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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 19 U 118/06
Rechtsgebiete: KWKG 2002


Vorschriften:

KWKG 2002 § 12 Abs. 2
Zur Wahrung der in § 12 Abs. 2 KWKG 2002 genannten Ausschlussfrist bedarf es weder verjährungsunterbrechender Maßnahmen noch der Vorlage einer substantiierten Rechnung.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. Juni 2006 verkündete Urteil der V. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird in dem in den Entscheidungsgründen dargelegten Umfang zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin betreibt in C ein holzverarbeitendes Unternehmen zur Herstellung von Span- und Faserplatten. Bestandteil dieses Werkes ist u.a. ein Kraftwerk, in dem mit mehreren Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen umweltfreundlicher Strom aus bei der Produktion anfallenden Holzabfällen erzeugt wird. Der über den Bedarf der Klägerin hinaus erzeugte Strom wurde und wird weiterhin in das Stromnetz der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der W Aktiengesellschaft mit Sitz in E (W AG), eingespeist.

Gleichzeitig bezog und bezieht die Klägerin aus dem Netz der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin Strom zum Betrieb ihrer Produktionsanlagen. Grundlage der Stromlieferung war ein unter dem Datum 27. 9 / 8. 10. 1991 mit der W AG geschlossener und als solcher bezeichneter Stromlieferungsvertrag, dessen Bestandteil ausweislich Ziff. 0.8 des Vertrages drei genau bezeichnete Anlagen, 1 bis 3, waren.

Weiterhin existiert ein als Anlage 4 zum Stromlieferungsvertrag vom 27. 9. / 8. 10. 1991 bezeichnetes Schriftstück, welches Regelungen über die Lieferung und Vergütung des von der Klägerin erzeugten Stroms enthält.

Mit Schreiben vom 21. 6. 2000 kündigte die Klägerin den Stromlieferungsvertrag vom 27. 9. / 8. 10. 1991 zum 31. 12. 2000. Hinsichtlich der Stromlieferung trafen die Parteien bis zur Vereinbarung einer längerfristigen vertraglichen Regelung zunächst eine Interimslösung. Verhandlungen über eine Neuordnung der Stromeinspeisung fanden nicht statt, diesbezüglich wurde auch kein Schriftverkehr zwischen den Parteien geführt.

Über den in das Stromnetz der W AG, bzw. der Beklagten eingespeisten Strom erteilte die Klägerin monatliche Abrechnungen. Die Beklagte vergütete den von der Klägerin in ihr Stromnetz eingespeisten Strom weiterhin nach den vertraglich vereinbarten Sätzen. Mit Schreiben vom 27. 9. 2000 begehrte die Klägerin die Vergütung des von ihr eingespeisten Stroms nach den Vorschriften des KWKG 2000.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin für die von ihr im Zeitraum vom 18. 5 2000 bis zum 30. 6. 2001 in das Stromnetz der Beklagten eingespeiste Strommenge von der Beklagten Zahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den niedrigeren vertraglich vereinbarten Sätzen und der in § 4 Abs. 1 KWKG 2000 bestimmten höheren gesetzlichen Mindestvergütung. Mit Schreiben vom 15. 1. 2001 wies die Beklagte die Forderungen der Klägerin mit der Begründung zurück, diese sei nicht Anspruchsberechtigte für eine Förderung nach den Vorschriften des KWKG 2000.

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, neben dem Stromlieferungsvertrag sei unter demselben Datum ein weiterer Vertrag betreffend die Stromeinspeisung geschlossen worden, welcher jedoch nicht mehr auffindbar sei. Die von ihr ausgesprochene Kündigung habe nur den Stromlieferungsvertrag beendet. Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, die Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien hinsichtlich der Stromlieferung und der Stromeinspeisung seien umfassend in dem Stromlieferungsvertrag vom 27. 9. / 8. 10. 1991 geregelt worden. Die Kündigung der Klägerin vom 21. 6. 2000, so hat die Beklagte gemeint, habe daher nicht nur den Stromlieferungsvertrag, sondern auch die vertraglichen Beziehungen über die Stromeinspeisung beendet. Eine nur teilweise Kündigung dieses einheitlichen Vertragswerks stelle eine unzulässige Teilkündigung dar mit der Folge, dass das Gesamtvertragswerk zum 31. 12. 2000 aufgekündigt worden sei. Ansprüche stünden der Klägerin in jedem Fall aber deshalb nicht zu, weil diese es versäumt habe, ihre Ansprüche innerhalb der mit Ablauf des 31. 12. 2003 endenden Frist des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 zu erheben. Eine rechtzeitige Erhebung von Ansprüchen erfordere die gerichtliche Geltendmachung der behaupteten Ansprüche innerhalb der Frist des § 12 Abs. 2 KWKG 2002. Zumindest sei die Vorlage einer substantiierten Rechnung zu fordern. Dem habe die Klägerin nicht genügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts Gegenteiliges ergibt.

