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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.06.2008
Aktenzeichen: 20 U 187/07
Rechtsgebiete: BGB, VVG, BB-BUZ


Vorschriften:

BGB § 142 Abs. 1
VVG § 16
VVG § 16 Abs. 1 Satz 1
VVG § 16 Abs. 3
VVG § 18
VVG § 20
VVG § 21
BB-BUZ § 1 Abs. 1
BB-BUZ § 1 Abs. 2
BB-BUZ § 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Juni 2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erbringung von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Beitragsbefreiung in der Lebensversicherung und Rente) ab Februar 2004 sowie auf Feststellung des Fortbestandes der BUZ-Versicherung in Anspruch (keine Beendigung durch Rücktritt/Anfechtung vom 11.11.2005).

Die Klägerin beantragte am 12.12.2001 bei der Beklagten den Abschluss einer Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Anlage K9). Ihren Beruf als Chefsekretärin der Firma N GmbH beschrieb sie in der Anlage 1 zum Antrag, zuvor ausgeübte Berufe in Anlage 2 zum Antrag. Die im Antragsformular gestellten Gesundheitsfragen füllte sie teilweise nicht aus, ergänzte sie aber durch - umfangreiche - Angaben in den Anlagen 4 und 5. Dort führte sie auf Frage 12 nach Behandlungen und Untersuchungen in den letzten zehn Jahren aus:

"1991 bis 1997: Siehe Aufstellung der L-Krankenkasse, ...

1999 grippaler Infekt, Pansinusitis

2000 grippaler Infekt, Pansinusitis, Tracheabronchitis, Rückenschmerzen/Nackenverspannungen (Bedingt durch meinen Beruf als Sekretärin habe ich zeitweise Nackenverspannungen. Daraus resultieren Kopfschmerzen und ein ziehender Schmerz im Rückenbereich. Aufgrund dessen wurde ich mit Fangopackungen und Massage behandelt.)"

Die - in der obigen Angabe der Klägerin genannte - Aufstellung der L-Krankenkasse datiert vom 22.12.2000 und nennt zuletzt unter dem 09.05.1997 eine Chondropathia Patellae rechts als Erkrankung. In Anlage 5 führte die Klägerin zwölf behandelnde Ärzte sowie ein Krankenhaus auf und verwies auf ihren Hausarzt U, da sie nicht sicher sei, ob die Angaben vollständig seien.

Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 16.01.2002 eine Selbstauskunft "Knorpelveränderung der Kniescheibe" und eine Selbstauskunft wegen "Wirbelsäulenerkrankung" sowie einen Bericht von U von der Klägerin an (Anlage K10). Die Klägerin unterzeichnete die Selbstauskünfte am 27.01.2002, nachdem U die dort gestellten Fragen nach seinen Unterlagen beantwortet hatte. In der Selbstauskunft wegen Wirbelsäulenerkrankung wird die Frage "Waren Sie jemals länger als vier Wochen arbeits- bzw. berufsunfähig?" verneint (Anlage K11). U reichte seinen Bericht unter dem 24.01.2002 ein (Bl. 38 d. A.).

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 11.02.2002 der Klägerin mitteilte, dass für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Ausschlussklauseln wegen Erkrankungen und Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sowie deren Folgen sowie Erkrankungen und Funktionseinschränkungen des rechten Kniegelenks erforderlich seien (Anlage K12), teilte die Klägerin mit Schreiben vom 20.02.2002 der Beklagten mit, dass es im Jahre 2000 im Zuge eines Kündigungsverfahrens zu größeren Problemen mit dem Arbeitgeber gekommen sei, die sie ihrem Hausarzt geschildert habe. Hieraus habe sich die Krankschreibung mit einem HWS-Syndrom als Begründung ergeben. Diese Diagnose habe nahe gelegen, weil sie als Sekretärin Nackenverspannungen ohne Probleme glaubhaft machen konnte. Die Wirbelsäule sei aber gesund, was durch eine Röntgenaufnahme nachgewiesen werden könne (Anlage K13). Es erfolgten weiterer Schriftwechsel und Telefonate zwischen den Parteien und die Vereinbarung einer Ausschlussklausel wegen des rechten Kniegelenks (Anlagen K14, K15 und Bl. 40/224 d. A.). Im Schreiben vom 03.04.2002 wies die Beklagte u.a. darauf hin, dass die versicherte Rente 75 % des jährlichen Nettoeinkommens nicht überschreiten sollte (Anlage K15). Im Schreiben vom 08.04.2002 (Bl. 224 d. A.) teilte die Klägerin u. a. mit:

"Der Berechnung der Rentenhöhe habe ich eine Kopie der Lohnsteuerkarte 2001 beigefügt.....Da eine Dynamik ...ausgeschlossen ist, möchte ich Sie bitten, die Rentenhöhe so hoch als möglich zu wählen."

