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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 30.08.2007
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 527/07
Rechtsgebiete: StVG


Vorschriften:

StVG § 25
Zu den Anforderungen an die Begründung der Entscheidung von einem Fahrverbot nicht wegen beruflicher Gründe absehen zu wollen.
Beschluss

Bußgeldsache

gegen C.F.

wegen fahrlässigen Rotlichtverstoßes.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Iserlohn vom 01. Juni 2007 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 30. 08. 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird unter Verwerfung der Rechtsbeschwerde im Übrigen im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Iserlohn zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße in Höhe von 125 EUR verurteilt, ein Fahrverbot von einem Monat verhängt und von der Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG Gebrauch gemacht. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der dieser die Verletzung materiellen Rechts gerügt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 349 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 79 Abs. 3 OWiG zu verwerfen.

II.

Das Amtsgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen bzw. folgende Ausführungen gemacht:

"Der 1980 in Arnsberg geborene Betroffene, der bußgeldrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten ist, ist als gelernter Kfz-Mechaniker bei der Märkischen Verkehrsgesellschaft beschäftigt. Hier obliegt ihm nicht nur die Wartung und Reparatur der Kraft-Omnibusse der MVG, sondern auch die Durchführung von Probefahrten und Pannenhilfen vor Ort, wobei er auch im Schichtdienst tätig ist. Fischer ist verheiratet und hat ein Kind. Seine Ehefrau erwartet in Kürze ein zweites Kind. Die Familie lebt von seinen Arbeitseinkünften in Höhe von 1.900,00 Euro.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht nachstehender Sachverhalt zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest:

Am 27.08.2006 befuhr der Betroffene mit seinem PKW der Marke VW mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXX aus Richtung Hemer kommend die Ihmerter Straße in Richtung Altena südwärts. Im Stadtteil Hemer-Ihmert, in dem die höchstzulässige Geschwindigkeit auf 50 km/h beschränkt ist, führten zu diesem Zeitpunkt die Polizeibeamten H. und P. an der Kreuzung Ihmerter Straße / Westendorfstraße, die beampelt ist, eine gezielte Rotlichtüberwachung durch. Aus Fahrtrichtung des Betroffenen gesehen zweigt die Westendorfstraße nach rechts von der Ihmerter Straße ab. Nach links aus Fahrtrichtung des Betroffenen gesehen zweigt die Heinrich-Gosvin-Straße ab. Die Lichtzeichenanlage ist so geschaltet, dass der Geradeaus-Verkehr auf der Ihmerter Straße gleichzeitig Grünlicht hat. Nach einer drei Sekunden andauernden Gelbphase wechselt die Lichtzeichenanlage für den Geradeaus-Verkehr auf der Ihmerter Straße auf Rot. Anschließend bekommt der Linksabbieger-Verkehr von der Ihmerter Straße in die Heinrich-Gosvin-Straße und der Linksabbieger-Verkehr in Gegenrichtung von der Ihmerter Straße in die Westendorfstraße Grünlicht. Anschließend bekommt der Querverkehr zur Ihmerter Straße Grünlicht. Die Beamten hatten ihr Fahrzeug aus Fahrtrichtung des Betroffenen gesehen vor dem eigentlichen Kreuzungsbereich links der vom Betroffenen benutzten Fahrbahn neben einer Postfiliale vor einem dort befindlichen Autohaus im 90°-Winkel zur Straße auf einer dort befindlichen Parkfläche abgestellt, so dass sie beide ungehinderte Sicht auf den gesamten Kreuzungsbereich und insbesondere auf die Lichtzeichenanlage, die für den Betroffenen galt, hatten. Dabei saß der Zeuge H. hinter dem Steuer des Dienstfahrzeuges und der Beamte P. war Beifahrer. Als die Lichtzeichenanlage auf Rot umschlug und zunächst nichts passierte, wollte der Zeuge H. die Überwachung, die er per Armbanduhr stoppte, bereits abbrechen, als er plötzlich einen Wagen herannahen hörte. Zu diesem Zeitpunkt näherte sich der Betroffene mit dem von ihm geführten Wagen der Kreuzung und überfuhr die Haltelinie bei rotzeigender Lichtzeichenanlage zu einem Zeitpunkt, als ein Linksabbieger im Gegenverkehr des Betroffenen bereits in den Kreuzungsbereich hineingefahren war, um in die Westendorfstraße einzubiegen. Zu einer Gefährdung dieses Linksabbiegers kam es nicht, da dieser erst wenige Meter angefahren war. Zum Zeitpunkt, als der Betroffene die für ihn geltende Haltelinie vor dem eigentlichen Kreuzungsbereich bei Rot passierte, stand die Wechsellichtzeichenanlage, die für ihn im Geradeaus-Verkehr galt, bereits deutlich mehr als eine Sekunde auf Rot. Daraufhin startete der Polizeibeamte H. das Dienstfahrzeug und verfolgte den Betroffenen, wobei er noch den erwähnten linksabbiegenden Gegenverkehr des Betroffenen passieren lassen musste. Einige Zeit später konnte der Betroffene angehalten werden. Nach entsprechender Belehrung räumte der Betroffene den Verkehrsverstoß mit den Worten: "Ich weiß auch nicht, warum ich das gemacht habe", ein.