Das Landgericht hat die Beklagte nach den zuletzt gestellten Anträgen der Klägerin verurteilt. Es hat ausgeführt, der der Höhe nach unstreitige Anspruch der Klägerin ergebe sich aus §§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2; 3 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz; 4 KWKG 2000. Die Klägerin habe auf der Grundlage eines vor dem 1. 1. 2000 geschlossenen Liefervertrages den von ihren KWK - Anlagen produzierten Strom in das Netz der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin eingespeist. Es könne dahin gestellt bleiben, ob zwischen der Klägerin und der W AG über den Stromlieferungsvertrag hinaus ein Stromeinspeisungsvertrag geschlossen worden sei. Auch wenn die Anlage 4 Bestandteil des Stromlieferungsvertrages vom 27. 9. / 8. 10. 1991 gewesen sein sollte, handele es sich um zwei selbstständige Verträge, da eine jeweilige Abhängigkeit vom Bestand des anderen Vertrages nicht erkennbar sei. Die Kündigung der Klägerin habe sich, wie sich dem Wortlaut des Kündigungsschreibens vom 21. 6. 2000 entnehmen lasse, nicht auf den Stromeinspeisevertrag bezogen. Aus dem Schriftverkehr aus Anlass der Kündigung vom 21. 6. 2000 ergebe sich auch nicht ansatzweise, dass die seinerzeitigen Vertragsparteien hinsichtlich der Stromeinspeisung für den Zeitraum nach dem 31. 12. 2000 von einem vertragslosen Zustand ausgegangen seien. Die Klägerin habe ihren Anspruch rechtzeitig vor Ablauf der in § 12 Abs. 2 KWKG 2002 bestimmten Ausschlussfrist erhoben. Die rechtzeitige "Erhebung" eines Anspruchs auf die gesetzliche Mindestvergütung nach § 4 KWKG 2000 erfordere keine gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs. Ausreichend sei, dass die Vergütungsansprüche abgerechnet oder in vergleichbarer Weise angemeldet würden. Diese Anforderungen habe die Klägerin beachtet. Aus den monatlich der Beklagten übersandten Abrechnungen habe sich die Menge des von der Klägerin eingespeisten Stroms ergeben. Die Klägerin habe eindeutig darauf hingewiesen, dass ihr der Differenzbetrag zwischen der vertraglichen und der höheren gesetzlichen Mindestvergütung zustehe. Die Ermittlung der konkreten Anspruchshöhe habe daher anhand eines einfachen Rechenschrittes vorgenommen werden können.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres Rechtsstandpunktes ihren erstinstanzlich verfolgten Antrag auf Klageabweisung weiter.

Bei zutreffender Würdigung der Sach- und Rechtslage hätte das Landgericht zu der Feststellung gelangen müssen, dass zwischen den Parteien nur ein Vertrag, nämlich der vom 27. 9. / 8. 10. 1991 bestanden habe. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin habe den nach ihrer Behauptung unter dem gleichen Datum wie den Stromlieferungsvertrag abgeschlossenen gesonderten Einspeisungsvertrag nicht vorzulegen vermocht. Einen solchen gebe es auch nicht. Die Anlage 4, "Strompreise", zum Stromlieferungsvertrag vom 27. 9. / 8. 10. 1991, die sich mit der Einspeisung von Strom in das Netz der B befasst, sei Bestandteil des vorgenannten Vertrages, wie sich aus der fortlaufenden Paraphierung und dem Umstand entnehmen lasse, dass Anlage 1 Regelungen über die Einspeisung von Strom, insbesondere über den Parallelbetrieb von Eigenerzeugungsanlagen in ihr Netz enthalte.

