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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 27.06.2005
Aktenzeichen: 18 U 170/04
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 550 n.F.
BGB § 550 S. 1
BGB § 545
BGB § 566 S. 1
BGB § 578 Abs. 1 n.F
BGB § 580 a Abs. 2 n.F.
EGBGB Art. 229 § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 09. August 2004 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits zu je 1/2.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank oder Sparkasse erbracht werden.

Das Urteil beschwert die Kläger in Höhe von 68.804,91 €; die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Zahlung von Mietzins für Gewerberäume in Anspruch.

I.

Der Kläger zu 1.) war zum Testamentsvollstrecker über den Nachlaß des Herrn K2 ernannt, den Frau K und der Kläger zu 2.) beerbt haben. Die ungeteilte Erbengemeinschaft zwischen Frau K und dem Kläger zu 2.) ist mittlerweile aufgehoben. Für den Erbanteil der Frau K ist der Kläger zu 1) weiterhin zum Testamentsvollstrecker bestellt.

Zum Nachlaß gehört ein zur Immobilie I-Straße in C gehörender Teileigentumsanteil von 892 qm, den der Erblasser am 01.08.1994 von dessen Voreigentümer T gekauft hatte.

Mit diesem Voreigentümer T hatte der Beklagte am 16.01.1990 einen schriftlichen Mietvertrag geschlossen, mit dem Herr T dem Beklagten Räume zum Betrieb einer Spielhalle vermietete. Der Mietvertrag sollte am 01.03.1990 beginnen und am 28.02.2010 enden. Hinsichtlich des Mietgegenstandes heißt es in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages:

" Zum Betrieb einer Spielhalle werden vermietet die im Hause I-Straße, ###1 C gelegenen Räume, und zwar: siehe Zeichnung.

.....

Die vermietete Fläche ist mit ca. 892 m² vereinbart (einschl. Garagen u. Einstellplätze).

Unter § 21 des Mietvertrages vereinbarten die Mietvertragsparteien, daß ein Beiblatt, in dem sie unter den § 22 bis § 29 weitere Vertragspflichten geregelt hatten, ebenfalls Bestandteil des Mietvertrages sein sollte. In diesem Beiblatt heißt es u.a. wie folgt:

"§ 22 Der Mieter übernimmt sämtliche Umbauarbeiten lt. Bauschein-Nr. ##### auf eigene Kosten.

§ 23 Außerdem übernimmt der Mieter die Kosten für alle notwendigen Einbauten zur Konzessionserteilung.

§ 24 Konzessionserteilung ist Sache des Mieters.

§ 25 Der Mieter verpflichtet sich alle Umbauarbeiten bzw. Einbauten durch unseren Hausarchitekten Herrn C2 in T2 (Architektenvertrag) vornehmen zu lassen.

§ 26 Der Mietzins wird jährlich um 2 % auf den zuletzt gezahlten Mietzins angehoben.

.....".

Wegen des weiteren Inhaltes des Beiblatts wird auf Blatt 6 des lose bei den Akten befindlichen Anlagenkonvoluts I. Bezug genommen.

Der Beklagte blieb in der Folgejahren immer wieder Mietzahlungen schuldig. Es wurden deswegen verschiedene Rechtsstreite geführt, die durch gerichtlichen Vergleich, Teilversäumnis- und Schlußurteil bzw. mit einem notariellen Schuldanerkenntnis endeten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.11.2002 kündigte der Beklagte den Mietvertrag zum 31.03.2003 mit der Begründung, die Schriftform sei nicht gewahrt. Anschließend nutzte er das Objekt noch bis zum 15.08.2003 zu einem von den Parteien vereinbarten, ermäßigten Mietzins weiter und zog dann aus. Die Kläger vermieteten das Objekt mit Wirkung ab dem 01.10.2002 an die Fa. N2 zu einem monatlichen Mietzins von 7.500,- €.

Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger für die zweite Hälfte des Monats August 2003 die halbe und für den Monat September 2003 die volle zum damaligen Zeitpunkt gültige Monatsmiete von 14.894,55 € geltend sowie für den Zeitraum vom 01.10.2003 bis 29.02.2004 den monatlichen Differenzbetrag von 7.394,95 € zwischen der vom Beklagten vertragsgemäß geschuldeten und der von der Fa. N2 gezahlten Miete.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, daß die vom Beklagten erklärte Kündigung unwirksam sei. Die vermieteten Räumlichkeiten seien aus der im Mietvertrag erwähnten Zeichnung sowie den Zeichnungen, die Bestandteil des Bauscheins gewesen seien, ersichtlich gewesen. Im übrigen verhalte sich der Beklagte, der das Objekt mehr als 13 Jahre lang genutzt habe, ohne sich jemals auf die fehlende Schriftform zu berufen, teruwidrig. Aus dem gleichen Grunde habe er sein Kündigungsrecht auch verwirkt.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 68.804,91 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 8.638,84 € seit dem 20.08.2003, aus 17.277,67 € seit dem 04.09.2003 und aus jeweils 8.577,68 € seit dem 06.10.2002, 06.11.2003, 04.12.2003, 07.01.2004 und 05.02.2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

