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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.04.2009
Aktenzeichen: 19 U 168/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 166
BGB § 166 Abs. 1
BGB § 631 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 15.10.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 29.965,79 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2007 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen hinsichtlich der ersten Instanz die Beklagte zu 96 % und der Kläger zu 4% und hinsichtlich der zweiten Instanz die Beklagte ganz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Gemäß § 540 Abs.1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage hin verurteilt, an die Beklagte 16.843,53 € nebst Zinsen zu zahlen. Der dem Kläger noch zustehende Restwerklohnanspruch iHv 23.719,89 € sei durch die seitens der Beklagten erklärte Aufrechnung mit geleisteten Überzahlungen iHv 40.626,74 € erloschen. Der überschießende Betrag von 16.843,53 € sei der Beklagten auf die Widerklage hin zuzusprechen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Abweisung der Widerklage und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des ausstehenden Restwerklohns iHv 29.965,79 € erstrebt. Er ist der Ansicht, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, die Arbeiten zur Abdichtung der Tiefgaragen seien bereits in dem Auftrag v. 04./06.08.2004 enthalten und daher von dem in diesem Vertrag vereinbarten Pauschalpreis von 142.000,- € brutto mit umfasst mit der Folge, dass er die mit Schlussrechnung v. 18.05.2005 ermittelten 46.872,64 € nicht als Werklohn verlangen könne. Ziff. 3 des von der Beklagten aufgesetzten Vertragstextes bezeichne im Einzelnen die Grundlagen des Vertrages. Die Abdichtungsarbeiten an den Dächern der Tiefgaragen seien hierin nicht aufgeführt. Dass über diese Arbeiten während der Vertragsverhandlungen auch nicht gesprochen worden sei, sei von den Zeugen T und S ausdrücklich bestätigt worden. Angesichts dessen sei die Auffassung des Landgerichts, die Abdichtungsarbeiten seien aufgrund der Regelung in Ziff. 4.1 des Vertrages von ihm geschuldet, nicht haltbar. Da die Einigung der Parteien diese Arbeiten nicht umfasst habe, bedürfe es auch nicht der Anfechtung seiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung. Zu Unrecht gehe das Landgericht weiter davon aus, dass sich die Beklagte nicht die Kenntnis des Zeugen T vom Leistungsinhalt des Vertrages v. 04./06.08.2004 über § 166 BGB entsprechend zurechnen lassen müsse. Die vorliegende Konstellation rechtfertige die entsprechende Anwendung des § 166 BGB unter dem Gesichtspunkt der Wissenszurechnung. Denn hier habe die Beklagte die gesamten Vertragsverhandlungen dem von ihr beauftragten Architekten, der wiederum einen selbstständigen Architekten als Subunternehmer eingeschaltet habe, überlassen und sich nach außen hin auf die Unterzeichnung des Vertrages beschränkt.

Hinsichtlich der Forderungshöhe übernehme er die Berechnungen des Landgerichts, die unter Zugrundelegung seines Rechtsstandpunktes eine Restforderung von 29.965,79 € ergäben.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern, die Widerklage abzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29.965,79 € nebst Zinsen iHv 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach der eindeutigen Regelung in Ziff. 4.1 des Vertrages v. 04./06.08.2004 seien die Abdichtungsarbeiten bereits mit diesem Vertrag in Auftrag gegeben, so dass der Kläger nicht die gesonderte Vergütung auf der Grundlage des am 24.07.2005 unterzeichneten Vertrages verlangen könne. Die Aussage des Zeugen T, der nicht als ihr Wissensvertreter angesehen werden könne, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Der Zeuge habe verschwiegen, dass der Kläger auf Aufforderung T hin vor Vertragsabschluss im Jahre 2004 die Abdichtung der Tiefgarage kalkuliert habe. Dass die Übertragung der Arbeiten auf den Landschaftsgärtner im Raum gestanden habe und deswegen die Abdichtungsarbeiten dem Kläger nicht von Beginn an übertragen worden seien, sei unzutreffend. Die Übertragung der Arbeiten auf einen Landschaftsgärtner als Nichtfachmann wäre für sie nie in Betracht gekommen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den damit überreichten Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist begründet.

Auf das Rechtsmittel des Klägers hin war das angefochtene Urteil des Landgerichts abzuändern und unter Abweisung der Widerklage dem Kläger ein Betrag von 29.965,79 € nebst Zinsen zuzusprechen.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte gestützt auf § 631 Abs. 1 BGB noch ein restlicher Werklohnanspruch iHv 29.965,79 € zu.

