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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.10.2009
Aktenzeichen: 18 W 57/08
Rechtsgebiete: GVG, ArbGG, HGB


Vorschriften:

GVG § 17a
ArbGG § 5
HGB § 92a
Die Rechtswegzuständigkeit ist auch dann allein nach dem Vortrag des Klägers zu beurteilen, wenn die streitigen zuständigkeitsbegründeten Tatsachen für die Begründetheit der Klage nicht von Bedeutung sind. Damit ein Kläger nicht durch möglicherweise unrichtigen oder unvollständigen Sachvortrag die Rechtswegzuständigkeit in seinem Sinne beeinflussen kann, haben offensichtlich nicht gegebene Anspruchsgrundlagen und willkürlicher, rechtmissbräuchlicher Klagevortrag außer Betracht zu bleiben.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 11.09.2008 (12 O 150/08) aufgehoben.

Der zu den ordentlichen Gerichten beschrittene Rechtsweg ist unzulässig.

Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht in Münster verwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Zahlung von 15.336,78 € nebst Zinsen.

Die Klägerin ist gewerbsmäßige Versicherungsvermittlerin. Der Beklagte war für die Klägerin in der Zeit von 2005 bis 2007 als Versicherungsvertreter tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte die Vermittlung von Versicherungsverträgen gegen Provision. Er bezog regelmäßig Provisionsvorschüsse. Da die von ihm erzielten Provisionen nicht ausreichten, um die Vorschüsse zurückzuführen, schuldete der Beklagte der Klägerin am 31.12.2006 einen Betrag in Höhe von 15.336,78 €. Diesen Sachverhalt hielten die Parteien in einem von ihnen unterschriebenen Schriftstück vom 21.03.2007 fest. Das Schreiben enthält ferner die Vereinbarung, dass die Klägerin dem Beklagten den Betrag als Darlehen gewährt, auf einen Darlehensvertrag wird Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten des Schriftstücks wird auf Bl. 35 GA verwiesen.

Das Vertragsverhältnis endete Ende 2007. Die letzten sechs Monate vor Vertragsende bezog der Beklagte keinerlei Provision und keinen Aufwendungsersatz.

Die Klägerin hat behauptet, die Parteien hätten wie in dem von ihnen unterzeichneten Schriftstück vom 21.03.2007 vorgesehen einen Darlehensvertrag unterzeichnet, wonach die Klägerin dem Beklagten am 01.01.2007 ein Darlehen in Höhe von 15.336,78 € bereitgestellt habe und die Rückzahlung spätestens für den 15.12.2007 vereinbart worden sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von der Klägerin vorgelegte Vertragsurkunde Bl. 25 f. GA Bezug genommen.

Der Beklagte hat den Abschluss des Darlehensvertrags bestritten. Er hat behauptet, es sei vereinbart gewesen, dass der von ihm geschuldete Vertrag ausschließlich mit künftigen Provisionen verrechnet werde.

Der Beklagte hat gemeint, das Arbeitsgericht sei für die Rechtssache zuständig. Nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit sei er als Arbeitnehmer anzusehen. Er hat hierzu behauptet, er sei im Innendienst mit der Buchhaltung, der Verwaltung des Kundenstamms, der Abwicklung des Schriftverkehrs und sonstigen täglichen Büroarbeiten betraut gewesen. Außerdem habe er für den Geschäftsführer der Klägerin sämtliche verwaltenden Tätigkeiten erledigt, die im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit als Präsident einer Karnevalsgesellschaft gestanden hätten, wie das Sammeln von Zeitungsberichten, Verfassen von Pressemitteilungen und Serienbriefen sowie das Updaten der karnevalistischen Internethomepage. Ferner sei der Beklagte mit der Abwicklung von sonstigen Vertragsvorgängen, wie z. B. Grundstückskaufverträgen, die von der Gesellschafterin der Klägerin und ihrem Geschäftsführer fortwährend betrieben worden seien, betraut gewesen.

Der Beklagte hat beantragt,

den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig zu erklären und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Münster zu verweisen.

Die Klägerin ist dem Antrag entgegengetreten. Sie hat die ordentliche Gerichtsbarkeit für zuständig gehalten. Soweit der Beklagte behaupte, er sei nur Büromitarbeiter der Klägerin gewesen, werde diese Behauptung durch seine eigenen Provisionsabrechnungen widerlegt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 11.09.2008 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt.