Der Betroffene hat sich dahingehend eingelassen, er sei am besagten Tag mit seiner Ehefrau von einem Tanzkurs gekommen. Er sei auf dem Weg nach Hause gewesen. Man habe sich im Auto unterhalten. Als er den Kreuzungsbereich passiert habe, sei die Ampel seiner Meinung nach noch auf Gelblicht gestanden. Diese Einlassung des Betroffenen ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme insbesondere durch die glaubhaften Angaben der Zeugen H. und P. und die in Augenschein genommenen Lichtbilder von dem Kreuzungsbereich als Schutzbehauptung widerlegt. Der zunächst vernommene Zeuge H. hat glaubhaft bekundet, es habe sich am Vorfallstag um eine gezielte Rotlichtüberwachung gehandelt. Dabei hätte er eventuelle Rotlichtverstöße per Hand mit der Uhr gestoppt. Zum Vorfallszeitpunkt hätte er eine solche Messung bereits abgebrochen, weil er nicht geglaubt habe, dass noch ein Fahrzeug sich nähern würde. Dann habe er Geräusche eines beschleunigenden PKWs vernommen und gesehen, dass das Fahrzeug des Betroffenen mit subjektiv empfunden überhöhter Geschwindigkeit über die Haltelinie der Lichtzeichenanlage in den Kreuzungsbereich eingefahren sei. Zu diesem Zeitpunkt habe bereits der linksabbiegende Gegenverkehr des Betroffenen begonnen, in den Kreuzungsbereich einzufahren, wobei der Linksabbieger bereits zwei bis drei Fahrzeuglängen losgefahren sei. Für diesen linksabbiegenden Gegenverkehr schalte die Ampel von Rot über Gelb auf Grün eine Sekunde, nachdem die für den Betroffenen geltende Lichtzeichenanlage auf Rot umgesprungen sei. Erstmals bemerkt habe er den Betroffenen und das von ihm geführte Fahrzeug, als es noch etwa vier bis fünf Wagenlängen vor der Haltelinie gewesen sei. Diese Angaben, die das Gericht für glaubwürdig hält, haben deshalb besonderes Gewicht, weil der Zeuge H. eingangs seiner Vernehmung zunächst angegeben hat, dass er unmittelbar aus dem Urlaub zum Termin gekommen sei und daher keine Möglichkeit gehabt habe, sich durch Einsicht in die Unterlagen auf den Termin vorzubereiten. Daraus ist auch erklärlich, dass der Zeuge H. zunächst nicht sicher war, ob im Fahrzeug des Betroffenen neben dessen Ehefrau auch noch ein Kind gewesen ist. Auch hinsichtlich des Fahrzeugtyps und der Fahrzeugfarbe war sich der Zeuge H. nicht sicher, in der Vernehmung war aber deutlich zu merken, dass er eine konkrete Erinnerung an das Geschehen hatte, so, wie er es geschildert hat. Die Angaben des Zeugen H. werden darüber hinaus auch bestätigt durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen P., der als Beifahrer im Streifenwagen saß. Dieser hat bekundet, dass er aus dem Streifenwagen heraus ungehinderte Sicht auf die Lichtzeichenanlage der bezeichneten Kreuzung hatte. Als die Lichtzeichenanlage auf Rot geschaltet habe, habe er seine Blickrichtung gewendet und in die Richtung geschaut, aus der der Betroffene herangefahren sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Betroffene noch etwa 200 Meter entfernt gewesen, wobei sich der Zeuge bei der Entfernungsschätzung nicht sicher war. Für ihn sei eigentlich klar gewesen, dass der Fahrer des von ihm beobachteten Fahrzeugs anhalten würde. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen und das Fahrzeug sei mit etwa gleichbleibender Geschwindigkeit, zu deren Höhe er keine Angaben machen könne, in den Kreuzungsbereich eingefahren, als bereits der linksabbiegende Gegenverkehr des Betroffenen angefahren sei. Sein Kollege habe daraufhin sofort die Verfolgung aufgenommen, habe aber erst noch den linksabbiegenden Gegenverkehr abbiegen lassen müssen, bevor man dann dem Betroffenen gefolgt sei. Nach dem Anhalten des Betroffenen habe dieser dann auch den Verkehrsverstoß nach Belehrung zugegeben.