Die Beklagte übersandte den Versicherungsschein am 29.04.2002 (Anlage K1). Danach ist bei Berufsunfähigkeit neben Beitragsfreiheit in der Lebensversicherung eine monatliche Rente von 1.256,59 € in der Zeit vom 01.04.2002 bis 01.04.2024 auf Basis einer Risikolebensversicherung unter Geltung der besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Anlage K2) der Beklagten versichert.

Die Klägerin ist seit dem 01.02.2002 arbeitslos, nachdem ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18.12.2001 von ihrem Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen zum 31.01.2002 gekündigt worden war (Bl. 68 d. A.). In dem Kündigungsschreiben wurde der Klägerin mitgeteilt, dass der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hatte. In dem von der Klägerin geführten Prozess vor dem Arbeitsgericht Bochum (AZ.: 3 Ca 19/02) einigten sich die Klägerin und ihr Arbeitgeber in der Sitzung vom 18.07.2002, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.01.2002 geendet habe und an die Klägerin eine Abfindung gezahlt werde (Bl. 71 d. A.).

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 23.07.2004 (Anlage K3) bei der Beklagten Leitungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit der Begründung, sie sei seit dem 24.02.2004 bei dem Psychiater T in psychiatrischer Behandlung wegen Depressionen. In dem ihr übersandten Formularantrag der Beklagten gab die Klägerin am 18.08.2004 (Anlage K4) zu Frage 23 an, dass ihr Arbeitsverhältnis zum 31.01.2002 vom Arbeitgeber gekündigt worden sei und dies rückwirkend vom Arbeitsgericht Bochum am 18.07.2002 festgestellt worden sei. Mit Schreiben vom 24.08.2004 bat die Beklagte um Mitteilung, welcher Tätigkeit die Klägerin in der Zeit von Februar bis Oktober 2002 nachgegangen war (nach Anlage K5). Hierauf teilte die Klägerin mit Schreiben vom 26.08.2004 mit, dass "am 18.07.2002 das Arbeitsverhältnis vom Arbeitsgericht Bochum nachträglich zum 31.01.2002 für beendet erklärt" worden sei (Anlage K5).

Am 07.02.2005 erhielt die Beklagte einen Karteikartenausdruck von C (Anlage K18). Danach wurde die Klägerin am 24.01.2000 wegen Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, beruflicher Stress und deutlichen Schmerzen im linken Arm behandelt sowie vom 31.01.2000 bis zunächst zum 18.02.2000 verlängert bis zum 29.02.2000 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Mit Schreiben vom 04.03.2005 erklärte die Beklagte den Rücktritt hilfsweise die Anfechtung von der bzw. der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, da die Klägerin hinsichtlich obiger Angaben die Antragsfragen falsch beantwortet habe und die Frage nach einer über vier Wochen hinaus andauernden Arbeitsunfähigkeit in der Selbstauskunft wegen Erkrankungen der Wirbelsäule ebenfalls falsch beantwortet habe (Anlage K7). Ferner erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 20.04.2005 den Rücktritt hilfsweise die Anfechtung, da die Klägerin in der Zeit vom 15.03.1999 bis 19.03.1999 wegen Neurasthenie (Erschöpfungssyndrom) arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen sei und sie das nicht angegeben habe (Anlage K8). Diese Krankschreibung entnahm die Beklagte einer Krankenkassenauskunft der C-Krankenkasse (Anlage K 16), bei der die Klägerin seit dem 01.12.2003 versichert war und die - nach Darstellung der Beklagten - die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Vorversicherer übernommen hatte. Im Jahre 1999 war die Klägerin bei der K-Krankenkasse krankenversichert, die die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin in der Bescheinigung vom 22.12.2000 aufgeführte (Bl. 73 d. A.). Schließlich erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 11.11.2005 den Rücktritt und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, da die Klägerin nicht angezeigt habe, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2002 bereits mit Schreiben vom 18.12.2001 gekündigt worden war (Bl. 67 d. A.).

Die Klägerin hat behauptet, Berufsunfähigkeit sei seit Februar 2004 wegen ihrer Erkrankungen, nämlich einer schizoiden Persönlichkeitsstörung, einer mittelgradigen bis schweren depressiven Episode mit somatischem Syndrom, einer somatoformen Schmerzstörung, einer Migräne ohne Aura und einer Dranginkontinenz eingetreten. Sie sei dauerhaft außer Stande den Beruf einer Sekretärin auszuüben. Sie könne sich nicht erinnern vom 15.03. bis 19.03.1999 wegen Neurasthenie behandelt worden zu sein. Eine derartige Krankschreibung ergebe sich auch nicht aus der eingeholten Auskunft des Vorversicherers K-Krankenkasse vom 22.12.2000. Obwohl die Kündigung rechtsunwirksam gewesen sei, habe sie sich sofort nach Erhalt der Kündigung auf verschiedene andere Stellen beworben. Dies habe zu insgesamt fünf Vorstellungsgesprächen geführt, so dass sie fest davon ausgegangen sei, eine Anschlussbeschäftigung zu finden. Der Betriebsrat habe ihr versichert, dass die Kündigung unwirksam sei. G habe sie in der Zeit vom 31.01. bis 29.02.2000 aus Gefälligkeit wegen Erkrankung der Wirbelsäule krankgeschrieben. Sie könne sich nicht erklären, weshalb in der Patientenkartei des Arztes andere Symptome wie Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen und beruflicher Stress genannt werden.

