Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.10.2005
Aktenzeichen: 2 U 223/05
Rechtsgebiete: EUGVVO


Vorschriften:

EUGVVO Art. 5 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. Februar 2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Für die Klage gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) ist die internationale Zuständigkeit der Deutschen Gerichte gem. Art. 5 Nr. 3 EUGWO gegeben.

Wegen der weiteren Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens wird die Sache an das Landgericht Dortmund zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beklagten zu 2) und 3) stellen Sockeltransformatoren her, die u. a. mit von der Klägerin stammenden Sicherungen bestückt worden sind. Nachdem es bei mehreren der von den Beklagten zu 2) und 3) weiterverkauften Transformatoren zu Schäden gekommen war, äußerte die Beklagte zu 2) sich dahin, dass die Ursache hierfür in den Sicherungen der Klägerin liege. Ob auch die Beklagte zu 3) der Klägerin gegenüber diesen Standpunkt vertreten hat, ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin hat sodann mit Schriftsatz vom 29.11.2002 u.a. gegen die Beklagten zu 2) und 3) Klage beim Sozialgericht Dortmund mit dem angekündigten Antrag eingereicht, festzustellen, dass den Beklagten keinerlei Schadensersatzansprüche gegen sie zustünden. Zugleich hat die Klägerin Verweisung des Rechtstreits an das Landgericht Dortmund beantragt.

Mit Beschluß vom 07.02.2003 hat das Sozialgericht den Rechtsstreit antragsgemäß an das Landgericht Dortmund verwiesen, nachdem es u.a. den Beklagten zu 2) und 3) die Klageschrift in Abschrift per Post zugeleitet hatte.

Die Parteien streiten vorrangig über die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch am 02.02.2005 verkündetes Teil-Zwischen-Urteil die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass sich gem. Art. 2, 60 EuGWO (Verordnung Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000) die internationale Zuständigkeit hinsichtlich der Beklagten zu 2) und zu 3) nach deren jeweils in Frankreich gelegenem satzungsmäßigem Sitz bestimme. Entsprechend seien vorliegend die französischen Gerichte für die gegen sie erhobene Klage international zuständig. Die Ausnahmeregelung des Art. 5 Nr. 3 EuGWO greife dagegen nicht ein. Denn nach ihrem Sinn und Zweck gewähre diese Vorschrift nur dem Geschädigten einer unerlaubten Handlung ein Wahlrecht für eine Klage vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei oder einzutreten drohe. Für die negative Feststellungsklage eines Schädigers sei dagegen Art. 5 Nr. 3 EuGWO nicht gedacht. Anderenfalls könne jeder Schädiger mit einer vorbeugend erhobenen negativen Feststellungsklage die allgemeine Zuständigkeitsregelung des Art. 2 EuGWO abändern und den Rechtsstreit in sein Land ziehen.

Derartige Vorteile zu Gunsten eines Schädigers seien aber nicht gewollt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Berufung.

Sie macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens erster Instanz weiterhin geltend, dass die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 EuGWO gegeben sei. Diese Vorschrift sei nicht restriktiv im Sinne des Landgerichts auszulegen und komme sehr wohl unabhängig davon zum Tragen, ob es sich um eine Leistungsklage oder - wie vorliegend - um eine negative Feststellungsklage handele. Sinn und Zweck der Regelung sei es, eine geordnete und sachgerechte Prozessführung zu erreichen. Die Frage der Privilegierung eines etwaigen Geschädigten spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle. Maßgeblich sei zudem die Sachnähe zwischen dem Geschehen und dem angerufenen Gericht, die hierfür die deutschen Gerichte im Hinblick auf die Produktion der streitgegenständlichen Sicherungen in Deutschland ohne weiteres gegeben sei. Abgesehen davon habe die Beklagte zu 2) ihr gegenüber eine Rufschädigung begangen, so daß sich die Klage auch auf eine unerlaubte Handlung der Beklagten zu 2) stütze, bei der sie - die Klägerin - die Geschädigte sei. Außerdem sei jedenfalls hinsichtlich der Beklagten zu 2) eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 EuGWO begründet, da diese Beklagte ihr gegenüber Ansprüche vertraglicher Natur geltend mache.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 02.02.2005 (Aktenzeichen: 3 0 257/03) aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Dortmund zurück zu verweisen,

2. hilfsweise: das Urteil des Landgerichts Dortmund aufzuheben und festzustellen, dass aus oder im Zusammenhang mit

a. den zwischen ihr und der Beklagten zu 1 ) geschlossenen Vereinbarungen über den Verkauf von Sicherungen,

b. den zur Ausführung dieser Vereinbarungen erfolgten Lieferungen dieser Sicherungen an die Beklagte zu 1 ) und ganz allgemein ihrem - der Klägerin - Verhalten gegenüber den Beklagten zu 1 ) bis 4) für die Zeit zwischen dem 01.01.1996 und dem 30.11.2002,

c. dem von der Beklagten zu 1 ) vorgenommenen Weiterverkauf dieser Sicherungen an die Beklagten zu 2) und 3),

d. und dem von den Beklagten zu 2) und 3) vorgenommenen Einbau dieser Sicherungen in eine Vielzahl von Transformatoren, die an die Beklagte zu 4) geliefert wurden, den Beklagten zu 2) und 3) keinerlei vertragliche, quasideliktische oder deliktische Ansprüche gegen sie, und insbesondere keine Ansprüche auf Gewährleistung, Schadensersatz, Freistellung oder Rückgriff zustehen.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 3) beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Teil-Zwischen-Urteil des Landgerichts Dortmund vom 2. Februar 2005 (Aktenzeichen: 3 0 257/03) zurückzuweisen. Die Beklagten zu 2) und 3) verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres jeweiligen erstinstanzlichen Vortrages.

Die Beklagte zu 2) verweist insbesondere darauf, dass im Lichte einer geordneten und sachgerechten Prozessführung eine restriktive Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGWO geboten sei. Das aber spreche gegen eine Wahlmöglichkeit des Schädigers für die negative Feststellungsklage. Denn dieser könne anderenfalls den Rechtsstreit an seinen Sitz ziehen und so eine aktive Schadensersatzklage am Sitz des Geschädigten verhindern. Im Falle einer Anwendung des Art. 5 Nr. 3 EuGWO auf negative Feststellungsklagen würde es auch zu einem Wettlauf der Parteien dahingehend kommen, wer von ihnen seine Klage früher einreiche. Ansprüche der Klägerin aus unerlaubter Handlung stünden nicht, im Raum. Auch habe sie - die Beklagte zu 2) - sich niemals vertraglicher Ansprüche gegen die Klägerin berühmt, so dass eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht etwa aus Art. 5 Nr. 1 EuGWO hergeleitet werden könne.

Auch die Beklagte zu 3) macht geltend, dass Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung des Art. 5 Nr. 3 EuGWO eine einschränkende Auslegung der Vorschrift geböten. Zudem sei diese Regelung schon ihrem Wortlaut nach nicht auf negative Feststellungsklagen anwendbar, da bei diesen Klagen gerade nicht vom Vorliegen einer unerlaubten Handlung ausgegangen werde. Die Sachnähe stehe hier im Hinblick auf den Eintritt der Schadensfolgen in Frankreich der Zuständigkeit deutscher Gerichte ebenfalls entgegen. Da zwischen ihr - der Beklagten zu 3) - und der Klägerin keinerlei vertragliche Beziehungen bestünden, könne die Klägerin sich insoweit auch nicht auf eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 EuGWO berufen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in dem ausgeurteilten Umfang Erfolg.

1. Der Senat ist vorliegend ausschließlich mit der Prüfung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte befaßt. Denn das Landgericht hat in dem angefochtenen Zwischenurteil gemäß § 280 ZPO allein über diese Frage entschieden.