Für die Bestimmung des zulässigen Rechtsweges komme es allein auf den Vortrag der Klägerin an. Die Einwendungen des Beklagten seien unbeachtlich und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich. Nach dem Vortrag der Klägerin ergebe sich, dass das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsverhältnis bürgerlich-rechtlicher Natur sei. Die Klägerin begehre nach ihrem Vortrag die in ein Darlehen umgewandelte Rückzahlung von Provisionsvorschüssen; Anspruchsgrundlage sei § 488 BGB. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ergebe sich nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 4 lit. a ArbGG. Nach dem schlüssigen Sachvortrag der Klägerin habe der Beklagte nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, sondern als selbstständiger Handelsvertreter gehandelt. Dafür spreche sein Auftreten unter der Geschäftsbezeichnung "T Handelsvertretungen, Dienstleistungs-Service, Finanzdienstleistungen". Ferner habe der Beklagte die von ihm vermittelten Versicherungsgeschäfte für das Jahr 2005 selbstständig gegenüber der Klägerin abgerechnet und eine detaillierte Auflistung der provisionspflichtigen Geschäfte erstellt. Er sei nicht in die Buchhaltung und Verwaltungsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. Auch die Art der finanziellen Entlohnung durch erfolgsabhängige Provisionsleistungen und nicht durch eine fixe Vergütung lasse den Schluss auf die Eigenschaft als selbstständiger Handelsvertreter zu. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ergebe sich auch nicht aus §§ 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 92a Abs. 1 Satz 1 HGB. Es fehle an der Voraussetzung, dass der Beklagte vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfe oder ihm dies nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht möglich sei. Nach dem auch insoweit allein maßgeblichen Tatsachenvortrag der Klägerin seien solche Beschränkungen des Beklagten im vorliegenden Fall nicht gegeben. Vielmehr sei der Beklagte im Verkauf von Versicherungsverträgen "unter anderem" für die Klägerin tätig geworden, also auch für andere Unternehmen.

Dagegen richtet sich die zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten. Der Beklagte behauptet, er sei nicht nur "unter anderem" für die Klägerin tätig gewesen. Er sei vielmehr in einem Vollzeitarbeitsverhältnis mit der Klägerin so eingespannt und eingebunden gewesen, dass er keine anderen Handelsvertreterdienstleistungen habe erbringen können und nicht erbracht habe. Das sei im Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses schon unstreitig gewesen und hätte daher vom Landgericht berücksichtigt werden müssen.

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 11.09.2008 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig zu erklären und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Münster zu verweisen.

Dem Vortrag des Beklagten im Beschwerdeverfahren ist die Klägerin, - auch nach dem Hinweisbeschluss des Senats vom 09.07.2009 - nicht entgegengetreten.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

B.

Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der ordentliche Rechtsweg ist nicht eröffnet, da der Streitfall in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit fällt. Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ergibt sich schon aus §§ 2 Abs. 1 Nr. 3a; 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG, so dass dahinstehen kann, ob der Beklagte Arbeitnehmer oder selbständiger Handelsvertreter war.

Zwar ist für die Bestimmung des zulässigen Rechtswegs grundsätzlich alleine der Tatsachenvortrag des Klägers entscheidend. Auf den Vortrag des Beklagten kommt es in der Regel nur an wenn er unstreitig bleibt (I.). So liegt der Fall hier. Nach dem von der Klägerin nicht hinreichend bestrittenen tatsächlichen Vorbringen des Beklagten war er gering verdienender faktischer Einfirmenvertreter im Sinne von § 92a HGB i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG (II.).

I.

Der Entscheidung, ob für Streitigkeiten aus einem Handelsvertreterverhältnis nach § 92a HGB i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet ist, ist grundsätzlich nur der Tatsachenvortrag des Klägers zugrunde zu legen, auch wenn rechtswegbestimmende Tatsachen zwischen den Parteien streitig sind. Eine Beweisaufnahme über die streitigen Tatsachen zur Bestimmung des Rechtswegs findet nicht statt. Das gilt sowohl in den Fällen, in denen streitige Tatsachen für den Rechtsweg und die Begründetheit der Klage von Bedeutung sind (doppeltrelevante Tatsachen) (1.) als auch in den Fällen, in denen streitige Tatsachen ausschließlich für die Rechtswegentscheidung maßgeblich sind (einfachrelevante Tatsachen) (2.). Die Tatsachenbehauptungen des Beklagten sind allerdings dann entscheidend, wenn sie unstreitig bleiben (3.).

