Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 07.06.2000
Aktenzeichen: 2 Ws 159/2000
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 56 f
Leitsatz

Von einem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wegen einer neuen Straftat kann bei ansonsten positiver Entwicklung des Verurteilten abgesehen werden.

- Az: 2 Ws 159/2000 OLG Hamm -


Beschluss: Strafsache gegen L.W., wegen schweren Raubes u.a., (hier: Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung)

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 18. Mai 2000 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 8. Mai 2000 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07.06.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

2. Die Bewährungszeit wird um zwei Jahre auf insgesamt 7 Jahre verlängert; sie endet am 31. Januar 2004.

3. Der Verurteilte wird (erneut) der Leitung und Aufsicht der Bewährungshelferin D. in R. unterstellt.

4. Im Übrigen verbleibt es bei den Weisungen aus dem Bewährungsbeschluss des Landgerichts Bochum vom 17. Januar 1997.

5. Der Verurteilte trägt die Kosten des Verfahrens, jedoch wird die Beschwerdegebühr um 2/3 ermäßigt, In diesem Umfange trägt die Landeskasse auch die dem Verurteilten in der Beschwerdeinstanz entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe:

Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Landgerichts Bochum vom 1. März 1994 wegen schweren Raubes in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, sowie des Diebstahls mit Waffen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden.

Nach Verbußung der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe ist die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 17. Januar 1997 mit Ablauf des 31. Januar 1997 zur Bewährung ausgesetzt worden. Die Bewährungszeit wurde auf fünf Jahre festgesetzt. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer der Leitung und Aufsicht der örtlich für ihn zuständigen Bewährungshelferin unterstellt. Durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 5. Mai 1999 wurde die Bewährungsaufsicht auf eine entsprechende Anregung der Bewährungshelferin, Frau D. aus R. aufgehoben.

Am 30. November 1999 wurde der Beschwerdeführer durch das Amtsgericht Ingolstadt wegen gemeinschaftlichen versuchten Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt, die der Beschwerdeführer derzeit verbüßt. Das Urteil ist seit dem 22. Februar 2000 rechtskräftig. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Beschwerdeführer gemeinsam mit einem Mittäter in der Nacht vom 4. auf den 5. Februar 1999 versucht, auf einem Parkplatz in Eichstätt einen Parkscheinautomaten aufzubrechen.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum hat daraufhin mit Beschluss vom 8. Mai 2000 die dem Beschwerdeführer durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 17. Januar 1997 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen und zur Begründung u.a. folgendes ausgeführt:

"Angesichts des Gewichts des vom Verurteilten gezeigten Fehlverhaltens und der Rückfallgeschwindigkeit reichen weniger einschneidende Maßnahmen nicht aus, die Ziele der dem Verurteilten gewährten Strafaussetzung zu erreichen. Deshalb musste die Strafaussetzung gemäß §§ 57, 56 f StGB widerrufen werden.

Das Vorbringen des Verurteilten vermag eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen, er wird zumindest einen Teil der Strafe verbüßen müssen."

Hiergegen richtet sich die zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten, der ein überwiegender Teilerfolg beschieden ist.

Zwar ist der Beschwerdeführer innerhalb laufender Bewährungszeit erneut verurteilt worden, so dass grundsätzlich ein Widerrufsgrund gemäß § 56 f Abs. 1 Ziffer 1 StGB vorliegt. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift ist jedoch zwingend von einem Widerruf abzusehen, wenn es (u.a.) ausreicht, die Bewährungszeit zu verlängern (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 56 f Rdnr. 8).

Davon ist im vorliegenden Falle auszugehen.

Es kann dahinstehen, ob der Widerruf der Aussetzung der Vollstreckung einer dreieinhalbjährigen Restfreiheitsstrafe wegen eines versuchten Automatenaufbruchs, der ohnehin mit einer vergleichsweise empfindlichen Freiheitsstrafe von acht Monaten geahndet worden ist, überhaupt noch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren ist (vgl. dazu OLG Zweibrücken, MDR 89, 477).

Der Senat hält jedenfalls aufgrund der übereinstimmend positiven Stellungnahme der Leiterin der Justizvollzugsanstalt Bochum-Langendreer vom 17. Dezember 1996 über den Vollzugsverlauf und der Berichte der Bewährungshelferin, die wegen des durchweg erfreulichen Bewährungsverlaufs eine weitere Bewährungsaufsicht für entbehrlich gehalten hat, sowie ferner der vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. April 2000 glaubhaft geschilderten geordneten Lebensverhältnisse die Erwartung für begründet, dass es sich bei der neuerlichen Straftat um eine letztmalige Entgleisung gehandelt hat. Diese ist mit einer Freiheitsstrafe von acht Monaten fühlbar geahndet worden, so dass es zur Überzeugung des Senats keinen weiteren Strafverbüßung nach Widerruf, der kein. Instrument zur Ahndung von Verfehlungen in der Bewährungszeit ist (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., Rdnr. 3 c m.w.N.), bedarf, um die von dem Beschwerdeführer aus eigener Kraft zunächst erreichte Stabilisierung, so die Bewährungshelferin, wieder fortzuführen. Es kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass sich der Beschwerdeführer die erneute Verurteilung und Strafverbüßung endgültig zur Warnung dienen lassen und künftig ein straffreies Leben führen wird.

Der Senat hält es nach alledem für vertretbar, von einem Widerruf abzusehen und stattdessen die Bewährungszeit um zwei auf insgesamt sieben Jahre zu verlängern, um auf diese Weise, mit Unterstützung der Bewährungshelferin, auf den Beschwerdeführer einzuwirken und ihn von der Begehung neuer Straftaten abhalten zu können.

Der Beschwerdeführer wird sich jedoch dessen bewusst sein müssen, dass diese Bewährungschance seine mutmaßlich letzte sein wird, und er im Falle neuerlicher Straffälligkeit mit dem Widerruf der Strafaussetzung rechnen muss.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO und trägt dem Umstand Rechnung, dass das unbeschränkt eingelegte Rechtsmittel des Beschwerdeführers einen überwiegenden Erfolg gehabt hat.

Ende der Entscheidung

Zurück