Er hat die Ansicht vertreten, gemäß § 550 BGB n.F. zur Kündigung berechtigt gewesen zu sein, weil Art und Umfang der vermieteten Räumlichkeiten nicht aus dem Mietvertrag hervorgingen. Soweit im Mietvertrag unter Bezugnahme auf die postalische Anschrift des Objekts der Vermerk "siehe Zeichnung" enthalten sei, reiche dies nicht aus. Zeichnungen habe er, der Beklagte, nie gesehen. Sie seien dem Vertrag nicht als Anlage beigefügt gewesen. Auch sonst sei kein Bezug hergestellt, um welche Zeichnungen es sich insoweit handeln solle. Hinsichtlich der von den Klägern ferner geführten Zeichnungen, die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens für den Umbau erstellt worden seien, fehle es an einer unmittelbaren Bezugnahme auf diese im Mietvertrag. Alles Schriftliche im Zusammenhang mit dem Umbau habe seinerzeit der frühere Eigentümer T gemacht. Dieser habe auch die Konzessionsanträge für den Betrieb von Spielstätten bei der zuständigen Behörde gestellt.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei zur Zahlung des mit der Klage geltend gemachte Mietzinses verpflichtet, weil er sich auf ein Kündigungsrecht gemäß § 550 BGB n.F. nicht berufen könne. Dabei könne dahinstehen, ob die Bezugnahme "siehe Zeichnung" für eine genaue Bestimmung von Art, Lage und Umfang des vermieteten Objekts ausreichend sei oder nicht. Jedenfalls sei es dem Beklagten aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, sich 13 1/2 Jahre nach Abschluß des Mietvertrages hierauf zu berufen und daraus für sich ein Kündigungsrecht abzuleiten. Angesichts der vom Beklagten mit dem Beiblatt zum Mietvertrag vom 16.01.1990 übernommenen Verpflichtungen erscheine es als ausgeschlossen, daß er sich nicht vor dem Abschluß des Mietvertrages ein ganz genaues Bild über Art und Umfang bzw. Lage und bauliche Gegebenheiten der einzelnen vermieteten Räumlichkeiten verschafft habe. Im übrigen ergebe sich aus den von der Kammer beigezogenen Akten des Ordnungsamtes der Bezirksverwaltung C, daß 2 1/2 Wochen nach Abschluß des Mietvertrages von den Firmen D-GmbH, B GmbH und N GmbH jeweils die Konzession für eine der drei geplanten und dann auch eingerichteten Spielhallen beantragt worden sei, wobei alle drei Firmen ausweislich des Briefkopfes durch zwei Geschäftsführer vertreten worden seien, nämlich in zwei Fällen durch Herrn T und den Beklagten und in einem Fall durch Herr T und die Ehefrau des Beklagten. Auch wenn alle drei Anträge die Unterschrift des Herrn T tragen würden, spreche auch dies dafür, daß auch der Beklagte sich wegen der im Mietvertrag eingegangenen Verpflichtung zur Konzessionsbeschaffung bzw. zur Vornahme von Einbauten für die Konzessionserteilung zuvor ein genaues Bild von den vermieteten Räumlichkeiten verschafft habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Er vertritt weiterhin die Ansicht, schon vor Ablauf der vertraglich vereinbarten 20-jährigen Vertragslaufzeit gemäß § 550 BGB n.F. zur Kündigung berechtigt gewesen zu sein. Mit dem Mietvertrag sei das Schriftformerfordernis nicht gewahrt, weil in ihm die Lage und die Anordnung der vermieteten Flächen nicht hinreichend deutlich beschrieben sei. Im Mietvertrag selbst sei allein die Größe der Mietfläche mit "ca. 892 qm" angegeben, nicht aber, wo sich diese Fläche befinden. Die ferner im Mietvertrag erwähnte Zeichnung sei weder dem Vertrag als Anlage beigefügt, noch sei sonst ersichtlich, um welche Zeichnung es sich überhaupt handeln soll. Erst recht fehle eine feste Verbindung zwischen der Zeichnung und dem Mietvertrag. Ob er, der Beklagte, bei Abschluß des Mietvertrages konkrete Vorstellungen und Kenntnisse vom Mietobjekt gehabt habe, sei unerheblich, weil dadurch das Schriftformerfordernis nicht entfalle. Entgegen dem angefochtenen Urteil verstoße die Kündigung auch nicht gegen Treu und Glauben. Allein der Umstand, daß er den Mietgegenstand gekannt habe, lasse das Kündigungsrecht nicht entfallen, weil anderenfalls die Vorschrift des § 550 BGB n.F. praktisch bedeutungslos wäre. Die Kündigung sei auch nicht schon deshalb treuwidrig, weil der Mietvertrag zuvor jahrelang anstandslos durchgeführt worden sei. Ebenso wenig könne darin ein Verzicht auf das Kündigungsrecht gesehen werden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 09.08.2004 verkündeten Urteils der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung und meinen, daß mit dem Mietvertrag die erforderliche Schriftform eingehalten sei, weil in ihm die vermieteten Räume nach Größe, Lage und Anordnung hinreichend bestimmbar bezeichnet seien. Mit den im Mietvertrag enthaltenen Angaben "im Hause I-Straße, ####1 C gelegenen Räume" und "ca. 892 qm" sei die Lage und die Größe des Mietgegenstandes hinreichend bezeichnet. Ergänzend sei wegen der Lage der Räume im Mietvertrag auf eine Zeichnung Bezug genommen worden, bei der es sich um die Grundrißzeichnung des Architekten C2 von 11.04.1988 gehandelt habe. Darüber hinaus habe zum Mietvertrag das Beiblatt vom 16.01.1990 gehört, das ausdrücklich Bezug nehme auf die zeitgleich betriebenen Genehmigungsverfahren zur Erlangung der Baugenehmigung sowie Spielhallenkonzession. Dem Bauantrag vom 13.04.1988 seien aber die erforderlichen Anlagen einschließlich der Grundrißzeichnung des Architekten C2 von 11.04.1988 beigefügt gewesen. Gleiches gelte für die Erlaubnisanträge zur Spielhallenkonzession, die der Beklagte als Geschäftsführer der Betreibergesellschaften gestellt habe. Der Beklagte habe damit genaue Kenntnis vom Mietgegenstand gehabt, zumal der Voreigentümer T mit ihm die geplanten Bauvorhaben im Detail abgestimmt habe. Des weiteren habe das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß dem Beklagten eine Berufung auf ein Kündigungsrecht wegen Treu und Glauben versagt sei. Nach der Rechtsprechung verstoße ein Grundstückserwerber gegen Treu und Glauben, wenn er sich auf den Formmangel berufe, obgleich er durch unstreitige Vorarbeiten vollständige Kenntnis vom Inhalt des Mietvertrages gehabt habe. So liege der Fall auch hier, da der Beklagte selbst Initiator der Anmietung, des Umbaus und des Betriebes der Spielhallen in den angemieteten Räumlichkeiten gewesen und an allen Genehmigungsverfahren selbst beteiligt gewesen sei. Außerdem habe der Beklagte in keinem der früheren Rechtsstreite einen Formverstoß geltend gemacht und dadurch bei ihnen, den Klägern, das Vertrauen geweckt, hierauf keine Kündigung des Mietvertrages stützen zu wollen. Auch hätten die Parteien mit dem im Verfahren LG Bielefeld 9 O 289/01 am 17.11.2001 geschlossenen Prozeßvergleich den Mietvertrag neu abgeschlossen, indem sie unter Ziffer 3 des Vergleichs auch eine Einigung über den zukünftigen Mietzins getroffen hätten. In diesem Vergleich sei der Mietgegenstand aber hinreichend bestimmbar bezeichnet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 27.06.2005 die Parteien nochmals persönlich angehört mit dem aus dem Berichterstattervermerk vom 28.06.2005 ersichtlichen Ergebnis. Auf den Vermerk wird Bezug genommen (Bl. 119, 119 R GA.), wird.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