1.

a. Nach der ständigen und gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt der Grundsatz, dass Tatsachen, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit einer Klage erheblich sind (doppelrelevante Tatsachen), erst bei der Prüfung der Begründetheit festgestellt werden. Für die Begründung der Zulässigkeit reicht die einseitige Behauptung aller erforderlichen Tatsachen durch den Kläger aus. Damit wird eine Vereinfachung und beschleunigte endgültige Erledigung des Rechtsstreits erreicht. Der Kläger kann so zwar durch die bloße schlüssige Behauptung bestimmter Tatsachen die Zuständigkeit des von ihm angerufenen Gerichts begründen, er riskiert allerdings die endgültige Aberkennung des eingeklagten Anspruchs als unbegründet, wenn sich seine Behauptungen nicht als wahr feststellen lassen. Das ist sachgerecht. Würde die Klage nach der im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung durchgeführten Beweisaufnahme als unzulässig abgewiesen oder an das zuständige Gericht verwiesen, hätte der Kläger erneut die Möglichkeit, diesmal vor dem zuständigen Gericht die durch die bereits erfolgte Beweisaufnahme nicht festgestellte doppelrelevanten Tatsachen zu beweisen. Es ist nicht ersichtlich, warum dem Kläger diese Möglichkeit eröffnet werden soll. Dem Beklagten ist die Verfahrenskonzentration zuzumuten, da sie zu keinen ungerechtfertigten Nachteilen für ihn führt. Bestreitet er die doppelrelevanten Tatsachen zu Recht, erreicht er sofort ein klageabweisendes Sachurteil. Bestreitet er sie zu Unrecht, erleidet er keinen ungerechtfertigten Nachteil, wenn das Gericht zugleich die Zulässigkeit und die Begründetheit der Klage gegen ihn ausspricht. In jedem Fall bleibt in einem streitigen Verfahren gewährleistet, dass die Richtigkeit bestrittener Tatsachen gerichtlich festgestellt werden muss (BGHZ 124, 237 m. w. N.). Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG NJW 1996, 2948, m. w. N.). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

b. Diese Grundsätze gelten auch für die Entscheidung über den Rechtsweg nach Maßgabe der § 92a HGB § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG. Auch hierbei können Tatsachen sowohl für die Entscheidung über den Rechtsweg als auch für die Begründetheit der Klage von Bedeutung sein. Das ist z. B. der Fall, wenn die Parteien in der Sache über die Höhe der von einem Einfirmenvertreter im Sinne von § 92a HGB verdienten Provisionen streiten und dabei gleichzeitig im Streit ist, ob die in § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG festgelegte Vergütungsgrenze überschritten ist oder nicht. Auch dann kommt es für die Bestimmung des Rechtswegs grundsätzlich nur auf den klägerischen Vortrag an (BGH NJW 1964, 497).

2.

Die Frage, auf welcher Tatsachengrundlage die Rechtswegzuständigkeit zu beurteilen ist, wenn die streitigen zuständigkeitsbegründenden Tatsachen für die Begründetheit der Klage nicht von Bedeutung sind, wird in der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.

a. Zum Teil wird eine Beweisaufnahme für erforderlich gehalten. Es sei unzulässig, alleine auf das schlüssige klägerische Vorbringen abzustellen, da die gesetzliche Zuständigkeitsordnung nicht zur Disposition des Klägers stehe (KG NJW-RR 2001, 1509; BAG NJW 1994, 1172; NJW 1994, 604). Auch die Respektierung der Nachbargerichtsbarkeiten erfordere eine Prüfung der Rechtswegzuständigkeit in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Andernfalls könnte sich eine Partei gegen den Willen der anderen eine ihr nicht zukommende sachliche Zuständigkeit verschaffen. Die wirklich bestehende Rechstwegzuständigkeit sei aber Voraussetzung für ein Sachurteil (BAG NJW 1994, 1172; NJW 1994, 604). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG NJW 2007, 1227; NZA 2001, 285; NZA 2001, 341; NJW 1997, 542; NJW 1997, 1722; NJW 1996, 2948; NJW 1995, 675).

Auch der Sinn und Zweck der Rechtswegbestimmung in § 92a HGB, § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG sprechen für das Erfordernis einer Beweisaufnahme. Ihre Bedeutung besteht darin, gering verdienende Einfirmenvertreter im Sinne dieser Vorschriften den Arbeitnehmern prozessual gleichzustellen. Eine Anwendung von materiellem Arbeitsrecht ist damit nicht verbunden. Ihnen sollen die prozessualen Erleichterungen des ArbGG zugute kommen, wie die Möglichkeit, den Rechtsstreit vor den Arbeitsgerichten unabhängig vom Streitwert selbst führen zu können (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) sowie die geringe Belastung mit Kosten im Falle des Unterliegens nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG (BAG, MDR 2003, 668). Dieser Schutzgedanke spricht dafür, die Frage der Rechtswegzuständigkeit im Streitfall gegebenenfalls durch eine Beweisaufnahme zu klären.

