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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.07.2006
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 415/06
Rechtsgebiete: OWiG, StVO


Vorschriften:

OWiG § 80
StVO § 21
Zur (verneinten) Zulassung der Rechtsbeschwerde bei erheblicher Überschreitung des Satzes der Regelgeldbuße.
Beschluss

Bußgeldsache

gegen S.F.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit (unzulässige Benutzung eines Mobiltelefons).

Auf den Antrag des Betroffenen vom 3. März 2006 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 27. Februar 2006 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 07. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht (als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen, da es nicht geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur - allein zulässigen - Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1, 2, 4 Satz 3 OWiG).

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:

Der Betroffene, der wegen fahrlässigen Benutzens eines Mobiltelefons als Führer eines Kraftfahrzeuges mit einer Geldbuße von 80,- € belegt worden ist, begründet seinen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde in erster Linie damit, dass vor Erlass des Bußgeldbescheids bereits Verjährung eingetreten sei. Nach vorläufiger Einstellung des Verfahrens wegen unbekannten Aufenthalts des Betroffenen sei durch die Verwaltungsbehörde zwar zunächst ein Amtshilfeersuchen an eine andere Gemeinde mit der Bitte um außen-dienstliche Ermittlung der neuen Anschrift mit verjährungsunterbrechender Wirkung gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 OWiG gerichtet worden. Da zunächst jedoch eine Antwort ausgeblieben war, seien die darauffolgenden weiteren Schreiben mit gleichem Inhalt, denen jeweils der Zusatz "Erinnerung" beigefügt war, jedoch keine erneuten die Verjährung unterbrechenden Anordnungen im Sinne der genannten Vorschrift.

Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zutreffend dargelegt hat, kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 5 OWiG nur dann in Betracht, wenn zur Frage der Verjährung ein klärendes Wort zu sprechen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Mai 2005 in 2 Ss OWi 322/05; Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 80 Rdnr. 23, 24).

Weiterhin hat die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend Folgendes ausgeführt:

"Klärungsbedürftige Fragen der Verjährung ergeben sich vorliegend jedoch nicht. Entgegen der Auffassung des Betroffenen unterliegt eine verjährungsunterbrechende Anordnung im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG nicht den an eine Maßnahme der Verwaltungsbehörde im Sinne von § 50 Abs. 1 OWiG zu richtenden Anforderungen. Während die letztgenannte Vorschrift bereits nach ihrem Wortlaut nur solche einen Einzelfall regelnden Maßnahmen erfasst, die an eine bestimmte, außerhalb der Behörde stehende und von der Maßnahme betroffene Person gerichtet sind, ist unter einer Anordnung im Sinne von § 33 OWiG eine an ein Verfolgungsorgan gerichtete Handlungsanweisung zu verstehen. Sie beansprucht daher keine Außenwirkung, sondern stellt ein bloßes Verwaltungsinternum dar. Die wesentliche Bedeutung einer Anordnung gemäß § 33 OWiG liegt im Gegensatz zu § 50 OWiG gerade darin, nicht nach außen gerichtet zu sein und damit insbesondere nicht zur Kenntnis des Betroffenen gelangen zu müssen (zu vgl. Göhler, § 33 Rdn. 6 b m.w.N.). Demgemäß ist zu ihrer Wirksamkeit eine besondere Form nicht erforderlich, sondern es ist ausreichend, dass sich der geäußerte behördliche Wille anhand des Akteninhalts mit Gewissheit feststellen lässt (zu vgl. Senatsbeschluss vom 11.08.2005 - 2 Ss OWi 312/05 -; Weller in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Auflg., § 33, Rdn. 57). Dies ist hier der Fall. Den Erinnerungsschreiben ist der Wille der Verwaltungsbehörde zu entnehmen, weiterhin Auskunft über die Meldeanschrift des Betroffenen zu erhalten, wodurch den an eine Anordnung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG zu stellenden Anforderungen Genüge getan worden ist, wie das Amtsgericht im Übrigen auch ausführlich und zutreffend festgestellt hat.

Eine klärungsbedürftige Frage der Verjährung, die vorliegend die Zulassung der Rechtsbeschwerde gebietet, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich."

Dem tritt der Senat bei und bemerkt ergänzend:

Der Umstand, dass den weiteren Schreiben der Verwaltungsbehörde mit der Bitte um Ermittlung des Aufenthalts durch außergerichtliche Nachforschungen jeweils der Zusatz "Erinnerung" beigefügt war, ändert nichts daran, dass es sich jeweils um eine Anordnung i.S.d. § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 OWiG gehandelt hat.

Auch die vorliegende Festsetzung der Geldbuße auf 80,- € begegnet - unbeschadet der deutlichen Überschreitung des Regelsatzes um 40,- € nach dem bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog, der allerdings die Gerichte nicht bindet (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2005 in 2 Ss OWi 811/05 = StraFo 2006, 123; Beschluss des hiesigen 4. Senats für Bußgeldsachen vom 10. November 2005 in 4 Ss OWi 776/05) - in Anbetracht der zahlreichen Voreintragungen aus rechtsbeschwerderechtlicher Sicht keinen Bedenken und nötigt ebenso wenig zur Zulassung der Rechtsbeschwerde wie der Umstand, dass der Betroffene lediglich wegen fahrlässiger Begehungsweise verurteilt worden ist (vgl. zur - regelmäßigen - Schuldform des Vorsatzes bei Verstößen der vorliegenden Art die vorgenannten Beschlüsse vom 1. Dezember 2005 und 10. November 2005, ferner OLG Jena, NZV 2005, 108 = NStZ-RR 2005, 23 = DAR 2005, 228 = VRS 107, 472).

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