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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.02.2007
Aktenzeichen: 20 U 118/06
Rechtsgebiete: HOAI, AHB, BGB


Vorschriften:

HOAI § 15
AHB § 1 Abs. 1
AHB § 4 Abs. 6
BGB §§ 633 ff
BGB § 635 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.06.2006 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages erbringt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm aus einer Berufshaftpflichtversicherung für Architekten Versicherungsschutz zu gewähren.

Der Kläger hat bei der Beklagten eine Berufshaftpflichtversicherung (Vers.Nr. H 3#####/####) genommen; vereinbart sind die AHB, die "Besonderen Bedingung für die Mitversicherung von Vermögensschäden" sowie die "Risikobeschreibungen, Besondere Bedingungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren" (RBB).

Der Kläger wird von einem Auftraggeber, der L & H GmbH, auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger arbeitet mit der L dergestalt zusammen, dass diese Grundstücksflächen entwickelt und vermarktet, wobei der Kläger bei der Aufteilung der Flächen und der Prüfung der Bebaubarkeit tätig wird. Der Kläger hat mit L in dieser Weise schon bei mehreren Projekten zusammengearbeitet. Im Streitfall geht es um ein Projekt "B", einer Grundstücksfläche in guter Wohnlage in I.

Die L leitete dem Kläger einen B-Plan, einen Lageplan sowie weitere Unterlagen zu, aus denen sich Gestaltungsfestsetzungen (Traufhöhe, Dachform etc) ergaben. Der Kläger forderte einen Vermessungsplan an. Er gab die Daten aus den Plänen in seinen Rechner (CADSystem) ein. Seine Aufgabe war es nun, mögliche Grundstücksaufteilungen mit den Vorstellungen und Wünschen von Kaufinteressenten abzustimmen, die ihm von L übermittelt wurden. Er hatte dabei zu überprüfen, ob bzw. in welchem Umfang die Wünsche mehrerer unterschiedlicher Interessenten realisierbar waren.

Im Streitfall ging es um die Kunden "Eheleute S", die sich für ein Grundstück (Parzellen Nr. ### und Nr. ###) interessierten und dort ein Haus mit einer Hausbreite von 7,20 m errichten wollten. Der Kläger wurde bei der Planung tätig und übermittelte der L einen Aufteilungsplan, in den das Haus nach den Wünschen der Eheleute S eingearbeitet war. Der Plan wies das Haus als realisierbar aus.

Die Eheleute S erwarben die Parzellen. Es wurde ein Bauantrag vom Kläger für die Bauherren S gestellt, wozu er nach den (nur mündlichen) Absprachen mit L verpflichtet war. Aus dem als Bestandteil der Bauantragsunterlagen erstellten amtlichen Lageplan des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs Dominicus ergab sich dann, dass die Baulinien auf dem Grundstück Nr. ### mit dem geplanten Haus überschritten wurden. Die Parzelle hätte nach den Vorgaben des Bebauungsplans nur eine Bebauung mit einem 6 m breiten Haus zugelassen.

Der Kläger versuchte erfolglos, bei der Stadt einen Dispens für eine Baulinienüberschreitung zu erreichen.

In der Folge wurde zur Schadensbegrenzung ein Tausch durchgeführt, wobei die Eheleute S ein anderes Grundstück im Aufteilungsplan erwarben, auf dem ihr Haus realisiert werden konnte. Der Kauf bzgl. der Parzellen ### und ### wurde rückabgewickelt. Es wurden Umplanungen, so auch die Teilung einiger Parzellen und deren Zuordnung zu anderen Parzellen, erforderlich.

Die L hat verschiedene Schadenberechnungen erstellt und zuletzt mit Anwaltsschreiben vom 04.08.2005 einen Mindestschaden in Höhe von 41.000,00 € angezeigt.

Die Beklagte verweigerte Versicherungsschutz mit Schreiben vom 09.02.2005 und stellte sich auf den Standpunkt, der Kläger werde von der L wegen mangelhafter Erfüllung (§ 635 a.F. BGB) auf Schadensersatz in Anspruch genommen; bedingungsgemäß bestehe Versicherungsschutz nur, wenn es um einen Schaden am Bauwerk gehe (A II 3. RBB).

Der Kläger hat die Beklagte auf bedingungsgemäßen Versicherungsschutz in Anspruch genommen. Er hat vorgetragen, er vermöge nicht zu erklären, wie es bei seiner Planung zu der Überschreitung der Baulinien gekommen ist; er vermutet einen Fehler in der EDV.

Der Kläger hat beantragt festzustellen,

dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Versicherungsschutz für eine Inanspruchnahme durch die L GmbH wegen möglicher Pflichtverletzung nach einem etwaigen Architektenvertrag im Zusammenhang mit der Verwertung der Grundstücke G1 in I zu gewähren.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.

Sie hat bestritten, dass es einen Architektenvertrag zwischen L und dem Kläger gibt. Sie hat den vom Kläger behaupteten Planungsverlauf hinsichtlich der Parzellen "Eheleute S" bestritten. Der behauptete Versicherungsfall sei nicht nachvollziehbar und aus den überreichten Unterlagen nicht zu ersehen. Der Kläger habe keine versicherte Tätigkeit als Architekt ausgeführt. Überdies habe er den Schaden durch bewusst vorschriftswidriges Verhalten verursacht.

Schließlich sei eine Inanspruchnahme auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung lediglich dann versichert, wenn Schaden an einem Bau eingetreten sei, was nicht der Fall sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf den Inhalt des am 30.03.2006 verkündeten Urteils wird - auch wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand in erster Instanz Bezug genommen.

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Sie rügt, das Landgericht hätte die rechtliche Natur der gegen den Kläger erhobenen Ansprüche nicht dahinstehen und einer Klärung im Haftpflichtprozess überlassen dürfen. Da kein Haftpflichtprozess geführt worden sei, habe die Klärung im Deckungsprozess zu erfolgen.

Ein allgemeiner Vermögensschaden sei nur versichert, wenn der Kläger objektiv innerhalb des versicherten Risikos als Architekt tätig würde; das sei indes nicht der Fall.

Der Kläger habe vorgetragen, der L eine verbindliche Planung vorgelegt zu haben. Eine verbindliche Planung ohne Abstimmung mit der Baubehörde sei jedoch nicht möglich.

Die geschilderte Planung habe mit der vom Kläger angeführten Grundlagenermittlung nichts zu tun. Auftraggeber der Leistungen nach § 15 HOAI sei der Bauherr; die L sei jedoch nicht Bauherr gewesen.

Der Kläger habe nicht eigenständige Planung erbracht, sondern ihm von der L vorgelegte Planung begutachtet. Auch das liege außerhalb des versicherten Risikos.

Der Kläger habe eine Realisierbarkeit des Bauvorhabens garantiert oder zugesichert, ohne sich mit der zuständigen Bauordnungsbehörde abgestimmt zu haben. Eine solche Zusicherung gehöre nicht zu den Leistungen eines Architekten.

Nach A II 3. der vereinbarten RBB habe sie, die Beklagte, nur für Schadensersatzansprüche bei Schäden am Bauwerk einzustehen, um die es im Streitfall nicht gehe.

Die Beklagte beruft sich schließlich auch auf den Ausschlussgrund der Pflichtwidrigkeitsklausel. Die Überschreitung der Baulinie sei ein Indiz für eine wissentliche Pflichtverletzung.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Inanspruchnahme durch die L GmbH Versicherungsschutz zu gewähren wegen möglicher Pflichtverletzungen als Architekt im Zusammenhang mit der Planung für ein Haus nach den Vorgaben der Erwerber "Eheleute S" auf den Parzellen Nr. ### und Nr. ### im Projekt "B" in I.

1. Zu Recht allerdings greift die Beklagte die Entscheidung des Landgerichts insoweit an, als nicht habe offen gelassen werden dürfen, ob der Kläger für die L GmbH im Rahmen eines Architektenvertrages tätig geworden ist und ob sich die ihm von der L GmbH angelastete Pflichtwidrigkeit auf seine Tätigkeit als Architekt bezogen hat.