Die Beweislast soll bei der Partei liegen, die sich auf die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte beruft (KG NJW-RR 2001, 1509; BAG NJW 1994, 604; LAG Köln NZA-RR 2002, 156; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Löwisch, HGB, 2. Aufl. 2008, § 92a Rdnr. 2).

b. Der Senat vertritt allerdings die Auffassung, dass eine Beweisaufnahme nicht statthaft ist. Dafür sprechen durchgreifend folgende Argumente.

Schon der rechtliche Umstand, dass alleine der Kläger den Streitgegenstand bestimmt, spricht dafür, zur Bestimmung des zulässigen Rechtwegs grundsätzlich auf seinen Tatsachenvortrag abzustellen (OLG Bremen OLGR 2008, 834; OLG Celle OLGR 2008, 177; OLG Dresden NZA-RR 2005, 215; OLG Köln NJW 1997, 470). Der Möglichkeit des Klägers, durch einseitigen möglicherweise unrichtigen oder unvollständigen Tatsachenvortrag die Zuständigkeit des einen oder anderen Gerichts zu bestimmen, kann wirksam begegnet werden, indem offensichtlich nicht gegebene Anspruchsgrundlagen bei der Beurteilung der Rechtswegfrage außer Betracht bleiben und willkürlicher, rechtsmissbräuchlicher Sachvortrag ausgeschieden wird (OLGR Bremen 2008, 834; OLG Dresden NZA-RR 2005, 215).

Es widerspräche dem Normzweck des § 17a GVG, wonach Entscheidungen über Rechtswegstreitigkeiten der Vereinfachung und Beschleunigung bedürfen, alleine zur Bestimmung des zulässigen Rechtswegs möglicherweise aufwändig Beweis über Tatsachen zu erheben, die dann für das weitere Verfahren nicht mehr von Bedeutung sind (OLGR Bremen 2008, 834). Nur der Verzicht auf eine Beweisaufnahme führt zu einer möglichst zügigen Sachentscheidung und trägt damit dem Anliegen der Prozessökonomie Rechnung (Kluth NJW 1999, 342). Außerdem wird nur diese Lösung dem Verfassungsprinzip der Gleichwertigkeit aller Gerichtsbarkeiten gerecht (Kissel/Mayer, GVG, 5. Aufl. 2008, § 17 Rdnr. 52).

Im Ergebnis entspricht das der deutlich überwiegend in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (ohne eingehende Begründung: OLG Köln OLGR 2007, 758; OLG Karlsruhe OLGR 2006, 803; OLG Düsseldorf OLGR 2005, 540; OLG Schleswig OLGR 1999, 269; für die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Streitigkeiten: GmS-OGB NJW 1988, 2295; NJW 1990, 1527; BHG NVwZ 2006, 243; NJW 1998, 2743; für die Abgrenzung zwischen arbeitsrechtlichen und zivilrechtlichen Streitigkeiten: Rheinschifffahrtsobergericht Karlsruhe VersR 2004, 885).

3.

Entscheidend für die Bestimmung des Rechtswegs sind nach den oben festgelegten Grundsätzen zunächst alleine die Tatsachenbehauptungen des Klägers. Das Vorbringen des Beklagten ist allerdings dann zu berücksichtigen, wenn es unstreitig bleibt (Kissel/Mayer, GVG, 5. Aufl. 2008, § 17 Rdnr. 17) oder vom Kläger unter Berücksichtigung der Erklärungslast im Einzelfall nur unzureichend bestritten wird. Maßgeblich sind in jedem Fall nur die tatsächlichen Behauptungen der Parteien. Auf ihre rechtlichen Einschätzungen kommt es nicht an, selbst wenn sie übereinstimmen, denn die rechtliche Beurteilung ist alleine Sache des Gerichts (Kissel/Mayer, GVG, 5. Aufl. 2008, § 17 Rdnr. 17).

II.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben, da von den tatsächlichen Voraussetzungen der § 92a HGB i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG auszugehen ist.

1.

Der Beklagte ist nach seinem unstreitig gebliebenen Vortrag, der nach den oben dargelegten Grundsätzen hier zu beachten ist, faktischer Einfirmenvertreter im Sinne von § 92a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz 2. Alt. HGB.

