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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.04.2009
Aktenzeichen: 20 U 195/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 141
ZPO § 286
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 06.10.2008 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser unter Geltung der AKB genommenen Kaskoversicherung (Selbstbeteiligung 500,00 €) auf Zahlung einer Entschädigung aufgrund eines behaupteten Diebstahls des versicherten Pkw BMW 645 Coupé CI, amtl. Kennzeichen #######, in Anspruch.

Am 06.02.2006 erstattete der Kläger Strafanzeige bei der polnischen Polizei in X und gab an, dass ihm in der Nacht vom 05.02.2006 auf den 06.02.2006 sein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug entwendet worden sei (Bl. 9 d. A.). Das Fahrzeug hatte zu diesem Zeitpunkt einen Wert von 62.640,00 € und wies eine Gesamtlaufleistung von 15.144 km auf.

Im Einzelnen machte der Kläger gegenüber der Polizei ausweislich des - übersetzten - Protokolls v. 06.02.2006 (Bl. 75 ff. d. A.) folgende Angaben: Er habe das entwendete Fahrzeug am Abend des 05.02.2006 um 21.30h in der Garagenbox geparkt, die zur Wohnung einer Kollegin namens T gehöre. Als Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs gab der Kläger "gegen 10.000 km" an. Er habe den Wagen vor drei Monaten bei einem BMW Autohaus in N erworben. Anfang Dezember habe er in Luboh eine Zündungssperre montieren lassen. Hierfür besitze er nur eine Chipkarte. Der Kläger gab an, Eigentümer der Firma "Y" in X zu sein. Zudem teilte der Kläger mit, vor zwei Wochen über den Grenzübergang in Z nach Polen gekommen zu sein. Sein ständiger Wohnsitz sei seit 20 Jahren C.

Bei der Anzeigenerstattung bei der polnischen Polizei erhielt der Kläger auf seinem Handy ein Telefonat, in welchem ihm angeboten wurde, das Fahrzeug gegen eine Zahlung von 50.000 Zloty wieder zu beschaffen. Laut einer amtlichen Notiz der polnischen Polizei verweigerte der Kläger die Angabe der Personalien seines Gesprächspartners wie auch alle Informationen betreffend den Versuch der Erpressung des Lösegeldes (Bl. 82 d. A.).

Die Kollegin des Klägers, Frau T, gab bei ihrer Vernehmung durch die polnische Polizei an, dass zu ihrer Wohnung keine Garage in der Tiefgarage gehöre (Bl. 87 d. A.).

Der Kläger informierte die Beklagte noch am 06.02.2006 telefonisch über den Diebstahl. Am 13.02.2006 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Formular zur Schadensanzeige (Bl. 14). Zudem wurde der Kläger schriftlich darauf hingewiesen, dass Diebstahlschäden im Ausland unverzüglich der deutschen Polizei angezeigt werden müssten (Bl. 11 d. A.).

Am 21.02.2006 übersandte der Kläger der Beklagten eine ausgefüllte und unterschriebene Schadensanzeige (Bl. 14 ff. d. A.). Die Frage

"Haben Sie der deutschen Polizei am Zulassungsort Ihres Fahrzeuges ebenfalls den Kfz-Diebstahl gemeldet? Wann haben Sie dort Anzeige erstattet?"

blieb unbeantwortet. Der Kläger gab in der Schadensanzeige an, dass er am 04.02.2006 über "C-X-T2-C" am Ort des Diebstahls angekommen gewesen sei. Als Gesamtfahrleistung gab er "13.000 km bin aber nicht sicher" an. Auf die Frage, wie das Fahrzeug zum Diebstahlzeitpunkt gesichert gewesen sei, unterstrich der Kläger bereits vorhandene Fragealternativen, unter anderem die einer elektronischen Wegfahrsperre, fügte aber selbst keine weitere Alternative ein. Insbesondere trug der Kläger nicht ein, dass das Fahrzeug über eine Zündungssperre verfügte ("Superwegfahrsperre" sim 4.2, vgl. Bl. 92 d. A.).