2. Das Landgericht hat auch in verfahrensrechtlich zulässiger Weise ein Teilurteil ledig lich in Bezug auf die Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 3) erlassen. Bei sämtlichen vier Beklagten handelt es sich um einfache Streitgenossen, deren prozessuale Verbundenheit nur aus der gleichzeitigen Klageerhebung gegen sie durch die Klägerin resultiert. Bei derartiger einfacher Streitgenossenschaft ist für jede einzelne beklagte Partei gesondert zu prüfen, ob die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes für sie gegeben ist. Keinesfalls kann etwa die Zuständigkeit für einen Streitgenossen auch die Zuständigkeit für einen anderen mitverklagten Streitgenossen begründen. Entsprechend bestehen auch keine Bedenken, über die Frage der internationalen Zuständigkeit in einem Verfahren nach § 280 ZPO vorab - wie vorliegend - durch Teilurteil nur gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) zu entscheiden.

3. Das Landgericht Dortmund ist für die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage in Bezug auf die Beklagten zu 2) und 3) international zuständig.

a) Die internationale Zuständigkeit ergibt sich allerdings nicht aus Art. 5 Nr. 1 a EuGWO. Das gilt sowohl gegenüber der Beklagten zu 2) als auch gegenüber der Beklagten zu 3). Art. 5 Nr. 1 EuGWO betrifft nur die Verfolgung und Negierung vertraglicher Ansprüche. Zwar hat die Klägerin sich gegenüber der Beklagten zu 2) darauf berufen, dass diese sich auch vertraglicher Ansprüche ihr - der Klägerin - gegenüber berühme. Das kann jedoch schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht festgestellt werden. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die Beklagte zu 2) nach eigenen Angaben in Frankreich als Käuferin in einer Käuferkette eine sog. "Action-Direct-Klage" gegen die Klägerin als Herstellerin eingeleitet habe, kommt den einer solchen Klage zugrundeliegenden Ansprüchen nach französischem Recht zwar quasivertraglicher Charakter zu. Das führt aber nicht dazu, dass für derartige Klagen der Gerichtsstand des Vertrages nach Art. 5 Nr. 1 EuGWO begründet wäre. Dies hat der EuGH u.a. bereits mit Urteil vom 17.06.1992 (Rs. C-26/91) unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es bei einer "Action-Direct-Klage" an der für Art. 5 Nr. 1 EuGWO erforderlichen freiwilligen Verpflichtung einer der beteiligten Parteien gegenüber der anderen Partei fehle.

Soweit die Klägerin weiter geltend macht, dass die Beklagte zu 2) in dem ebenfalls von ihr in Frankreich eingeleiteten Beweisverfahren schriftsätzlich wiederholt auf vertragliche Haftungsgrundlagen bzw. die Verletzung von Auskunfts- und Beratungspflichten verwiesen habe, rechtfertigen die dies bzgl. klägerischen Zitate lediglich die Schlussfolgerung, dass die Beklagte zu 2) mit ihren Ausführungen Ansprüche im Rahmen der "Action-Direct-Klage" darlegen, nicht aber, dass sie vertragliche Ansprüche außerhalb dieses Rechtsinstituts verfolgen wollte. Der eigenen Darstellung der Klägerin ist somit nicht zu entnehmen, dass die Beklagte zu 2) sich tatsächlich auf das Bestehen eines Vertrages zwischen ihr und der Klägerin berufen habe. Gleiches gilt hinsichtlich der Beklagten zu 3).

Hinzu kommt, dass auch die Anträge der Klägerin nicht auf Feststellung des Nichtbestehens eines konkreten Vertrages gerichtet sind. Für eine negative Feststellungsklage im Sinne des Art. 5 Nr. 1 a EuGWO wäre aber die Angabe eines ganz bestimmten Vertragsverhältnisses erforderlich.

b) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 5 Nr. 3 EuGWO. Diese Vorschrift stellt eine Ausnahme von dem in Art. 2, 60 EuGWO geregelten allgemeinen Gerichtsstand des Wohn- bzw. Firmensitzes der beklagten Partei dar. Sie eröffnet die Möglichkeit, im Falle einer unerlaubten Handlung eine Person vor dem Gericht des Ortes zu verklagen, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.

