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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.02.2006
Aktenzeichen: 2 UF 382/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 c Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hattingen vom 30. August 2005 im Ausspruch über den Versorgungsausgleich abgeändert.

Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich im Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hattingen vom 30. 8. 2005 ist begründet. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

1. Ein Versorgungsausgleich der Rentenanwartschaften, die die Antragsgegnerin im Zeitraum vom 1. 12. 1992 (Beginn der Ehezeit) bis zum 22. 7. 1997 erworben hat, ist wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Der Antragsteller hat vom 1. 10. 1986 bis zum 22. 7. 1997 studiert. In die Ehezeit fällt seine Studienzeit vom 1. 12. 1992 bis zum Abschluss des Studiums. Im Zeitraum vom 1. 12. 1992 bis zum 22. 7. 1997 hat die Antragsgegnerin ganz überwiegend den Lebensunterhalt beider Eheleute sichergestellt. Sie hat in diesen Jahren durchgehend vollschichtig gearbeitet und deutlich höhere Einkünfte als der Antragsteller erzielt, beispielsweise im Jahr 1993 53.020 DM, 1994 54.912 DM, 1995 56.434 DM und 1996 57.888 DM brutto. Diese Einkünfte hat sie ganz überwiegend für den Unterhalt beider Eheleute eingesetzt. Die regelmäßigen Einkünfte des Antragstellers waren seinerzeit deutlich niedriger; sie bestanden in regelmäßigen Zahlungen seiner Eltern in Höhe von 400 DM und dem Honorar für Tennis-Trainerstunden in Höhe von 200 DM im Monat. Hinzu kamen gelegentliche unregelmäßige Zahlungen seiner Eltern. Unter diesen Umständen besteht kein Zweifel, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Erwerbstätigkeit und dem daraus erzielten Einkommen ganz entscheidend dazu beigetragen hat, dass der Antragsteller sein Studium erfolgreich durchführen und abschließen konnte.

Aufgrund dieser umfangreichen Leistungen der Antragsgegnerin für den Antragsteller stellt sich ein Versorgungsausgleich der Rentenanwartschaften, die sie vom Beginn der Ehezeit bis zur Beendigung seines Studiums erworben hat, als grob unbillig dar. Der Antragsteller hat in diesem Zeitraum ausweislich der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 30. 5. 2005 keine Rentenanwartschaften erworben, weil er bereits am 1. 12. 1992 die Studienhöchstdauer überschritten hatte. Der Zweck des Versorgungsausgleichs besteht in erster Linie in der Verbesserung der sozialen Lage des Ehegatten, der wegen in der Ehe übernommener anderer Aufgaben Einschränkungen in seiner beruflichen Entfaltung auf sich genommen und dadurch ehebedingte Nachteile in seiner versorgungsrechtlichen Lage erlitten hat (BGHZ 74, 38, 42 ff.). Dieser Zweck wird verfehlt, wenn der nicht erwerbstätige Ehegatte nicht den Haushalt versorgt, sondern - wie hier der Antragsteller - eine Ausbildung absolviert hat. Allerdings kann eine Abweichung der ehelichen Lebensverhältnisse der Antragsgegnerin und des Antragstellers von der Grundkonstellation, von der der Gesetzgeber bei der Einführung des Versorgungsausgleichs ausgegangen ist, noch keine grobe Unbilligkeit i. S. des § 1587 c Nr. 1 BGB begründen. Diese ergibt sich hier vielmehr daraus, dass der Antragsteller bereits nachhaltig von dem Einkommen profitiert hat, dass die Antragsgegnerin im Zeitraum vom 1. 12. 1992 bis zum 22. 7. 1997 verdient hat, denn sie hat während dieses Zeitraums ganz überwiegend auch seinen Lebensunterhalt sichergestellt und dadurch entscheidend zur Durchführung und zum erfolgreichen Abschluss seines Studiums beigetragen. Es wäre grob unbillig, wenn er über den Versorgungsausgleich ein zweites Mal an diesem Einkommen der Antragsgegnerin teilhätte (vgl. BGH FamRZ 2004, 862; BGH FamRZ 1989, 1060; BGH FamRZ 1988, 600; BGH NJW-RR 1987, 578; BGH FamRZ 1983, 1217).

Hinzu kommt weiter entscheidend, dass der Antragsteller aufgrund seines Studiums, das die Antragsgegnerin wesentlich (mit)finanziert hat, deutlich höhere Versorgungsanwartschaften als die Antragsgegnerin erwerben kann, an denen diese - entgegen der ursprünglichen Lebensplanung beider Eheleute - nicht teilhat. In ihrem Beruf als Physiotherapeutin kann die Antragsgegnerin aller Voraussicht nach nicht derart hohe Einkünfte und Rentenanwartschaften erwerben wie der Antragsteller als Ingenieur. Zudem betreut sie die beiden derzeit 7 und 5 Jahre alten gemeinsamen Kinder und ist deshalb voraussichtlich noch mehrere Jahre an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert.

Der Vortrag des Antragstellers, er habe während der Ehe der Parteien die gemeinsame Wohnung renoviert und Fahrzeuge der Antragsgegnerin gewartet und repariert, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Wert dieser Arbeiten bleibt deutlich hinter dem Wert der Leistungen zurück, die die Antragsgegnerin während seines Studiums für ihn erbracht hat.

2. Werden die Rentenanwartschaften, die die Antragsgegnerin vom 1. 12. 1992 bis zum 22. 7. 1997 erworben hat, nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen, besteht eine Ausgleichspflicht für sie nicht.

Der Antragsteller hat während der Ehezeit ausweislich der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 30. 5. 2005 8,8739 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, ausnahmslos nach dem 22. 7. 1997. Die Antragsgegnerin hat während der Ehezeit 12,3028 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, davon 5,2921 Entgeltpunkte im Zeitraum vom 1. 12. 1992 bis zum 30. 9. 1997. Werden die Entgeltpunkte, die sie vom 1. 12. 1992 bis zum 22. 7. 1997 erworben hat, nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen, hat sie deutlich geringere Entgeltpunkte und Rentenanwartschaften auszugleichen als der Antragsteller, so dass dieser keinen Ausgleichsanspruch gegen sie hat.

II.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG.

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