Am 09.03.2006 meldete der Kläger das Fahrzeug bei dem Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten in C ab (Bl. 20 d. A.). Eine Meldung des Diebstahls bei der deutschen Polizei erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 15.03.2006 und 29.03.2006 forderte die Beklagte den Kläger auf, die Anschaffungsrechnung und Rechnungen über eventuelles Zubehör zu überreichen (Bl. 21/60 d. A.). Der Kläger sandte der Beklagten daraufhin die Anschaffungsrechnung des Fahrzeugs zu. In dieser Rechnung der M GmbH vom 24.11.2005 ist für das Fahrzeug ein Preis von 63.800,00 € ausgewiesen, zudem findet sich der Hinweis, dass der Betrag bar bezahlt wurde (Bl. 22 d. A.).

Mit Schreiben vom 16.05.2006 bat die Beklagte den Kläger u. a., die "Ergänzung zur Schadensmeldung" vollständig ausgefüllt zu übersenden (Bl. 24 d. A.). Unter dem 28.05.2006 gab der Kläger an, dass er am 09.03.2006 den Diebstahl der deutschen Polizei am Zulassungsort gemeldet habe (Bl. 25 d. A.).

Mit Schreiben vom 17.10.2006 (Bl. 28 d. A.) und 11.12.2006 (Bl. 34 d. A.) lehnte die Beklagte eine Regulierung des Schadens u. a. mit der Begründung ab, ein Diebstahl sei nicht nachgewiesen.

Der Kläger hat behauptet, dass ihm der BMW 645 Cl während einer Reise nach X entwendet worden sei: Er habe das Fahrzeug am Abend des 05.06.2006 verschlossen in der Tiefgarage des Mehrfamilienhauses in der T-Str. abgestellt. Das Mehrfamilienhaus besitze ca. 50 einzelne, durch Stahltüren verschlossene Garagenboxen, die durch ein gesondertes Einfahrttor elektronisch geschlossen würden. Am Morgen des 06.02.2006 habe er festgestellt, dass in die Garagenbox eingebrochen worden sei. Die Tür der Box habe offen gestanden und sein Fahrzeug sei verschwunden gewesen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte ihm den Betrag zahlen müsse, den er heute für die Wiederbeschaffung eines vergleichbaren Fahrzeugs aufzuwenden habe. Dieser Wert betrage 70.000 €. Auch ihm vorprozessual entstandene Kosten der Rechtsverfolgung seien zu ersetzen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 70.952,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 70.000,00 € seit dem 17.10.2006 sowie aus 952,00 € ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eine Entwendung des Pkw bestritten. Dem Kläger komme mangels Redlichkeit keine Beweiserleichterung zu Gute. Die Redlichkeitsvermutung greife wegen widersprüchlicher und unwahrer Angaben des Klägers nicht ein. Die Überwindung des Garagentores und des Aussentores seien nach der Lebenserfahrung ohne Entdeckung nicht möglich gewesen. Der Diebstahl des Fahrzeugs sei im Hinblick auf die Code-Sicherung nicht möglich. Der Kläger sei nicht - wie gegenüber der Polizei angegeben - Inhaber der Firma "Y". Bei den in C angegebenen Adressen handele es sich nur um Briefkastenadressen. Die Kaufrechnung vom 24.11.2005 sei nicht echt; es sei sehr zweifelhaft, dass der Kläger über den angeblich bar bezahlten Betrag in Höhe von 63.800,00 € verfügt habe. Der Umstand, dass das Fahrzeug zwei Monate nach dem angeblichen Erwerb entwendet worden sei, sei auffällig. Der Kläger habe bezüglich seiner Reiseroute falsche Angaben getätigt. Auch der km-Stand sei uneinheitlich und falsch angegeben worden. Die Angabe zur Zugehörigkeit der Garage zur Wohnung sei falsch. Auch die falsche Angabe einer tatsächlich unstreitig nicht erfolgten Meldung des Diebstahls bei der deutschen Polizei erschüttere die Redlichkeit des Klägers. Dies gelte auch, weil der Kläger der Beklagten das Handygespräch bezüglich des Lösegeldes nicht mitgeteilt habe. Der Kläger habe es - obwohl er entsprechende Aufforderungen erhalten habe - unterlassen, der Beklagten die eingebaute Zusatzsicherung mitzuteilen. Zudem habe der Kläger in der Strafanzeige gegenüber der polnischen Polizei fälschlicherweise angegeben, für die Zusatzsicherung nur einen Chip erhalten zu haben, in Wirklichkeit habe er aber zwei Chips erhalten.