Die Entscheidung dieser Fragen ist entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht nicht einem (nachfolgenden) Haftpflichtprozess vorbehalten, sondern wenn kein Haftpflichtprozess vorangegangen ist im Deckungsprozess zu klären. Denn die Beklagte schuldet nicht die Abwehr jeglicher gegen den Kläger gerichteter Ansprüche, sondern bedingungsgemäß nur die Abwehr solcher Ansprüche, die auf versicherte Tätigkeiten zurückzuführen sind. Gegenstand der Versicherung ist nach A I.1. RBB die gesetzliche Haftpflicht des Klägers für die Folgen von Verstößen bei der Ausübung der im Versicherungsschein beschriebenen Tätigkeit eines selbständigen Architekten bzw. Inhabers eines Architekturbüros.

Liegen keine für den Deckungsprozess Bindungswirkung entfaltende Tatsachenfeststellungen aus einem Haftpflichtprozess vor, ist bei der Beurteilung der Frage, ob ein Versicherer einem Versicherungsnehmer Deckungsschutz für eine Inanspruchnahme durch einen Dritten zu gewähren hat, grundsätzlich auf dessen Begründung des Anspruches abzustellen.

Die vom Kläger dargelegten Tätigkeiten, aus denen die L GmbH ausweislich der vorliegenden Korrespondenz ihre Ansprüche herleitet, war eine Architektentätigkeit: Die Prüfung möglicher Grundstücksaufteilungen und die der Realisierbarkeit von Wünschen potentieller Käufer gehört zur Leistungsphase der Grundlagenermittlung (§ 15 (1) 1. HOAI), die als Klärung der Aufgabenstellung, des Abfragens und Besprechens der Wünsche, Vorstellungen und Forderungen eines künftigen Bauherren beschrieben wird ebenso wie als klärende Beratung über die Möglichkeiten der Bebauung auf einem Grundstück (vgl. Locher/Koeble/Frick, HOAI, § 15 Rn. 16).

Der Kläger war der L GmbH gegenüber durch mündliche Absprache verpflichtet, die Aufteilung der Gesamtfläche zu begleiten und dabei die jeweiligen Wünsche potentieller Erwerber auf ihre Realisierbarkeit hin zu überprüfen. Er hatte Machbarkeitsstudien vorzulegen und die Pläne verschiedener Interessenten auf ihre Verträglichkeit zu überprüfen, nach Möglichkeit zu koordinieren. Ziel war eine optimale Ausnutzung der Gesamtfläche. Nach erfolgtem Verkauf einer Parzelle hatte der Kläger sodann vereinbarungsgemäß für die Erwerber Bauanträge zu stellen.

Mit einer nicht versicherten Gutachtertätigkeit - wie die Beklagte argumentiert - hat das alles nichts zu tun. Wenn die L GmbH dem Kläger die Wünsche von Interessenten vorgegeben hat, so geschah das nicht mit dem Ziel einer Begutachtung, sondern mit dem Auftrag, die Realisierbarkeit auf den zur Verfügung stehenden Parzellen planerisch abzuklären.

Wenn der Kläger durch seine Planung im Projekt "Eheleute S" diese zum Erwerb einer Parzelle veranlasst hat, wenn der Erwerb dann im Verhältnis L/S wegen der fehlerhaften Nichtbeachtung der Baulinien rückabgewickelt und Umplanungen erforderlich wurden, so beruht eine Inanspruchnahme des Klägers wegen dieser Fehlleistung auf seiner gesetzlichen Haftpflicht für die Folgen von Verstößen bei der Ausübung der im Versicherungsschein beschriebenen Tätigkeit eines Architekten.

2. Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Versicherungsschutz folgt aus dem Leistungsversprechen der Beklagten in A.I RBB:

A. I. Gegenstand der Versicherung

1. Versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers für die Folgen von Verstößen bei der Ausübung der im Versicherungsschein beschriebenen Tätigkeit. ...

2. Der Versicherungsschutz umfasst Personenschäden und sonstige Schäden (Sach- und Vermögensschäden gemäß § 1 Ziff. 1 und 3 AHB) zu den im Versicherungsschein festgelegten Versicherungssummen.