Die Klägerin hat beantragt,

1.) die Beklagte zu verurteilen, an sie 25.131,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2005 sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.000,21 € zu bezahlen,

2.) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 01.10.2005 die vertraglich vereinbarte Monatsrente in Höhe von 1.256,59 € monatlich bis längstens 01.08.2024 bei gleichzeitiger Beitragsfreiheit der Lebensversicherung Nr.: ############### zu zahlen,

3.) festzustellen, dass der Versicherungsvertrag Nr. ############### nicht durch das Rücktritts-/Anfechtungsschreiben der Beklagten vom 11.11.2005 rechtswirksam beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Klägerin sei vom 15.03. bis 19.02.1999 wegen Neurasthenie erkrankt gewesen und habe diesen Umstand verschwiegen. Sie habe auch die Arbeitsunfähigkeit vom 31.01. bis 29.02.2000 wegen Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, beruflichem Stress und Schmerzen im linken Arm verschwiegen. Sie habe auch nicht telefonisch der Sachbearbeiterin C2 mitgeteilt, dass sie mehr als vier Wochen arbeitsunfähig gewesen sei. Sie habe vielmehr versucht, die Arbeitsunfähigkeit zu verharmlosen, indem sie angegeben habe, nicht mehr auf der Arbeit erscheinen zu wollen.

Das Landgericht hat die Klägerin angehört sowie Beweis erhoben durch Einholung des schriftlichen neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen F2 vom 08.08.2006 (Anlage), das der Sachverständige unter dem 04.12.2006 (Anlage) schriftlich und am 14.07.2007 mündlich erläutert hat (Bl. 153 d. A.). Das Landgericht hat die Beklagte überwiegend antragsgemäß (Leistungen erst ab März 2004 und nicht schon ab Februar 2004) verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die BUZ-Versicherung sei weder durch die Rücktritte der Beklagten beendet noch durch Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB aufgelöst worden. Eine objektive Anzeigepflichtverletzung durch die Klägerin nach §§ 16, 18, 20 VVG lasse sich hinsichtlich der in den Rücktrittserklärungen vom 04.03.2005 und 20.04.2005 genannten Gründen nicht feststellen. Soweit die Beklagte den Rücktritt vom 04.03.2005 auf die fehlende Angabe der Klägerin hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitszeit in der Selbstauskunft für Wirbelsäulenerkrankungen stütze, sei diese vorformulierte Auskunft aus Sicht des Befragten so zu verstehen, dass nur Angaben zu Erkrankungen hinsichtlich der Wirbelsäule erforderlich waren. Denn das Formular sei fettgedruckt mit Selbstauskunft wegen Wirbelsäulenerkrankung überschrieben. Dass die Klägerin tatsächlich an der Wirbelsäule erkrankt gewesen ist, sei nicht bewiesen. Die Klägerin habe vielmehr nachvollziehbar ausgeführt, dass sie wegen der angespannten Situation am Arbeitsplatz Anfang des Jahres 2000 krankgeschrieben wurde.

Es sei auch nicht bewiesen, dass der Klägerin die von G in der Patientenkartei genannten Diagnosen wie Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, beruflicher Stress und Schmerzen linker Arm der Klägerin bekannt waren. Die Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der objektiven Anzeigepflichtverletzung.

Auch hinsichtlich des Rücktrittsgrundes im Schreiben vom 20.04.2005 sei eine objektive Anzeigepflichtverletzung nicht festzustellen. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die Klägerin im Jahr 1999 an Neurasthenie erkrankt gewesen sei. Die Eintragung in die Karteikarte der Krankenkasse, bei der die Klägerin seit 2003 Mitglied war, reiche hierfür ebenso wenig wie das Zeugnis des Sachbearbeiters dieser Krankenkasse aus, da angesichts häufiger Namensverwechselungen und ähnlicher Fehler gerichtsbekannt aus derartigen Eintragungen nicht mit hinreichender Sicherheit auf das Vorliegen entsprechender Krankheiten geschlossen werden könne.

