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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 20.01.2009
Aktenzeichen: 15 Wx 164/08
Rechtsgebiete: WEG, KAG NW


Vorschriften:

WEG § 28 Abs. 1
WEG § 21 Abs. 4
WEG § 16 Abs. 2
KAG NW § 6
1) Die auf der Grundlage des § 6 KAG NW erlassenen kommunalen Satzungen über Benutzungsgebühren für Abfallentsorgung, Straßenreinigung und Abwasserentsorgung knüpfen die Gebührenpflicht an das Eigentum des Grundstücks an und begründen damit eine Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer, nicht aber der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft.

2) Der einzelne Wohnungseigentümer hat zwar im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung einen Anspruch darauf, dass die öffentlichen Lasten in das System der gemeinschaftlichen Mittelaufbringung, Mittelverwendung und Abrechnung einbezogen werden. Eine Sonderumlage, mit der in der Vergangenheit entstandene Rückstände für kommunale Benutzungsgebühren auf alle Wohnungseigentümer unabhängig von der Dauer ihrer Eigentümerstellung umgelegt werden sollen, entspricht aber regelmäßig nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.


OBERLANDESGERICHT HAMM

BESCHLUSS

15 Wx 164/08 OLG Hamm

In der Wohnungseigentumssache

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20. Januar 2009 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 6) vom 28. Mai 2008 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 16. Mai 2008 durch beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Wertfestsetzung für die Vorinstanzen abgeändert wird.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt die Beteiligte zu 6).

Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten findet auch für das Verfahren der weiteren Beschwerde nicht statt.

Der Gegenstandswert für das Verfahren in allen Instanzen wird auf 13.620,23 € festgesetzt:

Gründe:

I.

Durch notarielle Erklärung vom 22.12.1994 teilte der Beteiligte zu 7) das in seinem Eigentum stehende und mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück B-Straße in E derart in Wohnungs- und Teileigentum auf, dass die Miteigentumsanteile verbunden waren mit dem Sondereigentum an sieben Wohnungen und Teileigentum an vierzehn Tiefgarageneinstellplätzen und Garagen (UR-Nr #####/####des Notars T in E).

In der Folgezeit veräußerte der Beteiligte zu 7) in den Jahren 1997 und 1998 die Tiefgaragenplätze und Garagen an die Beteiligte zu 6) und die Wohnung im dritten Obergeschoss an den Beteiligten zu 5). Es fanden weder Versammlungen der Wohnungseigentümer statt noch wurden Wirtschaftspläne aufgestellt oder Jahresabrechnungen angefertigt. Die Beteiligten zahlten auch kein Hausgeld.

Die Beteiligte zu 1) erwarb das Eigentum an der Dachgeschosswohnung mit Wirkung zum 4.2.2003. Die weiteren Beteiligten zu 2), 3) und 4) erwarben ihr Eigentum in den Jahren 2004 und 2005.

Mit Beschluss vom 20.6.2002 hatte das Amtsgericht Dortmund die Beteiligte zu 8) als Notverwalterin bestellt. In der Eigentümerversammlung vom 29.9.2003 wurde die Beteiligte zu 8) zur Verwalterin bestellt.

Die Stadt E setzte mit Bescheiden vom 31.1.2000, 15.1.2001, 21.1.2002, 4.8.2003, 20.1.2004 und 20.01.2005 die Gebühren für Abwasser, Straßenreinigung und Abfallentsorgung fest. Die Bescheide für die Jahre 2000 und 2001 sind an die Hausverwaltung des Beteiligten zu 7), des damaligen Mehrheitseigentümers, adressiert, die folgenden Bescheide an die Wohnungseigentümer der Eigentümergemeinschaft B-Straße z. Hd. des Verwalters. Die Grundbesitzabgaben wurden ab dem dritten Quartal 2000 nicht mehr bezahlt. Bereits mit Beschluss vom 29.9.2003 hatten die Wohnungseigentümer eine Sonderumlage in Höhe von 500,00 € je Einheit zur Tilgung der aufgelaufenen Verbindlichkeiten für Versicherungen und Grundbesitzabgaben beschlossen. Es wurden jedoch nur 1.000,00 € gezahlt. Zahlungen auf die Grundbesitzabgaben nahm die Verwalterin nicht vor.

