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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.02.2007
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 27/07
Rechtsgebiete: StPO, StVG, StVO


Vorschriften:

StPO § 260
StPO § 267
StVG § 25
StVO § 37
Urteilstenor und Urteilsgründe müssen auch erkennen lassen, gegen welche Tatbestände der Betroffene verstoßen hat.
Beschluss

Bußgeldsache

gegen A.B.

wegen fahrlässigen Rotlichtverstoßes.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 17. Oktober 2006 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 08. 02. 2007 durch die Richterin am Oberlandesgericht Lange als Einzelrichterin gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Hagen hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Nichtbeachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage nach den §§ 37 Abs. 2 Nr. 1, 1 Abs. 2 StVO i. V. m. §§ 24, 25 StVG eine Geldbuße in Höhe von 125,00 EURO festgesetzt und außerdem unter Beachtung des § 25 Abs. 2 a StVG ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Hiergegen richtet sich der Betroffene mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung der Rechtsbeschwerde beantragt.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, kann in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Stellungnahme vom 15. Januar 2007 Folgendes ausgeführt:

"Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen sowohl den Schuld- als auch den Rechtsfolgenausspruch.

Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Amtsgericht habe wegen des im Urteilstenor nicht enthaltenen Zusatz, dass es infolge des Rotlichtverstoßes zu einem Unfall kam, den zutreffenden Ordnungswidrigkeitstatbestand nicht festgestellt, greift dies den Bestand des angefochtenen Urteils nicht an. Zwar müssen die Urteilsgründe in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zum Ausdruck bringen, welchen gesetzlichen Tatbestand das Gericht als erfüllt ansieht und welche Vorschriften für die Bemessung der Rechtsfolgen maßgeblich waren. Urteilstenor (§ 260 Abs. 5 StPO) und Urteilsgründe (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) müssen auch erkennen lassen, gegen welche Tatbestände der Betroffene verstoßen hat. Mit der Rüge der Nichtanführung des angewendeten Ordnungswidrigkeittatbestandes kann eine Rechtsbeschwerde aber nur dann Erfolg haben, wenn auch nach Heranziehung der Urteilsformel unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe zweifelhaft bleibt, welchen Ordnungswidrigkeitstatbestand das Gericht als erfüllt ansieht. Nur in einem derartigen Fall kann das Urteil auf einem Mangel des § 267 Abs. 3 StPO beruhen. Selbst das vollständige Fehlen der Bezeichnung des zur Anwendung gebrachten Ordnungswidrigkeitstatbestandes kann unbeachtlich sein, wenn das Urteil seinen Wortlaut wiedergibt (zu vgl. Gollwitzer, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Auflg., § 267 Rdn. 75).

Den vorstehend dargestellten Anforderungen an die Bestimmtheit der Urteilsformel genügt das angefochtene Urteil, weil den Urteilsgründen eindeutig entnommen werden kann, dass der Betroffene wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens (Rotlicht) und hierdurch bedingten Unfall schuldig gesprochen worden ist. Dies folgt nicht nur aus den Urteilsgründen, sondern ergibt sich auch bereits aus den angewendeten Vorschriften, die "§ 1 Abs. 2 StVO" zitieren.

Die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbots begegnet ebenfalls rechtlichen Bedenken nicht.

Zutreffend geht das Amtsgericht von einem Regelfall für die Anordnung eines Fahrverbotes gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 BKatV sowie davon aus, dass keine Gründe in Tat oder Täter erkennbar sind, die vorliegend ausnahmsweise ein Absehen vom Regelfahrverbot gerechtfertigt hätten. Die Erfüllung des Tatbestandes § 4 Abs. 1 Satz 1 BKatV indiziert grundsätzlich die Annahme eines groben Verstoßes im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, so dass es in derartigen Fällen regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme des Fahrverbotes bedarf (zu vgl. BGH NJW 1992, 1397). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die Voraussetzungen für das Vorliegen eines sog. Augenblickversagens verneint hat. Anhaltspunke, die die Annahme rechtfertigen, dass dem Betroffenen nur einfache Fahrlässigkeit, also lediglich ein Versagen, dass auch ein sorgfältiger und pflichtbewusster Kraftfahrzeugführer nicht immer vermeiden kann, zur Last gelegt werden könnte, liegen nach den getroffenen Feststellungen, wonach der Betroffene beim Abbiegevorgang zudem ein Mobiltelefon in den Händen hielt, nicht vor. Den Feststellungen ist somit ausreichend zu entnehmen, dass der Verkehrsverstoß nicht auf einem Augenblicksversagen beruht.

Auch der Umstand, dass die Tat im März 2005 begangen wurde, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Insbesondere auf Grund des Umstandes, dass der Betroffene beim Einfahren in den Kreuzungsbereich am telefonieren war, ist das Amtsgericht zu der Auffassung gelangt, dass das Fahrverbot zur Einwirkung auf den Betroffenen wegen grober Pflichtverletzung notwendig ist, so dass dieses seinen Sinn nicht verloren hat. Ein Ausnahmefall, der mit Blick auf das lange Zurückliegen der Tat ein ausnahmsweise Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes rechtfertigen könnte (zu vgl. dazu grundlegend OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.05.2000, 2s Ss (OWi) 128/00 - (OWi) 39/00 III, MDR 2000, 829; BayObLG NZV 98, 82; OLG Köln, Beschluss vom 16.06.2000 - Ss 241/00/B-, NZV 2000, 430), ist ersichtlich nicht gegeben. Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass auf Grund der Einlassung des Betroffenen ein Sachverständigengutachten einzuholen war und der Hauptverhandlungstermin auf Antrag seines Verteidigers wiederholt verlegt werden musste (zu vgl. dazu OLG Köln, NZV 2000, 430), also die lange Verfahrensdauer jedenfalls der Justiz nicht anzulasten ist.

Der Rechtsbeschwerde ist daher insgesamt ein Erfolg zu versagen."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung, so dass nach alledem die Rechtsbeschwerde mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG ergebenden Kostenfolge zu verwerfen war.

Ende der Entscheidung

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