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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 01.07.2008
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 494/08
Rechtsgebiete: StPO, StVO


Vorschriften:

StPO § 261
StVO § 22
Stützt der Tatrichter den Schuldspruch auf ein Sachverständigengutachten, ist in den Urteilsgründen eine verständliche in sich geschlossene Darstellung der dem Gutachten zu Grunde liegenden Anknüpfungstatsachen, der wesentlichen Befundtatsachen und der das Gutachten tragenden fachlichen Begründung erforderlich.
Beschluss

Bußgeldsache

gegen J.R.

wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf den Antrag des Betroffenen vom 22. April 2008 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 21. April 2008 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 01. 07. 2008 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 22 Abs. 1, 49 StVO, 24 StVG mit einer Geldbuße von 40 € belegt. Dagegen richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag zu verwerfen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zwar rechtzeitig gestellt und form- und fristgerecht begründet worden, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Da die verhängte Geldbuße nicht mehr als 100 € beträgt, richten sich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG. Danach ist die Rechtsbeschwerde in den Verfahren mit den so genannten weniger bedeutsamen Fällen nur zulässig zur Fortbildung des materiellen Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 OWiG) oder, wenn das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben ist (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

Soweit der Betroffene mit seinem Vortrag die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat er damit keinen Erfolg. Denn zur Fortbildung des materiellen Rechts ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (zu vgl. OLG Hamm VRS 56, 42 f.). Dafür ist kein Anlass ersichtlich.

Die mit einer fahrlässig unzureichenden Ladungssicherung zusammenhängenden Fragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur hinreichend geklärt (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 22 StVO Rn. 13 ff. mit weiteren Nachweisen). Die Begründung des Zulassungsantrags zeigt keine Umstände auf, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde dennoch rechtfertigen würden. Die Bestimmung der nach § 22 Abs. 1 StVO zu treffenden Sicherungsmaßnahmen hängt naturgemäß von der Art der Ladung und des verwendeten Transportmittels ab und ist daher nur im Einzelfall möglich. Nach der Vorstellung des Verordnungsgebers setzt eine sachgerechte Sicherung der Ladung ihr Verstauen nach den in der Praxis anerkannten Regeln des Speditions- und Fuhrbetriebes voraus. Insoweit stellen nach allgemeiner Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung die gegenwärtig anerkannten technischen Beladungsregeln in der VDI-Richtlinie 2700 (juris: VDIRL) "Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen" allgemein zu beachtende Grundregeln dar. Allerdings ist die VDI-Richtlinie nicht schematisch anzuwenden. Sie unterliegt als "objektiviertes Sachverständigengutachten" der richterlichen Nachprüfung, erforderlichenfalls unter Anhörung eines Sachverständigen in der Hauptverhandlung (vgl. OLG Koblenz VRS 82, 53). Dem wird die angefochtene Entscheidung gerecht. Der Tatrichter hat der Verurteilung nicht einfach die VDI-Richtlinie zugrunde gelegt, sondern hat einen Sachverständigen befragt, wie im konkreten Fall die Ladung hätte gesichert werden müssen.

Die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt zudem nicht zur Aufdeckung weiterer Rechtsfragen, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts gebieten würden. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die Ausführungen des Amtsgerichts den obergerichtlichen Anforderungen an die tatrichterlichen Ausführungen, wenn der Tatrichter den Schuldspruch auf ein Sachverständigengutachten stützt, nicht vollständig gerecht werden dürften. Stützt der Tatrichter den Schuldspruch nämlich auf ein Sachverständigengutachten, so ist in den Urteilsgründen eine verständliche in sich geschlossene Darstellung der dem Gutachten zu Grunde liegenden Anknüpfungstatsachen, der wesentlichen Befundtatsachen und der das Gutachten tragenden fachlichen Begründung erforderlich. Anderenfalls sind die Urteilsgründe lückenhaft. Insoweit dürften die Urteilsgründe nicht ausreichend sein, da sich ihnen nicht entnehmen lässt, warum sich der Tatrichter den Ausführungen des Sachverständigen angeschlossen hat. Die Frage kann indes letztlich dahinstehen, da die damit zusammenhängenden Rechtfragen in der obergerichtlichen Rechtsprechung ausreichend geklärt sind (vgl. u.a. Senat in VA 2000, 32 = StraFo 2000, 310 = NZV 2000, 429 = StV 2000, 547 = DAR 2000, 483 = VRS 99, 204; StV 2004, 588, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht geltend gemacht.

Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO, § 79 Abs. 3 OWiG ergebenden Kostenfolge zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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