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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.04.2005
Aktenzeichen: 19 U 113/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StGB


Vorschriften:

ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 531
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
StGB § 263 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.07.2004 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.663,36 € nebst 4 % Zinsen seit dem 02.05.2003 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Der Kläger trägt in der Berufung vor, es bestehe ein Anspruch aus dem Rechtsinstitut des Verschuldens bei Vertragsschluss. Das Landgericht habe verkannt, dass der Beklagte eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärungen angeboten habe. Dazu habe es die Aussage des Zeugen V unzutreffend gewürdigt. Der Zeuge V sei nämlich davon ausgegangen, dass der Beklagte selbst der Inhaber der Firma I sei, sodass es ihm egal gewesen sei, ob der Beklagte die Rechnungen aus dem Firmenvermögen oder aus seinem Privatvermögen bezahle. Auch habe der Beklagte aus dem Geschäftsabschluss einen eigenen wirtschaftlichen Nutzen erstrebt. Faktisch sei er Inhaber der Firma I gewesen. Das Landgericht habe nicht gewürdigt, dass die Zeugin W fachlich nicht in der Lage gewesen sei, einen Holzhandel zu führen. Schon zu Zeiten der "Zimmerei K" seien die Zeugin und der Beklagte Lebensgefährten gewesen. Das Landgericht sei den diesbezüglichen Beweisantritten nicht nachgegangen. Es bestehe auch ein Anspruch aus § 826 BGB. Bei zutreffender Würdigung der erhobenen Beweise und einer gegebenenfalls noch durchzuführenden weiteren Beweisaufnahme hätte das Landgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass der Beklagte den Zeugen V vorsätzlich über die Zahlungsfähigkeit der Firma I getäuscht habe. Es sei schlicht unmöglich, dass der Beklagte von der eidesstattlichen Versicherung der Zeugin W im Herbst 2000 nichts gewusst habe. Die Aussagen der Zeugin W vor dem Landgericht stünden auch im Widerspruch zu ihren Aussagen in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wegen anderer Vorwürfe. Auch ansonsten habe sich die Zeugin widersprüchlich und unglaubhaft verhalten. Dass der Beklagte vollumfänglich über die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse der Firma I informiert gewesen sei, zeige sich auch daran, dass ihm die Bestellungen des Holzes allein oblagen und er bewusst die Lieferanten wechselte, wenn eine Liefersperre gegen die Firma I verhängt worden war. Der Vortrag des Beklagten sei widersprüchlich, z.B. in Bezug auf den Zeitpunkt, zu dem er genauere Kenntnis über das Geschäftsgebaren der Zeugin W erhalten habe. Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 15.663,36 € nebst 4 % Zinsen seit dem 2.05.2003 zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er trägt vor, die Beweiswürdigung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden. Die Insolvenzschuldnerin habe bei den unbezahlt gebliebenen Rechnungen bewusst auf Kredit und nicht gegen Vorkasse geliefert. Das sei das Geschäftsrisiko eines jeden Kaufmannes, der gegen Rechnung liefert. Darauf, ob der Zeuge V gewusst habe, dass der Beklagte nicht Inhaber der Firma I war, komme es nicht an, weil es sich eindeutig um ein unternehmensbezogenes Geschäft gehandelt habe. Der Beklagte sei auch nicht faktischer Inhaber der Firma I gewesen, eben so wenig wie bei der Zimmerei K. Das sei eine GmbH gewesen, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Sohn S des Beklagten gewesen sei, der gelernter Zimmermann sei. Von dem Insolvenzverwalter dieser Zimmerei K GmbH habe die Zeugin W Maschinen erworben und damit die Firma I gegründet. Auch sei die Zeugin durch die gerichtlichen Maßnahmen wegen Nichtabführung von Steuern und Sozialabgaben in Anspruch genommen worden, nicht der Beklagte. Gerade die Steuerbehörden pflegten nicht auf den formalen Sachverhalt, sondern auf die konkrete wirtschaftliche Gestaltung abzustellen. Der Beklagte habe auch nichts von der aussichtslosen finanziellen Situation der Firma gewusst. Es habe vielmehr die begründete Hoffnung bestanden, dass aus drei Bauobjekten Zahlungen eingehen würden. Dazu sei es wider Erwarten dann nicht gekommen, so dass die Zeugin die Firma I im Januar/Februar 2001 geschlossen habe. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen V. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zur Senatssitzung vom 15.03.2005 verwiesen. II. Die Berufung hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung des tenorierten Betrages aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 StGB gegen den Beklagten. 1. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch aufgrund vertraglicher Rechtsbeziehungen zum Beklagten. 1.1. Mit dem Beklagen persönlich wurde kein Vertrag irgend einer Art geschlossen. Die Kaufverträge über die Holzlieferungen selbst sind unternehmensbezogene Geschäfte, die mit der Inhaberin der Firma I, der Zeugin K zustande gekommen sind. Zwar hat sich der Zeuge V als Vertreter der Insolvenzschuldnerin über die Person des Geschäftsinhabers geirrt, in dem er den Beklagten dafür hielt. In einem solchen Fall kommt das Geschäft aber mit dem wahren Betriebsinhaber zustande (s.d. BGH NJW 1996, 1054). Irgend einen Vertrag neben diesen Kaufverträgen mit dem Beklagten persönlich - etwa im Sinne einer Garantie oder Bürgschaft o.ä. - wollte auch der Zeuge V als Vertreter der Insolvenzschuldnerin nicht schließen. 1.2. Der Beklagte haftet auch nicht aus Verschulden bei Vertragsschluss. Weder die Fallgruppe des eigenen wirtschaftlichen Interesses, noch die der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens durch den beim Vertragsschluss handelnden Vertreter des Unternehmens sind hier gegeben. 1.2.1. Für das eigene wirtschaftliche Interesse ist ein nur mittelbares Interesse zur Begründung der Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht ausreichend. Die Eigenhaftung tritt nur ein, wenn der Vertreter wirtschaftlich betrachtet gleichsam in eigener Sache handelt, also "Quasi-Partei" ist (Palandt/Heinrichs 61.A. § 276 Rn 92; 64.A. § 311 Rn 60 ff.). Es ist auch nicht ausreichend, dass der Handelnde Ehegatte des Vertretenen ist (Palandt/Heinrichs 61.A. § 276 Rn 94). Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Beklagte nicht der faktische Inhaber der Firma I. An die Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts ist das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gebunden. Weder der erstinstanzliche Vortrag, noch der Berufungsvortrag - soweit er gemäß § 531 ZPO zulässig ist - begründen konkrete Zweifel des Senates an den diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts. Notwendig wäre, dass die Zeugin K lediglich Strohfrau für den Beklagten gewesen wäre. Das lässt sich jedoch schon auf Grund der Tatsache, dass sie in der Firma tätig war und Entscheidungen für sie gefällt hat, nicht feststellen. Dass sie nicht einen Beruf als Kauffrau im Holzhandel oder Baugewerbe gelernt hat, steht dem in keiner Weise entgegen. Für die Inhaberschaft an einem Betrieb ist es nicht Voraussetzung, genau den entsprechenden Beruf gelernt zu haben. 1.2.2. Die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens durch den Handelnden ist nur zu bejahen, wenn dieser eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende, besondere persönliche Gewähr für die Seriösität und die Erfüllung des Vertrages übernommen hat (Palandt/Heinrichs a.a.O. Rn 95). Grund für diese Haftung ist, dass der Vertragsschluss maßgeblich darauf beruht, dass beim Vertragspartner irgendwelche Bedenken gegen den Vertragsschluss oder den eigentlichen anderen Vertragspartner zerstreut wurden, weil der Verhandlungspartner besonderes Vertrauen in seine Person eingebracht hat, was der Vertragspartner zusätzlich und neben dem Vertrauen in den eigentlichen Vertragspartner in Anspruch nimmt. Der für die