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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.01.2009
Aktenzeichen: 19 U 85/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 434 Abs. 1
Das Negativattest einer Stiftung, die den Nachlass eines Künstlers verwaltet, zur Echtheit eines Kunstwerks begründet für sich allein keinen Sachmangel des Kunstwerks im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.04.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vorläufig zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anders ergibt.

Die Klägerin vertritt mit der Berufung die Auffassung, es liege ein Sachmangel vor, der nicht erst im Augenblick der Bewertung vorliege, sondern dem Werk bereits bei Übergabe anhafte. Die negative Beurteilung durch die F-Stiftung stelle die Eignung des Werks für die gewöhnliche Verwendung in Frage. Die fehlende Authentizität habe bereits bei Gefahrübergang vorgelegen.

Das gerichtliche Gutachten stütze sich ausschließlich auf die Provenienz, die jedoch nur ein Hilfsinstitut sei.

Aufgrund des Mangels sei die Verkäuflichkeit des Werks nicht nur erheblich eingeschränkt, sondern gänzlich aufgehoben.

Die Klägerin beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 23.353,60 € zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz Zug um Zug gegen Rückübergabe der Arbeit von L F, ohne Titel, Kartonschnitt (Los-Nr. 200 aus der Auktion Nr. 867 vom 04.12.2004), zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Er ist der Auffassung, die Klägerin versuche, einen Mangel damit zu begründen, dass die von ihr vorgerichtlich eingeholte Auskunft der F-Stiftung das Werk als nicht authentisch bewerte. Diese Auskunft sei jedoch erst nach Gefahrübergang eingeholt worden und der Aussagewert wirke nicht zurück.

Die Klägerin habe sich bereits vor der Auktion an die F-Stiftung gewandt, diese habe jedoch erklärt, eine Beurteilung sei nur nach Vorlage des Originals möglich. Ein solches Verhalten sei grob fahrlässig und deshalb seien die Voraussetzungen des § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB gegeben.

Der Senat hat den Sachverständigen R in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2008 angehört.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Die Klägerin hat keinen entsprechenden Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 437 Nr. 2, 440, 326 Abs. 5, 346 Abs. 1 BGB i.V.m. Nr. 2 der Auftragsbedingungen. Nach Nr. 2 der Auftragsbedingungen sind die Vorschriften des Kaufrechts auf Sach- oder Rechtsmängel der versteigerten Objekte entsprechend in der Beziehung zwischen der Klägerin und dem Beklagten anwendbar.

Ein Mangel des Werks zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs liegt nicht vor.

1.

Es kann nicht festgestellt werden, dass das Werk nicht nicht die vereinbarte Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB hat, denn es kann nicht festgestellt werden, dass es sich nicht um ein echtes Werk von L F handelt.

Im Gegenteil wurde nach den Feststellungen des Landgerichts, das sich auf das Gutachten und die Ausführungen des Sachverständigen R stützt, das Werk von L F geschaffen.

Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an diese Feststellungen gebunden, da keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.

Die Ausführungen des Sachverständigen R sind schlüssig und gut nachvollziehbar. Zwar stützt er sich in seinem erstinstanzlichen Gutachten vorwiegend auf die Provenienz des Werkes. In seiner Anhörung vor dem Senat führt er jedoch aus, dass auch die Unterschrift von F auf dem Werk authentisch und typisch ist. Weiterhin weist das Werk nach den Bekundungen des Sachverständigen zwar keinen als individuell zu bezeichnenden Duktus auf, doch auch die Art des Schnittes spricht für die Echtheit des Werkes, da der Schnitt unten einen Einriss hat und nicht perfekt ist. Ein Fälscher dagegen hätte einen perfekten Schnitt gemacht.

Auch die von der Klägerin vorgelegten E-mails der F-Stiftung vom 07.10.2005 und 24.08.2008, die die Echtheit des Werkes in Abrede stellen, begründen letztlich keine anderen Feststellungen.

Die E-Mail der F-Stiftung vom 07.10.2005 ist nicht aussagekräftig. Hieraus ergibt sich nur, dass der Nachlass das Werk nicht als echt ansieht, ohne eine Begründung zu liefern.

In der E-Mail der F-Stiftung vom 24.09.2008 wird zwar ausgeführt, dass eine Expertenkommission das Werk nicht als Original bewertet hat angesichts des Schnitts und der Unterschrift, wobei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Provenienz bei der Bewertung nicht einbezogen wurde.

Diese Äußerungen sind angesichts der dargelegten überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen R, denen sich der Senat anschließt, viel zu vage. Insbesondere berücksichtigen sie ausdrücklich nicht das wichtige Kriterium der lückenlosen Provenzienz, die eindeutig auf L F zurückreicht. Selbst wenn wegen der E-Mails Zweifel an dem gerichtlich eingeholten Gutachten bestehen würden, so wäre wegen dieses Gutachtens der positive Beweis der Unechtheit von der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin nicht zu führen. Es würde sich allenfalls ein Expertenstreit entwickeln, nicht aber die sichere Feststellung der Unechtheit des Werkes.

2.

Allein in der Existenz der vorgelegten E-Mails der F-Stiftung liegt kein Mangel des Werks im Sinne des § 434 BGB.

Zwar kann bereits die Tatsache der Begutachtung eines Bildes als eigenhändiges Werk eines Künstlers durch einen Kunstsachverständigen eine Eigenschaft eines Werkes sein, weil dieser Umstand es kennzeichnet, aus der Reihe namenloser Bilder einer Zeitepoche heraushebt, in seinem Wert beeinflusst und daher für den Käufer von Interesse ist (BGH NJW 1972, S. 1658 f.).

Es ist jedoch fraglich, ob dem Negativ-Attest der F-Stiftung aus den Emails vom 07.10.2005 und 24.09.2008 die gleiche Bedeutung zukommt, da es sich dann, wenn die tatsächliche Urheberschaft außer Betracht bleibt, lediglich um einen wirtschaftlichen Bezug zur Umwelt handelt, der seinen Grund nicht in dem Zustand des Werks selbst hat und ihm nicht anhaftet.

Dies kann hier jedoch dahinstehen, da die E-Mails der F-Stiftung vom 24.09.2008 und 07.10.2005 zum für die Frage der vertraglichen Beschaffenheit entscheidenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses und bei dem für die Mangelhaftigkeit entscheidenden Gefahrübergang noch nicht vorgelegen haben.

3.

Das Werk ist auch nicht mangelhaft gemäß § 434 Absatz 1 Satz 2 BGB -vertraglich vorausgesetzte oder gewöhnliche Verwendung-, da allein auf die tatsächliche Echtheit abzustellen ist. Die Bewertung der Stiftung mag zwar für eine beabsichtigte Weiterveräußerung nachteilig sein. Dieser Umstand trifft jedoch, da nicht das tatsächliche Fehlen der Urheberschaft als ursächlich für die Bewertung der Stiftung nachgewiesen ist, ausschließlich das Verwendungsrisiko des ersteigerten Objekts, das der Käufer trägt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 Absatz 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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