Den Klägern stehen für die Zeit nach dem Auszug des Beklagten aus dem Mietobjekt am 15.08.2003 keine weiteren Mietzahlungsansprüche mehr gegen den Beklagten zu. Denn das zwischen dem Rechtsvorgänger der Kläger, Herrn T, und dem Beklagten mit dem Mietvertrag vom 16.01.1990 begründete Mietverhältnis ist durch die vom Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 27.11.2002 ausgesprochene Kündigung wirksam zum 30.06.2003 beendet worden. Der Beklagte war unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 580 a Abs. 2 BGB n.F. zur vorzeitigen Kündigung berechtigt, weil das Mietverhältnisses wegen Nichteinhaltung der nach §§ 550 S. 1, 578 Abs. 1 BGB n.F. vorgeschriebenen Schriftform als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen galt (1.) Dem Beklagten ist weder eine Berufung auf den Formmangel nach Treu und Glauben verwehrt (2.), noch ist der Formmangel später durch den zwischen den Parteien in dem Verfahren LG Bielefeld 9 O 289/01 geschlossenen Prozeßvergleich vom 17.11.2001 geheilt worden (3). Die vom Beklagten erklärte Kündigung ist auch nicht durch eine stillschweigende Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 545 BGB gegenstandslos worden (4.)

1.

Da der Mietvertrag vom 16.01.1990 gemäß § 2 der Vertragsurkunde eine Laufzeit von 20 Jahren haben sollte, bedurfte er nach den gemäß Art. 229 § 3 EGBGB anzuwendenden Vorschriften der §§ 566 S. 1, 578 Abs. 1 BGB n.F der Schriftform. Diese ist mit dem Mietvertrag vom 16.01.1990, soweit es die Bezeichnung des Mietgegenstandes anbelangt, nicht gewahrt.

Die nach § 550 S. 1 BGB n.F. vorgeschriebene Schriftform ist entweder nur dann gewahrt, wenn sich alle wesentlichen Vertragsbedingungen des Mietvertrages, mithin der Mietgegenstand, der Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses aus der Urkunde ergeben (BGH, NJW 2002, 3389, 3391). Dabei können zwar auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände zur Auslegung herangezogen werden, ob der wesentliche Vertragsinhalt beurkundet ist. Dies gilt auch für die Ermittlung der genauen Lage der Mieträume. Jedoch muß sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch in diesen Fällen die hinreichende Bezeichnung der Mieträume aus der Vertragsurkunde selbst ergeben (BGH. a.a.O.). Eine solche ist nur dann gegeben, wenn der Mietgegenstand durch die Angaben im Mietvertrag so hinreichend bestimmt ist, daß sich für einen potentiellen Grundstückserwerber, dessen Informationsbedürfnis die in § 550 BGB n.F. vorgeschriebene Schriftform vorrangig dient, anhand der im Mietvertrag enthaltenen Angaben die präzise Lage und Anordnung der Mieträume an Ort und Stelle feststellen läßt (BGH a.a.O; BGH NJWRR 2002, 1377). Werden die wesentlichen Vertragsbedingungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so ist die Schriftform nur gewahrt, wenn die Anlage im Mietvertrag so genau bezeichnet wird, daß eine zweifelsfreie Zuordnung möglich ist, wobei ein Rückbezug in der Anlage auf den Hauptvertrag allerdings entbehrlich ist (vgl. BGH NJW 2003, 1248 ff.).

Diesen Anforderungen wird der streitgegenständliche Mietvertrag nicht gerecht.

Weder sind die wesentlichen Vertragsbedingungen, zu denen ohne Zweifel das gemietete Objekt gehört, in dem eigentlichen Mietvertrag festgehalten, noch ist in dem Mietvertrag selbst auf eine Anlage in der Weise Bezug genommen, die eine zweifelsfreie Zuordnung ermöglicht.

a)

Der eigentliche Mietvertrag selbst enthält hinsichtlich des Mietgegenstandes allein die Angaben: "... im Hause I-Straße, ####1 C gelegenen Räume ..." sowie ".. die vermietete Fläche ist mit ca. 892 qm vereinbart (einschl. Garagen u. Einstellplätze)..". Mit ihnen ist allein die postalische Anschrift und die Größe der vermieteten Räume festgelegt, nicht aber deren genaue Lage im Gebäude hinreichend bestimmt bezeichnet. Denn mangels weitergehender Angaben dazu, in welchem Gebäudeteil bzw. Stockwerk sich die vermieteten Räume befinden und welche einzelnen der vor Ort vorhandenen Garagen und Stellplätze mitvermietet sind, ist es einem potentiellen Grundstückserwerber auch vor Ort nicht möglich gewesen, allein anhand der im Mietvertrag enthaltenen Angaben sicher feststellen, welche die Räume und Garagen bzw. Stellplätze Gegenstand des Mietvertrages sind.

Der Einwand der Klägers, daß sich ein potentieller Erwerber schon durch eine bloße Nachfrage beim Verwalter der Wohnungseigentumsanlage über die genaue Lage der Mieträume hätte Gewißheit verschaffen können, vermag schon deshalb keine anderweitige Beurteilung zu rechtfertigen, weil sich in dem Mietvertrag vom 19.01.1990 keinerlei Hinweis darauf findet, daß es sich bei dem Mietgegenstand um den einzigen Teileigentumsanteil des Vermieters an dem gesamten Gebäudekomplex handelt.

Aus dem gleichen Grunde kann auch dahinstehen, ob die im Erdgeschoß der Häuser I-Straße in C gelegenen Räume und im Kellergeschoß gelegenen Tiefgarageneinstellplätze zusammen die im Mietvertrag angegebene Grundfläche von ca. 892 qm ergeben. Denn mangels weitergehender Angaben im Mietvertrag ist für einen potentieller Erwerber auch vor Ort nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar gewesen, ob sich die im Mietvertrag angegebene Grundfläche von 892 qm nicht ebenso gut aus einer Vermietung nur eines Teiles der vorhandenen Tiefgaragenstellplätze sowie weiterer, in einem anderen Stockwerk des Gebäudes gelegener Räume ergibt.

Darüber hinaus haben auch die damaligen Vertragsparteien die im Mietvertrag enthaltenen Angaben ganz offensichtlich selbst nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes als ausreichend angesehen, weil es andernfalls der von ihnen in § 1 des Mietvertrages vorgenommenen weiteren Bezugnahme auf eine Zeichnung nicht mehr bedurft hätte.

b)

Die erforderliche Schriftform ist aber auch nicht durch die vorgenannte, in § 1 des Mietvertrages enthaltene Bezugnahme "siehe Zeichnung" gewahrt.

Zwar ist die nach § 550 S. 1 BGB n.F vorgeschriebenen Schriftform auch dann gewahrt, wenn sich der notwendige Mindestinhalt des Mietvertrages erst aus den in der Vertragsurkunde in Bezug genommene Anlagen ergibt (OLG Hamm NJW-RR 1999, 232), also in eine schriftliche Anlage ausgelagert worden ist (vgl. BGH NJW 2003, 1248 ff.).

