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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 07.12.2006
Aktenzeichen: 2 WF 194/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 118
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 28.7.2006 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 10.7.2006 aufgehoben und zur erneuten Entscheidung über die Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung (§ 114 ZPO) an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Gerichtsgebühr nach Nr. 1811 KV-GKG wird nicht erhoben.

Gründe:

I.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seinen Klageabweisungsantrag zur Abänderungsklage der Kläger unter Hinweis auf die Mutwilligkeit der Rechtsverteidigung (§ 114 ZPO) zurückgewiesen. Dabei hat es darauf abgestellt, dass es der Beklagte versäumt hat, bereits im Prozesskostenhilfeprüfverfahren darauf hinzuweisen, dass er neben den minderjährigen Klägern und dem (heute 2 Jahre alten) Kind Belinda einem weiteren Kind (Klaus, geb. am 3.9.2005) gegenüber unterhaltspflichtig ist. Die Berücksichtigung des weiteren Kindes hätte im Rahmen der Mangelverteilung zu einer für die Kläger geringeren Unterhaltsquote bei der Bewilligung der Prozesskostenhilfe geführt.

II.

Die gem. § 127 II 2, 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, soweit sie sich auf die Zurückweisung der begehrten Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit bezieht.

Ob aus dem Umstand, dass der Gegner es unterläßt, im Prozesskostenhilfeprüfverfahren zur beabsichtigten Klage Stellung zu nehmen oder Einwendungen zurückhält, die nur zu einer eingeschränkten Bewilligung von Prozesskostenhilfe der antragstellenden Partei geführt hätten, ihm für die spätere eigene Bewilligung von Prozesskostenhilfe Nachteile erwachsen dürfen, ist streitig. Zum Teil wird angenommen, dass in einem solchen Fall die Rechtsverteidigung mutwillig und daher Prozesskostenhilfe an den Gegner zu versagen sei, weil er sich, wenn er selbst für seine Prozesskosten hätte aufkommen müssen, bereits im Prozesskostenhilfeprüfverfahren verteidigt hätte, um unnötige Kosten zu sparen (OLG Oldenburg FamRZ 2002, 1712, 1713). Nach anderer Ansicht kommt in einem solchen Fall die Versagung von Prozesskostenhilfe an den Gegner wegen Mutwilligkeit grundsätzlich nicht in Betracht, weil es sich bei dem Prozesskostenhilfeprüfverfahren nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handele, welches den Gegner dazu zwinge, eine Stellungnahme überhaupt abzugeben (OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1132).

Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. Nach § 118 I ZPO ist der Gegner eines Prozesses nicht verpflichtet, im Prozesskostenhilfeprüfverfahren überhaupt eine Stellungnahme abzugeben. Er kann in diesem Stadium des Verfahrens darauf vertrauen, dass der Anspruchsteller im Rahmen seiner Kenntnis wahrheitsgemäß vorträgt (vgl. dazu OLG Hamm FamRZ 2005, 527, 528). Deswegen kann bei einem Zurückhalten wesentlicher Einwendungen im Prozesskostenhilfeprüfverfahren - von krassen Ausnahmefällen abgesehen - nicht von einer Mutwilligkeit der Rechtsverteidigung ausgegangen werden.

Vorliegend sich auch keine Umstände ersichtlich, die die Annahme eines Ausnahmefalles auch nur annähernd rechtfertigen würden. Dass der Beklagte seinen Sachvortrag zunächst auf einen Teil der möglichen Einwendungen beschränkt und die Geburt des 4. Kindes (L) nicht offenbart hat, in der Erwartung, die Einwendung zu seinem verringerten Einkommen werde zum Erfolg oder zumindest zum Teilerfolg seiner Rechtsverteidigung führen, darf ihm nicht zum Nachteil gereichen. Da er im Stadium der Prozesskostenhilfeprüfung grundsätzlich nicht zur Stellungnahme verpflichtet ist, muss es ihm überlassen bleiben, sich nicht zu äußern oder sich im Rahmen seiner Stellungnahme zunächst auf den Teil seiner Einwendungen zu stützen, der seiner Ansicht nach zum Erfolg oder Teilerfolg führt. Jedenfalls kann ihm nicht versagt werden, weitere Einwendungen für das Hauptverfahren zurückzuhalten, wie es auch eine Partei machen würde, die für ihre Prozesskosten selbst aufkommen müsste.

Ende der Entscheidung

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