Schließlich sei die Beklagte auch nicht aufgrund des Rücktritts vom 11.11.2005 leistungsfrei geworden. Es könne offen bleiben, ob der Rücktritt angesichts der Angaben der Klägerin zu Ziffer 23 im Leistungsantrag vom 18.08.2004 rechtzeitig erfolgt sei, denn jedenfalls brauchte die nach Antragstellung drohende oder gerade eingetretene Arbeitslosigkeit dem Versicherer nicht unbefragt offenbart zu werden, solange der Versicherungsnehmer damit rechnen konnte, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Hier sei die Klägerin darüber hinaus von der Unwirksamkeit der Kündigung überzeugt gewesen, so dass sie zunächst vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ausgegangen sei.

Die Klägerin sei seit Februar 2004 wegen ihrer depressiven Störung vollständig auf Dauer außer Stande, ihren bisherigen Beruf als Sekretärin auszuüben. Dies folge aus dem überzeugenden Gutachten des SV F2. Daher schulde die Beklagte die vereinbarten Leistungen, jedoch im Hinblick auf § 1 Abs. 2 BB-BUZ erst ab April 2004.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Argumente wie folgt wiederholt und vertieft:

Anfechtung/Rücktritt vom 11.11.2005 seien berechtigt. Die Klägerin sei - bis zur "Schließung des Vertrages", § 16 Abs. 1 Satz 1 VVG, hier Einverständnis der Klägerin vom 08.04.2002 und Versicherungsschein vom 29.04.2002 - ungefragt verpflichtet gewesen, der Beklagten die Kündigung vom 18.12.2001 zu offenbaren. Im Übrigen könne nicht davon die Rede, dass die Klägerin nicht "gefragt" worden sei. Im Schreiben vom 11.02.2002 (Anlage K12) sei die Klägerin inzident darauf hingewiesen worden, dass sie - im Verhältnis zu dem Erstantrag eingetretene - Änderungen in Beruf/Gesundheit habe mitteilen müssen. Eine vage Hoffnung auf einen neuen Arbeitsplatz könne die Offenbarungspflicht nicht entfallen lassen. Es sei weder dargetan noch ersichtlich, warum die Klägerin - entgegen der Auffassung des Landgerichts - davon habe ausgehen können, die Kündigung sei unwirksam. Die Klägerin habe die Kündigung arglistig verschwiegen. Jedenfalls könne die Klägerin das gemäß § 16 Abs. 3 VVG vermutete Verschulden nicht widerlegen, so dass der Rücktritt berechtigt sei. Den Kausalitätsgegenbeweis nach § 21 VVG könne die Klägerin nicht führen, da nach den Ausführungen des SV gerade die Arbeitslosigkeit Einfluss auf die Erkrankung gehabt haben soll.

Rücktritt und Anfechtung seien nicht verfristet. Sie habe sichere Kenntnis von der Kündigung erst im Telefonat vom 11.11.2005 erlangt. Die Angaben der Klägerin im Formularantrag vom 18.04.2004 reichten hierzu nicht aus, zumal sie diese Angaben durch Schreiben vom 26.08.2004 wieder relativiert habe.

Auch die Rücktritte und Anfechtungen vom 04.03. bzw. 20.04.2005 seien berechtigt.

Es sei nicht ersichtlich, warum die von G beschriebenen Symptome der Klägerin nicht bekannt gewesen sein sollten. Im Übrigen wäre - folgte man der Einlassung der Klägerin, dass es dabei nur um Wirbelsäulenprobleme gehandelt habe - die Anzeigeobliegenheit erst recht verletzt. Denn dann hätte die lange Arbeitsunfähigkeitszeit in der Selbstauskunft Wirbelsäule genannt werden müssen.

In Bezug auf die - vom Landgericht as nicht bewiesen bewertete - Neurasthenie habe das Landgericht den Beweisantritt auf Vernehmung der Zeugen F und D (Bl. 30 d. A.) übergangen und es versäumt, der Klägerin aufzugeben, vollständige Auskünfte der Vorversicherer vorzulegen, insb. das Vorblatt zur Auskunft der C-Krankenkasse. Das Landgericht habe zu Unrecht Berufsunfähigkeit angenommen. Der Vortrag der Klägerin zu ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit sei unzureichend. Im Übrigen sei fraglich, ob auf den Beruf der Chefsekretärin abgestellt werden dürfte, da die Klägerin zu Beginn der BUZ-Versicherung arbeitslos war. Es sei auch nicht plausibel, warum die Klägerin zu 50 % berufsunfähig sei sollte, obwohl der Sachverständige bzgl. Konzentration, Auffassungsgabe, Umstellungsfähigkeit und Kognition keine objektivierbaren Einschränkungen gefunden habe. Die depressive Störung sei nicht so schwer. Der Sachverständige habe daher erklären müssen, welche Tätigkeiten aufgrund welcher Behinderung nicht ausgeübt werden könnten. Auch könne keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit angenommen werden, wenn Auslöser der Beschwerden gerade die Arbeitslosigkeit gewesen sei.