Mit dem in A I.2. versprochenen Versicherungsumfang verspricht die Beklagte ihren Versicherungsnehmern einen umfassenden Versicherungsschutz in der Berufshaftpflichtversicherung über die in § 1 Abs. 1. AHB versicherten Personen- und Sachschäden hinaus auch für Vermögensschäden.

a) Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf den in § 4 Abs. 6. AHB vereinbarten Ausschluss für Erfüllungsleistungen und deren Surrogate. Die Klausel lautet:

§ 4 Abs. 6. AHB Die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllungsleistung tretende Ersatzleistung ist nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung ...

Der Senat teilt nicht die Ansicht der Beklagten, bei den von der L GmbH geltend gemachten Ansprüchen handele es sich um vom Versicherungsschutz ausgeschlossene "Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung".

Abgesehen davon, dass es den "Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung" im geltenden Schuldrecht nicht mehr gibt, stellen die von der L GmbH in ihren Schreiben vom 22.02.2005 (Anlage K 10) und vom 04.08.2005 (Anlage K 11) geltend gemachten Schadenspositionen der Sache nach keine unter § 4 Abs. 6 AHB fallenden Erfüllungssurrogate dar.

Der Architekt schuldet ein geistiges Architektenwerk und ist wie auch andere Werksschuldner nach den § 633 ff BGB zur Vertragserfüllung einschließlich Nacherfüllung und gegebenenfalls zur Gewährleistung verpflichtet. Wird ein Architekt auf Nacherfüllung in Anspruch genommen, so ist diese Verpflichtung zur Nacherfüllung zugleich Erfüllung des Architektenvertrages selbst und nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung. Wird wegen eines Planungsfehlers eines Architekten eine neue Planung erforderlich, so stellt sich diese als Beseitigung eines Mangels des Architektenwerkes dar. Die Beseitigung der Mängel eines Architektenwerks gehört ebenfalls zur Erfüllung des Architektenvertrages und ist als solche nicht Gegenstand der Versicherung. Ebenso wenig besteht Versicherungsschutz, wenn der Bauherr wegen eines Planungsmangels vom Vertrag zurücktritt oder Minderung Herabsetzung des Architektenhonorars - verlangt.

Schadensersatzansprüche jedoch, die nicht den Mangel des Architektenwerkes selbst betreffen, fallen unter den Versicherungsschutz. Es geht mithin um die Abgrenzung, ob sich der Schaden an der geschuldeten Leistung (dem geistigen Architektenwerk) selbst oder aber außerhalb der Vertragserfüllung niedergeschlagen hat. Die versicherten Schäden werden auch unter dem Stichwort "Folgeschäden" beschrieben (vgl. zu alldem Schmalzl/Krause-Allenstein, Berufshaftpflichtversicherung des Architekten und Bauunternehmers, 2. Aufl. Rn. 513 mit zahlreichen Nachweisen.).

Die L GmbH hat in Folge der Baulinienüberschreitung den schon geschlossenen Kaufvertrag mit den Eheleuten S über die Parzellen ###/### rückabgewickelt und erreicht, dass die Eheleute S die gegenüberliegenden Grundstücksparzellen ###/### unter Einbeziehung eines Teils der früheren Parzellen ###/### erwarben. Auf dem durch die Neuparzellierung geschaffenen Grundstück war das von den Eheleuten S geplante Haus dann realisierbar. Ferner ist eine Teilfläche der nicht mehr bebaubaren früheren Parzellen ###/### nach der Teilung dem Grundstück der weiteren Bauherren I2 zugeschlagen worden, die auf den Parzellen ###/### ein Bauwerk realisieren wollten.

Die Umstellung der Verträge sowie die Neuvermessung und Neuaufteilung der Parzellen hat Kosten verursacht, die die L GmbH ebenso wie eine durch die Neuaufteilung bedingte mindere Bebaubarkeit der Gesamtfläche als Schadenspositionen dem Kläger gegenüber geltend gemacht hat (vgl. Anlagen K 10 und K 11). Diese Schadenspositionen sind nicht an dem geschuldeten Architektenwerk selbst entstanden, sondern Folgeschäden der fehlerhaften Planung.

Die Haftung für diese Schäden ist weder der Erfüllung des Architektenvertrages zuzurechnen noch ist sie als Erfüllungssurrogat zu begreifen.

b) Ebenso ohne Erfolg bemüht die Beklagte die Klausel A II.3. RBB, aus der sie wiederum einen Ausschluss herauslesen will. Die Klausel lautet:

II. Beginn und Umfang des Versicherungsschutzes

1. 2. ...