Anlass, diesen beiden sich deckenden Angaben der Polizeibeamten nicht zu folgen, sah das Gericht nicht. Im Kerngeschehen haben beide Beamten anschaulich und plausibel geschildert, dass sie eigentlich aufgrund des Zeitablaufes, seitdem die Ampelanlage auf Rot geschaltet hatte, nicht mehr davon ausgingen, dass noch ein Fahrzeug aus Richtung des Betroffenen die Kreuzung passieren würde. Von dem Rotlichtverstoß des Betroffenen, den dieser unumbunden auch nach Belehrung zugegeben habe, seien sie überrascht gewesen. Die Beamten haben auch keine überschießende Belastungstendenz zum Nachteil des Betroffenen erkennen lassen. Beide Beamte haben auf Nachfrage angegeben, dass durch das Verkehrsverhalten des Betroffenen keiner und insbesondere auch nicht der linksabbiegende Gegenverkehr des Betroffenen konkret gefährdet worden wäre.

Damit steht fest, dass der Betroffene zumindest fahrlässig das für ihn geltende Rotlicht der Lichtzeichenanlage an besagter Kreuzung missachtet hat, wobei die Rotphase bereits länger als eine Sekunde andauerte. Dass letzteres der Fall ist, ergibt sich schon daraus, dass der Zeuge H. die von ihm durchgeführte gezielte Rotlichtüberwachung mittels einer Uhr bereits abbrechen wollte, als er durch das Motorengeräusch des vom Betroffenen geführten Fahrzeugs auf dieses aufmerksam wurde. Für ihn war bereits soviel Zeit, mithin sicherlich mehr als zwei Sekunden verstrichen, dass er an einen Rotlichtverstoß nicht mehr glaubte. Als er seinen Blick dann wendete, sah er den Betroffenen noch einige Fahrzeuglängen entfernt vor der Haltelinie zur Kreuzung. Diese vier bis fünf Wagenlängen musste der Betroffene erst noch zurücklegen, um dann die Haltelinie an der Kreuzung zu überfahren, was sowohl bei Einhaltung der erlaubten höchstzulässigen 50 km/h als auch bei höherer Geschwindigkeit jedenfalls sicherlich länger als eine weitere Sekunde gedauert hat. Nimmt man hinzu, dass beide Beamten angegeben haben, dass der linksabbiegende Gegenverkehr aus Sicht des Betroffenen bereits angefahren war, als der Betroffene die Haltelinie überfuhr, so steht in Verbindung mit den glaubhaften Bekundungen des Zeugen H. fest, dass die für den Betroffenen geltenden Lichtzeichenanlage jedenfalls mehr als eine Sekunde Rotlicht zeigte, als der Betroffene in den Kreuzungsbereich einfuhr. Der Zeuge H. hat nämlich, wie bereits oben angegeben, bekundet, dass sich der linksabbiegende Gegenverkehr aus Sicht des Betroffenen erst dann Grünlicht bekommt, nachdem die für den Betroffenen geltende Lichtzeichenanlage eine Sekunde lang Rot zeigt. Unter Berücksichtigung auch der Reaktionszeit des links abbiegenden Gegenverkehrs des Betroffenen ist also auch aus diesen Bekundungen feststehend, dass das Rotlicht für den Betroffenen bereits länger als eine Sekunde andauerte, als dieser die Haltelinie überfuhr. Danach hat der Betroffene sich zumindest wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens in qualifizierter Form gem. der §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG, 132.2 BKat, 4 I BKatV schuldig gemacht und musste deswegen bußgeldrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Bei der Bemessung der zu verhängenden Geldbuße hat das Gericht berücksichtigt, dass der Betroffene bisher bußgeldrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Auch seine Einkommensverhältnisse und seine Unterhaltsverpflichtungen sind berücksichtigt worden. Das Gericht sah jedoch keine Veranlassung, vorliegend von der im bundeseinheitlich geregelten Bußgeldkatalog für qualifizierte Rotlichtverstöße vorgesehenen Geldbuße von 125,00 Euro abzusehen. Das Gericht hielt diese Geldbuße für tat- und schuldangemessen, wobei auch berücksichtigt worden ist, dass der Betroffene zunächst gegenüber den Polizeibeamten sein Fehlverhalten unumbunden eingeräumt hat. Darauf ist erkannt worden. Gegen den Betroffenen war des weiteren ein Fahrverbot von der Dauer eines Monats anzuordnen, da die vorliegende Ordnungswidrigkeit hier unter grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde. Der Betroffene hat sich hier um des eigenen schnelleren Fortkommenwillens grob fahrlässig über verbindliche Verkehrsregelungen hinweg gesetzt, und dies ohne Not. Auch wenn es zu keiner konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist, ist aber doch festgestellt worden, dass sich der links abbiegende Gegenverkehr bereits in Bewegung gesetzt hatte und dies auch den Betroffenen nicht verborgen geblieben sein kann. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Betroffene allein durch die Festsetzung einer Geldbuße zu verkehrsgerechtem Verhalten nicht zu bewegen ist. Es hat deshalb ein Fahrverbot von der Dauer eines Monats ausgeurteilt. Dabei war sich das Gericht darüber bewusst, dass es ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbots auch hätte absehen können, ggf. unter angemessener Erhöhung der Geldbuße. Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich jedoch, dass das Gericht diesen Entschluss nicht fassen wollte. Die Anordnung des Fahrverbotes belastet den Betroffenen auch nicht über Gebühr. Umstände, die außerhalb des Sanktionszweckes eine besondere Härte für den Betroffenen bedeuten würden, liegen nicht vor. Allein der Umstand, dass der Betroffene als Kraftfahrzeug-Mechaniker in einem Verkehrsbetrieb arbeitet und deswegen seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen könnte, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Denn der Umstand, dass jemand mit einem Fahrverbot belegt wird, ist kein anerkannter Grund, ein Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden, wie von der Verteidigung vorgebracht. Im Übrigen ist der Betroffene durch die Gewährung der o.g. Viermonatsfrist hinsichtlich des Wirksamwerdens des Fahrverbots in der Lage, in Verbindung mit seinen Urlaubsansprüchen flexibel zu reagieren und so die ggf. auf ihn zukommenden Schwierigkeiten an seinem Arbeitsplatz in Verbindung mit dem Fahrverbot zu minimieren.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat - zumindest vorläufig - teilweise Erfolg.

1. Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen allerdings - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Rotlichtverstoßes gemäß §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, 24, 25 StVG, 132.2 BKatV. Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Verwerfungsantrag insoweit wie folgt begründet:

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gebotene Überprüfung des Urteils deckt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht auf.