Nach dem Standpunkt des Landgerichts stehe dem Kläger ein Vergütungsanspruch für die Abdichtungsarbeiten an der Tiefgarage trotz des seitens der Beklagten am 29.07.2005 dazu erteilten Auftrags nicht zu, weil der Kläger diese Arbeiten bereits aufgrund des Werkvertrages vom 04./06.08.2004 habe erbringen müssen und diese Leistung bereits durch das im vorgenannten Vertrag vereinbarte Entgelt mit abgegolten gewesen sei.

Die dem zugrundeliegende Auslegung des Vertrages vom 04./06.08.2004 durch das Landgericht begegnet durchgreifenden Zweifeln mit der Folge, dass der Senat Veranlassung gesehen hat, in der Sache eigene Feststellungen zu treffen, § 529 Abs.1 ZPO.

Dem Kläger steht - insoweit im Berufungsverfahren rechtlich allein noch im Streit -dabei gegen die Beklagte ein sich aus § 631 Abs. 1 BGB ergebender Restwerklohnanspruch für die Durchführung von Abdichtungsarbeiten an den Tiefgaragen iHv 6.245,90 € zu. Die sich über ein Gesamtvolumen von 46.872,64 € verhaltenden Arbeiten sind von der Beklagten mit dem auf den 14.07.2005 datierten und von ihr am 29.07.2005 unterzeichneten Vertrag dem Kläger in Auftrag gegeben worden. Die den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Leistungen war der Kläger nicht bereits aufgrund anderer Vertragsgrundlage, insbesondere des Bauvertrages v. 04./06.08.2004, zu erbringen verpflichtet. Dies ergibt das nach den anerkannten Grundsätzen, §§ 133, 157 BGB zu gewinnende Verständnis des vorgenannten Vertrages.

Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung eines Vertrages der wirkliche Wille der Beteiligten zu erforschen. Besteht ein übereinstimmender Wille der Parteien, so ist dieser auch dann allein maßgebend, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unzureichenden Ausdruck gefunden hat Eine andere Auslegung kommt in diesen Fällen auch dann nicht in Betracht, wenn der schriftliche Inhalt des Vertrages hiervon abweichend die einzelnen Vertragsgrundlagen bezeichnet. In diesem Zusammenhang sind alle Umstände heranzuziehen, die zur Aufdeckung oder Aufhellung des Parteiwillens dienlich sein können, damit das Gericht auf dieser Grundlage seine Überzeugung von dem wirklichen Willen bilden kann (BGH NJW 2002, 1038 m.w.N.).

Es entsprach dem übereinstimmenden Willen beider Vertragsparteien, dass die Abdichtungsarbeiten an den Tiefgaragen von dem Bauvertrag vom 04./06.08.2004 nicht umfasst sein sollten. Der dahingehende Wille des Klägers kann aufgrund der Aussage des Zeugen S festgestellt werden. Dieser hat für den Kläger die dem Abschluss des Bauvertrages vom 04./06.08.2004 vorausgegangenen Verhandlungen mit dem Zeugen T geführt. Nach den Angaben des Zeugen S sei über die Abdichtung der Tiefgaragen im Rahmen der Vertragsverhandlungen nicht gesprochen worden, so dass er sich nicht erklären könne, wie Ziff. 4.1 in den Vertrag Eingang gefunden habe. Dass die Abdichtungsarbeiten an den Tiefgaragen nicht Leistungsgegenstand des Bauvertrages vom 04./06.08.2004 sein sollten, entsprach auch dem Willen der Beklagten. Zwar hat diese sich nicht an den Vertragsverhandlungen mit dem Zeugen S beteiligt und daher keine eigenen Vorstellungen im Vorfeld des Vertragsschlusses geäußert und sich statt dessen auf die Unterzeichnung des vorbereiteten Vertrages beschränkt. Die Beklagte muss sich aber entgegen der Ansicht des Landgerichts das Wissen des Zeugen T, dessen Verhandlungsbeitrag das Landgericht nicht angemessen bewertet hat, zurechnen lassen.

