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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.10.2005
Aktenzeichen: 2 WF 380/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 707
ZPO § 707 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 719
ZPO § 769
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1.) Auf die Beschwerde des Klägers vom 16. August 2005 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hattingen vom 04. August 2005 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Kläger wird für die erste Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt G in E zu den Bedingungen eines gerichtsortsansässigen Rechtsanwaltes bewilligt, soweit er Abänderung der Kindesunterhaltsverpflichtung aus der Urkunde des Jugendamtes der Stadt M vom 04.01.2001, UR: 14/2001, auf monatlich 201,00 EUR von Mai 2005 bis Juli 2005, auf monatlich 58,00 EUR im August 2005 und auf monatlich 160,00 EUR ab September 2005 verlangt.

Der weitergehende Prozesskostenhilfeantrag bleibt und die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über Ratenzahlungen oder Vermögenseinsatz bleibt dem Amtsgericht vorbehalten.

2.) Die Beschwerde des Klägers vom 16. August 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hattingen vom 06. Juli 2005, ergänzt durch den Beschluss vom 19. August 2005, wird als unzulässig verworfen.

3.) Gerichtsgebühren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit den angefochtenen Beschlüssen hat das Familiengericht dem Kläger teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt und die Zwangsvollstreckung aus einer Kindesunterhalts-Jugendamtsurkunde teilweise eingestellt, soweit der Kläger Herabsetzung des mit monatlich 223,95 EUR titulierten Kindesunterhalts auf monatlich 201,00 EUR begehrt.

II.

1.) Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde gegen die nur eingeschränkte Prozesskostenhilfebewilligung hat teilweise Erfolg. Die Kindesunterhaltsabänderungsklage bietet in dem oben unter 1.) genannten Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Für den Zeitraum bis einschließlich Juli 2005 hat der Kläger die amtsgerichtlichen Berechnungen akzeptiert und verlangt keine Abänderung auf unter 201,00 EUR mehr.

Im Monat August 2005 bezog der Kläger nur noch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von 885,42 EUR, so dass bis zu dem Selbstbehalt des nicht Erwerbstätigen von 770,00 EUR nur eine Verteilungsmasse für Unterhaltsansprüche von 115,42 EUR zur Verfügung stand. Da die Ehefrau des Klägers im August 2005 lediglich Einkommen in Höhe von 222,00 EUR nach dem SGB II bezog und der Kläger so den Bedarf ganz überwiegend sicherzustellen hatte, kommt für diesen Monat eine Reduzierung des Selbstbehalts nicht in Betracht.

Der Verteilungsmasse von 115,42 EUR stehen ein Bedarf der Beklagten von 135 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle vom 01.07.2005, also ein Tabellenbetrag von 334,00 EUR, und ein Bedarf der Ehefrau des Klägers nach Nr. 22.1 und 23.2.3 der Hammer Leitlinien von 560,00 EUR gegenüber. Abzuziehen ist das Einkommen der Ehefrau von 222,00 EUR nach dem SGB II für August 2005 (vgl. Bescheid vom 28.06.2005), das zumindest im Falle der Mangelverteilung als bedarfsdeckend anzurechnen ist, so dass ein ungedeckter Bedarf von 338,00 EUR verbleibt. Aus dem Schreiben B vom 03.08.2005 ergibt sich insoweit, dass die Leistungen für August 2005 tatsächlich noch in Höhe von 222,00 EUR erbracht worden sind. Der Gesamtbedarf von 334,00 EUR und 338,00 EUR = 672,00 EUR führt zu einer Mangelverteilungsquote von 17,175 % und einem nach Nr. 25 der Hammer Leitlinien aufgerundeten Unterhaltsanspruch der Beklagten von 58,00 EUR.

Ab September 2005 ergibt sich voraussichtlich ein Unterhaltsanspruch der Beklagten von 160,00 EUR. Der Kläger bezieht weiterhin 885,42 EUR Erwerbsunfähigkeitsrente, während seine Ehefrau nach dem Bescheid der B vom 05.09.2005 nunmehr Leistungen nach dem SGB II von 125,58 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts und 285,00 EUR für Unterkunft und Heizung, insgesamt also 410,58 EUR, erhält. Dabei ist ihr ein eigenes Einkommen von 229,42 EUR angerechnet worden.

Der Bedarf der Beklagten liegt weiterhin bei 334,00 EUR, während der Bedarf der Ehefrau des Klägers von 560,00 EUR durch die Leistungen von 410,58 EUR und ein Eigeneinkommen von 229,42 EUR, insgesamt also 640,00 EUR, gedeckt ist. Das in dem Bescheid der B vom 05.09.2005 angesetzte Eigeneinkommen der Ehefrau des Klägers von 229,42 EUR bezieht sich insoweit offensichtlich nicht auf einen Unterhaltsanspruch gegen den Kläger, denn dessen anrechungsfähiges Einkommen ist in dem Bescheid mit "0" angesetzt.