Die Beklagte hat sich weiterhin wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers für leistungsfrei gehalten. Der Kläger habe durch falsche bzw. fehlende Angaben vorsätzlich seine Obliegenheiten verletzt. Indem er nicht auf die Lösegeldforderung hingewiesen habe, habe er vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. An der Meldung einer Lösegeldforderung habe die Beklagte ein generelles Interesse.

Demgegenüber hat der Kläger gemeint, dass zu seinen Gunsten die Redlichkeitsvermutung eingreife. Er habe auch keine Obliegenheiten verletzt. Er sei Eigentümer der Firma "Y". Nur weil er drei Mal innerhalb von 20 Jahren in C seine Adresse gewechselt habe, handele es sich noch nicht um Briefkastenadressen. Er habe das Fahrzeug am 24.11.2005 von der M GmbH für 63.800,00 € erworben. Er habe wie sich den Kontoauszügen aus Oktober und November 2005, Bl. 119 ff. d. A., entnehmen lasse - über das nötige Geld zum Erwerb eines BMWs verfügt. Er habe seine Reiseroute nicht falsch angegeben; bei dem in der Schadensanzeige angegebenen Datum handele es sich nicht um das Einreisedatum nach Polen, sondern um das Ankunftsdatum am Diebstahlort. Den km-Stand habe er nicht mehr genau gewusst, das habe er auch kenntlich gemacht. Er habe angenommen, dass die Garage, die er benutze, zur Wohnung seiner Kollegin T gehöre; er habe erst im Nachhinein erfahren, dass die Garage von einem anderen Wohnungseigentümer gemietet worden sei.

Die Abmeldung seines Fahrzeugs am 09.03.2006 habe er zugleich auch als Anzeige bei der deutschen Polizei verstanden. Gegenüber der polnischen Polizei habe er keineswegs Angaben zum Handyanruf verweigert; die Nummer des Anrufers sei unterdrückt gewesen. Er habe sich gegenüber dem Anrufer zum Schein mit einer Zahlung von 20.000 Zloty einverstanden erklärt und gefragt, was sich im Kofferraum seines gestohlenen Fahrzeugs befinde. Daraufhin sei der Kontakt unterbrochen und nicht wiederaufgenommen worden. Die Zusatzsicherung habe er der Beklagten nicht mitteilen müssen. Er habe nur einen Chip für die Zusatzsicherung erhalten habe.

Das Landgericht hat den Kläger persönlich angehört (Bl. 171 d. A.) und die Beklagte in der angefochtenen Entscheidung, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, zur Zahlung von insgesamt 63.032,44 € nebst Zinsen verurteilt (62.640 € unstreitiger Wiederbeschaffungswert abzgl. 500 € SB + 892,44 € RA-Kosten). Der Kläger habe das äußere Bild einer versicherten Entwendung des Pkw bewiesen. Der Kläger sei glaubwürdig. Die Beklagte habe die Redlichkeitsvermutung nicht erschüttert. Sie sei auch nicht wegen Obliegenheitsverletzungen des Klägers leistungsfrei.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage begehrt. Sie beruft sich weiterhin auf fehlende Redlichkeit des Klägers und auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzungen. Hierzu beruft sie sich - ebenso wie in erster Instanz - auf folgende Umstände:

Nichtangabe der elektronischen Zusatzsicherung (Bl. 251 d. A) und Nichtangabe des 2. Chips (Bl. 254 d. A.), Merkwürdigkeiten des behaupteten Entwendungsvorganges (Bl. 257 d. A.), Angaben zu den Eigentumsverhältnissen an der Garage (Bl. 263 d. A.), Nichtangabe des Handygespräches bei der polnischen Polizei (Bl. 260 d. A.), fehelende Anzeige bei deutscher Polizei (Bl. 261 d. A.), ungenaue Angaben zum Kilometerstand (Bl. 265 d. A.), widersprüchliche Angaben zu den Einzelheiten der Einreise (Bl. 266 d. A.) und der Rückreise (Bl. 268 d. A.) und Umstände beim Erwerb des Pkw (Bl. 268 d. A.).

Die Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil (Bl. 285 ff. d. A.)

Der Senat hat den Kläger persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung wird auf den Berichterstattervermerk vom 24.04.2009 verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht weder eine Kaskoentschädigung noch ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu. Der beweisbelastete Kläger hat nicht bewiesen, dass ihm der versicherte Pkw bedingungsgemäß (vgl. § 12 Nr. 1 I b AKB) wie von ihm behauptet am 05.02.2006 bzw. 06.02.2006 in X entwendet worden ist.

1.) Einem Versicherungsnehmer stehen im Bereich der Fahrzeugversicherung - aus dem Inhalt des Versicherungsvertrages abgeleitete - Beweiserleichterungen zur Seite. Der Versicherungsnehmer genügt seiner Darlegungslast, wenn er ein Mindestmaß an Tatsachen vorträgt, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine Wegnahme des versicherten Fahrzeugs gegen seinen Willen zulassen (BGH, Urt. v. 17.05.1995 - IV ZR 279/94 - NJW 1995, 2169). Das Abstellen des Fahrzeugs an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit und das Nichtwiederauffinden - sogenanntes äußeres Bild eines Diebstahls - stellen den Minimaltatbestand dar. Diesen hat der Versicherungsnehmer allerdings gemäß § 286 ZPO voll zu beweisen. Stehen dem Versicherungsnehmer keine Beweismittel, ins. in Form von Zeugen, für die vom Versicherer bestrittene Entwendung zur Verfügung, kann im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses nach § 286 ZPO die Darstellung des nach § 141 ZPO persönlich angehörten Versicherungsnehmers unter Umständen als glaubhaft betrachtet werden, wenn der Versicherungsnehmer die Richtigkeit seiner Darstellung sonst nicht beweisen kann (BGH, Urt. v. 24.04.1991 - IV ZR 172/90 - VersR 1991, 917). Das setzt aber unabdingbar die Glaubwürdigkeit bzw. Redlichkeit des Versicherungsnehmers voraus.

2.) Der Senat hat - auch aufgrund des im Senatstermin gewonnen persönlichen Eindrucks und anders als das Landgericht - durchgreifende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers, so dass er dessen Schilderung zum äußeren Bild nicht allein aufgrund seiner Angaben als bewiesen feststellen kann.

a) Der Kläger hat zu drei für die Aufklärung des Schadensfalles relevanten Umständen falsche bzw. keine Angaben gemacht. So hat er nicht angegeben, dass der BMW über eine Zusatzsicherung in Form der sim 4.2 verfügte. Er hat den Diebstahl des Pkw nicht bei der deutschen Polizei angezeigt und die Beklagte hierüber zudem unzutreffend informiert. Schließlich hat er die Beklagte nicht über das bei der Anzeigeaufnahme geführte Handygespräch informiert und sich in diesem Zusammenhang atypisch verhalten. Im Einzelnen:

