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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 04.11.2008
Aktenzeichen: 19 W 28/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 485 ff
Im selbständigen Beweisverfahren sind Gegenanträge, die nur dazu dienen sollen, die Verantwortlichkeit des Antragsgegners im Verhältnis zu einem Dritten abzuklären, der in keiner unmittelbaren Beziehung zum Antragsteller steht, nicht zulässig.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von bis zu 2.000,- €.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin errichtete für die Antragstellerin zu 1) und deren Ehemann, der inzwischen verstorben und von den Antragstellern beerbt worden ist, gemäß Bauträgervertrag vom 9. 11. 2001 auf dem Grundstück S-Straße in Q eine Doppelhaushälfte. Mit dem von ihnen eingeleiteten selbstständigen Beweissicherungsverfahren haben die Antragsteller eine Beweiserhebung zu den Fragen begehrt, ob das Mauerwerk des Objekts Risse aufweise, worauf diese zurückzuführen seien und wie hoch der Mangelbeseitigungsaufwand zu veranschlagen sei. Die Antragsgegnerin hat u.a. dem planenden und dem bauleitenden Architekten den Streit verkündet. Mit Schriftsatz vom 10. 3. 2008 hat die Antragsgegnerin Gegenanträge zu den Verantwortungsbeiträgen von planendem und bauleitenden Architekten und dem Statiker gestellt und eine nach Verantwortungsbereichen differenzierte Darstellung der Mangelbeseitigungskosten begehrt. Mit Beschluss vom 3. 4. 2008 hat das Landgericht die Anträge mit der Begründung zurückgewiesen, eine Aufklärung dieser Fragen sei im Verhältnis der Antragsteller zu der Antragsgegnerin ohne Belang. Noch vor Ablauf eines Monats nach Zustellung des Gutachtens des Sachverständigen hat die inzwischen anwaltlich vertretene Antragsgegnerin die Ergänzung des Gutachtens insbesondere zur Fragen eines Planungs- und Überwachungsverschuldens der von ihr beauftragt gewesenen Architekten beantragt. Durch Beschluss vom 25. 8. 2008 hat das Landgericht die Anträge zurückgewiesen, soweit diese auf die Aufklärung der Verantwortlichkeit der Architekten gerichtet waren. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und frist- und formgerecht eingelegt, § 569 ZPO. In der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg.

Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Gegenanträge der Antragsgegnerin, soweit diese darauf gerichtet sind, durch den Sachverständigen die Verursachungsbeiträge der beteiligt gewesenen Architekten für die am Haus der Antragsteller aufgetretenen Mängel zu ermitteln, zurückgewiesen. Dabei ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass keine Zweifel an der grundsätzlichen Zulässigkeit von Gegenanträgen im selbstständigen Beweisverfahren bestehen.

Gegenanträge sind allerdings nicht unbeschränkt zulässig. Das Verfahren der Beweissicherung dient nicht zuletzt dem Zweck, in den Fällen, in denen der Streit der Beteiligten im Wesentlichen von der Klärung tatsächlicher Fragen abhängt, durch umfassende Beantwortung dieser Fragen durch die geeigneten Beweismittel den Beteiligten eine zügige Beilegung des Streits ohne Durchführung eines streitigen Verfahrens zu ermöglichen. Dieses Ziel wird verfehlt, wenn das Verfahren mit Gegenanträgen befrachtet wird, die für das Verhältnis des Antragstellers zu dem Antragsgegner ohne Belang sind und nur dazu dienen, die Verantwortlichkeit des Antragsgegners zu einem Dritten abzuklären, der in keiner unmittelbaren Beziehung zu dem Antragsteller steht. Dies gilt auch dann, wenn die Beantwortung der Gegenanträge auf den bisherigen Feststellungen des bereits beauftragten Sachverständigen aufbauen und von diesem quasi in Erledigung des ihm erteilten Auftrags mit erledigt werden können, so dass - wie die Antragsgegnerin vorträgt - zeitliche Verzögerungen nicht zu befürchten sind. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner - wie auch hier geschehen - den von ihm mit der Planung, der Ausführung und der Überwachung des Objekts Beauftragten den Streit verkünden kann, was diesen - nach erfolgtem Beitritt - ihrerseits das Recht gäbe, Gegenanträge zu stellen. Werden durch die Streithelfer dann - wie hier gleichfalls geschehen - deren Subunternehmer in das Verfahren einbezogen, droht der von dem Antragsteller für das ursprüngliche Verfahren durch seine Fragestellung vorgegebene Rahmen völlig gesprengt zu werden. Gegenanträge, die über das den Grund des selbstständigen Beweisverfahrens bildende Rechtsverhältnis der Parteien hinausgehen, sind daher nicht zuzulassen. Der Antragsteller gibt durch seine Fragestellung den Rahmen der Beweiserhebung vor. Dieses Recht darf ihm nicht durch Gegenanträge aus der Hand genommen werden mit der Folge, dass die ursprüngliche Zielrichtung des Beweisverfahrens in den Hintergrund tritt, und die Beweisaufnahme von dem Antragsteller und den von diesem in das Verfahren einbezogenen Dritten bestimmt wird (vgl. OLG Nürnberg NJOZ 2003, 184; OLG Düsseldorf BauR 2004, 1657). Da die Fragen eines Planungs- bzw. Überwachungsverschuldens der von der Antragsgegnerin beauftragten Architekten für das Verhältnis zwischen den Antragstellern und der Antragsgegnerin und die daraus resultierenden werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche ohne Bedeutung sind, sind die darauf gerichteten Gegenanträge der Antragsgegnerin vom Landgericht zu Recht zurückgewiesen worden.

Zu einer abweichenden Entscheidung gibt die in BauR 1996, 896 veröffentlichte Entscheidung des OLG Düsseldorf keine Veranlassung. Dort ist der von dem Rohbauunternehmer auf die Ermittlung eines Planungsfehlers gerichtetet gewesene Gegenantrag zwar zugelassen worden. Das ist allerdings vor dem rechtlichen Hintergrund zu sehen, dass ein eventuelles Planungsverschulden des von dem Bauherrn beauftragten Architekten sich bei der Ermittlung von Verursachungsbeiträgen im Verhältnis Bauherr zum Rohbauunternehmer auswirken kann.

Auch die Entscheidung des OLG Köln BauR 2004, 752 gibt keinen Anlass, von der hier vertretenen Auffassung abzurücken. Dem dort mitgeteilten Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, ob die Ermittlung der Verursachungsbeiträge nur dazu diente, die Haftungsbeiträge innerhalb der Gruppe der Bauausführenden zu bestimmen. Soweit dies der Fall sein sollte, vermag der Senat aus den oben dargelegten Gründen dieser Auffassung nicht zu folgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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