Die Stadt E forderte mit Schreiben vom 9.3.2005 die Beteiligte zu 6) auf, die rückständigen Benutzungsgebühren für die Teil/-Wohnungseigentumsanlage B-Straße für den Zeitraum vom 3. Quartal 2000 bis zum 1. Quartal 2005 in Höhe von 10.833,58 € zuzüglich Mahngebühren und Säumniszuschlägen, und damit insgesamt 13.525,73 € zu zahlen. In dem Schreiben wurde darauf verwiesen, dass die Benutzungsgebühren durch die Gebührenbescheide rechtskräftig festgesetzt worden seien und jeder Wohnungseigentümer für diese Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner in voller Höhe hafte.

Mit Schreiben vom 3.5.2005 lud die Verwalterin zu einer Eigentümerversammlung, bei der unter TOP 2 behandelt werden sollte "Ausgleich des Zahlungsrückstandes bei der Stadt E - Festsetzung einer Sonderzahlung". Der Einladung war der Entwurf einer Berechnung beigefügt, nach dem der Gesamtrückstand in Höhe von mittlerweile 13.620,23 € im Verhältnis der Miteigentumsanteile aufgeteilt werden sollte. Die Berechnung wies die auf jede Einheit entfallenden Zahlungsanteile aus.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.5.2005 wurde unter TOP 2 mit einfacher Mehrheit folgender Beschluss gefasst: "Die Versammlung beschließt eine einmalige Sonderzahlung der Eigentümer zum Ausgleich des bei der Stadt E bestehenden Zahlungsrückstands in Höhe 13.620,23 €. Die einmalige Sonderzahlung wird ermittelt auf der Grundlage der Miteigentumsanteile und ist zur sofortigen Zahlung fällig."

Mit Antrag vom 14.6.2005 haben die Beteiligten zu 2) und 3) beantragt, den zu TOP 2 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären.

Mit Antrag vom 17.6.2005 hat die Beteiligte zu 1) beantragt, den zu TOP 2 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären. Ein weiterer von der Beteiligten zu 1) gestellter Antrag ist rechtskräftig zurückgewiesen worden.

Das Amtsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 30.5.2006 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 19.6.2006, die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 22.6.2006 und der Beteiligte zu 3) mit Schriftsatz vom 23.6.2006 sofortige Beschwerde eingelegt. Der Beteiligte zu 3) hat seine Beschwerde später zurückgenommen. Mit Beschluss vom 16.5.2008 hat der Einzelrichter der 9. Zivilkammer den zu TOP 2 gefassten Beschluss der Eigentümerversammlung für ungültig erklärt.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 6).

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 62 Abs. 1 WEG n.F., 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG a.F., 27, 29 FGG statthaft sowie frist - und formgerecht eingelegt.

Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 6) folgt daraus, dass das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss zu ihrem Nachteil abgeändert hat.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von nach § 45 Abs. 1 WEG zulässigen Erstbeschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) ausgegangen.

Das Landgericht hat auch im Ergebnis zu Recht den zum TOP 2 in der Eigentümerversammlung vom 19.5.2005 gefassten Beschlusses für unwirksam erklärt.

Das Landgericht ist dabei zutreffend von dem Ansatz ausgegangen, dass der rechtzeitig angefochtene Beschluss über die Sonderumlage nur dann Bestand haben kann, wenn er ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Die Sonderumlage ist rechtlich eine Ergänzung des Wirtschaftsplans, § 28 Abs. 1 WEG (BGH NJW 1989, 3018). Zu überprüfen ist daher, ob die Beträge zur Deckung voraussichtlicher Ausgaben der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erhoben werden. Die Erforderlichkeit der zu deckenden Ausgaben muss sich an den Maßstäben ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) orientieren.

