Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 29.04.2005
Aktenzeichen: 20 U 1/05
Rechtsgebiete: AKB, VVG


Vorschriften:

AKB § 14
AKB § 15 Abs. 1 Satz 1
VVG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. Oktober 2004 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Der Kläger hat bei der Beklagten eine Kaskoversicherung für einen Verkaufswagen (Anhänger) genommen. Am 11.12.2003 wurde der Anhänger beschädigt. Nach Einholung eines Gutachtens vom 22.01. und 12.03.2004 durch die Beklagte und eines Kostenvoranschlags vom 16.02.2004 durch den Kläger bestand Streit über den von der Beklagten zu ersetzenden Schaden (und zwar auch unter dem Gesichtspunkt der Kausalität). Mit Schreiben vom 07.06.2004 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit, eine Reparaturrechnung vorzulegen; dies geschah nicht. Die Beklagte zahlte dann 1.300 EUR, und zwar - wie der Kläger selbst vorgetragen hat - à conto. Mit seiner Klage vom 07.07.2004 hat der Kläger Zahlung weiterer 6.106,07 EUR nebst Zinsen begehrt. Mit der Klageerwiderung hat die Beklagte - erstmals - die Durchführung des gemeinsamen Sachverständigenverfahrens (§ 14 AKB) verlangt. Das Landgericht hat hiernach darauf hingewiesen, dass damit nach Auffassung des Gerichts die Hauptsache erledigt sei, dass aber der Kläger zur Vorschussklage (§ 15 AKB) übergehen könne. Der Kläger hat dann - nach einer Teilrücknahme - den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt; die Beklagte hat Klageabweisung (als derzeit unbegründet) beantragt. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei. Es hat die Kosten im Verhältnis 49 (Kläger) zu 51 (Beklagte) geteilt. Wegen der Begründung und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Beklagte erstrebt mit der Berufung die Abweisung der Klage. Sie meint weiterhin, eine Erledigung sei nicht eingetreten; die Klage sei schlicht derzeit unbegründet. Der Kläger verteidigt das Urteil. II. Die Berufung ist gerechtfertigt. Die Klage ist unbegründet. Die Klage wäre, da der Kläger beantragt hat, festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei, lediglich dann begründet, wenn - jedenfalls teilweise - eine Erledigung eingetreten wäre. Dies ist nicht der Fall. 1. Dazu bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob die Beklagte treuwidrig gehandelt hat, als sie sich erstmals mit der Klageerwiderung auf § 14 AKB bezogen hat. Wenn die Berufung der Beklagten auf § 14 AKB treuwidrig gewesen sein sollte, was freilich auch der Kläger wohl nicht mehr geltend macht, läge erst recht kein erledigenden Ereignis vor. 2. Aber auch das wirksame Verlangen der Beklagten nach Durchführung des Sachverständigenverfahrens bewirkt keine Erledigung. Dies gilt schon deshalb, weil der geltend gemachte Anspruch bei Klageerhebung ohnehin noch nicht fällig gewesen ist. Fälligkeit eines solchen Anspruchs tritt gemäß § 11 Abs. 1 VVG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AKB erst mit Beendigung der zur Feststellung nötigen Erhebungen ein oder mit Ablehnung einer (weiteren) Zahlung durch den Versicherer (vgl. nur Jacobsen, in: Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 2. Aufl., § 15 AKB Rn. 2 ff.). Beides hat im Streitfall nicht vorgelegen. Aber auch wenn man annehmen wollte, dass der Anspruch - soweit er denn in der Sache besteht - ohne die Berufung der Beklagten auf § 14 AKB fällig gewesen wäre, läge entgegen der Auffassung des Landgerichts eine Erledigung nicht vor. Zwar wäre dann die Klage - insoweit - anfänglich zulässig sowie begründet gewesen und anschließend "derzeit unbegründet" geworden; gleichwohl kann eine Erledigung in einem solchen Fall nicht angenommen werden. Die vorliegende Konstellation (ebenso etwa die Erhebung der Einrede der Verjährung, vgl. dazu Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rn. 58 Stichwort Verjährung) kann den vom Landgericht angeführten Erledigungsfällen (Aufrechnungslage nach Rechtshängigkeit, Genehmigung eines bislang unwirksamen Vertrages) nicht gleichgestellt werden. Dies ergibt sich schon aus Sinn und Zweck des § 14 AKB. Danach liegt in einem Fall wie dem vorliegenden die Entscheidung zumindest über die Höhe des Schadens (jedenfalls zunächst) bei den Sachverständigen des gemeinsamen Sachverständigenverfahrens. Es kann nicht Sinn des § 14 AKB sein, dass - zur Entscheidung über den einseitigen Erledigungserklärung des klagenden Versicherungsnehmers - gleichzeitig in einem gerichtlichen Verfahren, ggf. mit Hilfe eines Gerichtssachverständigen, die "ursprüngliche" Begründetheit des Anspruchs untersucht wird. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht etwa aus einem notwendigen Schutz des Versicherungsnehmers. Dieser Schutz ist schon dadurch gewährleistet, dass der Versicherungsnehmer ggf. einen Anspruch auf einen Vorschuss hat (§ 15 AKB) und dass der Versicherer bei unzulässiger Verzögerung einer endgültigen Entscheidung ggf. wegen Verzugs haftet (vgl. Jacobsen, a.a.O., Rn. 10). III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück