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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.03.2008
Aktenzeichen: 18 W 31/06
Rechtsgebiete: GVG, ArbGG, HGB


Vorschriften:

GVG § 17 a Abs. 4 Satz 3
GVG § 17 a Abs. 3 Satz 1
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3
ArbGG § 5 Abs. 3 Satz 1
HGB § 84 Abs. 1 Satz 1
HGB § 92 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 24.05.2006 aufgehoben.

Der zu den ordentlichen Gerichten beschrittene Rechtsweg ist zulässig.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 3.250,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Gemäß § 17 a Abs. 3 Satz 1 GVG ist die Zulässigkeit des zu den ordentlichen Gerichten beschrittenen Rechtsweges auszusprechen.

I. Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit besteht nicht. Denn der Beklagte ist selbständiger Handelsvertreter und nicht Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG (1.). Er gilt auch nicht gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG als Arbeitnehmer (2.).

1. Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB ist selbständiger Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs. 1 Satz 2 HGB). Für die Entscheidung der Frage, ob ein Vertragspartner als selbständiger Handelsvertreter tätig geworden ist oder nicht, kommt es grundsätzlich nicht auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung, sondern vor allem auf das Gesamtbild der vertraglichen Gestaltung und die tatsächliche Handhabung an (OLG Hamm, VersR 2004, 1133). Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsweges ist dabei auf den Tatsachenvortrag der Klägerin abzustellen (BGHZ 133, 240 = NJW 1996, 3012). Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben ist der Beklagte nicht als Arbeitnehmer einzustufen. Die Klägerin hat im Einzelnen ausführlich und schlüssig dargelegt, dass der Beklagte nach den vertraglichen Bestimmungen selbständiger Gewerbetreibender sein sollte. Auf der Grundlage ihres Vorbringens kann nicht davon ausgegangen werden, dass die tatsächliche Handhabung dergestalt davon abwich, dass eine Einstufung als Arbeitnehmer gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist ein fachliches Weisungsrecht sowie die Zuordnung zu einer bestimmten Geschäftsstelle mit der Selbständigkeit des Handelsvertreters vereinbar. Die Vorgabe eines bestimmten Tätigkeitsortes hat die Klägerin unter Hinweis auf § 1 Nr. 3 Satz 1 des Consultant-Vertrages bestritten (Bl. 62 d.A.). Zudem hat sie weiter behauptete Eingriffe in die Arbeitszeitbestimmungs- und Tätigkeitsgestaltungsbefugnis bestritten (Seiten 10 bis 14 des Schriftsatzes vom 31.03.2006, Bl. 64 bis 68 d.A.).

2. Der Beklagte gilt auch nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG als Arbeitnehmer. Nach dieser Vorschrift gelten Handelsvertreter dann als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92 a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000,00 € aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, denn der Beklagte hatte in den letzten sechs Monaten seiner Tätigkeit für die Klägerin mehr als 1.000,00 € an Provisionen im Monatsdurchschnitt erwirtschaftet.

Ausgangspunkt ist, dass der Beklagte auf der Grundlage des Klägervortrages, was aber wohl unstreitig ist, in den letzten sechs Monaten seiner Tätigkeit Provisionen in Höhe von 7.245,18 € erwirtschaftet hat (Bl. 116 d.A.), was einem Monatsdurchschnitt von 1.207,53 € entspricht. Zu einem Monatsdurchschnitt von unter 1.000,00 € käme man nur dann, wenn dem Beklagtenvortrag zu folgen wäre, dass die Miete für das Notebook sowie weitere von der Klägerin in Rechnung gestellte Kosten abzuziehen wären. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie der Bundesgerichtshof inzwischen entschieden hat, sind für die Ermittlung der während der letzten sechs Monate bezogenen Vergütungen alle unbedingt entstandenen Ansprüche des Handelsvertreters zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang sie erfüllt sind. Es kommt also nicht auf die Höhe der tatsächlichen Zahlungen an (vgl. BGH, Beschluss vom 12.02.2008 - VIII ZB 3/07 -, juris). In einer weiteren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof zudem ausgeführt, dass Aufwendungen, die vom Unternehmer nicht zu erstatten sind, bei der Ermittlung der Durchschnittsvergütung unberücksichtigt bleiben, weil nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG ein Abzug für im Betrieb des Handelsvertreters entstandene Ansprüche nicht vorgesehen ist und es auf den Bruttoverdienst ankommt. Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob eine Pflicht zur Nutzung des Notebooks und der EDV der Klägerin bestand (vgl. BGH, Beschluss vom 12.02.2008 - VIII ZB 51/06 -, juris). Der Senat schließt sich den vorgenannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes an und nimmt hinsichtlich der Begründung darauf Bezug. Danach ist aber kein Raum für die von dem Beklagten geltend gemachten Abzüge bei der Ermittlung des Durchschnittsverdienstes der letzten sechs Monate.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Über die Kosten der Rechtsmittel im Vorabverfahren über die Zulässigkeit des Rechtsweges (§ 17 a Abs. 4 GVG) ist nach §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden (vgl. OLG Düsseldorf, I-16 W 24/05, 16 W 24/05, Beschluss vom 01.06.2005, juris; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 24.07.2007 - 12 W 25/07 -, juris). Den Beschwerdewert hat der Senat auf etwa ein Drittel des Hauptsachestreitwertes geschätzt. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG) liegen nicht vor, nachdem die hier maßgeblichen grundsätzlichen Fragen in den oben genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes geklärt worden sind.

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