1. Die Erforderlichkeit der Mittelaufbringung ergibt sich hier zunächst nicht daraus, dass es sich bei den in den Gebührenbescheiden der Stadt E für die Jahre 2000 - 2005 festgesetzten Grundbesitzgebühren für Abwasser, Abfallentsorgung und Straßenreinigung um eine Verbindlichkeit der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft handeln würde, zu deren Deckung jeder Wohnungseigentümer im Rahmen seiner Verpflichtung zur erforderlichen finanziellen Ausstattung der Gemeinschaft (BGHZ 163, 154 = NJW 2005, 2061, im Folgenden zitiert nach juris, hier Rn. 45) heranzuziehen wäre. Denn die Zahlungspflicht aufgrund der Gebührenbescheide trifft hier nicht die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern die Wohnungseigentümer persönlich.

Mit der Anerkennung der Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähiges Subjekt durch den BGH in seinem Beschluss vom 2.6.2005 (a.a.O.) ist eine Abgrenzung der Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer von denen der Wohnungseigentümergemeinschaft als Rechtssubjekt erforderlich geworden. Diese Differenzierung ist auch für Sachverhalte durchzuführen, die zeitlich vor dem Beschluss des BGH liegen. Nach dem Ansatz des BGH bleiben Inhaber der Rechte und Pflichten nach den Vorschriften des WEG, des sonstigen privaten und öffentlichen Rechts oder aus den von ihnen abgeschlossenen Verträgen die Wohnungseigentümer, soweit etwas anderes nicht ausdrücklich bestimmt ist. Der BGH hat in seinem Beschluss zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft den Bereich der der Wohnungseigentümergemeinschaft zugewiesenen Rechte und Pflichten auf den Bereich beschränkt gesehen, "soweit sie (die Wohnungseigentümergemeinschaft) bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt" (BGH, Beschluss vom 2.6.2005, Rn. 50). Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft - und damit auch ihre Fähigkeit, Schuldner von Verbindlichkeiten zu werden - ist damit auf die Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen.

Soweit es um rechtsgeschäftlich begründete Pflichten geht, die gemeinschaftsbezogen sind, wird regelmäßig von einem Handeln des Verwalters für die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft ausgegangen (BGH NZM 2007, 363, Rn. 22 - zitiert nach juris).

Die Zahlungspflicht beruht hier demgegenüber auf den Gebührenbescheiden der Stadt E, die in diesen die Gebühren für Abwasser, Abfallentsorgung und Straßenreinigung festgesetzt hat.

Bei den hier erhobenen Gebühren handelt es sich um sogenannte Benutzungsgebühren, für deren Erhebung in Nordrhein-Westfalen § 6 des Kommunalabgabengesetzes (im Folgenden: KAG NW) die Grundlage schafft. Es ist den Gemeinden dabei grundsätzlich frei gestellt, ob sie die zu erhebenden Gebühren öffentlich-rechtlich im Wege einer Satzung regeln oder den Weg eines privat-rechtlichen Vertrages mit dem Gebührenpflichtigen wählen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KAG NW). Für letzteren gilt jedoch, dass es eines ausdrücklichen Vertragsschlusses nicht zwingend bedarf und sich die Verpflichtung zur Bezahlung der Gebühren ohne individuellen Begründungsakt aufgrund der gesetzlichen Vorgaben des Anschluss- und Benutzungszwangs im Wege der tatsächlichen Inanspruchnahme bei der Abfall- und Abwasserentsorgung und der tatsächlichen Leistungsgewährung bei der Straßenreinigung vollziehen kann (Wolf/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, 11. Auflage, § 23 Rn. 34).

