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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: 21 U 103/05
Rechtsgebiete: KWK-G, EuWG, BGB


Vorschriften:

KWK-G § 1
KWK-G § 2 Abs. 1 S. 1
KWK-G § 2 Abs. 1 S. 2
KWK-G § 2 Abs. 1 S. 3
KWK-G § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2
KWK-G § 2 Abs. 2
KWK-G § 2 Abs. 2 S. 1
KWK-G § 2 Abs. 2 S. 3
KWK-G § 2 Abs. 3
KWK-G § 3 Abs. 2 S. 2
KWK-G § 4
KWK-G § 5 Abs. 1
KWK-G § 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1
EuWG § 9 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 3
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.04.2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist ein komunales Energieversorgungsunternehmen, das die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern im Stadtgebiet E sicher stellt und als Energieversorger bereits am 31.12.1999 tätig war. Sie betreibt ein Stromverteilnetz, an das die Letztverbraucher unmittelbar angeschlossen sind. Die Klägerin bezieht Strom aus 3 vor dem 01.01.2000 in Betrieb genommenen Heizkraftwerken (HKW I/B, II/B und III/A), in denen der Strom im Wege der Kraft- Wärme- Kopplung erzeugt wird. Eigentümerin und Betreiberin der Heizkraftwerke HKW I/B und II/B ist seit jeher die Klägerin. Das HKW III/A stand in den streitgegenständlichen Zeiträumen aufgrund eines Erbbaurechtsvertrages vom 26.06.1975 im Eigentum der L GmbH (im folgenden: L). Geführt wurde das HKW III/A in den streitgegenständlichen Zeiträumen auf der Grundlage eines Betriebsführungs- und Energielieferungsvertrages vom 18.12.1995 von der Klägerin, die seit dem 01.01.1996 alleinige Gesellschafterin der L ist und diese überdies aufgrund eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 17.12.1976 beherrscht.

Die Klägerin, deren Netz - was in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig geworden ist - in Bezug auf alle 3 Anlagen das nächstgelegene Netz mit einer für die Einspeiseleistung geeigneten Spannungsebene ist, speiste aus dem HKW III/A in der Zeit vom 18.05. bis zum 31.12.2000 63.283.068 kW und in der Zeit vom 01.01. bis zum 31.10.2001 13.237.663 kW Strom in ihr Netz ein. In der Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.2002 speiste sie aus den drei Heizkraftwerken 387.224,032 kW Strom in ihr Netz ein. Die Strombezugskosten ordnete sie - wie die Beklagte im Senatstermin ebenfalls unstreitig gestellt hat - buchhalterisch in einem ersten Schritt der Sparte Stromerzeugung, die die Stromerzeugung und den Strombezug umfasst, zu und belastete die Strombezugskosten sodann in einem zweiten Schritt der Sparte Stromverteilung, die das gesamte Stromnetz und den Stromverkauf abbildet, weiter. Für den bezogenen Strom vergütete die Klägerin der L in der Zeit vom 18.05. bis zum 31.12.2000 mindestens 4,60 ct/kW und in der Zeit vom 01.01. bis zum 31.10.2001 mindestens 4,35 ct/kW.

In diesem Rechtsstreit begehrt die Klägerin, deren installierte elektrische Kraftwerksleistung in Kraft- Wärme- Kopplung bezogen auf ihre installierte Kraftwerksleistung insgesamt in den streitgegenständlichen Zeiträumen mindestens 25 % und deren in Kraft- Wärme- Koppelung erzeugte Strommenge bezogen auf ihre gesamte Stromerzeugung im Jahr in denselben Zeiträumen mindestens 10 % betrug, von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Unternehmen, die in den Jahren 2000 bis 2002 das ihrem Stromnetz vorgelagerte Netz der höheren Spannungsebene betrieben (im folgenden einheitlich: Beklagte) Belastungsausgleich nach § 5 Abs. 1 des am 18.05.2000 in Kraft getretenen Gesetzes zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft- Wärme- Kopplung vom 12.05.2000 (KWK-G) für die Zeiten vom 18.05. bis zum 31.12.2000, vom 01.01. bis zum 31.10.2001 und vom 01.01. bis zum 31.03.2002. Unter Ansatz von 3,0 Pf/kW in der Zeit vom 18.05. bis zum 31.12.2000 und von 2,5 Pf/kW für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.2001 verlangt sie für den in den vorbezeichneten Zeiten bezogenen Strom insgesamt Zahlung von 2.232.073,05 DM = 1.141.240,83 Euro nebst Zinsen. Darüber hinaus macht sie für den in der Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.2002 bezogenen Strom unter Ansatz von 1,03 ct/kW Zahlung von 28.732,02 Euro (3.998.407,53 Euro abzüglich gezahlter 3.959.675,51 Euro) nebst Zinsen geltend. Die Klägerin stützt ihren Anspruch hauptsächlich auf den Tatbestand des § 2 Abs. 2 S. 1 KWK-G, hilfsweise beruft sie sich auf die beiden Tatbestände des § 2 Abs. 1 S. 3 KWK-G.

