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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 20.02.2007
Aktenzeichen: 19 W 1/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2b
Im Rahmen der Prozesskostenhilfe kann jeder Elternteil den Unterhaltsfreibetrag für Kinder nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2b ZPO in vollem Umfang in Anspruch nehmen.
Tenor:

Die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 16.12.2006 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 2.11.2006 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

1.

Der Beklagte hatte Prozesskostenhilfe beantragt. Er ist verheiratet. Seine Ehefrau erzielt ein etwa gleich großes Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit wie er. Die Ehegatten gewähren zwei mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden, nicht erwerbstätigen Kindern Unterhalt.

Das Landgericht hat dem Beklagten Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt.

Hiergegen hat der Bezirksrevisor Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Ansicht, dass der wegen der Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern gemäß § 115 Abs.1 S.3 Nr. 2 b ZPO anzusetzende Freibetrag auf beide Elternteile mit Erwerbseinkommen aufzuteilen ist. Da dann beim Beklagten lediglich die Hälfte dieser Freibeträge anzurechnen sei, verbleibe ein zu berücksichtigendes Einkommen des Beklagten, wonach er monatliche Raten zu zahlen habe.

2.

Die gemäß § 127 Abs. 3 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Vom Einkommen des Beklagten sind zwei Unterhaltsfreibeträge ungekürzt in Abzug zu bringen. Damit liegt das einzusetzende Einkommen unterhalb der Grenze, nach der gemäß § 115 Abs. 2 ZPO Raten zu zahlen sind.

Gemäß § 115 Abs.1 S.3 ZPO sind vom Einkommen der Partei, die einen Prozesskostenhilfeantrag stellt, bestimmte Freibeträge abzusetzen. Gemäß Nr. 3 b zählt dazu auch jeweils ein bestimmter Betrag für jede unterhaltsberechtigte Person, der aufgrund gesetzlicher Pflicht Unterhalt geleistet wird.

In Rechtsprechung und Literatur wird dazu vertreten, dass der Freibetrag im Verhältnis der Einkommen beider Elternteile zueinander aufzuteilen ist (so: LAG Bremen NJW 1982, 2462; noch differenzierter OVG Münster Rpfleger 1986, 406; Zimmermann PKH Rn 102; Musielak/Fischer § 115 Rn 18), dass dem Einkommen des Antragstellers der vom anderen Elternteil zu leistende Beitrag als ersparter Barunterhalt zuzurechnen ist (so: OLG Celle NdsRpfl 1986, 103) oder dass beide Elternteile den vollen Freibetrag in Anspruch nehmen können (so: OLG Karlsruhe JurBüro 1990, 99; LAG Baden-Württemberg NZA 1985, 788; Kalthoener/Büttner Rn 271; Zöller/Philippi § 115 Rn 31; MüKo-ZPO/Wax § 115 Rn 40; Stein/Jonas/Bork § 115 Rn 48), wobei jeweils auch noch danach unterschieden werden könnte, ob nur ein oder beide Elternteile Prozesskostenhilfe beantragen (s.d. OLG Hamburg FamRZ 1986, 187; Stein/Jonas/Bork a.a.O.).

Für die anteilmäßige Anrechnung eines Freibetrages auf beide Erwerbstätige wird vorgebracht, dass die Berücksichtigung des vollen Freibetrages bei jedem erwerbstätigen Elternteil zu einer Besserstellung der Familien mit zwei Erwerbstätigen gegenüber den Familien mit nur einem Erwerbstätigen führe. Allerdings wendet § 115 ZPO das Prinzip der Pauschalierung an, wogegen sich eine ganze Reihe weiterer Gerechtigkeitsargumente finden ließen. Es gehört zum Wesen der Pauschalierung, nicht auf den Einzelfall und die konkreten Aufwendungen abzustellen. So kann sich auch der Unterhaltsanspruch eines Kindes erhöhen, wenn statt eines Elternteils beide Einkommen beziehen.

§ 115 Abs.1 S.3 Nr.2 b ZPO sieht eine Aufteilung der Unterhaltspauschale auf mehrere Unterhaltspflichtige gerade nicht vor. Dem Gesetzgeber wird aber bei den verschiedenen Änderungen der Prozesskostenhilfevorschriften allein in der Zeit der kontroversen Diskussion dieses Problems in Rechtsprechung und Literatur durchaus bekannt gewesen sein, dass in vielen Fällen beide Elternteile durch Erwerbstätigkeit zum Familienunterhalt beitragen und das nicht stets zu einer Einkommenshöhe führt, bei der Prozesskostenhilfe nicht mehr zu bewilligen wäre. Dennoch hat er sich nicht zu einer Regelung veranlasst gesehen, dass die Pauschale aufzuteilen wäre. Das Gesetz bestimmt vielmehr ohne irgendeine Ausnahmeregelung, dass vom Einkommen der Prozesskostenhilfe beantragenden Partei bestimmte Pauschalen abzusetzen sind, eben auch der Unterhaltsfreibetrag. Dabei arbeitet es bewusst auch deshalb mit Pauschalierungen, um den Richter von weiteren Ermittlungen und Berechnungen freizustellen (Stein/Jonas/Bork a.a.O.). Es ist auch nicht ersichtlich, welche Handhabe der Richter haben sollte, die für eine gerechte Aufteilung notwendigen Angaben und Belege für das Einkommen des nicht Prozesskostenhilfe beantragenden, erwerbstätigen Ehegatten zu bekommen, da sich § 117 Abs. 2 ZPO nur an den Antragsteller wendet.

Ende der Entscheidung

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