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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.10.2008
Aktenzeichen: 19 U 64/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO §§ 1029 ff.
ZPO § 1032 Abs. 1
BGB § 242
BGB §§ 307 ff.
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
BGB §§ 317 ff.
BGB § 319 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17. März 2008 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.

Die Klägerin trägt in der Berufung vor, das Landgericht habe den § 9 der Bauverträge unrichtig als Schiedsgerichtsklausel ausgelegt.

Die Klausel sei mehrdeutig und unklar und damit unwirksam. Es sei unklar, ob ein Schiedsgericht iSd. § 1029 ff. ZPO vereinbart sei oder lediglich ein Schiedsgutachten mit Überprüfungsmöglichkeit gemäß § 317 ff. BGB.

Selbst wenn man § 9 der Bauverträge als Schiedsgerichtsklausel interpretiere, könnten die Beklagten sich nicht darauf berufen. Sie verhielten sich treuwidrig. Sie gäben keinerlei Erklärungen ab, ersichtlich in der Hoffnung, die Gewährleistungsfrist aushebeln zu können. Es sei anerkannt, dass die vertragstreue Partei dann, wenn der Vertragsgegner jegliche Mitwirkung verweigere, unmittelbar Klage vor dem ordentlichen Gericht erheben könne.

Die Klägerin beantragt, in Abänderung des angefochtenen Urteils das Teilversäumnisurteil gegen den Beklagten zu 2 vom 31. August 2007 wieder herzustellen, die Beklagte zu 1 nach Maßgabe des Klageantrages zu 1 zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1 trägt vor,

die Klägerin könne sich auf eine Unwirksamkeit der Schiedsklausel schon deshalb nicht berufen, weil sie deren Verwenderin sei. Sie mache aus abgetretenem Recht der R Ansprüche geltend. Diese habe die Bauverträge gestellt.

Die Klausel sei aber auch nicht unklar. Es handele sich um eine schiedsrichterliche Klausel, bei der kumulativ vereinbart sei, dass die Person des Schiedsrichters ein Gutachter sein solle.

Die Berufung auf die Klausel sei nicht unbillig. Es stehe der Klägerin frei, den vereinbarten Rechtsweg zu beschreiten, ohne zuvor von den Beklagten einen Freibrief in Form einer Zustimmung verlangen zu können.

Weiterhin werde die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, Verjährung eingewandt, Mängel oder eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu1 für solche bestritten.

Der Beklagte zu 2 trägt vor,

der Klägerin sei zwar zuzugeben, dass keine Schiedsgerichtsklausel, sondern eine Schiedsgutachterabrede gewollt gewesen sei.

Es sei aber nicht treuwidrig, dass beide Beklagte sich auf die Vereinbarung beriefen. Die Beklagten hätten sich zu keinem Zeitpunkt geweigert, an einem Schiedsgutachten mitzuwirken. Vielmehr habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt den Versuch unternommen, ein Schiedsgutachtenverfahren in die Wege zu leiten.

Die Berufung könne auch aus anderen Gründen keinen Erfolg haben.

Es fehle an einer Abtretung von Ansprüchen der R an die Klägerin. Der Beklagte zu 2 habe gegenüber der R nur Verfüllarbeiten geschuldet, keinerlei Abdichtungsarbeiten.

Sämtliche behaupteten Mängel würden bestritten.

Außerdem erhebe der Beklagte zu 2 die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, weil die R ihm aus der Schlussrechnung noch die Zahlung von 6.000 € schulde. Hilfsweise werde mit diesem Zahlungsanspruch aufgerechnet.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klage ist gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO unzulässig, weil die R, von der die Klägerin ihre Rechte gegen die Beklagten ableitet, mit den Beklagten Schiedsgerichtsvereinbarungen getroffen hat.