Diesen Vertrag habe die Klägerin mit Schreiben vom 21. 6. 2000 zum 31. 12. 2000 gekündigt. Dem Kündigungsschreiben könne mangels entsprechender Einschränkung keine Erklärung der Klägerin dahin gehend entnommen werden, dass sie nur den Stromlieferungsvertrag habe kündigen wollen. Anderenfalls läge eine unzulässige Teilkündigung vor. Die Klägerin hätte sich hierdurch die Möglichkeit verschafft, einen preisgünstigeren Stromlieferanten auszusuchen, während sie, die Beklagte, zur Abnahme des von der Klägerin produzierten Stroms zu den vertraglich vereinbarten Konditionen verpflichtet geblieben wäre.

Die Klägerin habe ihre Ansprüche jedenfalls nicht vor Ablauf der am 31. 12. 2003 endenden Ausschlussfrist des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 erhoben. Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 und dem Willen des Gesetzgebers verlange ein "Erheben" des Anspruchs im Sinne der vorgenannten Vorschrift die Ergreifung verjährungshemmender Maßnahmen.

Selbst wenn man für eine Anspruchserhebung im Sinne des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 eine außergerichtliche Erhebung von Ansprüchen ausreichen lassen wollte, habe die Klägerin dem nicht genügt. Um dem Zweck der Vorschrift gerecht werden zu können, erfordere dies die Erteilung der erforderlichen Angaben, damit der Netzbetreiber die auf ihn zukommenden Mehrkosten in den Belastungsausgleich einstellen könne. Daher werde in der Literatur eine "Rechnung mit klarer Zahlungsaufforderung" bzw. der Erteilung einer substantiierten Rechnung verlangt. Die Gesetzesbegründung spreche selbst von einer "Abrechnung" der Ansprüche.

Entgegen dem Landgericht habe die Klägerin ihre Ansprüche nicht einmal in einer gleichwertigen Art und Weise angemeldet. Die Anmeldung eines Vergütungsanspruchs im Schreiben vom 27. 9. 2000 könne nicht einer Abrechnung gleichgestellt werden. Das hätte vorausgesetzt, dass sie die Mehrkosten ohne weiteres in den Belastungsausgleich hätte einstellen können. Sofern man davon ausgehe, dass die Ermittlung der Kosten durch eine Rechenoperation möglich gewesen wäre, wäre ihr dies jedenfalls nicht zumutbar gewesen. Da es sich bei der Förderung letztlich um eine Subvention gehandelt habe, müsse der Anspruchsberechtigte seine Ansprüche auf Auszahlung von Fördergeldern beziffern.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Klägerin verteidigt mit näheren Ausführungen das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den damit überreichten Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

1.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 504.552,33 € zu. Der Anspruch auf Vergütung des Differenzbetrages zwischen der vereinbarten und der sich aus § 4 Abs. 1 KWKG 2000 ergebenden Mindestvergütung für die im Zeitraum vom 18. 5. 2000 bis zum 30. 6. 2001 in das Stromnetz der Beklagten dem Umfang nach unstreitigen eingespeisten Strommengen ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 KWKG 2000 in Verbindung mit dem zwischen den Parteien abgeschlossenen und im Lieferzeitraum fortbestehenden Einspeisungsvertrag.

1.1.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 KWKG 2000 sind Netzbetreiber verpflichtet, KWK - Anlagen nach § 2 Abs. 1 KWKG 2000 an ihr Netz anzuschließen, den Strom aus Anlagen nach § 2 abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 4 zu vergüten. Diese Verpflichtung wird durch § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 KWKG 2000 dahin eingeschränkt, dass bereits bestehende vertragliche Abnahmeverpflichtungen auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG unberührt bleiben. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000 gilt das KWKG auch für Strom aus KWK - Anlagen auf der Basis von Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Öl oder Abfall, der auf der Grundlage von Lieferverträgen, die vor dem 1. 1. 2000 abgeschlossen wurden, von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.

1.2.

Unstreitig handelt es sich bei der von der Klägerin betriebenen Anlage um eine solche nach § 2 Abs. 3 KWKG 2000. Die Beklagte ist ein Energieversorgungsunternehmen, welches den ihm zugeleiteten Strom zum Zwecke der allgemeinen Versorgung in sein Netz eingespeist hat. Die Streitfrage, wem der Anspruch auf Vergütung des eingespeisten Stroms zusteht, ist durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. 2. 2004 (NJOZ 2006, 371) zu Gunsten der Klägerin als Betreiberin einer KWK - Anlage entschieden.

1.3.

Die Beklagte hat den von dieser Anlage produzierten Strom auf der Grundlage eines Liefervertrages bezogen, der vor dem 1. 1. 2000 geschlossen worden ist. Losgelöst von dem Streit der Parteien darüber, ob in der Vergangenheit ein gesonderter Vertrag über die Stromeinspeisung geschlossen worden ist, oder ob Grundlage der Stromeinspeisung letztlich der Stromlieferungsvertrag in Verbindung mit der Anlage 4 ist, besteht zwischen den Parteien jedenfalls Einigkeit darüber, dass die vertragliche Grundlage über die entgeltliche Einspeisung von Strom durch die Klägerin in das Netz der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin vor dem 1.1. 2000 geschaffen worden ist.

1.4.

Der Senat stimmt dem Landgericht darin zu, dass dieser Einspeisungsvertrag während des gesamten Lieferzeitraums vom 18. 5. 2000 bis zum 30. 6. 2001 fortbestanden hat und insbesondere nicht durch die mit Schreiben vom 21. 6. 2000 erklärte Kündigung der Klägerin zum 31. 12. 2000 beendet worden ist.

1.4.1.

Zutreffend hat das Landgericht es dabei dahingestellt bleiben lassen, ob zwischen der Klägerin und der W AG über den Stromlieferungsvertrag vom 27. 9. / 8. 10. 1991 hinaus unter demselben Datum ein weiterer in einer gesonderten Urkunde niedergelegter Vertrag geschlossen worden ist, der die Einspeisung von Strom durch die Klägerin in das Stromnetz der W AG bzw. der Beklagten als deren Rechtsnachfolgerin zum Gegenstand hat. Auch wenn weder die Klägerin noch die Beklagte eine solche Vertragsurkunde in ihren Unterlagen haben ausmachen können, so deuten doch einige Indizien darauf hin, dass es einen gesonderten Vertrag über die Einspeisung von Strom durch die Klägerin durchaus gegeben haben kann.

Der überreichte Vertrag vom 27. 9. / 8. 10. 1991 ist mit "Stromlieferungsvertrag" überschrieben. Durch ihn werden ausweislich seines Inhalts, die Beziehungen zwischen den damaligen Vertragsparteien betreffend die Lieferung von Strom durch das W AG an die Klägerin geregelt. Zwar werden in den Ziffern 0.14 und 0.15 Eigenerzeugungsanlagen angesprochen, deren Betrieb zur eigenen Stromversorgung vereinbart wird. Auch enthält die Anlage 1 weitere Einzelheiten über den Betrieb der Eigenerzeugungsanlagen. Dabei handelt es sich allerdings nur um technische Bedingungen, die diese Anlagen bzw. deren Anschluss erfüllen müssen, offensichtlich um Beeinträchtigungen des Leitungsnetzes der damaligen W AG zu verhindern. Der Vertrag enthält keinen Hinweis darauf, dass von der Klägerin überschüssiger Strom produziert wird und was mit diesem geschehen soll. Einen Hinweis auf die beabsichtigte Verwendung überschüssig produzierten Stroms durch die Klägerin enthält erst die Anlage 4, die mit "Strompreise" überschrieben ist. Zwar verweist die Anlage 4 auf den unter dem 27. 9. / 8. 10. 1991 geschlossenen Stromlieferungsvertrag und stellt sich die Paraphierung als durchgehend dar. Andererseits sind gem. Ziff. 0.8 des Stromlieferungsvertrages nur 3 genau bezeichnete Anlagen, wozu nicht die Anlage 4 gehört, Bestandteil des vorgenannten Vertrages. Dass insoweit ein Versehen vorliegt, darf angesichts der Offensichtlichkeit der Umstände, der Beteiligung zweier im Wirtschaftsleben tätiger Unternehmen und des übersichtlich gehaltenen Umfangs des Gesamtvertragswerks ausgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass Anlage 4 nur die Vergütung des einzuspeisenden Stroms regelt. Die Vereinbarung über die Einspeisung wird von dieser Anlage ersichtlich als bereits bestehend vorausgesetzt. Dies deutet darauf hin, dass eine entsprechende Einspeisungsverpflichtung der Klägerin in einer anderen Vereinbarung getroffen worden sein muss.

1.4.2.