Dem allein verbleibenden Bedarf der Beklagten von 334,00 EUR steht eine erhöhte Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber, denn der ihm zustehende Selbstbehalt ist ab September 2005 im Hinblick auf das Zusammenleben und Zusammenwirtschaften mit seiner Ehefrau angemessen zu reduzieren. Allerdings teilt der Senat nicht den - u. a. vom 12. Familiensenat vertretenen - zu weitgehenden Ansatz, dass der Selbstbehalt dann auf 73 % zu reduzieren ist. Der Senat geht davon aus, dass die durch das Zusammenleben und gemeinsame Wirtschaften eintretende Ersparnis regelmäßig nur bei 10 % bis maximal 15 % des Selbstbehalts liegt. Da die Ehefrau des Klägers vorliegend lediglich gegenüber den Vormonaten erhöhte Leistungen nach dem SGB II erhält, tritt eine tatsächliche Ersparnis nur bezüglich der Wohnkosten ein: Die im Prozesskostenhilfeheft nachgewiesenen Wohnkosten von insgesamt 601,00 EUR (Kaltmiete, Garage, Nebenkosten und Heizung) trägt nach dem Bescheid der B in Höhe von 285,00 EUR die Ehefrau des Klägers, so dass dieser von seinem Renteneinkommen nur einen Anteil an den Wohnkosten von 316,00 EUR zu tragen hat. Da in dem Selbstbehalt von 770,00 EUR Wohnkosten von 360,00 EUR enthalten sind, rechtfertigt dies eine Reduzierung um 44,00 EUR auf 726,00 EUR. Ausgehend von dem Renteneinkommen des Klägers von 885,42 EUR und dem Selbstbehalt von 726,00 EUR ergibt sich so ein Unterhaltsanspruch der allein noch unterhaltsbedürftigen Beklagten von 159,42 EUR, aufgerundet 160,00 EUR pro Monat.

Der weitergehende Prozesskostenhilfeantrag hat demgegenüber aus den genannten Gründen keinen Erfolg, so dass die weitergehende Beschwerde zurückzuweisen war.

2.) Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 16.08.2005 in Abänderung des Beschlusses vom 06.07.2005 die vollständige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der Jugendamtsurkunde der Stadt M verlangt und das Familiengericht dies in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 30.09.2005 als Beschwerde behandelt hat, hat das Rechtsmittel des Klägers keinen Erfolg, da es bereits unzulässig ist.

Die sofortige Beschwerde gegen einen die Zwangsvollstreckung aus einem laufenden Unterhaltstitel gemäß § 769 ZPO analog einstellenden Beschluss ist nämlich analog § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO als nicht statthaft ausgeschlossen. Diese Regelung, wonach ein Beschluss nach den §§ 719, 707 ZPO unanfechtbar ist, gilt entsprechend für § 769 ZPO (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 25. Aufl., § 769 Rn. 13). Ob die von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahmebeschwerde wegen "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" nach dem Inkrafttreten des ZPO-Reformgesetzes zum 01.01.2002 weiterhin zulässig ist oder nicht mehr gilt (vgl. zum Streitstand Zöller-Herget, a.a.O., mit weiteren Nachweisen), kann vorliegend offen bleiben, denn die Entscheidung des Familiengerichts ist ersichtlich nicht greifbar gesetzeswidrig. Für den Zeitraum bis Juli 2005 greift der Kläger den Beschluss nicht an, sondern übernimmt in seinem neu formulierten Klage- und Prozesskostenhilfeantrag zu a) vom 16.08.2005 die vom Familiengericht errechneten 201,00 EUR. Nur für den inzwischen abgelaufenen einzelnen Monat August 2005 besteht nach den obigen Feststellungen zu 1.) eine erhebliche Abweichung zwischen dem geschuldeten Unterhalt von 58,00 EUR und den vom Familiengericht errechneten 201,00 EUR, während die Abweichung der 201,00 EUR zu den oben ermittelten 160,00 EUR pro Monat ab September 2005, also um rund 25 %, nicht so erheblich ist, dass von einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit des Beschlusses ausgegangen werden könnte.

Allerdings wird das Familiengericht den Antrag vom 16.08.2005 nunmehr als Abänderungsantrag zu behandeln haben, der die weitergehende Einstellung der Zwangsvollstreckung gebietet, soweit für August 2005 mehr als 58,00 EUR und ab September 2005 mehr als monatlich 160,00 EUR tituliert sind.

3.) Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 12 ff. GKG, 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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