Zwar war es dem Beklagten vertraglich nicht untersagt, für weitere Unternehmen tätig zu werden. Aus dem von beiden Prozessparteien unterschriebenen Schreiben vom 21.03.2007 (Bl. 35 GA), dessen Inhalt unstreitig auch vertragliche Grundlagen der Zusammenarbeit enthält, ergibt sich, dass der Beklagte nur "unter anderem" für die Klägerin tätig war. Dafür, dass ihm eine anderweitige Handelsvertretertätigkeit gestattet war, spricht auch sein aus dem Schreiben vom 31.01.2006 (Bl. 27 GA) ersichtlicher Briefkopf, wonach er mit seiner Geschäftstätigkeit wirbt und "Handelsvertretungen, Dienstleistungsservice und Finanzberatung" anbietet.

Ein Handelsvertreter ist aber auch dann Einfirmenvertreter, wenn er zwar vertraglich für andere Unternehmer tätig werden darf, ihm das aber nach Art und Umfang der von ihm abverlangten Tätigkeit tatsächlich nicht möglich ist. Das war nach dem als unstreitig zu behandelnden und damit für die Bestimmung des Rechtswegs entscheidenden Vortrag des Beklagten der Fall.

Die Klägerin hat zu Art und Umfang der vertraglich vom Beklagten geschuldeten Tätigkeit keine Angaben gemacht. Der Beklagte hingegen hat bereits in der Klageerwiderung vom 09.06.2008, dort S. 1 f. (Bl. 16 f. GA), sowie im Schriftsatz vom 03.07.2008, dort S. 2 f. (Bl. 55 f. GA), ausführlich vorgetragen, dass er nicht nur verpflichtet war, für die Klägerin als Handelvertreter Verträge zu vermitteln, sondern auch mit umfangreichen Büro- und Verwaltungstätigkeiten für die Klägerin und deren Geschäftsführer betraut war. Das hat die Klägerin nicht hinreichend bestritten, sie hat lediglich pauschal in Abrede gestellt, dass der Beklagte "nur Büromitarbeiter" gewesen sei (Schriftsatz vom 17.06.2008, S. 2; Bl. 24 GA).

In der Beschwerdeschrift vom 22.09.2008, dort Seite 4 (Bl. 86 GA), hat der Beklagte sodann erstmals ausdrücklich behauptet, wegen der vorgenannten Tätigkeiten bei der Klägerin so eingespannt und eingebunden gewesen zu sein, dass er keine anderen Handelsvertreterdienstleistungen mehr erbringen konnte. Damit hat er die Voraussetzungen für seine Einordnung als faktischen Einfirmenvertreter erstmals schlüssig dargelegt. Dieses neue tatsächliche Vorbringen ist im Beschwerdeverfahren auch nicht verspätet und daher zu beachten (§ 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dem Vortrag ist die Klägerin nicht mehr entgegengetreten, obwohl die Parteien mit Hinweisbeschluss des Senats vom 09.07.2009 (Bl. 104 GA) auf die Bedeutung dieses Sachvortrags hingewiesen wurden und ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten.

Somit ist unstreitig, dass der Beklagte Einfirmenvertreter im Sinne von § 92a HGB war.

2.

Unstreitig ist ferner, dass der Beklagte während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro an Vergütung einschließlich Provisionen und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen hat. Das Vertragsverhältnis endete Ende 2007. Die letzten sechs Monate bezog der Beklagte unstreitig keinerlei Provisionen und keinen Aufwendungsersatz.

3.

Mit der hier eingeklagten Darlehensforderung verlangt die Klägerin an den Beklagten ausgezahlte Provisionsvorschüsse zurück. Es handelt sich somit um eine Streitigkeit aus dem Handelsvertreterverhältnis, für die in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig ist (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht-Koch, 9. Aufl. 2009, § 2 ArbGG Rdnr. 18; Senat, Beschluss vom 04.07.2005 - 18 W 25/05 - ).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Über die Kosten der sofortigen Beschwerde im Vorabverfahren über die Zulässigkeit des Rechtsweges nach § 17 a Abs. 4 GVG ist nach §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden (BGH NJW 1993, 2541; OLG Düsseldorf OLGR 2005, 540; OLG Köln OLGR 1999, 145; KG NJW 1994, 2701; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, § 17b GVG Rdnr. 6; Zöller-Lückemann, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 17 b GVG Rdnr. 4; MünchKommZPO-Zimmermann, 3. Aufl. 2008, § 17b GVG Rdnr. 10). Den Beschwerdewert hat der Senat auf etwa ein Drittel des Hauptsachestreitwertes geschätzt.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG nicht vorliegen. Der Senat beurteilt die Zulässigkeit des Rechtswegs allein auf der Grundlage unstreitiger Tatsachen.

Ende der Entscheidung

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