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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.01.2008
Aktenzeichen: 2 Ss 4/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 318
Eine Berufungsbeschränkung ist nicht etwa schon deswegen ausgeschlossen, weil das Erstgericht geltendes Recht falsch angewendet haben sollte. Eine fehlerhafte Subsumtion hindert die Beschränkung der Berufung nicht.
Beschluss

Strafsache

gegen M.S.

wegen Diebstahls.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 11. September 2007 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24. 01. 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Lüdenscheid -Strafrichter - hat den Angeklagten mit Urteil vom 20. März 2007 wegen Diebstahls sowie Urkundenfälschung in zwei Fällen, diese jeweils begangen in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt sowie eine isolierte Sperrfrist von neun Monaten angeordnet. Dieser Verurteilung hat das Amtsgericht zugrundegelegt, dass der Angeklagte am 06. Januar 2007 zwischen 17.20 Uhr und 22.15 Uhr aus der offenstehenden Garage des Hauses Jahnstrasse 3 in Lüdenscheid einen Motorroller der Marke Aprilia des Geschädigten K. im Wert von etwa 900,- € mit dem Kennzeichen 2836HXF entwendete. In der Folgezeit versah der Angeklagte den Roller mit weiteren Zubehörteilen und montierte an den Motorroller das dafür nicht ausgegebene Kennzeichen 118 TUK/06, um so im Rechtsverkehr vorzutäuschen, dass der Roller versichert sei. Obwohl der Angeklagte wusste, dass für den entwendeten Motorroller keine Haftpflichtversicherung bestand, er ein für dieses Krad nicht ausgegebenes Kennzeichen angebracht hatte und er auch nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zum Führen des Rollers war, fuhr er zu einem nicht mehr genau zu ermittelnden Zeitpunkt am 20. März 2007 mit dem Roller zum Schrottplatz in der Dammstrasse in Lüdenscheid, um dort Teile für seinen Bruder zu besorgen. Zufällig befand sich gegen 16.00 Uhr auch der Geschädigte K. auf dem Schrottplatz, der seinen Motorroller gleich wiedererkannte. Nachdem der Geschädigte den Angeklagten angesprochen hatte, verließ dieser fluchtartig mit dem Roller den Schrottplatz. Das Amtsgericht Lüdenscheid hat dabei die Fahrten zum Schrottplatz und die anschließende Wegfahrt als mehrere Straftaten im Sinne des § 53 StGB gewertet.

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft, die diese auf den Rechtsfolgenausspruch und hier auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt hatte, hat das Landgericht Hagen das Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen unter Verwerfung der Berufung im übrigen aufgehoben und neu gefasst. Es hat den Angeklagten wegen Diebstahls und wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten - ohne Strafaussetzung zur Bewährung -verurteilt sowie eine Sperrfrist von noch sechs Monaten angeordnet. Dabei hat es die Fahrten zum Schrottplatz und die anschließende Wegfahrt als eine Tat im Sinne von § 52 StGB gewertet und insoweit ergänzend festgestellt, dass der Angeklagte von vorneherein vorgehabt habe, mit dem Roller zum Schrottplatz und wieder zurück zu fahren. Zu der Beschränkung der Berufung durch die Staatsanwaltschaft hat das Landgericht ausgeführt: "Die Strafkammer hat die Beschränkung nicht entgegengenommen, da die amtsgerichtlichen Feststellungen den Schuldspruch hinsichtlich der Konkurrenzen nicht tragen."

Gegen das Urteil des Landgerichts Hagen hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung materiellen Rechts gerügt hat.

II.

Die Revision ist zulässig und hat zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Landgerichts Hagen.

Trotz der Beschränkung der Berufung seitens der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch hat das Berufungsgericht erneut eine Hauptverhandlung zum Schuldspruch durchgeführt und Feststellungen dazu getroffen. Dies war ihm jedoch aufgrund der wirksamen Beschränkung der Berufung verwehrt, da insoweit bereits Teilrechtskraft eingetreten war (vgl. Senatsbeschluss vom 21. November 2007 in 2 Ss 505/07; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 327 Rdnr.6 m.w.N.). Auf die zulässig erhobene Sachrüge hin hat der Senat von Amts wegen zu prüfen, ob das Berufungsgericht die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch zu Recht als unwirksam angesehen hat (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 318 Rdnr. 33 m.w.N., BayObLG, NStZ 2000, 210, 211).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Beschränkung der Berufung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch aber wirksam. Die Unwirksamkeit einer grundsätzlich möglichen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch wird vor allem dann angenommen, wenn die Feststellungen zum Schuldumfang der Tat so dürftig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht einmal in groben Zügen erkennen lassen und daher keine ausreichende Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung bilden können (BayObLG, NStZ 1988, 570 m.w.N.). Dabei ist eine Berufungsbeschränkung nicht etwa schon deswegen ausgeschlossen, weil das Erstgericht geltendes Recht falsch angewendet haben sollte. Eine fehlerhafte Subsumtion hindert die Beschränkung der Berufung nicht (vgl. KK-Ruß, StPO, 5. Aufl., § 318 Rdnr. 7a; OLG Köln, Beschluss vom 27. Dezember 2005 in 83 Ss 72/05, www.juris.de, m.w.N). Daher steht der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung ebenfalls nicht entgegen, dass das Erstgericht möglicherweise zu Unrecht Tatmehrheit statt Tateinheit angenommen hat (vgl. BGH, NStZ-RR 1996, 267; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2004, 74, 75; BayObLG, NStZ 1988, 570). Nach diesen Grundsätzen war die Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam, da die Feststellungen des Erstgerichts zum Tatgeschehen eine hinreichende Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung geboten haben. Das Berufungsgericht war daher an der Durchführung einer Hauptverhandlung auch zur Schuldfrage aufgrund der eingetretenen sog. horizontalen Rechtskraft gehindert.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - über den Rechtsfolgenausspruch - an eine andere Kammer des Landgerichts Hagen zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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