Insolvenzschuldnerin handelnde Zeuge V hat zwar stets den Bekundungen des Beklagten Glauben geschenkt, dass die Rechnungen bezahlt werden würden, dabei aber immer geglaubt, es mit dem Firmeninhaber zu tun zu haben. Das heißt, er hat an die Solvenz der Einzelfirma, für die deren Inhaber persönlich haftet, geglaubt. Er hat nie angenommen, neben der Firma bzw. deren Inhaber mit einem davon zu unterscheidenden Vertreter verhandelt zu haben und zu diesem ein besonderes Vertrauen gehabt zu haben. Auch für die Haftung aus Verschulden bei Vertragschluss gilt bei unternehmensbezogenen Geschäften, dass das Verhalten des Handelnden im Zweifel dem Unternehmen zuzurechnen ist (s.d. BGH NJW-RR 1998, 1342). 1.3. Auch eine Haftung des Beklagten unter Rechtscheinsgesichtspunkten, weil er gegenüber der Insolvenzschuldnerin wie ein Mitinhaber der Firma I aufgetreten ist (s.d. OLG Koblenz NJW-RR 2002, 845; Palandt/Heinrichs 64.A. § 164 Rn 2), greift nicht ein. Die Rechtscheinshaftung in diesen Fällen kann nicht weiter gehen, als die Haftung ginge, wenn der Rechtschein der wirklichen Rechtslage entspräche (BGH NJW 1998, 2897 m.w.Nw.). Deshalb ist deren Folge nicht, dass der Vertragspartner mit dem Handelnden einen weiteren unbeschränkt Haftenden bekommt, mit dem er gar nicht gerechnet hatte und rechnen durfte (OLG Koblenz NJW-RR 2004, 345). Der Zeuge V hat geglaubt, mit dem Inhaber einer Einzelfirma zu kontraktieren. Das heißt, er hat nicht geglaubt, dass der Beklagte ein Mitinhaber von mehreren sei. Vielmehr hat er an einen unbeschränkt Haftenden geglaubt, sich lediglich in der Person des Firmeninhabers geirrt. Die Rechtscheinshaftung kann deshalb nicht dazu führen, dass die Insolvenzschuldnerin neben der wirklichen Inhaberin der Firma I einen weiteren unbeschränkt auf vertraglicher Grundlage Haftenden, nämlich den Beklagten, bekommt. 2. Der Beklagte haftet allerdings aus unerlaubter Handlung, § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 StGB, weil er bei den Vertragsschlüssen über die Holzkäufe einen Betrug zugunsten der Firma I begangen hat. 2.1. Die Täuschungshandlung des Beklagten liegt darin, dass er beim Abschluss der beiden Holzkaufverträge den Vertreter der Verkäuferin über den Zahlungswillen der Firma I getäuscht hat. Der Beklagte kaufte auf Rechnung, weil eine Vorkasse oder auch Zug-um-Zug - Bezahlung bei Lieferung der Firma I mangels liquider Mittel nicht möglich war. Die Erteilung einer Rechnung sollte den Zahlungszeitpunkt hinausschieben. Allerdings war die Hoffnung des Beklagten, die Firma I werde Zahlungseingänge haben, so dass die Rechnungen bezahlt werden könnten, ohne realistische Grundlage, was der Beklagte auch wußte. Die Täuschungshandlung des Beklagten liegt zwar nicht darin, dass er über die aktuelle Zahlungsfähigkeit der Firma I zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses getäuscht hätte. Bei einem Kreditgeschäft, z.B. dem Ankauf von Waren ohne Zug-um-Zug Zahlung, kann es für eine Täuschung nicht auf die aktuelle Zahlungsfähigkeit ankommen, denn die Kreditierung beruht ja gerade darauf, dass gegenwärtig keine Liquidität gegeben ist (s.d. Schönke/Schröder/Cramer § 263 Rn 25). Beim Betrug erfüllt aber nur die Täuschung über gegenwärtige oder vergangene Tatsachen den Tatbestand (BGH MDR/Dallinger 1973, 18). Allerdings ist die Absicht, etwas in der Zukunft zu tun (z.B. eine Schuld zu bezahlen) schon eine gegenwärtige Tatsache (RGSt 66, 58). Bei einem Kreditgeschäft spiegelt der Täter bei Vertragsschluss Erfüllungswilligkeit vor, wenn er in Wirklichkeit damit rechnet, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse eine künftige Erfüllungsfähigkeit nicht erwarten lassen (BGH Urteil vom 4.11.1980, 1 StR 470/80). Eine Täuschung liegt daher vor, wenn der Täter trotz begründeter Zweifel an der künftigen Leistungsfähigkeit ohne Einschränkung die spätere Leistung verspricht, weil es ihm dann gegenwärtig an dem notwendigen Zahlungswillen fehlt (Schönke/Schröder/Cramer § 263 Rn 27 m.w.Nw.). Mangelnder Zahlungswille liegt vor, wenn dem Täter die spätere Leistung unmöglich erscheint, da man Unmögliches nicht wollen kann (BGH GA 1965, 208). Dazu reicht sicher nicht jede Unsicherheit über die künftige finanzielle Entwicklung aus, jedoch ist die bloße, aber unbegründete Hoffnung, zahlen zu können, für die Tatbestandserfüllung ausreichend (BGH JZ 1952, 282). Es kommt letztlich darauf an, mit welcher Sicherheit der Kreditkäufer den Geldeingang, der die Zahlung ermöglicht, erwarten konnte (BGH StV 1985, 188). Der Beklagte räumt selbst ein, bei den beiden Telefonaten, die zu den streitgegenständlichen Holzkäufen geführt haben, gegenüber dem Zeugen V möglicherweise erklärt zu haben, die Firma habe Geld, die Rechnungen bezahlen zu können. Der Zeuge V hat glaubhaft erklärt, der Beklagte habe bei der zweiten und dritten Holzbestellung nicht mehr Vorkasse leisten wollen, sondern erklärt, der Zeuge habe doch beim ersten Geschäft gesehen, dass er Geld habe. Der Zeuge hatte das so verstanden, dass die Firma des Beklagten die Rechnungen haben wollte, um etwas Zeit zu gewinnen, jedoch die Zahlung in jedem Fall sicher sei. Die Firma hatte aber keine liquiden Mittel mehr, war ganz erheblich überschuldet und selbst die Hoffnung auf Zahlungseingänge wegen laufender Bauvorhaben war sehr gering. Im gesamten Jahr 2000 stellte die Firma I Forderungen in Rechnung über insgesamt 51.177,87 DM (Beiakte 56 Js 169/01 Bl. 76), wobei jeweils eine Rechnung im Januar, Februar, März und Mai gestellt worden war. Den Hauptanteil machte dabei eine Rechnung vom 21.01.2000 an die Eheleute H über 24.000 DM aus. Dennoch war die Firma I vor dem ersten streitgegenständlichen Kaufvertrag vom 20.10.2000 nicht mehr in der Lage, Lieferantenrechnungen und Benzinrechnungen zu begleichen. Es standen Holzrechnungen bei der Firma B in Höhe von 17.715,58 DM offen, wegen denen die Zeugin K am 19.04.2000 die eidesstattliche Versicherung abgab (Bl. 54). Wenn die Inhaberin der Einzelfirma die eidesstattliche Versicherung abgibt, ist spätestens ab diesem Zeitpunkt objektiv festzustellen, dass die Firma überschuldet ist. Weiter waren von Februar bis Mai Benzinrechnungen aufgelaufen in Höhe von 4.313,29 DM. Der entsprechende Mahnbescheid wurde am 27.09.2000 zugestellt (Beiakte 51 Js 211/03 Bl. 12). Mitte des Jahres 2000 verhängte die Firma T wegen unbezahlter Rechnungen eine Liefersperre gegen die Firma I (Bl. 83). Seit Aufnahme ihrer gewerblichen Tätigkeit führte die Firma I keine Sozialabgaben für die Angestellten ab (Bl. 190, Beiakte 56 Js 169/01), was sich laut Strafbefehl vom 10.12.2001 gegen die Zeugin K auf insgesamt 275.863,80 DM summierte. Ebenfalls seit Beginn der gewerblichen Tätigkeit bis zum Jahre 2000 führte die Firma I Umsatzsteuer und Einkommenssteuer in der Gesamthöhe von 90.835 DM nicht ab (Beiakte 32 Js 307/04 Bl. 50, 55). Seit dem 1.05.2000 ging die Zeugin K einer weiteren Erwerbstätigkeit als Altenpflegehelferin mit einem Durchschnittsverdienst von etwa 600 DM im Monat nach (Beiakte 56 Js 169/01 Bl. 39), was sicherlich nur möglich war, wenn die von der Zeugin als Firmeninhaberin ausgeführte Bürotätigkeit für die Firma I ihr die Zeit dazu ließ und/oder die finanzielle Notwendigkeit für anderweitige Einnahmen bestand. Diese desolate finanzielle Situation der Firma I war dem Beklagten auch bekannt. Der Senat glaubt dem Beklagten seine gegenteilige Einlassung nicht, vielmehr ist seine Kenntnis festzustellen. Er wusste nach eigener Einlassung, dass die Zeugin K eine anderweitige Arbeit angenommen hatte. Weiter wusste er als die einzige Person, die Materialbestellungen vornahm davon, dass von bestimmten Firmen keine Bestellungen mehr entgegen genommen wurden. Dabei ist davon auszugehen, dass ihm bei Versuchen, bei den bisherigen Lieferanten zu bestellen auch erklärt wurde, dass weitere Lieferungen deshalb nicht erfolgten, weil vorherige nicht bezahlt worden waren. Alles andere wäre absolut lebensfremd. Insbesondere wusste der Beklagte, dass die Firma I nicht einmal mehr in der Lage war, die seit Februar 2000 aufgelaufenen Tankrechnungen in einer Gesamthöhe bis Mai von 4.313,29 DM zu bezahlen. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte nach eigener Einlassung den Tankwart aufgesucht und um Zahlungsaufschub gebeten. Die Zeugin K hat in ihrer staatsanwaltlichen Beschuldigtenvernehmung in dem Verfahren 51 Js 211/03 (Bl. 33) erklärt, dass der Beklagte den Tankwart im Februar oder Mai 2000 über die finanzielle Situation der Firma aufgeklärt habe. Diese Aussage ist von der Zeugin auch erstinstanzlich bestätigt worden, wobei sie lediglich die zeitlichen Abläufe nicht mehr wusste. Das heißt aber, dass der Beklagte spätestens im Mai 2000 auch wusste, dass die Firma I nicht einmal mehr 4.313,29 DM zahlen konnte. Eine mögliche Hoffnung des Beklagten bei Abschluss der streitgegenständlichen Holzkäufe, die Firma I werde Einnahmen erzielen, aus denen die Lieferungen bezahlt werden würden, war offensichtlich völlig unbegründet. Die Angaben der Zeugin und des Beklagten, dass es sich lediglich um einen vorübergehenden finanziellen Engpass gehandelt habe bzw. dass sie das geglaubt hätten, weil das Bauvorhaben H noch nicht bezahlt worden war, sind nicht glaubhaft. Zum Einen waren für das Bauvorhaben H bereits am 13.12.1999 und am 21.01.2000 Rechnungen über insgesamt 48.882 DM gestellt worden. Bis zur ersten streitgegenständlichen Holzbestellung waren demnach neun Monate vergangen, in denen nichts gezahlt worden war. Zum Anderen ist auch in keiner Weise vorgetragen oder ersichtlich, aus welchem Grunde die Firma I noch mit einer Zahlung würde rechnen dürfen oder welche Anstrengungen sie unternahm, die Forderung einzutreiben. Das selbe gilt für die weiteren drei Rechnungen vom 4.02., 08.03. und 17.05.2000 bezüglich anderer Bauvorhaben über insgesamt 27.177,87 DM. Weitere Rechnungen sind im Jahre 2000 gar nicht gestellt worden. Auch der Beklagte wusste zumindest an Hand der durchgeführten Bauvorhaben, dass weitere Werklohnforderungen gar nicht entstanden waren. Die dem Beklagten bekannte desolate finanzielle Situation begründete auch keine berechtigte Hoffnung darauf, dass aus den Bauvorhaben, die mit dem bestellten Holz ausgeführt werden sollten, ausreichende Geldmittel erlangt werden würden und insbesondere, dass die Firma I dann gerade die Holzlieferungen der Insolvenzschuldnerin bezahlen werde. Das zeigt sich u.a. daran, dass mehrere Holzlieferanten offene Forderungen gegen die Firma I hatten, die nicht beglichen worden waren, was der Beklagte wusste. Er konnte deshalb überhaupt nicht davon ausgehen, dass die Firma I willig ist, diese Holzbestellungen, im Gegensatz zu den vorherigen, zu bezahlen. Im Übrigen ist festzustellen, dass der Beklagte in der Firma I nicht lediglich ein über die kaufmännischen Angelegenheiten völlig uninformierter Angestellter war. Er war zwar nicht der Inhaber der Firma, aber er war eine auch die geschäftlichen Belange wesentlich mitbestimmende Person, die über sämtliche geschäftlichen Vorgänge und die gesamte finanzielle Situation jederzeit informiert war. Er war der einzige, der in der Firma langjährige Erfahrung im Holzbaugewerbe hatte. Nachdem seine eigene (Einzel-)Firma in Konkurs gegangen war, hat zwar sein Sohn gemeinsam mit einer damaligen Freundin eine GmbH auf dem selben gewerblichen Sektor gegründet. Aber auch hier war der Beklagte als Angestellter tätig und wohl auch die bestimmende Person. Sein Sohn war bei Gründung gerade 21 Jahre alt. Nachdem diese GmbH wiederum in Konkurs gegangen war, meldete die damalige Büroangestellte, die Zeugin K, das Gewerbe an. Der Sohn des Beklagten war nach dessen Aussage vom 7.11.2000 in dem Ermittlungsverfahren 56 Js 169/01 (Bl. 4) erst seit diesem Tage für die Firma I tätig. Auch in der Firma I war der Beklagte angestellt und vollumfänglich über die geschäftlichen Vorgänge informiert. Nach eigener Erklärung