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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.07.2005
Aktenzeichen: 18 U 166/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 9. September 2003 verkündete Teilurteil der Va Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine schriftliche, unbedingte, unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines dem Anlagensicherungsfonds des Bankenverbandes angehörenden Bankinstituts erbracht werden.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000,00 €.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin mietete von der Beklagten mit Vertrag vom 29.07./04.08.1998 Flächen und Räume in H zum Betrieb eines Multiplexkinos. Wegen verschiedener streitiger Punkte, insbesondere wegen behaupteter Mängel der Mietsache, führten die Parteien mehrere Prozesse gegeneinander. Zur Beendigung ihrer Streitigkeiten schlossen sie außergerichtlich am 29.11.2002 eine schriftliche Vergleichsvereinbarung. Darin einigten sich die Parteien unter anderem auf eine Mietminderung von "300.000 €/Netto". Der Vergleichstext lautet auszugsweise wie folgt: "1. Die Parteien vereinbaren einvernehmlich, dass von Beginn bis Ende des Mietverhältnisses 1.315 Sitzplätze als Grundlage der Mietzinsberechnung heranzuziehen sind. Die Miete berechnet sich demnach, entgegen den Regelungen aus § 5 des Mietvertrages wie folgt: |Betrag in DM|Betrag in € Miete 1.315 x 84,20 DM|110.723,00|56.611,77 NK Vorauszahlung|8.500,00|4.345,98 MwST|19.075,68|9.753,24 Gesamt|138.298,68|70.710,99 2. Dem Mieter wird für den Zeitraum seit Beginn des Mietverhältnisses bis einschließlich November 2002 wegen der angemeldeten und im Streit befindlichen Mängel der Mietsache eine Mietreduktion von 300.000,00 €/Netto gewährt. 3. Zum Zeitpunkt dieses Vergleiches und auf der Basis des in Punkt 1 definierten Mietzinses, sind noch Zahlungen des Mieters in Höhe von 63.000,00 € brutto für den Zeitraum seit Beginn des Mietverhältnisses bis einschließlich November 2002 offen. Der Differenzbetrag von 237.000,00 € zwischen der in Punkt 2 definierten Mietreduktion und der offenen Zahlung, wird in 72 gleichen Monatsraten ausgeglichen. Dies dergestalt, dass ab Februar 2003 eine Verrechnung in Höhe von jeweils 3.291,67 € monatlich mit der gem. Punkt 1 zu zahlenden Gesamtmiete erfolgt, somit seitens des Mieters für den Zeitraum Februar 2003 bis einschließlich Januar 2009 jeweils monatlich ein Betrag von 67.419,32 € gezahlt wird." Wegen der weiteren Einzelheiten der Vergleichsvereinbarung wird auf Blatt 30 bis 32 der Akten Bezug genommen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, den Vergleichsparteien seien bei der Umsetzung der in Ziffer 2 vereinbarten Mietminderung um 300.000 € netto die Brutto- und Nettobeträge durcheinandergeraten, wie Ziffer 3 des Vergleichs zeige. Dort hätte nicht mit dem Nettomietminderungsbetrag von 300.000 €, sondern - da auf die Mietminderung die Mehrwertsteuer aufzuschlagen sei - mit dem entsprechenden Bruttobetrag von 348.000 € gerechnet werden müssen, von dem nach Abzug der Zahlungsrückstände also noch 285.000 € verblieben. Wenn dieses Guthaben auf 72 gleiche Monatsraten verteilt werde, könne die Klägerin monatlich 3.958,33 € von ihren Mietzahlungen absetzen, so dass sie entgegen der Rechnung in Ziffer 3 des Vergleiches monatlich nur 66.752,66 € zu zahlen habe. Nur diesen Betrag will die Klägerin ab Februar 2003 zahlen. Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass sie berechtigt ist, im Rahmen des zwischen den Prozessparteien bestehenden Mietvertrages über den CineStar in H für die Zeit ab Februar 2003 für 72 Monate die Bruttomiete um monatlich 3.958,34 € - auch rückwirkend - zu mindern, wobei die seit Februar monatlich vorgenommene und seitens der Beklagten akzeptierte Minderung um monatlich 3.291,67 € zu berücksichtigen ist. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der Klägerin nur der im Vergleich genannten monatlichen Abzug von 3.291,67 € zuzubilligen ist. Sie hat geltend gemacht, dass die Rückgewähr eines Entgeltes keine umsatzsteuerbare Leistung sei. Die Beklagte habe zwar vor Abschluss des Vergleiches einen - eigentlich zu mindernden - Mietzins in Höhe von 237.000 € als Miete vereinnahmt und versteuert. Da dieser Betrag aber laut Vergleich nicht geschuldet gewesen sei, sei er als Darlehen zu behandeln und zurück zu gewähren. Mehrwertsteuer entfalle darauf nicht und sei deshalb auch von der Beklagten nicht zurück zu erstatten. Auch nach dem von ihr, der Beklagten, gefertigten Kontoauszug (Blatt 50 d.A.) ergebe sich zu Gunsten der Klägerin kein anderer Betrag als 237.000 €. Die Beklagte hat weiter Ausführungen dazu gemacht, dass sie vor dem Vergleich als sogenannter Sollversteuerer Umsatzsteuer nach den vereinbarten Mieten abzuführen gehabt habe, obwohl die Klägerin diese Miete nicht vollständig gezahlt habe. Nach dem Vergleich auf eine Mietminderung habe sie die Umsatzsteuern berichtigt, die aber nun nach dem Vergleich ratierlich mit den zukünftigen Mieten verrechnet würden. Nach Ablauf der 72 Monate habe sie aus der Regelung des Vergleiches keinen Vorteil und die Klägerin keinen Nachteil mehr. Die Beklagte hat ferner Widerklage erhoben, mit der sie eine Auffüllung der Mietbürgschaft verlangt hat. Nachdem die Klägerin diesem Antrag nicht mehr entgegen getreten ist, hat die Beklagte insoweit beantragt, die Klägerin durch Versäumnisurteil zu verurteilen, die Mietbürgschaft laut Ziffer 4 des Vergleichs vom 29.11.2002 um 250.257,97 € auf 679.341,24 € aufzustocken. Das Landgericht hat zunächst durch Teilurteil vom 09.09.2003 festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, im Rahmen des zwischen den Prozessparteien bestehenden Mietvertrages über den CineStar in H für die Zeit ab Februar 2003 für 72 Monate die Bruttomiete um monatlich 3.958,33 € - auch rückwirkend - zu mindern, wobei die seit Februar monatlich vorgenommene und seitens der Beklagten akzeptierte Minderung um monatlich 3.291,67 € zu berücksichtigen sei. Nach Auffassung des Landgerichts ist der Vergleich dahin auszulegen, dass monatlich 3.958,33 € abgezogen werden dürften. Die Parteien hätten sich auf eine Mietminderung von 300.000 € netto geeinigt. Diese Mietminderung müsse der Klägerin ungeschmälert zukommen. Soweit die Parteien in dem Vergleich einen monatlichen Verrechnungsbetrag berechnet hätten, seien sie von einem falschen Ausgangsbetrag ausgegangen. Sie hätten diesen nämlich, ohne nähere Berechnung oder Begründung, auf 237.000 € bemessen, als Differenz zwischen der Mietminderung von 300.000 € netto und einem Mietrückstand der Klägerin von 63.000 € brutto. Grundsätzlich dürften Netto- und Bruttobeträge nicht miteinander verrechnet werden. Anders sei es nur, wenn nicht mehrwertsteuerpflichtige Zahlungen in eine Rechnung einfließen würden. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Die Klägerin habe, soweit im Vergleich nachträglich eine Minderung vereinbart worden sei, die Miete zuvor einschließlich der Mehrwertsteuer gezahlt. Somit habe sie nicht nur 300.000 € zuviel an die Beklagte geleistet, sondern auch den darauf entfallenden Mehrwertsteuerbetrag von insgesamt 48.000 €. Insoweit stehe ihr ein Rückgewähranspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Der rechtliche Hinweis der Beklagten, die Rückabwicklung eines Entgeltes sei keine umsatzsteuerbare Leistung, sei richtig, aber unerheblich. Selbstverständlich könne das Finanzamt auf einen zurück zu zahlenden Betrag keine Mehrwertsteuer berechnen. Darum gehe es hier aber nicht. Es gehe vielmehr um die Frage, ob eine Geldschuld, die einen Mehrwertsteueranteil enthalte, einschließlich der Mehrwertsteuer zurückabzuwickeln sei. Die Frage sei jedenfalls im Bereicherungsrecht dahin zu beantworten, dass alles Geleistete zurück gegeben werden müsse. Die Beklagte könne sich auch nicht auf Entreicherung berufen. Selbst wenn sie die Mehrwertsteuer auf den von der Klägerin geleisteten Betrag bereits an das Finanzamt abgeführt habe, sei sie nicht entreichert, weil sie die Mehrwertsteuer vom Finanzamt zurückverlangen könne. Die steuerrechtlichen Fragen würden für die vorliegende Entscheidung keine Rolle spielen. Jede der Parteien müsse sich über die steuerlichen Folgen mit ihrem Finanzamt auseinandersetzen. Insgesamt sei danach der Vergleich wie folgt zu berichtigen: Rückerstattungsbetrag aufgrund Minderung: netto|300.000 € zzgl. 16 % MWSt.|48.000 € brutto|348.000 € abzüglich Mietrückstand brutto|63.000 € brutto|285.000 € verteilt auf 72 Monat brutto|3.958,33 € Monatliche Mietzahlung brutto|70.710,99 € abzüglich monatlicher Verrechnungsbetrag brutto|3.958,33 € brutto|66.752,66 €.