Schließlich sei das Landgericht auch nicht auf den erstinstanzlich erhobenen Einwand der Vorvertraglichkeit eingegangen.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil:

Anfechtung/Rücktritt vom 11.11.2005 seien verfristet, da die Beklagte bereits seit dem 18.08.2004 Kenntnis von der Kündigung gehabt habe. Auch in der Sache seien Rücktritt/Anfechtung nicht gerechtfertigt.

Sie habe keine - weiteren - Anzeigepflichten verletzt, so dass auch die weiteren Rücktritte/Anfechtung ins Leere gingen. Sie habe während der Antragsprüfung die Umstände der Krankschreibung 2000 mitgeteilt. Im Jahre 1999 sei sie nicht wegen Neurasthenie behandelt worden. Die Eintragung der C-Krankenkasse sei fehlerhaft, was sich aus der Bescheinigung der K-Krankenkasse ergebe. Dieser Bescheinigung habe kein Vorblatt beigelegen. Auch aus der Karteikarte G folge nicht eine derartige Behandlung.

Sie sei bedingungsgemäß berufsunfähig. Das konkrete Tätigkeitsfeld folge aus den überreichten Tätigkeitsbeschreibungen (Bl. 249 - 253 d. A.) und aus dem Zeugnis der Fa. N (Bl. 254 d. A.).

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Klägerin persönlich angehört und den Sachverständigen F2 ergänzend mündlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 16.05.2008 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist - im tenorierten Umfange - begründet. Der Klägerin stehen die ihr vom Landgericht zuerkannten Leistungsansprüche (Beitragbefreiung und Rente) ab März 2004 zu. Auch der Feststellungsantrag ist begründet. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die BUZ-Versicherung weder durch die Rücktritte der Beklagten noch durch Anfechtung aufgelöst worden ist und die Klägerin bedingungsgemäß berufsunfähig ist. Die hiergegen von der Beklagten mit der Berufung erhobenen Einwendungen rechtfertigen keine andere Entscheidung.

1.) Die zwischen den Parteien geschlossene Berufsunfähigkeitszusatzversicherung hat weiterhin Bestand.

a) Die Rücktritts- bzw. Anfechtungserklärung vom 11.11.2005 (Bl. 65 d. A.), die die Beklagte auf den - verschwiegenen - Umstand der arbeitgeberseitigen Kündigung des Arbeitvertrages zum 31.01.2002 stützt, hat den Vertrag weder rückwirkend aufgelöst (§ 20 VVG) noch ist der Vertrag deshalb von Anfang als nichtig anzusehen (§ 142 BGB).

Sowohl Anfechtung (§ 124 Abs. 1 BGB, Jahresfrist) als auch Rücktritt (§ 20 Abs. 1 Satz 1 VVG, Monatsfrist) sind verfristet. Die Frist beginnt mit Kenntnis des Anfechtenden/des Rücktrittsberechtigten von den zur Abgabe der Erklärung berechtigenden Umstand, hier der Anzeigepflichtverletzung bzw. der Täuschung (§ 124 Abs. 2 BGB, § 20 Abs. 1 Satz 2 VVG), vorliegend des Umstandes, dass der Klägerin zum 31.01.2001 gekündigt worden war. Die Beklagte hatte hier spätestens mit Zugang des von der Klägerin ausgefüllten Formularantrages vom 18.08.2004 (Anlage K4) Ende August 2004 Kenntnis aller Umstände, auf die sie die Erklärungen stützen konnte. Die Frage Nr. 11 (S. 3) "Wann haben Sie zum letzten Mal gearbeitet?" hat die Klägerin mit "31.01.2002" beantwortet. In der Rubrik "23. Falls Sie keine Tätigkeit mehr ausüben, kreuzen Sie bitte Zutreffendes an: Das Arbeitsverhältnis wurde gekündigt zum 31.01.2002 vom wem Arbeitgeber und rückwirkend festgestellt vom Arbeitsgericht Bochum am 18.07.2002". Im Schreiben vom 26.08.2004 (Anlage K5) weist die Klägerin daraufhin, dass das Arbeitsverhältnis durch das Arbeitsgericht Bochum nachträglich zum 31.01.2002 für beendet erklärt worden war. Diese Umstände waren nach Auffassung des Senats ausreichend, um bei der Beklagten sichere Kenntnis von der Tatsache zu begründen, dass der Klägerin zum 31.01.2002 und somit vor "Schließung des Vertrages" gekündigt worden war. Entgegen der Auffassung der Beklagten beinhaltet das Schreiben der Klägerin vom 26.08.2004 keine Relativierung des Inhalts des Leistungsantrages. Der Leistungsantrag und das vorgenannte Schreiben sind im Zusammenhang zu bewerten und weisen im Wesentlichen denselben Erklärungsinhalt auf. Daraus konnte die Beklagte - die über entsprechend ausgebildete und geschulte Mitarbeiter verfügt - entnehmen, dass der Arbeitgeber der Klägerin zum 31.01.2002 gekündigt hatte und dass in einem Arbeitsgerichtsverfahren am 18.07.2002 das Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit Wirkung ab dem 31.01.2002 beendet worden war. Die Anfechtung und der Rücktritt vom 11.11.2005, also mehr als 14 Monate nach Kenntniserlangung, waren verfristet.