Die Stadt E hat die von ihr zu erhebenden Gebühren öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Sie erhebt die Gebühren auf der Grundlage von Satzungen, die öffentlich bekannt gemacht werden (Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Stadt E - im folgenden AbfGS, Satzung über die Straßenreinigung und Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E - im folgenden StrRGS und Abwassergebührensatzung der Stadt E - im folgenden AbwGS). Diese Satzungen finden ihre Grundlage in den Landesgesetzen des Landes Nordrhein-Westfalen (§ 9 Abfallgesetz, § 3 des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen und § 65 Wassergesetz), die ihrerseits für die Erhebung von Gebühren auf das KAG NW Bezug nehmen. Dort wird in § 6 Abs. 5 bestimmt, dass diese grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen.

Die Gebührentatbestände knüpfen damit die Gebührenpflicht daran an, wer Eigentümer des Grundstücks ist. Eigentümer eines Grundstücks, an dem Wohnungseigentum begründet ist, sind aber die einzelnen Wohnungseigentümer und nicht die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft. So wird auch in der grundlegenden Entscheidung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ausdrücklich hervorgehoben, dass das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum als echtes Eigentum ausschließlich in den Händen der Miteigentümer verbleiben und nicht Teil des Vermögens des rechtsfähigen Verbandes wird (Beschluss vom 2.6.2005, Rn. 48).

Dieses spricht eindeutig für eine Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer als Inhabern des Gemeinschafts- und Sondereigentums. Da die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst nicht Eigentümerin des Grundstücks ist, kann die Gebührenpflicht ihr gegenüber zumindest dann nicht bejaht werden, wenn die Gebührenpflicht ausschließlich öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist.

Die Satzungen der Stadt E verstärken die Zuordnung der Gebührenpflicht zu den Pflichten der einzelnen Wohnungseigentümern noch, indem sie die persönliche und gesamtschuldnerische Haftung jedes Miteigentümers auf den Zeitraum beschränken, in dem die Eigentümerstellung besteht.

Die relevanten Satzungen der Stadt E lauten in ihren Bestimmungen zum "Gebührenschuldner" inhaltlich gleich:

"Die persönliche Gebührenpflicht des Grundstückseigentümers entsteht mit Beginn des Monats, der auf den Erwerb des Eigentums oder Nutzungsrechts folgt und endet am Schluss des Monats, in dem das Eigentum oder Nutzungsrecht auf einen anderen übertragen wird" (§ 5 Abs. 1 Satz 2 AbfGS; § 9 Abs. 2 StrRGS und § 7 Abs. 3 AbwGS).

Auf die Wohnungseigentümergemeinschaft wäre diese Beschränkung der persönlichen Gebührenpflicht nicht anzuwenden, da sie ja gerade nicht Eigentümerin des Grundstücks wird oder diese Eigentümerstellung aufgeben könnte. Die Haftungstatbestände sind damit auf den einzelnen Wohnungseigentümer zugeschnitten.

Dass die in den kommunalen Gebührenregelungen vorgesehene gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nicht durch die Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit verdrängt wird, ist in der höchstrichterlichen Verwaltungsrechtsprechung anerkannt (BVerwG NJW 2006, 791).

Eine eigene Verbindlichkeit der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft ließe sich damit nur dann bejahen, wenn diese durch eine ihr zurechenbare Erklärung gegenüber der Stadt E eine eigenständige Haftung neben derjenigen der Wohnungseigentümer eingegangen wäre. Für eine derartige Erklärung ist für die hier relevanten Zeiträume von 2000 bis 2005 nichts ersichtlich.

Im Unterschied zu den durch Rechtsgeschäft eingegangenen Verpflichtungen fehlt es bei der Gebührenpflicht aufgrund öffentlich-rechtlicher Satzung in der Regel an einem nach außen erkennbaren Handeln der Wohnungseigentümergemeinschaft, aufgrund dessen der Gläubiger - hier die Stadt E - von einer Verpflichtung der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft ausgehen könnte.