Zutreffend hat das Landgericht die betreffenden Klauseln des Vertragswerks als Schiedsgerichtsvereinbarungen und nicht als Schiedsgutachtenvereinbarungen ausgelegt. Die Abgrenzung zwischen beiden Klauseln ist nicht immer eindeutig zu treffen (s.d. Palandt/Grüneberg § 317 Rn 8; Zöller/Geimer ZPO § 1029 Rn 4). Entscheidend kommt es darauf an, ob die Parteien den Weg zu den ordentlichen Gerichten ausschließen wollten.

Das genau beinhaltet die Klausel bereits in ihrem ersten Satz ganz eindeutig, in dem es heißt: "unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges". Dass es weiter heißt, es solle ein Schiedsgutachter bestellt werden, ist eine unschädliche Falschbezeichnung, die auch damit zusammen hängen kann, dass der Schiedsrichter ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sein soll.

Soweit es in der Klausel weiter heißt, der Sachverständige solle "in entsprechender Anwendung der §§ 317 ff. BGB" handeln, ändert das an dem Willen der Parteien, die ordentlichen Gerichts auszuschließen, nichts. Zwar wäre bei Anwendung des § 319 Abs.1 S.2 BGB eine Überprüfung einer offenbar unbilligen Leistungsbestimmung durch das staatliche Gericht eröffnet. Der Hinweis auf die §§ 317 ff. BGB steht aber zum Einen unter der Prämisse des ersten Satzes der Klausel, nämlich dem Ausschluss der staatlichen Gerichte. Dem entsprechend sollen die §§ 317 ff. BGB auch nur "entsprechend" angewendet werden, was offenbar meint, dass die Bestimmungen zur Billigkeit anzuwenden sein sollen, nicht aber § 319 Abs.1 S.2 BGB zur Anfechtbarkeit. Denn es heißt auch in dem betreffenden Satz, dass der Sachverständige in "entsprechender Anwendung" "verbindlich" entscheiden soll. Eine verbindliche Entscheidung ist aber eben unanfechtbar.

Die Schiedsgerichtsklauseln sind nicht gemäß §§ 307 ff. BGB unwirksam.

Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen, hier der R und den Beklagten, sind Schiedsgerichtsklauseln schon wegen des gemeinsamen Interesses an einer raschen Streiterledigung mit § 307 ff. BGB vereinbar (Palandt/Grüneberg § 307 Rn 143 m.w.Nw.).

Es liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs.1 S.2 BGB vor. Die gebotene Auslegung der Klausel führt zu einem eindeutigen Ergebnis, wie oben ausgeführt.

Den Beklagten ist auch nicht gemäß § 242 BGB die Berufung auf die Schiedsgerichtsklausel verwehrt.

Bei einem Schiedsvertrag handelt eine Partei widerTreu und Glauben, wenn sie sich auf die Vereinbarung beruft, ihr Handeln aber der anderen Partei Grund zu einer außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung gibt (BGH NJW 1988, 386; Werner/Pastor Der Bauprozess 12. Aufl. Rn 541). Dann kann die andere Partei unmittelbar vor einem ordentlichen Gericht Klage auf ihr materielles Begehren erheben.

Dass die Beklagten bisher nicht gegenüber der Klägerin erklärt haben, an einem Schiedsgerichtsverfahren mitzuwirken, ist jedoch kein Verhalten, was dieser das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung gibt. Damit verstoßen die Beklagten gegen keine Verpflichtungen aus der Schiedsgerichtsklausel. Es ist nicht ersichtlich, weshalb sie im Vorfeld solche Erklärungen abgeben müssten. Die Klägerin hat bisher keinerlei Schritte zur Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens unternommen. Erst wenn sich die Beklagten geweigert hätten, gemeinsam mit der Klägerin einen auf ihren Antrag von der Industrie- und Handelskammer benannten Sachverständigen zu beauftragen, wäre ein Kündigungsgrund gegeben. Da die Beklagten sich in diesem Verfahren auf die Schiedsgerichtsklausel berufen, wäre eine Berufung auf deren Unwirksamkeit in einem eingeleiteten Schiedsverfahren sicher treuwidrig (s.d. BGH NJW 1968, 1928; OLG Düsseldorf OLGZ 1978, 375).

III.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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