Die in sich widerspruchsfreien und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßenden Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässig begangenen Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens. Wenn das Gericht seine Überzeugung - nach umfassender Auseinandersetzung mit den örtlichen Gegebenheiten, Ampelphasen und Verkehrsabläufen - auf die Aussagen der beiden Polizeibeamten stützt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Durch die im Urteil festgestellten und gewürdigten Anknüpfungstatsachen ist hinreichend sichergestellt, dass das vom Betroffenen geführte Fahrzeug, die Haltelinie zu einem Zeitpunkt passiert hat, als die Rotphase bereits länger als eine Sekunde angedauert hat. Die Überbrückung von vier bis fünf Fahrzeuglängen bis zur Haltelinie sowie das bereits erfolgte Anfahren des linksabbiegenden Gegenverkehrs dienen in Verbindung mit dem die Ampelanlage detailliert überblickenden Standort der Polizeibeamten zur Verifizierung des verstrichenen Zeitablaufs und minimieren das Fehlerrisiko. Demzufolge handelt es sich nicht - wie von der Rechtsbeschwerde behauptet - um eine zufällige und bloße gefühlsmäßige Schätzung der Polizeibeamten, sondern eine verifizierte Zeitbestimmung auf gesicherter Tatsachengrundlage. Diese wird den gesteigerten Anforderungen an eine polizeiliche Zeitfeststellung gerecht (vgl. OLG Hamm. VRS 92, 441 sowie Beschluss vom 10.02.1998 - 1 Ss OWi 1591/97 - und Beschluss vom 20.05.1999 - 3 Ss OWi 436/99 -)."

Dem tritt der Senat nach eigener Sachprüfung bei und weist zusätzlich darauf hin, dass sich die Ausführungen der Rechtsbeschwerde teilweise in unzulässigen Angriffen gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung erschöpfen, die vorliegend nicht zu beanstanden ist. Die Beweiswürdigung ist nämlich weder lückenhaft noch enthält sie Widersprüche noch verstößt sie gegen Denkgesetze. Die Rechtsbeschwerde hinsichtlich des Schuldspruchs war daher zu verwerfen.

2. Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs lässt jedoch - insoweit entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft - einen Rechtsfehler erkennen, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit und zur Zurückverweisung führt. Die vom Amtsgericht dazu bislang getroffenen Feststellungen sind nämlich lückenhaft und rechtfertigen (noch) nicht die Anordnung des verhängten Fahrverbots.

Die getroffenen Feststellungen sind nämlich lückenhaft (§ 267 StPO). Sie ermöglichen es dem Senat nicht zu überprüfen, ob die vom Amtsgericht getroffene Fahrverbotsentscheidung zutreffend ist oder nicht. Zwar unterliegt die Entscheidung, ob trotz Vorliegens eines Regelfalls der konkrete Sachverhalt Ausnahmecharakter hat und dem gemäß von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden kann, in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter (vgl. BGH NZV 1992, 286, 288; zuletzt Senat in NZV 2007, 258 = VRR 2007, 350). Dem Tatrichter ist jedoch insoweit kein rechtlich ungebundenes, freies Ermessen eingeräumt, das nur auf Vorliegen von Ermessensfehlern hin vom Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar ist, sondern der dem Tatrichter verbleibende Entscheidungsspielraum ist durch gesetzlich niedergelegte und von der Rechtsprechung herausgearbeitete Zumessungskriterien eingeengt und unterliegt insoweit hinsichtlich der Angemessenheit der verhängten Rechtsfolge in gewissen Grenzen der Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht, und zwar insbesondere hinsichtlich der Annahme der Voraussetzungen eines Durchschnittsfalls oder Regelfalls, zu der auch die Frage der Verhängung bzw. des Absehens von der Verhängung des Regelfahrverbotes nach der Bußgeldkatalogverordnung zu zählen ist (OLG Hamm JMBl 1996, 246; zuletzt in VRR 2007, 350). Zwar ist die Entscheidung des Tatrichters vom Rechtsbeschwerdegericht im Zweifel "bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen (OLG Hamm DAR 1996, 68; VRS 92, 40; VRR 2007, 350, jeweils m.w.N.). Der Tatrichter muss jedoch - nach ebenfalls übereinstimmender Rechtsprechung der Obergerichte und, wie auch das OLG Hamm bereits wiederholt entschieden hat (vgl. OLG Hamm VRS 95, 138), - für seine Entscheidung eine eingehende, auf Tatsachen gestützte Begründung geben.