Im Streitfall kann insofern schon nicht davon die Rede sein, dass die wesentlichen Vertragsbedingung (Festlegung des Mietobjekts) in eine Anlage ausgelagert worden ist. Denn es gibt nach der unwiderlegten Behauptung des Beklagten eine Zeichnung überhaupt nicht. Soweit es sich bei der "Zeichnung" um die Grundrißzeichnung des Architekten C2 von 11.04.1988 handeln sollte, wie die Kläger behaupten, ist jedenfalls eine zweifelsfreie Zuordnung (vgl. BGH NJW 2003, 1248 ff.) nicht möglich. Denn es fehlen jegliche individualisierende Merkmale dazu, daß es sich gerade um diese Zeichnung handeln sollte. Dem Schriftformerfordernis wäre nur dann genügt, wenn etwa im Mietvertrag selbst vermerkt wäre: "Zeichnung des Architekten C2 vom 11.04.1988".

c)

Allerdings ist hinsichtlich des in § 21 des Mietvertrages genannten Beiblattes eine ausreichend eindeutige Zuordnung zum Mietvertrag gegeben. Denn das betreffende Beiblatt ist dem Mietvertrag offenbar beigefügt gewesen (vgl. § 22 des Mietvertrags am Ende). Jedenfalls ergeben sich aus dem Parteivortrag keine Anhaltspunkte gegen diese Annahme. Auch stellt sich die in ihm gewählte Bezeichnung der weiteren Vertragspflichten aus § 22 bis auf die wohl versehentliche zweimalige Verwendung des § 22 schon äußerlich als eine eindeutige Fortschreibung der in dem Mietvertrag selbst enthaltenen Regelungen dar, die mit § 22 enden.

Damit ist zwar eine eindeutige Einbeziehung (vgl. § 22 des Mietvertrags am Ende) der in dem Beiblatt selbst enthaltenen Regelungen in den Mietvertrag gegeben. Diese befassen sich jedoch mit ganz anderen Fragen wie mit der Durchführung und Kostentragung von Umbauarbeiten, der Beschaffung der erforderlichen Gewerbekonzessionen, Verkehrssicherungspflichten, Versicherung und dergleichen. Zum Umfang und zur Lage der vermieteten Räumlichkeiten läßt sich dagegen dem Beiblatt selbst nicht entnehmen.

Soweit der Kläger die Auffassung vertreten, daß eine hinreichende Bestimmbarkeit des Mietgegenstandes bereits damit gegeben sei, daß in dem Beiblatt zum Mietvertrag auf den Bauschein 5.6301.810994.2 Bezug genommen werde und diesem und dem ihm zugrunde liegenden Bauantrag die Grundrißzeichnung des Architekten C2 vom 11.04.1988 beigefügt gewesen sei, kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Mietvertrag keinerlei Hinweis darauf enthält, daß nicht nur wegen der im Beiblatt im einzelnen aufgeführten weiteren Vertragspflichten, sondern gerade auch wegen der Lage und Größe des Mietgegenstandes auf das Beiblatt Bezug genommen werden soll. Insoweit fehlt es daher bereits an einer eindeutigen gedanklichen Verbindung zwischen Mietvertrag und Anlage, wie sie für die Einhaltung der Schriftform erforderlich ist (vgl. BGH NJW 2003, 1248 ff.).

d)

Soweit die Kläger geltend machen, dem Beklagten sei die genaue Lage und Größe des Mietobjektes bekannt gewesen, ist dies für die Frage der Einhaltung der Schriftform ohne Bedeutung. Daß Vertragsparteien sich über die wesentlichen Vertragsbedingungen einig sein müssen, ist Vertragsschlußvoraussetzung, also allein für die Frage maßgeblich, ob überhaupt ein (auch mündlicher) Mietvertrag zustande kommt. Die hiervon zu unterscheidende Frage, ob das Schriftformerfordernis gewahrt ist, beurteilt sich dagegen allein nach den für die Schriftform aufgestellten Vorgaben, wie sie in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in NJW 2003, S. 1377 und NJW 2003, S. 1248 ff. dargestellt sind.

2.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dem Beklagten eine Berufung auf den Formmangel nicht nach Treu und Glauben verwehrt.