Etwas anderes kann gelten, wenn die Kommune die Inanspruchnahme der kommunalen Leistung nicht öffentlich-rechtlich durch Satzung, sondern durch privat-rechtlichen Vertrag ausgestaltet hat (so KG Berlin Beschluss vom 12.2.2008 - 27 U 36/07 - ZMR 2008, 557/558 auf der Grundlage des in Berlin privatrechtlich ausgestalteten Entgelts für die Abwasserentsorgung). Denn bei privatrechtlichen Verträgen ist es im Wege der Vertragsauslegung möglich, alleine die Wohnungseigentümergemeinschaft, die im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums für die Abwasser- und Abfallentsorgung sowie die Straßenreinigung Sorge zu tragen hat, als Vertragspartner anzusehen. Einer derartigen Auslegung sind öffentlich-rechtliche Gebührentatbestände aber nicht zugänglich.

In der Literatur wird zum Teil eine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft auch für öffentliche Gebühren bejaht (so ausdrücklich Sauren ZMR 2006, 750/751). Die dort angeführten Argumente vermögen aber nach Ansicht des Senats nicht zu überzeugen. Soweit dort angeführt wird, dass zwar der Benutzungszwang öffentlich-rechtlicher Natur sei, die aufgrund dieses Zwangs begründeten, auf Austausch von Leistungen gerichteten Benutzungsverhältnisse aber nicht, kann dieses nur für die Zahlungsverpflichtungen gelten, die der kommunale Träger aufgrund von dem privaten Recht zuzuordnenden Entgeltregelungen erhebt. Jedenfalls beziehen sich die vom Autor zitierten Entscheidungen des BGH (MDR 1984, 558 und NJW 2005, 1772) auf eine derartige Konstellation und nicht auf die hoheitliche Erhebung von Gebühren. Zudem wird in der Argumentation entgegen dem ausdrücklichen Dictum des BGH der teilrechtsfähige Verband als Grundstückseigentümer angesehen. Letztlich kann auch aus der Adressierung des Gebührenbescheides kein zwingender Rückschluss gezogen werden. Angesichts der kommunalabgabenrechtlich zwingenden persönlichen Haftung nur der Wohnungseigentümer kann die oben dargestellte Adressierung der Gebührenbescheide nicht anders verstanden werden, dass der Verwalter lediglich als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer (§ 27 Abs. 2 Ziffer 3 WEG a. F.) herangezogen worden ist.

2. Die Ordnungsmäßigkeit der Sonderumlage folgt auch nicht aus § 16 Abs. 2 WEG.

Danach ist zwar jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Dementsprechend hat der einzelne Wohnungseigentümer allerdings einen Anspruch darauf, dass die öffentlichen Lasten des Grundstücks in das System der gemeinschaftlichen Mittelaufbringung, Mittelverwendung und Abrechnung einbezogen werden. Im Grundsatz zwingender Gegenstand ordnungsgemäßer Verwaltung ist es daher, den einzelnen Wohnungseigentümer von seiner gesamtschuldnerischen Gebührenschuld zu entlasten, indem die rechtzeitige Zahlung der Gebühren aus Mitteln der Gemeinschaft sichergestellt wird. Dieses hat durch Einstellung der Gebühren in den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnungen unter anteiliger Belastung der einzelnen Wohnungseigentümer zu geschehen.

Der Gemeinschaft steht insoweit kein Ermessensspielraum zu, ob sie diese Angelegenheit an sich ziehen will, weshalb es der Senat für problematisch hält, in diesem Zusammenhang von einer "gekorenen Wahrnehmungsbefugnis" zu sprechen (Bärmann - Wenzel, Kommentar zum WEG, 10. Auflage, § 10 Rn. 310).