Auf die Frage der inhaltlichen Berechtigung von Rücktritt und Anfechtung gemäß Schreiben vom 11.11.2005 kommt es daher nicht an.

b) Eine Vertragsbeendigung folgt auch nicht aus Anfechtung/Rücktritt gemäß Schreiben vom 20.04.2005 (Anlage K 8)

aa) Die Beklagte stützt Anfechtung/Rücktritt auf die behauptete und nicht angezeigte Neurasthenie (Erschöpfungszustand) vom 15.03.1999 - 19.03.1999, die sie dem Inhalt der Auskunft der C-Krankenkasse v. 24.03.2005 (Anlage K16) entnimmt.

bb) Der Senat folgt der Auffassung des Landgerichts, wonach die Beklagte nicht bewiesen hat, dass die Klägerin an Neurasthenie erkrankt gewesen ist. Die pauschale Eintragung in der Auskunft der C-Krankenkasse ohne weitere präzisierende Merkmale ist hierzu nicht ausreichend. Dies gilt insb. unter Berücksichtigung des unstreitigen Umstandes, dass die Klägerin im Jahre 1999 nicht bei der C-Krankenkasse versichert war, sondern erst ab Dezember 2003 (wie aus der Anlage K 17 hervorgeht). In diesem Zusammenhang kommt hinzu, dass sich aus der Bescheinigung der K-Krankenkasse (wo die Klägerin im Jahre 1999 versichert war) eine Neurasthenie gerade nicht ergibt (vgl. Bl. 73 d. A.). Dort sind lediglich zwei grippale Infekte und eine Erkrankung der Wirbelsäule aufgeführt. Die Klägerin hat der Beklagten auch keine - aus dem "Vorblatt" dieser Bescheinigung ersichtlichen - Informationen vorenthalten (wie die Beklagte vermutet). Wie aus dem Original der Bescheinigung, die die Klägerin im Senatstermin zu den Akten gereicht hat (Bl. 269 d. A.), hervorgeht, ist dort die Eintragung "Bemerkungen siehe Vorblatt" nicht enthalten. Demnach spricht alles für die Richtigkeit der Darstellung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die Eintragung stamme von seiner Mitarbeiterin und sei auf einem Klebezettel vermerkt worden, der bei der Anfertigung von Kopien nicht entfernt worden sei. Der Einholung der von der Beklagten beantragten "amtlichen Auskunft der K-Krankenkasse und der Vernehmung der Zeugin I (Bl. 262 d. A.) bedurfte es daher nicht.

Im Übrigen weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass sich auch aus der Kartei G, bei dem sie auch 1999 in Behandlung war, eine solche Erkrankung nicht ergibt (Anlage K18). Der unter Beweis gestellten Behauptung der Beklagten, wonach die Zeugen F und D bestätigen könnten, dass die C-Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Vorversicherer übernommen hätte, musste der Senat nicht nachgehen. Es kann unterstellt werden, dass die C-Krankenkasse generell so vorgegangen ist; daraus folgt aber keine Erkrankung der Klägerin.

Die aufgrund dieser Umstände bestehenden Zweifel an dem Vorliegen einer Neurasthenie im Jahre 1999 gehen zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten, der es - aufgrund der umfassend erteilten Einverständniserklärungen - möglich gewesen sein müsste, weitere Informationen zu besorgen (behandelnder Arzt, Medikation ect.), falls die Klägerin an Neurasthenie erkrankt gewesen wäre.

c) Anfechtung/Rücktritt vom 04.03.2005 (Anlage K 7) haben ebenfalls nicht zu einer Beendigung des Vertrages geführt.

aa) Die Beklagte stützt Anfechtung/Rücktritt auf die nicht angezeigte Arbeitsunfähigkeit in der Zeit v. 31.01.2000 - 29.02.2000 wegen "Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, beruflichem Stress und deutlichen Schmerzen im linken Arm" (Inhalt Karteikarte G, Anlage K18) und auf die Nichtangabe dieser länger als 4 Wochen dauernden Arbeitsunfähigkeit in der Selbstauskunft "Wirbelsäule"" (Anlage K11).