aa) Der Kläger hat den - nachträglichen - Einbau der Zündungssperre in der Schadensanzeige nicht angegeben, obwohl er die Vorgaben in dem Fragebogen für diverse andere Sicherungen unterstrichen hatte und ihm ein Leerfeld für zusätzliche Angaben zur Verfügung gestanden hat (Bl. 14 d. A.). Eine nachvollziehbare Erklärung hierfür hat der Kläger nicht abgegeben. Vielmehr sind die Erklärungsversuche widersprüchlich. Vor dem Landgericht hat der Kläger ausweislich der Urteilsbegründung erklärt, sich nicht in der Lage gesehen zu haben, alle Zusatzausstattungen des Pkw anzugeben. Abgesehen davon, dass diese Erklärung nach Auffassung des Senats untauglich ist, da die Beklagte im Fragebogen nicht nach Zusatzausstattungen fragt, sondern danach, wie das Fahrzeug gesichert war, steht diese Erklärung im Widerspruch zu den Angaben des Klägers im Rahmen seiner Anhörung im Senatstermin. Danach will er die Zusatzsicherung nicht zusätzlich angegeben haben, weil er diese bereits unter dem im Fragebogen erwähnten Begriff "elektronische Wegfahrsperre" verstanden haben will. Letztlich hält der Senat aber auch - unabhängig vom oben aufgezeigten Widerspruch - diese Erklärung für nicht tragfähig. Denn unstreitig war dem Kläger bekannt, dass der Pkw serienmäßig über eine - werkseitig - eingebaute Wegfahrsperre verfügte und es ihm entscheidend darauf ankam, eine Zusatzsicherung zu haben ("weil in Polen viele Autos gestohlen werden"). Die Angabe dieser Zusatzsicherung in der entsprechenden Rubrik im Fragebogen hätte sich dem Kläger daher geradezu aufdrängen müssen.

Im Hinblick auf die Funktionsweise der sim 4.2 (vgl. Bl. 92 d. A.), wonach ohne die Chipkarte der Pkw nicht gefahren werden kann bzw. stehen bleibt, betrifft die Nichtangabe der Zusatzsicherung gegenüber der Beklagten einen für die Aufklärung und Prüfung des Schadensfalles relevanten Umstand. Denn die Angabe dieser Zusatzsicherung hätte zu - weiteren - Rückfragen durch die Beklagte geführt.

bb) Der Kläger hat den - behaupteten - Diebstahl des Pkw unstreitig nicht bei der deutschen Polizei angezeigt. Hierzu war er aber bedingungsgemäß (vgl. § 7 III Satz 2 AKB) verpflichtet. Dessen ungeachtet hatte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 13.02.2006 (Bl. 11 d. A.), also unmittelbar nach der Diebstahlsmeldung, ausdrücklich und unmissverständlich hierauf hingewiesen. Auch in der - vom Kläger unter dem 21.02.2006 ausgefüllten - Ergänzung der Schadensmeldung wird hierauf - indirekt - hingewiesen. Die Erklärungsversuche des Klägers für die Nichtanzeige des Diebstahls bei der deutschen Polizei überzeugen den Senat nicht.

Er erschließt sich dem Senat nicht, warum der - sei über 20 Jahren in C lebende und der deutschen Sprache mächtige - Kläger im Hinblick auf die eindeutigen Hinweise der Beklagten davon ausgegangen ist, die Abmeldung des Pkw führe "automatisch" auch zu einer Anzeige bei der - deutschen - Polizei. Im Übrigen ist der vom Kläger zur Begründung seiner Auffassung vorgetragene Sachverhalt teilweise widersprüchlich. So will er seine Einschätzung aufgrund der Äußerung der Mitarbeiterin der Zulassungsstelle gewonnen haben. Der Kläger hat aber erstinstanzlich angegeben, nicht genau zu wissen, was die Mitarbeiterin gesagt hat (Bl. 176 d. A.). Er hat gemeint, irgendetwas von "automatisch" gehört zu haben, wegen der Zugehörigkeit von Polen und Deutschland zur EU. Bei der Anhörung vor dem Senat hat er aber nicht angeben können, was er unter "automatisch" verstanden haben will (Information durch die polnische Polizei oder durch die Zulassungsstelle).

Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger nicht nur die Anzeige des Diebstahls bei der deutschen Polizei unterlassen hat, sondern dass er hierzu auch falsche Angaben gegenüber der Beklagten gemacht hat. So hat er die Fragen der Beklagten "Haben Sie der deutschen Polizei am Zulassungsort Ihres Fahrzeuges ebenfalls den Kfz-Diebstahl gemeldet?" und "Wann habe Sie dort Anzeige erstattet?" mit "Am 09.03.2006" beantwortet (Bl. 25). Das war unstreitig falsch. Wenn der Kläger also die Erklärungen der Mitarbeiterin der Zulassungsstelle so verstanden habe sollte, dass die deutsche Polizei "automatisch" (von wem auch immer) Nachricht erhielt, so hätte der Kläger das auch so in der Schadensmeldung angeben müssen, etwa durch den Zusatz "am 09.03.2006 abgemeldet". Denn eine Abmeldung am 09.03.2006 führt auch nicht "automatisch" zu einer Anzeige bei der deutschen Polizei "am 09.03.2006".

Auch die Nichtanzeige des Diebstahls bei der deutschen Polizei und die Falschangeben hierzu gegenüber der Beklagten betreffen für die Aufklärung und Prüfung des Schadensfalles relevante Umstände. So führt die - unverzügliche - Anzeige eines Pkw-Diebstahls bei der deutschen Polizei im Regelfall (insb. bei wertvollen Pkw) dazu, dass der Pkw zur - auch internationalen - Fahndung ausgeschrieben wird. Durch die Nichtanzeige konnte diese Maßnahme, die dem Wiederauffinden der gestohlenen Pkw dient, nicht getroffen werden.

cc) Auffällig - und die Redlichkeit des Klägers erschütternd - ist auch der Umstand, dass der Kläger die Beklagte nicht über das während der Anzeigeaufnahme erfolgte Handygespräch unterrichtete und sich auch gegenüber der polnischen Polizei - ausweislich des übersetzten Vermerks Bl. 82 d. A., dessen inhaltliche Richtigkeit der Kläger nicht bestreitet - unkooperativ zeigte. Ein redlicher Versicherungsnehmer, dem gerade sein Fahrzeug gestohlen worden ist, verhält sich nach Auffassung des Senats anders. Er wird mit der Polizei zusammenarbeiten und - wenn auch nur zum Schein - auf das Angebot des Diebes eingehen. Keinesfalls wird er - so wie hier ausweislich des Vermerks erfolgt - versuchen, die "Lösegeldforderung" von 50.000 Zloty auf 20.000 Zloty zu reduzieren.

Selbst wenn es sich bei dem Anrufer um jemand gehandelt habe sollte, den der Kläger nicht für den Dieb hielt (das klingt in den Angaben des Klägers an, da der Kläger nach dem Kofferrauminhalt gefragt haben will und danach das Gespräch beendet war), so wäre eine Kooperation mit der Polizei und eine Information der Beklagten gleichwohl dienlich gewesen. Denn nach Angaben des Klägers hatten nur sehr wenige Personen Kenntnis vom Diebstahl des Pkw gehabt (und der Anrufer musste zu diesem Personenkreis gehören). Die Polizei hätte dann einen Ermittlungsansatz in Bezug auf die versuchte Erpressung gehabt.

Für die Richtigkeit der Erklärung des Klägers für seine mangelnde Kooperation mit der polnischen Polizei, wonach er nicht ausschließen könne, dass der Anruf von der Polizei selbst getätigt worden sei, sind weder Umstände vorgetragen noch ersichtlich.

b) Das Verhalten des Klägers zu den oben dargelegten und für die Aufklärung und Prüfung des Schadensfalles relevanten Umständen gereicht ihm zum Nachteil. Ein Versicherungsnehmer, der - wie vorliegend - ohne nachvollziehbare Erklärung relevante Umstände verschweigt, die unverzügliche Anzeige bei der deutschen Polizei unterlässt und die Beklagte hierzu auch bewusst falsch informiert, ist nicht glaubwürdig. Stehen ihm keine - weiteren - Beweismittel für den Vorgang der Entwendung zur Seite, hat dies zur Folge, dass er beweisfällig bleibt.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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