Des Weiteren hat das Landgericht durch Schlussversäumnisurteil vom 14.10.2003 die Klägerin verurteilt, die Mietbürgschaft laut Ziffer 4 des Vergleichs um 250.257,97 € auf 679.341,24 € aufzustocken. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Landgericht zu 5/6 der Klägerin und zu 1/6 der Beklagten auferlegt. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung allein gegen das Teilurteil vom 09.09.2003. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beruft sich insbesondere darauf, dass der Hinweis "300.000,00 €/Netto" habe dokumentieren sollen, dass dieser Betrag der Klägerin ungeschmälert als Mietgutschrift zugute kommen solle, ohne durch Umsatzsteuereinflüsse gemindert zu werden. Außerdem macht sie steuerrechtliche Ausführungen und legt zur Untermauerung ihrer Auffassung detaillierte Beispielsberechnungen vor. Sie meint, dass die Auffassung der Gegenseite zu einer nicht gerechtfertigten Begünstigung der Klägerin führen würde. Zum einen würde die Klägerin den Betrag von 48.000 € zusätzlich erhalten. Zum anderen würde sie - da die laufende und zukünftige ratierliche Verrechnung des Betrages von 237.000 € mit der Bruttomiete erfolge - sich die auf diese Weise bezahlte Umsatzsteuer (= 32.689,65 €) als Vorsteuer erstatten lassen können. Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 09.09.2003 verkündeten Teilurteils der Va Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung, die sie insbesondere auch aus steuerrechtlicher Sicht für zutreffend hält. Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen, insbesondere auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Beklagten vom 11.11.2003 (Bl. 124 bis 131 d.A.), 12.11.2003 (Bl. 134 bis 138 d.A.), 08.12.2003 (Bl. 150 bis 153 d.A.), 22.01.2004 (Bl. 157, 158 d.A.), 04.03.2004 (Bl. 167 bis 169 d.A.), 18.06.2004 (Bl. 185 bis 187 d.A.), 21.06.2004 (Bl. 188 bis 191 d.A.), 15.01.2005 (Bl. 241 bis 243 d.A.) und der Klägerin vom 25.11.2003 (Bl. 144 bis 148 d.A.), 15.06.2004 (Bl. 181 bis 184 d.A.), 29.06.2004 (Bl. 192, 193 d.A.), 03.12.2004 (Bl. 236, 237 d.A.). Der Senat hat ein steuerrechtliches Gutachten zu der Frage eingeholt, ob der Klägerin ein wirtschaftlicher Vorteil von 300.000,00 € verbleibt, wenn die Realisierung des Minderungsbetrages nach den Vorgaben der Vergleichsvereinbarung vom 29.11.2002 erfolgt und die Klägerin die mit dieser Durchführung eventuell verbundenen steuerlichen Möglichkeiten ausschöpft. Dieses Gutachten ist von dem Sachverständigen Rechtsanwalt und Steuerberater T unter dem 19.11.2004 schriftlich erstattet (Bl. 219 bis 231 d.A.) und von ihm in der Verhandlung vor dem Senat am 16.06.2005 mündlich erläutert worden; insoweit wird Bezug genommen auf das Protokoll und den Berichterstattervermerk der Verhandlung vom 16.06.2005 (Bl. 250 bis 253 d.A.). Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 17.06.2005 lag bei der Entscheidung vor. B. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts vom 09.09.2003 ist unbegründet. Die Feststellungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet. I. Das Feststellungsbegehren der Klägerin hinsichtlich der Höhe des monatlichen Minderungsbetrages ist zulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO). Insbesondere besteht angesichts der widerstreitenden Auffassungen der Parteien zum diesbezüglichen Inhalt des Vergleichs ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Auf die Frage der Teilurteilsfähigkeit (§ 301 ZPO) des Klagebegehrens kommt es nicht mehr an, nachdem über die in erster Instanz verbliebene