In analoger Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB sind dem Geschäftsherrn auch Kenntnis und Kennenmüssen von sogen. Wissensvertretern zuzurechnen, die ohne Vertretungsmacht aber mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn für diesen eigenverantwortlich tätig werden. Diese Voraussetzungen erfüllt auch der Verhandlungsgehilfe, dem der Verkäufer die Vorbereitung des Vertrages überlassen hat (vgl. Palandt-Heinrichs, § 166 Rn. 6a; BGH NJW 1999, 3191; NJW 1995, 2550). Hiervon ausgehend muss sich die Beklagte die Kenntnis des Zeugen T zurechnen lassen. Die Beklagte hat dem Zeugen T die gesamten Vertragsverhandlungen mit den einzelnen Auftragnehmern überlassen. Die Beklagte entlastet nicht, dass sie in keinem Vertragsverhältnis zu dem Zeugen T steht, sondern dass dieser als Subunternehmer von dem von ihr beauftragen Architekturbüro Nau beauftragt worden ist. Die Beklagte konnte und musste ohne weiteres damit rechnen, dass der von ihr beauftragte Architekt, wie es im Geschäftsleben durchaus der Üblichkeit entspricht, den Auftrag zumindest in Teilbereichen an einen Subunternehmer weiter geben würde (vgl. BGH NJW 2004, 2156). Die Beklagte hat diese naheliegende Möglichkeit nicht nur erkennen müssen. Dem Inhalt des Bauvertrages v. 04./06.08.2004 lässt sich entnehmen, dass die Mitwirkung des Zeugen T darüber hinaus tatsächlich mit Wissen und Wollen der Beklagten erfolgt ist. Denn gemäß Ziff. 3 Nr. 6 des Vertrages sind die am 20. und 21.07.2004 geführten Auftragsverhandlungen zwischen dem für den Kläger tätig gewordenen Zeugen S und dem für die Beklagten tätig gewordenen Zeugen T ausdrücklich mit Vertragsgrundlage geworden.

Nach der insoweit eindeutigen Aussage des Zeugen T waren die Abdichtungsarbeiten der Tiefgaragen während der Vertragsverhandlungen überhaupt gar kein Gesprächsthema und allen unmittelbar Handelnden positiv bekannt, dass diese nicht Gegenstand des Ursprungsvertrages sein sollten. Da der Zeuge den Vertrag entworfen hat, widersprach es auch seinem Willen und dem Verhandlungsergebnis, dass Ziff. 4.1 in den Vertrag Eingang fand.

Der Senat hat - ebenso wie zuvor das Landgericht - keinen Anhaltspunkt gesehen, die Glaubhaftigkeit der Zeugenangaben oder die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage zu stellen. Die Aussagen der ohne Belastungstendenz aufgetretenen Zeugen sind im Kerngeschehen übereinstimmend. Sie gewinnen vor dem Hintergrund der abweichenden rechtlichen Bewertung durch den Senat an Bedeutung. Der Zeuge T hat eine plausible Erklärung dafür gegeben, aus welchen Gründen Ziff. 4.1 in den Vertrag gelangt sein könnte. Ursprünglich war angedacht, den Landschaftsbauer M umfassend mit den Außenanlagen und der Abdichtung der Tiefgaragen zu beauftragen, und zwar durch einen Vertrag in der sodann mit dem Kläger - zu Ziff. 4.1 irrtümlich - geschlossenen Form. M hätte die Arbeiten dann an einen Dachdecker weiter gegeben. M habe aber sein ursprüngliches Angebot zurückgezogen, weil er sich verkalkuliert habe.

Für die Richtigkeit der Zeugenaussagen- wonach sich Ziff. 4.1 nur versehentlich im Vertrag der Parteien findet, sprechen zudem die nachstehend aufgeführten Gesichtspunkte.

In Ziff. 1 des Bauvertrages v. 04./06.08.2004 ist als Vertragsgegenstand die Übertragung der kompletten Dachdecker-, Klempner- und Dachabdichtungsarbeiten für den Neubau von Eigentumswohnungen in vier Häusern, L-Straße ##### in H bezeichnet. Die gewählte Formulierung des Vertragsgegenstandes spricht nach ihrem Wortlaut dagegen, dass sich die vorgenannten Arbeiten auch auf die zu errichtenden Tiefgaragen beziehen sollten. Insoweit kann ausgeschlossen werden, dass die Beklagte lediglich den Vertragsgegenstand unscharf formuliert hat.Dass die Beklagte sehr wohl zwischen den Wohngebäuden und den Tiefgaragen differenziert hat, belegt zum einen der auf den 14.07.2005 datierte schriftliche Vertrag, mit dem die Beklagte dem Kläger den Auftrag für die Abdichtung der Tiefgaragen erteilt hat. Dort sind als Bauvorhaben die Tiefgaragen der Eigentumswohnungsanlagen L-Straße bezeichnet. Zum anderen hat der Zeuge T im Juni 2004 bei dem Kläger ausdrücklich ein Angebot für die Abdichtung der Tiefgaragen der Häuser 1 und 2 angefordert, welches der Kläger unter dem Datum des 18.06.2004 vorgelegt hat.