des Beklagten war er es, der bei der Firma I die Preise kalkulierte. Zwar stellte die Zeugin K die Angebote aus Preislisten zusammen, diese Preise und jede Leistung, die nicht in der Standartliste aufgeführt war, kalkulierte jedoch der Beklagte. Der Beklagte führte auch Angebotsverhandlungen mit möglichen Kunden. Er war es allein, der die Materialbestellungen vornahm. Insgesamt trat er nach außen so auf, als sei er allein der Inhaber der Firma I. Letzteres ergibt sich aus der Aussage des Zeugen V, der bei mehrfachen geschäftlichen Kontakten stets den Eindruck hatte, es mit dem Inhaber der Firma zu tun zu haben. Auch ergibt sich aus der Beschuldigtenvernehmung der Zeugin K in dem Betrugsverfahren wegen der Tankrechnungen (51 Js 211/03 Bl. 33) nicht, dass diese den Beklagten überhaupt hätte über die finanzielle Situation der Firma informieren müssen, bevor er selbst den Tankwart informiert hat. Die Zeugin hat dort nicht einmal ausgesagt, dass sie den Beklagten gebeten habe, mit dem Tankwart zu sprechen. Die diesbezüglich anders lautende Darstellung der Zeugin in ihrer erstinstanzlichen Vernehmung ist insoweit nicht glaubhaft. Der Gesamtzusammenhang der festzustellenden Geschehnisse zeigt vielmehr, dass die Angaben in ihrer Beschuldigtenvernehmung wesentlich stimmiger sind. Erstinstanzlich hat die Zeugin jedenfalls auch bekundet, dass sie mit dem Beklagten über ihr Geschäft geredet habe und "alles Hand in Hand" gelaufen sei. Damit hing die Zahlung der streitgegenständlichen Rechnungen aber nicht nur von der Zahlungswilligkeit der Zeugin K als Firmeninhaberin ab, sondern maßgeblich auch von dem Zahlungswillen des Beklagten selbst. Aus den oben ausgeführten Gründen ist jedoch festzustellen, dass der Beklagte selbst auch nicht willig war, die Kaufpreisverpflichtung der Firma I aus den streitgegenständlichen Holzkäufen zu erfüllen. 2.2. Über die Zahlungswilligkeit der Firma I hat sich der Zeuge V als Vertreter der Insolvenzschuldnern geirrt und daraufhin den Kaufvertrag mit der Lieferverpflichtung geschlossen. Aufgrund dieser Lieferverpflichtung ohne werthaltige Kaufpreisforderung hat die Insolvenzschuldnerin einen Vermögensschaden in Höhe der Kaufpreisforderungen von insgesamt 15.663,36 € erlitten, der Stoffgleich ist mit dem rechtswidrigen Vermögensvorteil der Firma I. 2.3. Der Beklagte hat die Handlungen auch vorsätzlich begangen und in der Absicht die Firma I zu bereichern. Ihm war bewusst, dass wegen seiner Täuschung über die Zahlungswilligkeit sich der Zeuge V diesbezüglich irrte und er nur deswegen die Verkäufe ohne Vorkasse tätigte. Er wusste auch, dass die Firma I einen rechtswidrigen Vermögensvorteil daraus erzielte. Es kam dem Beklagten auch darauf an, für die Firma I diesen Vermögensvorteil zu erlangen, denn es war gerade Sinn des Vertrages, dass das bestellte Holz geliefert wird. 3. Ein Zahlungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten beruht jedoch nicht auf § 826 BGB. Hierzu ist nicht allein ein Verstoß gegen vertragliche oder gesetzliche Pflichten ausreichend, hinzutreten muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens (Palandt/Sprau § 826 Rn 2 und 55). Eine solche, über den Vertrags- oder Gesetzesverstoß hinausgehende Verwerflichkeit kann u.a. vorliegen, wenn der Täter seinem Gegenüber planmäßig Schaden zufügen will oder grob leichtfertig und gewissenlos handelt (s.d. Palandt/Sprau § 826 Rn 3 ff.). Das ist hier jedoch nicht festzustellen. Der Zweck der Handlungen des Beklagten war es nicht, der Insolvenzschuldnerin einen Schaden zuzufügen. Es ging ihm nicht um die Insolvenzschuldnerin, sondern um die Firma I, deren gewerbliche Tätigkeit er fortführen wollte, wozu er zwar Vermögensschäden anderer in Kauf nahm, dies jedoch nicht das eigentliche Ziel seines Handelns war. Dass er dabei völlig gewissenlos gehandelt hätte, ist nicht feststellbar. III. Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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