Vorliegend macht die Klägerin geltend, dass die Beklagten zu 2) und 3) ihr vorwerfen, durch einen Produktionsfehler bzw. die Lieferung defekter Sicherungen eine unerlaubte Handlung begangen zu haben. Zwar wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage gegen diesen Vorwurf und begehrt die Feststellung, dass den Beklagten keine deliktischen Ansprüche ihr gegenüber zustehen, so dass sie das Bestehen einer unerlaubten Handlung gerade negiert. Das steht nach Ansicht des Senates aber der Anwendung der Art. 5 Nr. 3 EuGWO nicht entgegen (abweichend aber OLG München, Urt. v. 25.10.2001 in OLG-Report 2002, 147f zu Art. 5 EuGVÜ). Vielmehr erfaßt diese Vorschrift nicht nur die Leistungsklage oder vorbeugende Unterlassungsklage, sondern auch die hier erhobene negative Feststellungsklage.

Dem Wortlaut der Regelung des Art. 5 Nr. 3 EuGWO läßt sich eine Ausgrenzung der negativen Feststellungsklage nicht entnehmen. Dieser erwähnt zum einen Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung. Zum anderen stellt er daneben ausdrücklich den Fall, dass eine unerlaubte Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildet. Dies aber kann sowohl für die Behauptung einer unerlaubten Handlung als auch für deren Verneinung angenommen werden. So hat der EuGH für die Bestimmung des Verfahrensgegenstandes bereits ausgesprochen, dass eine Gleichstellung von Leistungs- und negativen Feststellungsklagen nicht aufgrund von formalen Kriterien abgelehnt werden kann und zwei Verfahren sehr wohl den gleichen Anspruch betreffen, wenn das eine auf Zahlung von Schadensersatz gerichtet ist und in dem anderen das Nichtbestehen dieses Anspruchs festgestellt werden soll ( vgl. EuGH, Urt. v. 06.12.1994, Rs. C-406/92 ). Denn beide haben dieselbe - Grundlage. Nichts anderes kann für die Frage gelten, ob unter Art. 5 Nr. 3 EuGWO neben Klagen auf Leistung von Schadensersatz auch solche auf Feststellung des Nichtbestehens eines derartigen Anspruchs fallen.

Diese Auslegung findet ihre Entsprechung in dem Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 1 EuGWO für vertragliche Ansprüche. So ist im Rahmen der Zuständigkeitsregelung des Art. 5 Nr. 1 EuGWO allgemein anerkannt, dass diese gleichermaßen für die positive Leistungs- als auch für die negative Feststellungsklage gilt (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 25. Aufl., Art. 5 EuGWO Rdnr. 15). Dort aber findet sich eine der Regelung des Art. 5 Nr. 3 EuGWO vergleichbare Formulierung. Denn die Zuständigkeit wird zum einen für Ansprüche aus einem Vertrag und zum anderen für die Fälle begründet, in denen ein Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bildet.

Sinn und Zweck der Zuständigkeitsregelung des Art. 5 Nr. 3 EuGWO rechfertigen ebenfalls keine abweichende Beurteilung. Die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit sollen eine geordnete und sachgerechte Prozessführung gewährleisten und möglichst klar aufzeigen, vor welchem Gericht man klagen bzw, verklagt werden kann. Daher ist die allgemeine Wohnsitzzuständigkeit als leicht zu händelnder Anknüpfungspunkt gewählt worden, während die übrigen Zuständigkeitsvorschriften Ausnahmecharakter haben (vgl. EuGH in NJW 1988, 3088 f. zur früheren EuGVÜ).

Daraus ergeben sich für die Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 3 EuGWO auf negative Feststellungsklagen jedoch keine Bedenken. Die internationale Zuständigkeit nach dieser Vorschrift bestimmt sich nach dem Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist bzw. einzutreten droht.

Diese Bestimmung aber ist für die positive Leistungsklage wie auch für die negative Feststellungsklage als deren Spiegelbild jeweils auf exakt die gleiche Weise und mit identischem Ergebnis zu treffen.

Weiter ist bei Bejahung der Geltung des Art. 5 Nr. 3 EuGWO auch für negative Feststellungsklagen die nach den Zuständigkeitsregeln der EuGWO gewünschte Sachnähe gewährleistet. Schon durch die vorgesehene Bestimmung der Zuständigkeit nach dem Ort des schädigenden Ereignisses ist sichergestellt, dass nur ein solches sachnahes Gericht international zuständig ist. Das betrifft die positive Leistungsklage wie auch die negative Feststellungsklage unterschiedslos. Schließlich führt die vom Senat vertretene Auslegung nicht zu einer ungewollten Begünstigung eines Schädigers bzw. einer Benachteiligung eines Geschädigten. Denn es ist zu bedenken, dass derjenige, der eine negative Feststellungsklage erhebt, ebensowenig tatsächlicher Schädiger sein muss wie derjenige, der eine positive Leistungsklage einlegt, zwingend tatsächlicher Geschädigter ist. Ein zu Unrecht mit Vorwürfen Überzogener aber erscheint nicht weniger schutzwürdig als ein tatsächlich Geschädigter. Zwar besteht faktisch die Möglichkeit, dass bei drohender Inanspruchnahme eines Schädigers dieser etwa durch schnelle Erhebung einer negativen Feststellungsklage in einem Land mit extrem langen gerichtlichen Verfahrensdauern im Hinblick auf die Regelung des Art. 27 EuGWO die Leistungsklage eines Geschädigten für geraume Zeit torpedieren kann. Das aber ist kein Problem der Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGWO. Denn eine solche Vorgehensweise kann auch sonst nicht verhindert werden, wenn etwa die geschädigte Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand in einem Land mit üblicherweise langen Verfahrensdauern hat, da die negative Feststellungsklage dann ohne weiteres in diesem allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Partei erhoben werden kann. Im übrigen ist dem Wortlaut des Art. 5 Nr. 3 EuGWO schon nicht zu entnehmen, dass gerade der Leistungskläger bevorzugt werden solle.

Nach alledem ist Art. 5 Nr. 3 EuGWO auf die vorliegend erhobene negative Leistungsklage anwendbar.

Nach dieser Norm ist die internationale Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts gegeben.

Als Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, gilt sowohl der Ort der Handlung als auch derjenige des Erfolgseintrittes ( vgl. Zöller-Geimer, a.a.O., Art. 5 EuGWO Rdnr. 26). Hierbei kommt dem Kläger das Wahlrecht zwischen diesen Orten zu. Vorliegend hat die Klägerin als zuständigkeitsbestimmend den Ort der Handlung gewählt, der hier mit ihrer Produktionsstätte in M gleichzusetzen ist. International zuständig ist damit das Landgericht Dortmund.

4. Soweit die Beklagte zu 3) im vorliegenden Verfahren u. a. auch das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses verneint, ist der Senat mit dieser Streitfrage nicht befasst. Das Landgericht hat - wie schon ausgeführt - in seinem Urteil lediglich über die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte entschieden. Nur diese ist Gegenstand der Berufungsentscheidung.

5. Eine Aussetzung des Prozesses im Hinblick auf ein von der Beklagten zu 2) vor einem Pariser Gericht eingeleitetes Verfahren gegen die Klägerin in Bezug auf die fraglichen Schadensfälle kommt nicht in Betracht.

Nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien ist als erstes Gericht das Sozialgericht in Dortmund angerufen worden. Es hat aber nach Art. 27 EuGWO lediglich das Gericht auszusetzen, das später angerufen worden ist. Dabei ist gemäß 30 EuGWO auf die Einreichung der Klageschrift bei Gericht abzustellen, wobei eine Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts unschädlich ist.

Demgemäß war - wie geschehen - hinsichtlich der Beklagten zu 2) und 3) abändernd die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte auszusprechen.

III.

Da der Senat ausschließlich über die Frage der internationalen Zuständigkeit befunden hat, ist das Verfahren im übrigen zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Dortmund zurück zu verweisen. Dieses hat auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziff. 10 ZPO.

IV.

Der Senat hat die Revision zugelassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Zu der für die Entscheidung maßgeblichen Frage der Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 3 EuGWO auf negative Feststellungsklagen liegt die bereits zitierte von der Senatsmeinung abweichende Entscheidung des OLG München vom 25.10.2001 vor. Eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof zu der Streitfrage ist bislang ersichtlich nicht ergangen. Die Zulassung der Revision erscheint daher im Hinblick auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

Ende der Entscheidung

Zurück