Widerklage eine in der Sache rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, die nicht im Widerspruch zur angefochtenen Teilentscheidung steht. II. Mit Recht hat das Landgericht die Feststellung getroffen, dass der von den Parteien geschlossene Vergleich in Korrektur der von den Parteien in Ziffer 3 vorgenommenen Berechnung dahin auszulegen ist, dass monatlich nicht nur 3.291,67 €, sondern 3.958,33 € vom Mietzins abgezogen werden dürfen. Der monatliche Minderungsbetrag in Höhe von 3.958,33 € ergibt sich im Wege einer klarstellenden Auslegung der zwischen den Parteien getroffenen Vergleichsvereinbarung vom 29.11.2002. 1. Besteht zwischen Vertragsparteien ein übereinstimmender Wille, so ist dieser rechtlich auch dann allein maßgebend, wenn er mit der Bezeichnung des Gewollten nicht übereinstimmt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 133 Rdnr. 8 m.w.N.). Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor. Wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat ergeben hat, haben die Parteien die Formulierung in Ziffer 2 des Vergleichs "Mietreduktion von 300.000,00 €/Netto" übereinstimmend dahin verstanden, dass der Klägerin aufgrund der ihr vereinbarungsgemäß zugestandenen Minderung ein wirtschaftlicher Vorteil von 300.000,00 € verbleiben sollte. Dieser unstreitige Umstand ist der maßgebliche Ausgangspunkt der Auslegung, weil er den vereinbarten Gesamtminderungsbetrag und damit den wesentlichen Kern der Minderungsregelung enthält. Der in Ziffer 3 genannte monatliche Verrechnungsbetrag von 3.291,67 €, durch den zuzüglich des Verzichts auf rückständigen Mietzins in Höhe von 63.000,00 € dieser Gesamtminderungsbetrag wirtschaftlich erzielt werden sollte, ist lediglich eine Hilfsgröße. Diese ist zur Überzeugung des Senats falsch gewählt worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der wirtschaftliche Ausgangspunkt der Vergleichsregelung, ein wirtschaftlicher Vorteil für die Klägerin in Höhe von 300.000,00 €, nur dann erzielt werden kann, wenn der monatliche Minderungsbetrag anstatt 3.291,67 € 3.958,33 € beträgt. Insoweit ist der Vergleich durch Auslegung zu korrigieren. 2. Bei der Ermittlung des monatlichen Minderungsbetrages, der im Wege der monatlichen Verrechnung mit überzahltem Mietzins erfolgt, folgt der Senat den Ausführungen des Sachverständigen Steuerberater T in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.11.2004 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 16.06.2005. Die Ausführungen des Sachverständigen ergeben, dass den Parteien bei Abschluss des außergerichtlichen Vergleichs zwei Fehler unterlaufen sind. Sie haben zunächst den Mietminderungsbetrag von 300.000,00 € netto nicht in Höhe der offenen Nettomiete (54.310,34 €) gemindert, sondern in Höhe der Bruttomiete von 63.000,00 €. Aus diesem Grund ist der Differenzbetrag von 237.000,00 € unrichtig berechnet worden. Die Verteilung des Differenzbetrages auf 72 Monate enthält sodann einen zweiten Fehler, weil der auf Nettobasis ermittelte Kürzungsbetrag von monatlich 3.291,67 € mit der Bruttomiete in Höhe von 70.710,99 € verrechnet wurde. a) Auf diese Weise würde die Klägerin einen wirtschaftlichen Vorteil von nur 252.000,00 € erzielen, wie folgende Rechnung ergibt: Mietminderung durch Verzicht auf eine Monatsmiete|63.000,00 € abzgl. Umsatzsteuer|- 8.689,66 € verbleiben|54.310,34 € Mietminderung durch Verrechnung von|237.000,00 € auf künftige Miete abzüglich Vorsteuerkorrektur (die Klägerin hatte für den bereits überzahlten Mietzins Vorsteuererstattung