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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 04.01.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 331/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 456
Zur Frage, wann ein vorübergehender Vollstreckungsaufschub gemäß § 456 StPO zu gewähren ist.
Beschluss

Strafsache

gegen J.R.

wegen Diebstahls u.a.,

(hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Zurückweisung von Einwendungen gegen die Ablehnung von Strafaufschub).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 28. November 2006 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 03. November 2006 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 04. 01. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten verworfen.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 16. März 2006, rechtskräftig seit dem 18. Juli 2006, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden, die er seit dem 27. November 2006 verbüßt.

Mit Schreiben vom 15. September 2006 hatte der Verurteilte bei der Staatsanwaltschaft Dortmund Strafaufschub gemäß § 456 StPO beantragt und zur Begründung vorgetragen, sein kranker Vater müsse laut ärztlicher Anordnung eine Rehamaßnahme durchführen. Da sein Vater - auch nachts - auf ständige Hilfe angewiesen sei, müsse er in von einer Betreuungsperson in die Rehaklinik begleitet werden. Da die Mutter aus gesundheitlichen Gründen als Begleiter ausscheide, komme nur er - der Verurteilte - als Begleitperson in Betracht. Wenn sein Vater die Maßnahme jetzt nicht durchführen könne, gebe es keine Möglichkeit mehr, die Gesundheit seines Vaters zu verbessern.

Mit Bescheid vom 26. September 2006 wies die Vollstreckungsbehörde den Antrag auf Strafaufschub zurück. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Verurteilten vom 02. Oktober 2006 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum mit Beschluss vom 03. November 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die gemäß §§ 458 Abs. 2, 462 Abs. 3 StPO statthafte und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Gewährung von Strafaufschub nach § 456 StPO stünde zwar vorliegend nicht entgegen, dass die erkannte Freiheitsstrafe schon seit dem 27. November 2006 vollstreckt wird. Nach § 458 Abs. 3 Satz 1 StPO wird der Fortgang der Vollstreckung durch den Antrag auf gerichtliche Entscheidung über den Strafaufschub nicht gehemmt. Die Strafvollstreckung ist auch bereits zulässig, bevor über den Antrag auf Strafaufschub abschließend gerichtlich entschieden ist. Der gerichtlichen Nachprüfung kann durch die Einleitung der Strafvollstreckung nicht der Boden entzogen werden. Vielmehr muss das Gericht auch noch nach Beginn der Strafvollstreckung in der Lage sein, Strafaufschub zu gewähren, auch wenn es der Sache nach dann eine Strafunterbrechung ist. Erforderlich ist lediglich, dass der Antrag auf Strafaufschub schon vor Beginn des Strafvollzuges gestellt worden ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Auflage, §§ 456 Rdnr. 4 mit weiteren Nachweisen; vgl. auch OLG Hamm NJW 1973, 2075). Das ist hier der Fall.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung aber mit zutreffender Begründung, auf die insoweit Bezug genommen wird, als unbegründet zurückgewiesen. Einen vorübergehenden Vollstreckungsaufschub kann die Vollstreckungsbehörde gemäß § 456 StPO dann gewähren, wenn dem Verurteilten oder seiner Familie durch die sofortige Vollstreckung erhebliche, außerhalb des Strafzweckes liegende Nachteile erwachsen würden. An dieser Voraussetzung fehlt es hier bereits. Zwar besteht in der Person des Vaters des Verurteilten eine Pflegebedürftigkeit. Soweit der Verurteilte infolge des Strafantritts nicht in der Lage sein wird, für seinen Vater in der Rehaklinik als Begleitperson zur Verfügung zu stehen, stellt dies einen gewöhnlich mit der Strafvollstreckung einhergehenden Umstand dar, der nicht über das Maß der Nachteile hinausgeht, die mit der Strafvollstreckung im Allgemeinen verbunden sind. Es handelt sich um allgemeine Pflegedienstleistungen, deren Erbringung nicht an die Person des Verurteilten gebunden sind, sondern vielmehr durch Dritte in gleicher Weise ohne weitere Beeinträchtigungen für den Vater erbracht werden können.

Da somit Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch der Vollstreckungsbehörde im Rahmen der Prüfung des § 456 StPO nicht ersichtlich sind, konnte die sofortige Beschwerde keinen Erfolg haben.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Strafaufschub den Zeitraum von vier Monaten nicht überschreiten darf, § 456 Abs. 2 StPO.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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