Die Beklagte hat eingewandt, dem Tatbestand des § 2 Abs. 1 S. 1 KWK-G stehe der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 2 KWK-G entgegen. Die dort genannten Schwellenwerte seien auch anlagenbezogen zu verstehen. Dass das HKW III/A die Schwellenwerte von 25 % bzw. 10 % erreiche, sei - unstreitig - nicht dargetan. Auf die beiden Tatbestände des § 2 Abs. 1 S. 3 KWK-G könne sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen, weil sich die Fälle des § 2 Abs. 2 S. 1 und des S. 3 gegenseitig ausschlössen. Überdies sei der Betriebsführungs- und Energielieferungsvertrag vom 18.12.1995 kein Liefervertrag im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWK-G, da die vertragliche Vergütung unabhängig davon zu zahlen sei, ob Strom bezogen werde. Ferner gelte der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 2 KWK-G über seinen Wortlaut hinaus auch in den beiden Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 3 KWK-G. Allen drei Tatbeständen stehe schließlich entgegen, dass die Klägerin durch das KWK-G keine wirtschaftliche Belastung erlitten habe. Ein Belastungsausgleich komme nur in Betracht, wenn sich die Stromerzeugung oder der Strombezug durch das KWK-G verteuert habe. Dies sei hier jedoch - unstreitig - nicht der Fall.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 1.168.469,29 Euro nebst Zinsen verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Strom aus dem HKW III/A sei nach dem ersten Förderweg (§ 2 Abs. 1 S. 1 KWK-G) förderungsfähig. Der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 2 KWK-G stehe nicht entgegen. Wegen der dort genannten Schwellenwerte sei auf die Klägerin - nicht etwa auf die L - abzustellen, da die Klägerin nach dem Betriebsführungs- und Energielieferungsvertrag als Betreiberin der Anlage anzusehen sei. Darauf, ob das HKW III/A die Schwellenwerte erreiche, komme es nicht an. Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 KWK-G sei nämlich nicht etwa anlagenbezogen auszulegen. Gegen eine anlagenbezogene Auslegung spreche neben dem Wortlaut auch der Gesetzeszweck, weil im Fall des Betriebes mehrerer Kraft- Wärme- Kopplungsanlagen sonst kein Anreiz bestünde, den Anteil der Kraft- Wärme-Kopplung insgesamt hoch zu halten. Ob das Stromverteilnetz der Klägerin tatsächlich dasjenige mit der kürzesten Entfernung zum Standort der Anlage sei, spiele keine Rolle, da es widersinnig wäre, wenn die Klägerin den Strom zunächst in ein etwa näher gelegenes fremdes Netz einspeisen müsste. Ebenfalls unerheblich sei, ob die Klägerin für den aus dem HKW III/A bezogenen Strom getrennte Konten nach § 3 Abs. 2 S. 2 KWK-G führe. Denn die Führung getrennter Konten sei keine Anspruchsvoraussetzung, sondern diene lediglich der Transparenz der Rechnungslegung. Auf der Grundlage der unstreitigen Strommengen errechne sich für die Zeit vom 18.05.2000 bis zum 31.10.2001 ein Belastungsausgleich von 1.139.737,27 Euro. Hinzu kämen weitere 28.732,02 Euro für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.2002, da die Vergütung nach Art. 38 Nr. 2 des Neunten Euro-Einführungsgesetzes 1,03 ct/kWH betrage.

Mit der Berufung rügt die Beklagte, das Landgericht habe den Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 2 KWK-G zu Unrecht nur unternehmensbezogen, nicht aber auch anlagenbezogen ausgelegt. Für eine anlagenbezogene Auslegung spreche zum einen, dass im Falle eines Energieversorgungsunternehmens, das nur eine Kraft- Wärme- Kopplungsanlage betreibe, ohnehin anlagenbezogen vorzugehen sei. Zum anderen werde den Zielen des KWK-G - Energieeinsparung und Klimaschutz - am Besten mit Anlagen gedient, die ihrerseits die Schwellenwerte des § 2 Abs. 2 KWK-G erfüllten. Anderenfalls würden nämlich - gleichsam überschießend - auch Anlagen gefördert, die gerade keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz und zur Energieeinsparung leisteten. Im Extremfall könne es dann sogar dahin kommen, dass auch nahezu reiner Kondensationsstrom gefördert werde, der zu Klimaschutz und Energieeinsparung überhaupt nicht beitrage.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 22.04.2005 abzuweisen, im Fall einer für sie ungünstigen Entscheidung die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, eine anlagenbezogene Auslegung des § 2 Abs. 2 KWK-G widerspreche nicht nur dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch dem Zweck des KWK-G, die im liberalisierten Strommarkt in ihrem Fortbestand bedrohte und deswegen umgehender bedürftige Stromerzeugung durch Kraft- Wärme- Kopplung in der allgemeinen Versorgung bis zum Inkrafttreten einer langfristigen Regelung befristet zu sichern. Vor diesem Hintergrund habe der Gesetzgeber auf eine aufwendige Einzelfallprüfung aus Vereinfachungsgründen nämlich gerade verzichtet. Darüber hinaus komme es auf § 2 Abs. 2 KWK-G im Streitfall nicht an. Neben dem Tatbestand des § 2 Abs. 1 S. 1 KWK-G seien auch die beiden Tatbestände des § 2 Abs. 1 S. 3 KWK-G anwendbar und erfüllt. Für diese Tatbestände gelte der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 2 KWK-G ohnehin nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch aus § 5 Abs. 1 KWK-G in der zuerkannten Höhe von 1.168.469,29 Euro nebst Zinsen zu Recht bejaht.