Durch den Verweis auf das Leistungsverzeichnis v. 25.03.2004, das geprüfte Angebot v. 20.04.2004 und die Preisermittlung v. 07.05.2004 haben die Vertragsparteien deutlich gemacht, dass ihre Beziehungen durch den nunmehr abzuschließenden Werkvertrag nicht auf eine völlig neue, von den bisherigen Verhandlungen losgelöst zu betrachtende Grundlage gestellt werden sollen, sondern dass die vorgeschalteten Vertragsgespräche und die dabei erzielten Übereinkünfte den Vertragsumfang (Bausoll) maßgebend bestimmen sollen. Die Bezugnahme auf die im Einzelnen bezeichneten Unterlagen gibt dem Werkvertrag den Charakter eines Detail-Pauschalvertrages, in dem die Abdichtung der Tiefgaragen an keiner Stelle aufgeführt ist.

Das Leistungsverzeichnis v. 25.03.2004 enthält ebenso wie das geprüfte Angebot v. 20.04.2004 und die Preisermittlung v. 07.05.2004 keine Beschreibung von Arbeiten zur Abdichtung der Tiefgaragen. Soweit die Beklagte auf die Architektenzeichnung A 6 verweist, die entgegen der Ankündigung Bl. 84 d. A. dem Schriftsatz nicht beigefügt war, rechtfertigt dies keine abweichende Betrachtungsweise. Selbst wenn die Schnittzeichnung A 6 den Aufbau der Tiefgarage wie beschrieben darstellen sollte, ergibt sich daraus nicht, dass der dargestellte Aufbau von dem Kläger aufgrund des geschlossenen Werkvertrages erbracht werden sollte. Dagegen spricht der im Übrigen mehr als detailliert beschriebene Leistungsumfang des Leistungsverzeichnisses, des Angebots und der 11 Seiten umfassenden Preisermittlung.

Ein weiterer Aspekt dafür, dass die Abdichtungsarbeiten nicht mit beauftragt waren, ergibt sich daraus, dass der Leistungskatalog nur für diese Arbeiten nicht bestimmt worden ist. Das stellte aber zu der übrigen Handhabung der Parteien einen nicht aufzulösenden Widerspruch dar. Während auf der einen Seite die Arbeiten genauestens beschrieben worden sind, bliebe die Art und Weise der Ausführung der Arbeiten zur Abdichtung der Tiefgarage im Wesentlichen ungeregelt bzw. dem Kläger überlassen.

Soweit das Landgericht demgegenüber entscheidend auf Ziff 4.1. "Sonstige Vereinbarungen" abgestellt hat, und darin eine Erweiterung des Bausolls sieht, vermag das nicht zu überzeugen. Liest man die Klausel für sich betrachtet: "Die Dachabdichtungsarbeiten der Tiefgaragenflächen sind von AN kalkuliert worden und somit im Preis enthalten.", scheint dies bei isolierter Betrachtungsweise zunächst für die Auffassung des Landgerichts zu sprechen. Die Beklagte hat aber keine Angaben dazu gemacht, wann und aufgrund welcher Verhandlungen mit dem Kläger eine Übereinkunft darüber erzielt worden sein soll, dass er die zusätzlichen Abdichtungsarbeiten ohne ein zusätzliches Entgelt zu erbringen habe. Ziff. 4.1 ist zudem im Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des Vertrages zu sehen. Ziff. 4.1 ist auch soweit die Preisermittlung betroffen ist, ein Fremdkörper innerhalb des Regelungsgeflechts, was für die Richtigkeit der dahingehenden Zeugenaussagen (s. o) spricht. In Ziff. 2 ist eindeutig dargelegt, wie der vereinbarte Pauschalpreis ermittelt worden ist. Hier sind allein die Angebote und die Preisermittlung bezogen auf die Dachdeckerarbeiten, wie sie von der Beklagten ausgeschrieben und von dem Klägerin angeboten worden sind, und das heißt, ohne Abdichtung der Tiefgarage, aufgeführt. An welcher Stelle und mit welchem Betrag die Abdichtungsarbeiten der Tiefgarage kalkuliert worden sein sollen, ist nicht ersichtlich. Ganz entscheidend ist, dass für die Abdichtungsarbeiten, obwohl diese angeblich kalkuliert sein sollen, nicht ein Cent in die Preisermittlung eingeflossen wäre. Dass der Kläger bei einem Auftragsvolumen von 142.000,- € Arbeiten im Umfang von 46.000,- € nicht als unentgeltliche Draufgabe mit erledigt, liegt auf der Hand.

