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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 26.03.2009
Aktenzeichen: 15 Wx 158/08
Rechtsgebiete: KostO, HGB, GenG, BeurkG


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 1
KostO § 35
KostO § 38 Abs. 2 Nr. 7
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 145 Abs. 1 Satz 1
KostO § 147
KostO § 147 Abs. 2
KostO § 147 Abs. 3
KostO § 147 Abs. 4
KostO § 156 Abs. 2 S. 2
KostO § 156 Abs. 6
HGB § 12
GenG § 28
BeurkG § 53 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 28,56 Euro festgesetzt.

Gründe:

I)

Der Beteiligte zu 1) fertigte am 5. Juni 2007 den Entwurf einer Anmeldung zum Genossenschaftsregister und beglaubigte unter Nr. 361/2007 seiner Urkundenrolle die Unterschriften zweier Vorstandsmitglieder der Kostenschuldnerin.

Die Anmeldung übermittelte er auftragsgemäß in elektronischer Form, nämlich als Bilddatei, dem Genossenschaftsregistergericht. Mit der Anmeldung übersandte er ebenfalls die Strukturdaten im sog. XML-Format. Diese XML-Strukturdaten sind erforderlich, um die bereitgestellten Dokumente in elektronischer Form im Registergericht verwertbar zu machen. Die Anmeldungsdokumente werden im Notariat als Bilddatei erstellt. Bei dieser Bilddatei handelt es sich aus Sicht des edv-Systems um graphische Daten, die nicht als Schrift erkannt werden. Die sog. XML-TAGS ermöglichen die elektronische Bearbeitung der Anmeldung, indem sie die anmelderelevanten Daten in elektronisch lesbarer Form zur Verfügung stellen.

Der Beteiligte zu 1) stellte seine Tätigkeit der Kostenschuldnerin mit Kostenrechnung vom 17. Oktober 2007 mit insgesamt 94,37 Euro in Rechnung. Unter anderem berechnete er aus einem Geschäftswert von 25.000,00 Euro eine 5/10 Gebühr gemäß §§ 145 Absatz 1 Satz 1, 38 Absatz 2 Nr. 7 KostO für die Anmeldung der Vorstandsänderung zum Genossenschaftsregister. Für die Erstellung der Strukturdaten stellte er eine 5/10 Gebühr gemäß § 147 Absatz 2 KostO nach einem Geschäftswert von 6.250,00 Euro in Höhe von 24,00 Euro in Rechnung.

Der Präsident des Landgerichts hat den Beteiligten zu 1) mit Schreiben vom 28.06.2007 gemäß § 156 Absatz 6 KostO angewiesen, die Frage, ob der Ansatz der Betreuungsgebühr für die Erstellung der Strukturdaten gerechtfertigt ist, gerichtlich zu klären. Der Beteiligte zu 1) hat weisungsgemäß Kostenbeschwerde beim Landgericht eingelegt. Mit der Beschwerde hat er eine in formaler Hinsicht korrigierte Kostenrechnung vom 17. Oktober 2007 vorgelegt.

Der Beteiligte zu 1) hat die Auffassung vertreten, die Gebühr gemäß § 147 Absatz 2 KostO sei im Hinblick auf den mit der Erstellung der aufbereiteten Daten verbundenen erheblichen Aufwand gerechtfertigt. Es handele sich auch um eine im Auftrag der Beteiligten vorzunehmende Tätigkeit, nicht um eine pflichtige Vollzugsaufgabe der Notare. Aus § 12 HGB ergebe sich, dass die Anmeldung zum Handelsregister auch ohne die XML-Strukturdaten bewirkt werden könne.

Nach Anhörung des Präsidenten des Landgerichts und der Kostenschuldnerin hat die Kammer die Kostenrechnung durch Beschluss vom 08.04.2008 abgeändert und um die Betreuungsgebühr nebst anteiliger Umsatzsteuer reduziert. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 1) aus eigenem Recht mit der durch das Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde.

II)

Die weitere Beschwerde ist infolge Zulassung durch das Landgericht gem. § 156 Abs. 2 S. 2 KostO statthaft sowie fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt daraus, dass das Landgericht die angefochtene Kostenberechnung zu seinem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 156 Abs. 4 S. 4 KostO, 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 156 Abs. 6 KostO zulässigen Anweisungsbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen. Auch in der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Landgerichts, dass es bereits an einer im Auftrag der Beteiligten ausgeübten Tätigkeit im Sinne des § 147 Abs.2 KostO fehlt, weil der Notar kraft ausdrücklicher "gesetzlicher" Anordnung zur Erstellung der XML-Datei verpflichtet wäre. Entgegen der Auffassung der Kammer enthält die Bekanntmachung der Landesjustizverwaltung aufgrund § 10 der Verordnung über die elektronische Registerführung in Ziffer 6 keine Verpflichtung, die anmelderelevanten Strukturdaten in Form einer XML-Datei zu übermitteln. Nach der dortigen Regelung muss vielmehr allein eine XML-Datei mit dem gerichtlichen Aktenzeichen, einer Kurzbezeichnung des Vorgangs, dem Firmennamen und dem Namen des Einreichers übermittelt werden, also eine Art elektronisches Deckblatt, damit der Vorgang überhaupt eingeordnet werden kann. Die hier in Frage stehenden XML-Dateien sollen hingegen sämtliche anmelderelevanten Informationen enthalten und die komplette elektronische Steuerung und Bearbeitung des Anmeldevorgangs ermöglichen (vgl. im Einzelnen Jeep, Wiedemann NJW 2007, 2439; Willer, Krafka DNotZ 2006, 885).

Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig. Eine Gebühr nach § 147 Abs.2 KostO kann für das Erstellen der XML-Datei nicht in Ansatz gebracht werden, da es sich bei dieser Tätigkeit um ein Nebengeschäft im Sinne des § 147 Abs.3, 35 KostO handelt.

Bei dem Gebührentatbestand des § 147 Abs.2 KostO handelt es sich um eine Auffangregelung, deren Anwendung voraussetzt, dass die Kostenordnung für die betreffende Notartätigkeit keine Gebühr bestimmt und auch keine Regelung enthält, aus der sich ergibt, dass dem Notar für diese Tätigkeit keine gesonderte Gebühr erwachsen soll (BGH NJW 2006, 3428; 2007, 3212). Keine Gebühr kann danach für Nebengeschäfte im Sinne der §§ 147 Abs.3 und 4, 35 KostO verlangt werden.

Als Nebengeschäft i.S. des § 35 KostO ist alles anzusehen, was mit dem Hauptgeschäft so eng zusammenhängt, dass es nicht als ein selbstständiges Geschäft in Erscheinung tritt, sowie im Verhältnis zum Hauptgeschäft als minder wichtig erscheint und vorgenommen wird, um das Hauptgeschäft vorzubereiten oder den Vollzug des bereits vorgenommenen Hauptgeschäfts zu fördern und den mit diesem beabsichtigten Erfolg herbeizuführen (vgl. etwa Senat FGPrax 2002, 40f; OLG Zweibrücken FGPrax 2001, 167; BayObLGZ 1979, 383). Nach dieser Definition zählt zweifelsfrei auch der rechtliche Vollzug des beurkundeten Vorgangs selbst (unabhängig von den daneben bestehenden Rechtsverhältnissen der Beteiligten) zu dem Tätigkeitsbereich, in dem der Notar nach den §§ 147 Abs.3, 35 KostO keine gesonderte Vergütung verlangen kann.

Vorliegend hat der Beteiligte zu 1) die Anmeldung der Bestellung eines neuen Vorstandes entworfen und beglaubigt. Diese Anmeldung der nach § 28 GenG eintragungspflichtigen Tatsache hatte der Notar nach § 53 Abs.1 BeurkG beim Genossenschaftsregister einzureichen, mithin zum Vollzug vorzulegen. Dass die Erstellung der XML-Datei, die erst einen edv-förmigen Vollzug der Anmeldung sicherstellt (vgl. im Einzelnen Jeep, Wiedemann NJW 2007, 2439; Willer, Krafka DNotZ 2006, 885), den Vollzug der Anmeldung fördert und neben dieser keine eigenständige Bedeutung hat oder auch nur haben kann, wird man nicht ernstlich in Frage stellen können. Die Erstellung der Datei ist integraler Bestandteil des elektronisch ausgestalteten Vollzugsvorganges und macht ohne denselben keinerlei Sinn. Soweit in der Literatur versucht wird, der Erstellung der XML-Datei eine Sonderstellung außerhalb des Vollzugsvorgangs zuzuweisen, überzeugt dies den Senat aus den folgenden Gründen nicht.

Das Abstellen auf den Aufwand der Erstellung der Datei (so Tiedtke/Sikora MittBayNot 2006, 393, 396) ist als Auslegungsargument im Rahmen des § 147 KostO wenig tragfähig. Schon grundsätzlich ist der Aufwand einer Tätigkeit kein tragfähiges Argument für das Entstehen einer Gebühr (BGH NJW 2005, 3218). Hinzu kommt jedoch, dass der bei Einführung des elektronischen Handelsregisters beklagte Aufwand stark von der Ausgestaltung der Arbeitsabläufe abhängt, die ihrerseits durch die eingesetzte Software vorgegeben werden. Aktuell sind insoweit bei der gängigen Software bereits Umgestaltungen erfolgt, die zu einer Arbeitsersparnis führen sollen (vgl. Rundschreiben 8/2008 der Bundesnotarkammer). Bereits diese Entwicklung zeigt, dass in dem vorliegenden Zusammenhang der Arbeitsaufwand eine variable Größe ist, die als Argument der Gesetzesauslegung sachlich kaum tauglich erscheint.

Soweit in der Literatur darauf abgestellt wird, dass der Notar nicht zur Erstellung der Datei verpflichtet sei (Otto JurBüro 2007, 120, 123), ist dies zwar zutreffend (vgl. oben), für die Beurteilung, ob ein sog. Nebengeschäft vorliegt, aber ohne Bedeutung. Denn § 147 Abs.3 KostO setzt gerade nicht voraus, dass es sich um ein pflichtgebundenes Geschäft des Notars handelt (BGH NJW 2006, 3428; Rohs/Wedewer, KostO, Stand 2007, § 147 Rdn.26).

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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