bb) Die Klägerin hat in Bezug auf den - isolierten - Umstand der Arbeitsunfähigkeits-Zeit nichts Unzutreffendes erklärt. Die Klägerin hat die Beklagte hiervon vor Policierung unterrichtet. Das ergibt sich aus folgenden Umständen: Die Beklagte hatte nach Eingang des Antrages der Klägerin die behandelnden Ärzte angeschrieben. Danach ergab sich offensichtlich Klärungsbedarf. Deshalb forderte die Beklagte von der Klägerin die Einreichung der Selbstauskunft "Wirbelsäule" vom 27.01.2002 (Anlage K11), was dazu führte, dass die Beklagte einen Ausschluss vereinbaren wollte. Danach kam wohl zu telefonischen Kontakten (vgl. Telefonnotiz Bl. 39 d. A.) zwischen den Parteien. Schließlich wandte sich die Klägerin auch schriftlich an die Beklagte und teilte ihr im Schreiben vom 20.02.2002 mit, dass sie zwar - formell - wegen HWS krankgeschrieben worden sei, es sich hierbei aber nur um eine "Gefälligkeit" gehandelt habe. Im Grunde sei sie wegen eines Kündigungsverfahrens der Arbeit ferngeblieben (Anlage K13). Die Beklagte wusste somit, dass die vorgenannte Arbeitsunfähigkeit nicht auf HWS-Beschwerden beruhte. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, wonach die Klägerin die Frage in der Selbstauskunft nach den Arbeitsunfähigkeiten lediglich in Bezug auf Wirbelsäulenbeschwerden verstehen durfte.

Demzufolge war die Nichtangabe der Arbeitsunfähigkeit in der Selbstauskunft nicht unrichtig.

cc) In Bezug auf den weiteren Vorwurf, die Klägerin habe auch "Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, beruflichen Stress und deutlichen Schmerzen im linken Arm" (Inhalt Karteikarte G, Anlage K18) nicht angegeben, hat die Beklagte bereits nicht bewiesen, dass die Klägerin deswegen behandelt worden ist und ihr dies auch bekannt war. Bei den Begriffen "Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, berufliche Stress und deutlichen Schmerzen im linken Arm" handelt es sich nicht um Diagnosen, sondern nur um Beschreibungen von Symptomen einer diagnostizierten (oder evtl. nur angenommenen) Erkrankung. Die von G in diesem Zusammenhang festgehaltene Diagnose "M53.9G" ist mit den Angaben der Klägerin, wonach man HWS-Beschwerden "vorgeschoben" habe (s. o.) in Einklang zu bringen. Denn wie sich aus der ICD SGB V V1.3 (2000 -2003) ergibt, handelt es sich bei der Diagnose "M53.9G" um "eine Krankheit der Wirbelsäule und des Rückens, nicht näher bezeichnet". Demzufolge spricht alles für die Darstellung der Klägerin, die Beschreibung der Symptome hätte im Zusammenhang mit der - vorgeschobenen und der Beklagten bekannten - HWS-Arbeitsunfähigkeit gestanden.

2.) Die Klägerin ist - zumindest - seit Februar 2004 bedingungsgemäß berufsunfähig, so dass die Beklagte die vereinbarten Leistungen ab März 2004 schuldet.

a) Nach § 1 Abs. 1 der einbezogenen BB-BUZ (Anlage K2) i.V.m dem Versicherungsschein schuldet die Beklagte die vereinbarten Leistungen, wenn die Klägerin zu mindestens 50 % berufsunfähig ist. (Vollständige) Berufsunfähigkeit ist nach § 2 Abs. 1 BB-BUZ gegeben, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls voraussichtlich für die Dauer von mindestens 6 Monaten außer Stande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die er aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, wobei eine Verweisung nur bei einer konkret ausgeübten Tätigkeit in Betracht kommt. Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad erfüllt sind.

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auf die Tätigkeit der Klägerin als Chefsekretärin bei der Fa. N (bedingungsgemäßer "Beruf") abzustellen. Das war die letzte von der Klägerin in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit. Danach hat die Klägerin nicht mehr gearbeitet. Der Umstand, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages nicht mehr als Sekretärin arbeitete, ist unschädlich. Denn das gekündigte - Arbeitsverhältnis bestand zum Abschlusszeitpunkt noch und das Ende der Tätigkeit ist erst durch den Vergleich am 18.07.2002 nachträglich auf den 31.01.2002 festgesetzt worden. Eine andere Betrachtungsweise würde dazu führen, dass Berufstätige im gekündigten Arbeitsverhältnis - ähnlich wie Arbeitslose - nicht in der BUZ-Versicherung versicherbar wären. Das behauptet die Beklagte aber selbst nicht. Der Einwand der Beklagten zielt auch mehr auf den Umstand, dass die Klägerin - nach der von der Beklagten vertretenen und vertretbaren Auffassung - die Kündigung hätte offenbaren müssen. Aus der Unterlassung kann die Beklagte aber nichts herleiten, da sie die Fristen für den Rücktritt und die Anfechtung hat verstreichen lassen (s.o.). Aber auch wenn auf die Arbeitslosigkeit abgestellt werden müsste, wäre die Klägerin berufsunfähig. Denn auch bei Arbeitslosen ist auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit abzustellen (OLG Düsseldorf NVersZ 2002, 355), es sei denn, der VN wäre bereits vor der Arbeitslosigkeit aus freien Stücken aus dem Berufsleben ausgeschieden (BGH VersR 1987, 753), was hier aber nicht gegeben ist.

