht als Zweigniederlassung - betrieben wird, ist die Ortsbezeichnung nicht irreführend (§ 18 Abs. 2 HGB). Soweit der Beteiligte es dadurch unterlässt, den Sitz der Gesellschaft zu offenbaren, unter dem die Gesellschaft verklagt werden kann, ist dies nicht Gegenstand eines Verfahrens wegen unbefugtem Gebrauch einer Firma.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Den Geschäftswert hat der Senat gem. § 119 Abs. 2 KostO entsprechend dem angedrohten Ordnungsgeld auf den in Euro umgerechneten Betrag von 76,69 € festgesetzt und gem. § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO gleichzeitig die landgerichtliche Wertfestsetzung für das Erstbeschwerdeverfahren abgeändert. Für das Einspruchsverfahren vor dem AG ist bislang eine Wertfestsetzung noch nicht erfolgt.

Ende der Entscheidung

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