Dem wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Das Amtsgericht teilt zur drohende Gefährdung der beruflichen Existenz nichts Konkretes mit, sondern führt lediglich aus, dass der Betroffene wegen eines Fahrverbotes offenbar "deswegen seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen könnte." Es ist zwar in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Betroffene berufliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten als Folge eines angeordneten Fahrverbotes regelmäßig hinzunehmen hat. Derartige Nachteile rechtfertigen daher kein Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbotes, sondern grundsätzlich nur erhebliche Härten, wie z.B. ein drohender Verlust des Arbeitsplatzes oder der Verlust einer sonstigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage (st. Rechtsprechung, vgl. u.a. OLG Hamm VRS 90, 210; DAR 1996, 325; NZV 1995, 366). Dass die Verhängung eines Fahrverbotes vorliegend nicht mit derartig schwerwiegenden Folgen für den Betroffenen verbunden ist, lässt sich den amtsgerichtlichen Feststellungen gerade nicht entnehmen. Es wird lediglich angeführt, dass allein der Umstand, dass "der Betroffene als Kraftfahrzeug-Mechaniker in einem Verkehrsbetrieb arbeite und deswegen seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen könnte" kein anerkennenswerter Grund für eine fristlose Kündigung ist.

Soweit das Amtsgericht die "Gefährdung der beruflichen Existenz" offenbar auch mit dem Hinweis auf § 25 Abs. 2 a StVG verneinen will, sind auch insoweit nicht ausreichende Feststellungen getroffen worden. Zwar hat der OLG Hamm in der Vergangenheit bereits darauf hingewiesen, dass ein Absehen vom Fahrverbot dann nicht in Betracht kommt, wenn der Betroffene einen ggf. drohenden Arbeitsplatzverlust mit zumutbaren Mitteln abwenden kann. Das ist z.B. dann bejaht worden, wenn er die Möglichkeit hat, während der Vollstreckung des Fahrverbots Urlaub zu nehmen (vgl. OLG Hamm NZV 1996, 118, 119), wobei die Vorschrift des § 25 a StVG von erheblicher Bedeutung ist. Allerdings kann der Betroffene, worauf bereits ebenfalls hingewiesen worden ist, nur dann auf die Möglichkeit des Urlaubs verwiesen werden kann, wenn feststeht, dass er tatsächlich noch über einen ausreichend langen Jahresurlaub verfügt, den er innerhalb der Frist des § 25 a Abs. 2 StVG auch "an einem Stück" abwickeln kann (OLG Hamm NStZ-RR 1999, 313). Das lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Es spricht nur pauschal von einem "flexibel reagieren".

Nach allem sind somit weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen, so dass das angefochtene Urteil - wegen der Wechselwirkung zwischen Fahrverbot und Geldbuße - im Rechtsfolgenausspruch insgesamt aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.

III.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat erneut auf Folgendes zusätzlich hin:

Von einem Fahrverbot kann dann abgesehen werden, wenn feststeht, dass die mit dem Fahrverbot gewünschte Erziehungswirkung auch mit einer empfindlicheren Geldbuße erreicht werden kann und ein Fahrverbot nicht erforderlich ist, um den Betroffene zu verkehrsgerechtem Verhalten anzuhalten. Zwar wird von den Oberlandesgerichten angesichts der erheblich gewachsenen Verkehrsdichte und des Umstandes, dass es sich bei den Katalogtaten um besonders schwere Verstöße handelt, die Erforderlichkeit des Fahrverbots in der Regel zwar meist nicht verneint. Zumindest der normale Durchschnittsverdiener mit entsprechenden Unterhaltspflichten dürfte durch die Ausschöpfung der Höchstsätze für Bußgelder §§ 17 Abs. 1 und 2 OWiG (1.000 EUR bei Vorsatz, 500 EUR bei Fahrlässigkeit) mehr als in der Vergangenheit auch ohne Fahrverbot von der erneuten Begehung vergleichbarer Verstöße abzuhalten sein (vgl. dazu schon OLG Hamm, VRS 108, 444, 447; NZV 2001, 436 und zuletzt OLG Hamm VRR 2007, 236; so auch Deutscher NZV 1999, 113 und in Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, Rn. 712 ff. m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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