c) Nach dem Ergebnis der ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme ist die Klägerin seit Februar 2004 weder in der Lage, ihren zuletzt als Chefsekretärin ausgeübten Beruf noch eine andere Tätigkeit - auch nicht teilweise - auszuüben. Demzufolge kommt es auf das - von der Klägerin hinreichend dargelegte - konkrete Tätigkeitsbild nicht an. Dies folgt aus den widerspruchsfreien, von zutreffenden tatsächlichen Feststellungen ausgehenden, nachvollziehbaren und deshalb überzeugenden gutachterlichen Ausführungen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen F2 im schriftlichen Gutachten vom 08.08.2006, der Ergänzung vom 04.12.2006 in Verbindung mit seinen Ausführungen im Senatstermin vom 16.05.2008.

Nach den - neurologisch psychiatrischen - gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen F2 besteht bei der Klägerin seit dem 24.02.2004 aufgrund einer depressiven Störung mit Somatisierungsstörung, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie letztendlich auch einer Migräne und einer Harninkontinenz (wobei Migräne und Harninkontinenz nicht ausschlagend ist) ein aufgehobenes berufliches Leistungsvermögen.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die bei der Klägerin bestehende Berufsunfähigkeit - bedingungsgemäß - auch "infolge" Krankheit eingetreten.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen kann die Klägerin aufgrund einer depressiven Störung mit Somatisierung und anhaltender somatoformer Schmerzstörung, also wegen (einer) Krankheit, keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen. Der Umstand, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen das Krankheitsbild maßgeblich durch den Wegfall des beruflichen Umfeldes geprägt wurde, ist in diesem Zusammenhang nicht von Relevanz. Die zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen sehen nicht vor, dass nur krankheitsauslösende Umstände, die nicht im beruflichen Umfeld ihre Ursache haben, bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit heranzuziehen sind. Dies wäre auch nicht sachgerecht. Denn gerade bei psychischen Erkrankungen wird sich im Regelfall ein - zunächst - nicht medizinisch relevanter Auslöser finden. Das von der Beklagten bemühte Arbeitsplatzrisiko (vgl. hierzu BGH VersR 1999, 1134) ist vorliegend nicht einschlägig. Denn dabei geht es nur darum, bei der Feststellung, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, die Lage auf dem Arbeitsmarkt unberücksichtigt zu lassen. Um diese Frage geht es hier aber nicht.

d) Der von der Beklagten erhobene Einwand der Vorvertraglichkeit ist nicht begründet. Der Verlust der Fähigkeit, den Beruf auszuüben, ist (erst) während der Vertragsdauer, also nach dem 01.04.2002 eingetreten.

aa) War der Versicherte bereits vor Beginn der Versicherung nicht mehr in der Lage, in seinem zuletzt konkret ausgeübten Beruf tätig zu sein, kann die Feststellung nicht getroffen werden, der Versicherte habe die Fähigkeit zur Berufsausübung erst während der Vertragsdauer verloren. Beweisbelastet ist insoweit der Versicherungsnehmer (KG VersR 2004, 723; OLG Koblenz, VersR 2000, 749, BGH VersR 1993, 469).

bb) Demzufolge muss die Klägerin ausschließen, nicht bereits am 01.04.2002 (Beginn der Versicherung) berufsunfähig gewesen zu sein. Diesen Beweis hat die Klägerin auch erbracht. Nach den Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen seiner Anhörung vor dem Landgericht (Bl. 153 R d. A.) ist auszuschließen, dass der Zustand der Berufsunfähigkeit bereits am 01.04.2002 bestand. Danach begann die Erkrankung der Klägerin weder mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses noch mit der Beendigung der Arbeit im Januar 2002. Der Arbeitsgerichtsprozess sei eher ein Ausdruck von Stärke und Gesundheit gewesen. Hätte sich die Klägerin bereits damals in einem zur Berufsunfähigkeit führenden depressiven Zustand befunden, so hätte sie die Kündigung vermutlich widerstandslos hingenommen. Die Depression habe sich erst dann herausgebildet, als es der Klägerin nicht gelungen sei, eine neue Arbeit zu bekommen. Der Hausarzt habe eine Depression auch erst im Jahre 2004 erkannt; der behandelnde Psychiater habe den Beginn der Depression auf das Jahr 2003 festgelegt.

3.) Die näheren Einzelheiten der - der Klägerin vom Landgericht zuerkannten - Leistungsverpflichtung der Beklagten (Höhe und Bezugsdauer der Rente) sind zwischen den Parteien nicht im Streit.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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