3. Eingeschlossen in den Versicherungsschutz ist der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (§ 635 BGB), wenn es sich um einen Schaden am Bauwerk handelt.

Der Senat folgt nicht der Argumentation der Beklagten, dass im Umkehrschluss aus dem formulierten Einschluss von Schäden am Bauwerk ein Ausschluss für alle anderen Schäden zu folgern sei. Eine solche Auslegung der Klausel würde den Versicherungsnehmer, dem in A I. RBB umfassender Versicherungsschutz in der Berufshaftpflichtversicherung versprochen wurde, überraschen und unangemessen benachteiligen. Eine Klausel, die unter dem Begriff "Einschluss" einen "Ausschluss" verbirgt, wäre zudem wegen Intransparenz unwirksam.

Ohne dass es darauf für die Auslegung der Klausel ankommen würde, zeigt ein Blick in ihre Entstehungsgeschichte, dass die von der Beklagten ihr unterlegte Bedeutung der Klausel niemals zukommen sollte:

Die Klausel hat ihren Ursprung im alten Schuldrecht und dort in der Problematik der Abgrenzung von Schadensersatzansprüchen aus § 635 BGB a.F. zu denen aus einer positiven Vertragsverletzung, die im Hinblick auf die Verjährungsproblematik von Bedeutung war (vgl. BGH, Urt. v. 21.05.1981 - VII ZR 128/80 - NJW 1981, 2182 sowie BGH, Urt.v. 13.05.1981 - IV a ZR 96/80 - VersR 1981, 771) und die von der Rechtsprechung im Laufe der Zeit unterschiedlich beurteilt wurde (vgl. Schmalzl/ Krause-Allenstein, aaO. Rn. 510 mit Nachweisen). Für die Gewährung von Versicherungsschutz hat die Unterscheidung jedoch keine Bedeutung, denn der Versicherungsschutz hängt nicht davon ab, auf welche haftpflichtrechtliche Grundlage der Anspruch gestützt wird. Der "Einschluss" in A II.3 BBR sollte klarstellen, dass der durch ein fehlerhaftes Architektenwerk verursachte Bauwerkschaden, auch wenn er unter § 635 BGB a.F. subsumiert wurde, dem in gleicher Weise verursachten, als positive Vertragsverletzung gewerteten Vermögensschaden hinsichtlich des Versicherungsschutzes gleichgestellt war. Dem "Einschluss" in A II.3 RBB kam damit eine rein deklaratorische Bedeutung zu (Schmalzl/Krause-Allenstein, aaO, Rn. 513, die sich entgegen der Meinung der Beklagten genau zu A II.3. RBB in der zwischen den Parteien vereinbarten Fassung verhalten).

c) Erfolglos schließlich beruft sich die Beklagte auch auf den Ausschluss aus A IV.7. RBB, wonach Schäden vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, die der Versicherungsnehmer durch ein bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten verursacht hat.

Es deutet nichts darauf hin, dass der Kläger - wie von der Beklagten lediglich vermutet - bei seiner Planung die Baulinie bewusst überschritten hätte in der Erwartung, einen Dispens der Baubehörde erreichen zu können. Über einen Dispens ist zwar ausweislich der Vorkorrespondenz verhandelt worden; diese Verhandlungen sind allerdings nur für einen Zeitraum dokumentiert, nachdem durch die irrtümliche Nichtbeachtung der Baulinien bereits den Schaden verursachende Fakten gesetzt worden waren. Die Verhandlungen sollten der Schadensminderung dienen.

Etwas anderes hat die für eine bewusste Pflichtwidrigkeit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht vorgetragen. Insbesondere fehlt es auch an einem konkreten Vortrag dazu, durch welchen wissentlichen Verstoß gegen ihm obliegende Pflichten der Kläger verursacht haben soll, dass die aus den ihm von der L GmbH übergebenen Plänen ersichtlichen Baulinien fehlerhaft in seine EDV übertragen und zur Grundlage der weiteren Planungen gemacht wurden.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. I, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst (§ 543 ZPO n.F.).

Ende der Entscheidung

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