Diese Überlegungen können letztlich auf sich beruhen, da selbst für den Fall, dass die Anlage 4 Bestandteil des Stromlieferungsvertrages vom 27. 9. / 8. 10. 1991 gewesen ist und die Vertragsparteien in dieser Anlage eine ausreichende Grundlage für eine Einspeisungsverpflichtung seitens der Klägerin gesehen haben, mit dem Landgericht davon auszugehen ist, dass es sich insoweit um zwei unabhängig voneinander zu beurteilende Verträge handelt, die lediglich in einer Vertragsurkunde zusammengefasst sind. Das Vertragswerk lässt nicht erkennen, dass die Stromlieferung durch die Beklagte und die Stromeinspeisung durch die Klägerin von den Vertragsparteien in einen inneren Zusammenhang und die jeweiligen Vertragspflichten in ein Gegenseitigkeitsverhältnis gestellt worden wären. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die W AG bzw. die Beklagte sich nur zur Abnahme des von der Klägerin eingespeisten Stroms im Hinblick auf die Abnahmemengen der Klägerin bereit gefunden hat oder aus diesem Grund ein aus Sicht der Klägerin besonders lukrativer Abnahmepreis für gelieferten oder einzuspeisenden Strom vereinbart worden wäre. Entsprechendes hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt während des Rechtsstreits, aber auch nicht im vorprozessualen Schriftverkehr behauptet.

1.4.3.

Durch die mit Schreiben der Klägerin vom 21. 6. 2000 ausgesprochene Kündigung ist nur der Stromlieferungsvertrag, nicht aber der Stromeinspeisungsvertrag, zum 31. 12. 2000 beendet worden.

Das vorgenannte Schreiben ist ausdrücklich mit "Kündigung des Stromlieferungsvertrages" überschrieben. Gegen eine beabsichtigte Kündigung des Einspeisungsvertrages sprach aus Sicht der Beklagten bei verständiger Würdigung, dass die Klägerin schon im Jahre 2000 zutreffend erkannt hat, dass sie selbst nach den Vorschriften des KWKG 2000 förderfähig war, wie es für einen vergleichbaren Fall durch den Bundesgerichtshof im Jahre 2004 bestätigt worden ist. Für eine Kündigung des Stromeinspeisungsvertrages bestand aus Sicht der Klägerin daher keine Veranlassung.

Der im Zusammenhang mit dem Kündigungsschreiben stehende Schriftverkehr dokumentiert zudem, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass durch die seitens der Klägerin mit Schreiben vom 21. 6. 2000 ausgesprochene Kündigung nur der Stromlieferungsvertrag beendet worden ist. Die damaligen Vertragsparteien haben lediglich über neue Bedingungen für die Lieferung von Strom durch die W AG verhandelt und auch nur insoweit eine Interimslösung vereinbart. Dem vorliegenden Schriftverkehr lässt sich nicht ein Hinweis entnehmen, dass die Parteien auch das Bedürfnis gesehen haben, über die Konditionen der Stromeinspeisung ab dem 1. 1. 2001 neu zu verhandeln. Demzufolge hat die Beklagte auch den von der Klägerin weiterhin eingespeisten Strom nach den vertraglich vereinbarten Sätzen vergütet.

1.4.4.

Der Einwand der Beklagten, die beiden Vereinbarungen seien untrennbar in einem Vertragswerk oder zu einem gedanklich einheitlichen Vertragswerk miteinander verbunden, so dass die Kündigung alleine des Stromlieferungsvertrages eine unzulässige Teilkündigung darstelle, verfängt nicht. Die Folge einer unzulässigen Teilkündigung ist nicht, dass über den Erklärungsgehalt der Kündigung und des Erklärungswillens des Erklärenden hinaus, die Gesamtvereinbarung aufgekündigt wird sondern die, dass die erklärte Teilkündigung unwirksam ist und das Gesamtverhältnis unberührt bleibt. Da nach dem objektiven Empfängerhorizont jedenfalls ein bestehender Stromeinspeisungsvertrag nicht gekündigt worden ist, hätte dies zur Folge, dass die Kündigung insgesamt unbeachtlich wäre.

2.

Die Klägerin hat ihre Ansprüche rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 "erhoben".

Gemäß § 12 Abs. 2 KWKG 2002 müssen Vergütungsansprüche, die bis zum Außerkrafttreten des KWKG 2000 entstanden sind, bis zum 31. 12. 2003 nach diesen Vorschriften erhoben werden. Bei der vorgenannten Frist handelt es sich nach herrschender Meinung um eine Ausschlussfrist.