in Anspruch genommen, die sie nun an das Finanzamt zurückführen muss)|- 39.310,34 € |197.689,66 € Wirtschaftlicher Vorteil im Ergebnis|252.000,00 €. b) Der von den Parteien übereinstimmend gewollte wirtschaftliche Vorteil von 300.000,00 € für die Klägerin ergibt sich hingegen aufgrund folgender Berechnung: Die Beklagte verzichtet auf Miete in Höhe von brutto|63.000,00 € Der Wegfall dieser Verbindlichkeit kann aber nur in dem Umfang einen wirtschaftlichen Vorteil darstellen, in dem bei Aufrechterhaltung der Verbindlichkeit ein wirtschaftlicher Nachteil bestanden hätte. Dies wäre aber nur in Höhe des Nettobetrages von 54.310,34 € der Fall gewesen, weil in Höhe des Umsatzsteuerbetrages die Klägerin einen Vorsteuererstattungsanspruch gegen das Finanzamt gehabt hätte.|- 8.689,66 €

Soweit die Klägerin diese Vorsteuer schon in Anspruch genommen haben sollte, wäre sie zurückzuzahlen, so dass der wirtschaftliche Vorteil durch den Verzicht nur in Höhe des Nettobetrages zu berücksichtigen ist.

Die Beklagte lässt sich eine Verrechnung gegen die zukünftige Mietein Höhe von insgesamt brutto 285.000,00 € gefallen. Aus der "Zahlung" dieses Betrages mittels Verrechnung hat die Klägerin nur einen Vorteil in Höhe von 245.689,66 €. Denn die Klägerin "zahlt" im Wege der Verrechnung mit ihrem Anspruch auf Rückforderung überzahlter Miete. Die insoweit vom Finanzamt der Klägerin bereits erstattete Umsatzsteuer hat die Klägerin jedoch an das Finanzamt zurückzuzahlen. |- 39.310,34 €.

Wirtschaftlicher Vorteil insgesamt: 300.000,00 €.

Verteilt man, wie es die Parteien beabsichtigen, den oben genannten durch Verrechnung zu tilgenden Betrag auf 72 Monate, ergibt sich eine monatliche Bruttokürzung von 3.958,33 € (= netto 3.412,35 €).

3. Der Senat hat im Ergebnis keine Bedenken, diesen Berechnungen des Sachverständigen zu folgen. Das Gutachten ist detailliert, steuerrechtlich im Einzelnen untermauert und in sich stimmig. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Sachverständige zudem mit Einwendungen des Beklagtenvertreters auseinandergesetzt, ohne dass dies dazu geführt hat, das Ergebnis des Gutachtens zu erschüttern. Die Erörterungen haben insbesondere ergeben, dass durch die vorstehende Art der Berechnung weder auf Kläger- noch auf Beklagtenseite Vor- oder Nachteile eintreten, abgesehen von Stundungseffekten, auf die es nach dem Vergleichs jedoch offensichtlich nicht ankommen soll. Die Rückerstattung überzahlten Mietzinses bei einer Mietminderung ist kein mehrwertsteuerpflichtiger Vorgang. Die Beklagte, die die vom Kläger auf die überzahlte Miete gezahlte Mehrwertsteuer an das Finanzamt weitergereicht hat, kann sich zuviel gezahlte Mehrwertsteuer dort wiederholen. Die Klägerin muss die auf die Überzahlung entfallene, in Anspruch genommene Vorsteuer an das Finanzamt zurückerstatten. Zwar besteht ein Vorsteuererstattungsanspruch der Klägerin, soweit es darum geht, dass sie mit ihrem Anspruch auf Rückerstattung überzahlten Mietzinses den zukünftigen Mietzins "bezahlt". Dadurch erhält die Klägerin jedoch nicht insgesamt mehr; diese Vorsteuer steht der Klägerin aufgrund der neuen Mietzahlungsverpflichtung sowieso zu.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Frage der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO geprüft und hiervon abgesehen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung oder zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung angezeigt erscheint.

Ende der Entscheidung

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