Der Beklagten hilft in diesem Zusammenhang auch nicht weiter, dass der Kläger auf Bitte des Zeugen T unter dem 18.06.2004 und damit vor Abschluss des Bauvertrages ein Angebot für die Abdichtung der Tiefgaragen über 19.973,74 € erstellt und vorgelegt hat. Daraus lässt sich zwar schließen, dass der Kläger, wie es in Ziff. 4.1 anklingt, Dachabdichtungsarbeiten für Tiefgaragen kalkuliert hat. Kalkuliert hat der Kläger aber nur die Arbeiten an den Tiefgaragen der Häuser 1 und 2. Eine Kalkulation für die weiteren zwei Häuser 3 und 4 hat es vor dem Vertragsschluss mithin nicht gegeben.

Ein Ausnahmetatbestand, der es rechtfertigen könnte, dass sich die Beklagte das Wissen des Zeugen T doch nicht entsprechend § 166 BGB zurechnen lassen muss, ist nicht gegeben. Ein solcher könnte dann gegeben sein, wenn der Zeuge T im Zusammenwirken mit dem Kläger bewusst und gewollt zum Nachteil der Beklagten gehandelt hätte. Ein solches kollusives Zusammenwirken hat nicht einmal die Beklagte behauptet. Eine Wissenszurechnung unterbliebe ferner auch dann, wenn die Beklagte gegenüber dem Kläger vor Abschluss des Vertrages vom 04./06.08.2004 sich unmißverständlich von im Lauf der Vertragsverhandlungen abgegebenen Erklärungen des Zeugen T distanziert und allein von ihr selbst abgegebene Erklärungen für maßgeblich deklariert hätte (vgl. BGH NJW 1995, 2550 (2551). Eine solche Distanzierung setzte voraus, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger eindeutig darauf hingewiesen hat, dass Erklärungen des Zeugen T sie nicht binden und etwa allein der Inhalt des schriftlichen Vertrages maßgebend sein soll. Dass sie vor Annahme des Angebots des Klägers diesen in der vorbezeichneten Weise unterrichtet hat, hat die Beklagte ebenfalls nicht vorgetragen.

Das Zahlenwerk des Landgerichts ist von beiden Parteien in der Berufung nicht mehr angegriffen worden und kann daher für die Berechnung der Ansprüche des Klägers zugrunde gelegt werden. Aus den hiermit in Bezug genommenen im Urteil des Landgerichts im Einzelnen dargelegten Restwerklohnansprüchen - mit Ausnahme der Abdichtungsarbeiten an den Tiefgaragen - kann der Kläger noch einen Betrag von 23.719,89 € fordern. Weiterhin kann der Kläger aus dem Werkvertrag v. 25.07.2005 Zahlung des noch ausstehenden Werklohns für die Abdichtung der Tiefgaragen beanspruchen. Dieser beträgt unter Berücksichtigung der hierauf bereits von der Beklagten vorprozessual geleisteten Zahlungen noch 6.245,90 € (s.o.). Insgesamt stehen dem Kläger somit gegen die Beklagte noch 29.965,79 € zu, die antragsgemäß unter Verzugsgesichtspunkten, §§ 286, 288 Abs. 2 BGB,zu verzinsen waren.

Da die Beklagte die von ihr bislang auf die Abdichtungsarbeiten für die Tiefgaragen gezahlten Beträge mit Rechtsgrund - nämlich auf den Werkvertrag v. 25.07.2005 - geleistet hat - hat die Beklagte an den Kläger keine Überzahlungen geleistet, mit denen sie die Hauptaufrechnung gegenüber dem Werklohnanspruch erklären könnte.

Andere Einwendungen gegenüber dem Anspruch des Klägers hat die Beklagte im Berufungsverfahren nicht erhoben. Ihren erhobenen Gegenanspruch hat die Beklagte weiterhin ausschließlich mit der Hauptaufrechnung der Rückforderung einer Überzahlung verfolgt. Weiteren Vortrag hat die Beklagte auch nach Darlegung des vom Landgericht abweichenden Standpunktes des Senats in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliches Nachfragen nicht mehr gehalten.

Aus diesem Grund hat auch die Widerklage, mit der die Beklagte den nach ihrer Berechnung überschießenden Betrag geltend gemacht hat, keinen Erfolg. Dem entsprechend war die Widerklage abzuweisen.

III.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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