Der Senat stimmt mit dem Landgericht dahin überein, dass es zur Wahrung der in § 12 Abs. 2 KWKG 2002 genannten Ausschlussfrist verjährungsunterbrechender Maßnahmen nicht bedarf.

Dem Wortlaut der Formulierung ist entgegen der Auffassung der Beklagten kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass die Erhebung von Ansprüchen im Sinne des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 nur durch verjährungsunterbrechende Maßnahmen erfolgen können soll. Wenn der Gesetzgeber zum Ausdruck hätte bringen wollen, dass - zumal bei einer Ausschlussfrist - nur verjährungsunterbrechende Maßnahmen geeignet sein sollten, die Frist des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 zu wahren, so darf erwartet werden, dass dies durch eine entsprechend eindeutige Formulierung zum Ausdruck gekommen wäre. Das Gesetz schreibt für die Erhebung des Anspruchs keine bestimmte Form vor, so dass davon auszugehen ist, dass die Anspruchserhebung in geeigneten Fällen auch mündlich erfolgen kann. Ob dies dann in ausreichender Form geschehen ist, ist keine Frage der Beachtung der Vorschrift des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 sondern der Beweisbarkeit dieses Vorgangs. Auch der Hinweis der Beklagten auf einen aus ihrer Sicht eindeutigen Sprachgebrauch überzeugt nicht. Zwar findet sich im allgemeinen Sprachgebrauch die Formulierung "man erhebe Klage". Ebenso wird aber auch formuliert, es werde Klage eingereicht. Andererseits werden "Ansprüche erhoben" oder geltend gemacht". Einreden werden ebenfalls "geltend gemacht" oder "erhoben".

Auch unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Regelung und der gesetzgeberischen Motive findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass nur verjährungsunterbrechende Maßnahmen geeignet sein sollten, die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 zu wahren.

Die Erhebung einer Klage zu verlangen trüge nicht dazu bei, mit Ablauf des 31. 12. 2003 Klarheit über den Bestand erhobener Ansprüche zu haben. Vielmehr tun sich hier weitere Zweifelsfragen auf, insbesondere die, ob auch ein Mahnbescheid geeignet ist, die Frist "zu hemmen" oder die Fragen einer "demnächstigen Zustellung" einer Klage. Ein zwingendes Bedürfnis für eine durch eine staatliche Stelle vorgenommene Dokumentation der Rechtzeitigkeit der Anspruchserhebung ist nicht erkennbar. Der Nachweis kann nach allgemeinen Grundsätzen in der gleichen Weise geführt werden, wobei das Risiko dem Anspruchsteller obliegt und daher der Anspruchsgegner sich darauf zurückziehen kann. Im Übrigen bietet die formelle Zustellung keine Gewähr für die inhaltliche Bestimmtheit der erhobenen Ansprüche, auf die der Netzbetreiber angewiesen ist.

Ein wichtiger Hinweis darauf, wie § 12 Abs. 2 zu verstehen ist, lässt sich der Kommentierung bei Danner/Schultz, Energierecht, Stand Januar 2005, XVII, KWK B1, § 12 Rdn. 8, entnehmen. Das KWKG 2000 hat bei den Betroffenen - wie auch der vorliegende Fall zeigt - eine Reihe von Zweifelsfragen hinterlassen. Hier war zwischen den Beteiligten z.B. streitig, ob die Klägerin Anspruchsinhaberin nach dem dritten Förderweg des § 2 Ab. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG 2000 sein konnte. Hintergrund der im Rahmen der Ausschussberatungen vorgenommenen Wechsels in der Formulierung von "geltend machen" zu "erheben" war ein Hinweis im Rahmen des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, wonach zum KWKG 2000 eine Reihe von Stillhalteabkommen bestanden, denen zufolge sich die Geltendmachung bestimmter außergerichtlicher Rechtsstreitigkeiten u.a. nach dem Ausgang anderweitig rechtshängig gemachter Streitigkeiten richtete. Durch den Verzicht auf eine gerichtliche Geltendmachung wollte man vermeiden, dass mit Blick auf die Ausschlussfrist weitere Rechtsstreitigkeiten bei den Gerichten anhängig gemacht werden würden, in denen häufig dieselben Rechtsfragen von Bedeutung waren, wie sie in bereits anhängigen Verfahren zu entscheiden waren und den Obergerichten zur Entscheidung vorlagen. Vor diesem Hintergrund hält es der Senat mit der überwiegenden Kommentarliteratur nicht für erforderlich, dass die Ansprüche in einer verjährungsunterbrechenden Art und Weise erhoben werden. Dementsprechend findet sich in der BTDrucks. 14/7024 auch der Hinweis, dass die Ansprüche im Folgejahr "abgerechnet" werden können .

Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Klägerin die ihr zustehenden Ansprüche rechtzeitig vor dem 31. 12. 2003 erhoben hat.

Soweit in der Literatur teilweise die Vorlage einer substantiierten Rechnung verlangt wird (Säcker/Tapp, Berliner Kommentar zum Energierecht, KWKModG, § 12 Rdn. 11 ) stimmt der Senat dem nicht zu. Die Erteilung einer solchen Rechnung kann und darf nicht Selbstzweck sein. Mit der Erhebung des Anspruchs muss gewährleistet sein, dass der Betreiber die exakten Angaben über den Umfang der Strommengen erhält, für die eine Vergütung verlangt wird. Hierzu ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass bis zum Stichtag die Zahlung einer Vergütung unter Mitteilung aller notwendigen Angaben und Daten beantragt worden ist.

Die Klägerin hat ihre Ansprüche erhoben, indem sie die ihr zustehenden auch zukünftigen Ansprüche auf die Mindestvergütung nach § 4 KWKG 2000 in ihrem an die Rechtsvorgängerin der Beklagten gerichteten Schreiben vom 27. 9. 2000 angemeldet und der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in der Folgezeit monatlich Aufstellungen übersandt hat, denen die im jeweils zurückliegenden Monat eingespeisten Strommengen detailliert zu entnehmen waren, so dass auf dieser Grundlage die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin in die Lage versetzt war, das der Klägerin jeweils zustehende vertragliche Entgelt zu ermitteln. Sie hat in dem vorgenannten Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie die ihr zustehenden Ansprüche nach Klärung der Rechtslage geltend machen werde. Für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin bestand angesichts dessen überhaupt kein Zweifel, dass die Klägerin sich nicht mit der vertraglich vereinbarten Vergütung zufrieden gab und eine Nachberechnung für den Fall verlangte, dass die zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage - ob die Klägerin Strom in einer KWK-Anlage produzierte und damit Anspruchsberechtigte war - zu Gunsten der Klägerin geklärt werden würde. Angesichts dessen ist nur noch der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass die Klägerin mit Schreiben vom 11. 1. 2001 erneut ihre Ansprüche konkludent angemeldet und um Übersendung eines Fragebogens zur Vergütungsberechtigung gebeten hat.

Dass die Klägerin nicht abschließend für den hier noch interessierenden Zeitraum vor dem 31. 12. 2003 eine Gesamtberechnung vorgenommen und einen Gesamtbetrag ausgeworfen hat, ist unschädlich. Die Strommenge, für die die Klägerin die gesetzliche Mindestvergütung verlangte, ergab sich für die Beklagte aus den überreichten Monatsbelegen. Die Höhe der Vergütung ergab sich aus dem Gesetz. Der Anspruch war daher, nachdem die streitige Rechtsfrage im Sinne der Klägerin beantwortet war, ohne Mühe durch eine einfache Rechenoperation zu ermitteln. Auch wenn hier noch im Laufe erster Instanz ein Fehler bereinigt worden ist, wirkt sich dies nicht auf die rechtzeitige Erhebung des Anspruchs aus, da die Frage der inhaltlichen Richtigkeit der erhobenen Ansprüche nichts mit deren rechtzeitigen Erhebung zu tun hat.

3.

Dem sich aus §§ 286, 288 Abs. 2 BGB ergebenden Zinsanspruch ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

4.

Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5.

Der Senat hat hinsichtlich der Frage, welche Voraussetzungen an die rechtzeitige Erhebung von Ansprüchen im Sinne des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 zu stellen sind, gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Revision zugelassen. Nach Angaben des Klägervertreters liegen im gegenwärtigen Zeitpunkt mehreren Oberlandesgerichten gleich gelagerte Rechtsstreite vor, so dass zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zum Verständnis des § 12 Abs. 2 KWKG 2002 eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs angezeigt erscheint. Wegen der weiteren Rechtsfragen sind die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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