Denn jede der beiden Mietvertragsparteien kann sich grundsätzlich selbst dann auf die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform berufen, wenn sie den Mietvertrag in Kenntnis der wahren Begebenheiten und der mangelnden Schriftform zuvor jahrelang durchgeführt hat (vgl. BGH NJW 2004, 1103). Es kommt eine Treuwidrigkeit nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn die Berufung auf die Formnichtigkeit zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde. Das ist etwa der Fall, wenn bei Formnichtigkeit die wirtschaftliche Existenz der anderen Mietvertragspartei bedroht wäre (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 518, 519), die andere Mietvertragspartei sich mit erheblichen Investitionen auf eine längere Vertragsdauer eingerichtet hat (Lammel in Schmidt-Futterer, Mietrecht. 8. Aufl. § 550 Rn. 59) oder die sich auf die Formnichtigkeit berufende Partei zuvor über einen längeren Zeitraum besondere Vorteile aus dem nichtigen Vertrag gezogen hat (BGH, NJW 2002, 1103).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Der Beklagte hat weder über längere Zeit besondere Vorteile aus dem Mietvertrag bezogen, noch haben die Kläger bzw. ihr Rechtsvorgänger T wegen der vereinbarten langen Vertraglaufzeit erhebliche Investitionen getätigt. Vielmehr war es im Gegenteil der Beklagte, der nach § 22 des durch Beiblatt ergänzten Mietvertrages die Kosten der Umbauarbeiten zu tragen hatte. Ob der Beklagte entgegen seinem jetzigen Vorbringen bei Eingehung des Mietverhältnisses einen genauen Überblick über die Lage und Größe der Mieträume gehabt hat, kann dahinstehen. Selbst wenn er einen solchen genauen Überblick gehabt haben sollte, würde seine jetzige Berufung auf den Formmangel deswegen nicht zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen, weil das Schriftformerfordernis des § 550 BGB n.F. nicht dem Schutz des Mieters, sondern dem Schutz des potentiellen Grundstückserwerbers dient und aus diesem Grunde von jeder der beiden Mietvertragsparteien auf die Einhaltung der Schriftform zu achten ist. Ob den von den Klägern angeführten Literaturmeinungen darin zu folgen ist, daß ein Grundstückserwerber sich dann nicht auf den Formmangel berufen kann, wenn er aufgrund anderer Umstände genaue Kenntnis vom Inhalt des Mietvertrages gehabt hat, bedarf keiner Entscheidung, weil der Beklagte hier nicht Grundstückserwerber sondern der Mieter war.

3.

Der Formmangel ist entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht durch den im Verfahren LG Bielefeld 9 O 289/01 geschlossenen Prozeßvergleich vom 17.12.2001 geheilt worden. Der Vergleich hatte keinen Neuabschluß des Mietvertrages zum Gegenstand, sondern lediglich eine Neufestsetzung des vom Beklagten zu zahlenden Mietzinses. Außerdem enthält der Vergleich keine weiterreichende Umschreibung des Mietgegenstandes als der Mietvertrag. Er enthält im Gegenteil überhaupt keine Umschreibung der Mietgegenstandes.

4.

Die vom Beklagten erklärte Kündigung ist auch nicht durch eine stillschweigende Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 545 BGB gegenstandslos worden.

Nach dieser Vorschrift verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, wenn der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fortsetzt und nicht eine der Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt. Ein solcher entgegenstehender Wille ist hier aber vom Beklagten erklärt worden. Dies folgt bereits daraus, daß die Parteien unstreitig für die Zeit vom 01.04.2003 bis 15.08.2003 eine zeitlich begrenzte Nutzungsvereinbarung getroffen hatten, aufgrund derer dem Beklagten die Mieträumen für den vorgenannten Zeitraum zu einem deutlich geringeren Mietzins zur Nutzung überlassen wurden. Einer solchen Nutzungsvereinbarung hätte es aber nicht bedurft, wenn nicht der Beklagte nach der Kündigung klargestellt hätte, den alten Mietvertrag nicht mehr zu seinen bisherigen Bedingungen fortführen zu wollen. Daß der Beklagte hierzu nicht mehr bereit gewesen ist, haben die Kläger auch selbst mit der Klage vorgetragen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Frage der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPP geprüft und hiervon abgesehen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zum Zwecke der Rechtsfortbildung oder zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung veranlaßt ist. Die maßgeblichen Obersätze zur Wahrung der Schriftform sind durch die in dieser Entscheidung zitierten Judikate des Bundesgerichtshofs geklärt.

Ende der Entscheidung

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