Die dargestellten Grundsätze können uneingeschränkt allerdings nur für die Mittelaufbringung zur Deckung der Gebührenschuld des laufenden Wirtschaftsjahres bzw. für bereits aus Mitteln der Gemeinschaft erfolgte Zahlungen durch die Jahresabrechnung gelten. Handelt es sich demgegenüber - wie hier - um eine gemeinsame Mittelaufbringung für eine in der Vergangenheit entstandene Gebührenschuld, die nur deshalb fortbesteht, weil eine gemeinschaftliche Verwaltung insoweit nicht durchgeführt worden ist, ist die Ordnungsmäßigkeit dieser Maßnahme am allgemeinen Maßstab des § 21 Abs. 4 WEG zu messen, also daran, ob sie dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.

Danach entspricht der Beschluss zum TOP 2 unter Berücksichtigung der Interessen der in die Gemeinschaft neu eingetretenen Wohnungseigentümer nicht billigem Ermessen. Denn jeden Wohnungseigentümer trifft im eigenen Interesse eine Mitwirkungsobliegenheit, auf eine ordnungsgemäße Verwaltung, insbesondere die regelmäßige Beschlussfassung über die Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen, hinzuwirken. Verletzt er diese Obliegenheit, kann er nicht erwarten, dass später in die Gemeinschaft eintretende Wohnungseigentümer sich an dem Ausgleich der finanziellen Folgen seiner Nachlässigkeit beteiligen. Umgekehrt muss ein in die Gemeinschaft neu eintretender Wohnungseigentümer zwar damit rechnen, sich im Rahmen des Rechnungswesens der Gemeinschaft an der Abdeckung bereits geleisteter Ausgaben und entstandener Verbindlichkeiten der Gemeinschaft beteiligen zu müssen. Dies gilt jedoch nicht für die Erhebung von Beiträgen, die allein dem Zweck dienen, eine in der Vergangenheit entstandene, aus Gemeinschaftsmitteln nicht gedeckte Gebührenschuld entsprechend dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel anteilig auf Neueigentümer abzuwälzen, zumal diese nach den kommunalrechtlichen Gebührenbestimmungen für die vor ihrem Eigentumserwerb entstandenen Gebühren gerade nicht aufkommen müssen.

Nach diesen Kriterien käme hier eine Beschlussfassung über eine gemeinsame Mittelaufbringung allein für die anteilige Gebührenschuld für das erste Quartal 2005 in Betracht. Nach dem Vorbringen der Beteiligten ist jedoch nicht ersichtlich, dass es dazu überhaupt der Erhebung einer Sonderumlage bedarf, und dieser Betrag nicht vielmehr in den regulären Wirtschaftsplan eingestellt werden kann bzw. dort bereits eingestellt worden ist.

Die Kostenentscheidung für die sofortige weitere Beschwerde beruht auf § 47 WEG.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die in der Hauptsache unterliegende Beteiligte zu 6) die Gerichtskosten dieser Instanz zu tragen hat. Angesichts der unterschiedlichen Entscheidungen in den beiden Tatsacheninstanzen besteht auch kein Grund von dem gesetzlichen Regelfall abzuweichen, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst tragen.

Die Kostenentscheidung des Landgerichts berücksichtigt hinsichtlich der anteiligen Kostentragungspflicht der Beteiligten zu 1) und 3) an den Gerichtskosten deren Unterliegen mit ihrem Verpflichtungsantrag bzw. der vorgenommenen Rücknahme der Beschwerde und entspricht daher billigem Ermessen.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Nach S. 1 der Vorschrift ist das Interesse sämtlicher Beteiligter der Wertberechnung zugrundezulegen, das hier dem Betrag der beschlossenen Sonderumlage von 13.620,23 Euro entspricht. Von diesem Betrag weicht das wirtschaftliche Eigeninteresse der Beteiligten zu 1) bis 3) in seiner Summe nicht so signifikant ab, dass eine Herabsetzung des Wertes nach § 48 Abs. 3 S. 2 WEG geboten wäre. Dementsprechend hat der Senat gleichzeitig gem. § 31 Abs. 1 S. 2 KostO die Wertfestsetzungen beider Vorinstanzen abgeändert.



Ende der Entscheidung

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