1.

Der Anspruch ist noch nach dem KWK-G vom 12.05.2000 zu beurteilen. Dieses Gesetz ist inzwischen zwar außer Kraft getreten. Das ist jedoch nach § 13 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft- Wärme- Kopplung vom 19.03.2002 (KWK-G 2002) erst am 01.04.2002 und damit nach den hier in Rede stehenden Zeiträumen geschehen.

2.

Nach § 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 KWK-G kann ein Netzbetreiber, der zugleich Anlagenbetreiber i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 KWK-G ist und den Strom in sein eigenes Netz einspeist, von dem Betreiber des vorgelagerten Netzes einen Belastungsausgleich jedenfalls dann verlangen, soweit sein Netz das nächstgelegene Netz einer für die Einspeiseleistung geeigneten Spannungsebene ist und er getrennte Konten nach § 9 Abs. 2 EnWG führt (§ 3 Abs. 2 KWK-G). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin betreibt in E3 ein Stromnetz für die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern, dem das Netz der Beklagten vorgelagert ist. Sie ist, wie ausgeführt, zugleich Betreiberin der Heizkraftwerke HKW I/B, HKW II/B und HKW III/A und speist den Strom in ihr eigenes Netz ein. Hierbei handelt es sich in Bezug auf alle 3 Anlagen um das nächstgelegene Netz mit einer für die Einspeiseleistung geeigneten Spannungsebene. Schließlich ist auch dem Erfordernis der Kontentrennung genügt.

a)

Der Strom, den die Klägerin in den vorbezeichneten Zeiten bezogen hat, fällt nach § 2 Abs. 2 S. 1 KWK-G ("erster Förderweg") in den Anwendungsbereich des KWK-G.

aa)

Der in Rede stehende Strom stammt aus den 3 vor dem 01.01.2000 in Betrieb genommenen Heizkraftwerken HKW I/B, HKW II/B und HKW III/A. Hierbei handelt es sich, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt hat, um Kraft- Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 und Abs. 3 KWK-G.

bb)

Die Kraft- Wärme- Kopplungsanlagen wurden von einem Energieversorgungsunternehmen betrieben, das die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellt und als Energieversorger bereits am 31.12.1999 tätig war. Betreiberin der Heizkraftwerke HKW I/B, HKW II/B und HKW III/A war in den oben genannten Zeiten nämlich die Klägerin, die die vorbezeichneten Anforderungen erfüllt. Das ist für die Heizkraftwerke HKW I/B und HKW II/B unstreitig. Es gilt aber, wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, auch für das HKW III/A, obwohl es aufgrund eines mit der Klägerin als Grundstückseigentümerin abgeschlossenen Erbbaurechtsvertrages vom 26.06.1975 bis zum 31.12.2002 im Eigentum der L stand. Denn die Betreibereigenschaft ist nicht von der Eigentümerstellung abhängig.

Anlagenbetreiber ist vielmehr, wer, ohne notwendigerweise Eigentümer zu sein, die tatsächliche Herrschaft über die Anlage ausübt, ihre Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimmt und sie auf eigene Rechnung nutzt, mithin das wirtschaftliche Risiko trägt (BGH, Urteil vom 14.07.2004 - VIII ZR 356/03, Seite 12 f.; Salje, Kraft- Wärme-Kopplungsgesetz, § 2 Rdnr. 71).

Nach diesen Grundsätzen lag das wirtschaftliche Risiko des HKW III/A nicht bei der L

, sondern aufgrund des Betriebsführungs- und Energielieferungsvertrages vom 18.12.1995 bei der Klägerin. Nach dem Vertrag war die Klägerin damit beauftragt, das HKW III/A zu betreiben (§ 1.2 des Vertrages). Allein sie entschied über den Einsatz des Kraftwerks, die Art der Betriebsführung sowie die Verwendung der erzeugten elektrischen Energie und der Fernwärme (§ 1.2 des Vertrages). Die Brennstoffversorgung (§ 2 des Vertrages), die Unterhaltung (§ 5 des Vertrages), die Versicherungen (§ 6.1 des Vertrages) oblagen der Klägerin ebenso wie die Einstandspflicht für Ansprüche Dritter aus dem Betrieb des Kraftwerks (§ 6.2 des Vertrages). Schließlich hatte die Klägerin der L auch deren Selbstaufwand zu erstatten, und zwar unabhängig davon, ob Energie oder Fernwärme bezogen oder geliefert werden konnte (§ 9.2 des Vertrages). Angesichts dieser Regelungen, die zudem durch das Weisungsrecht und die Verpflichtung, Verluste der L auszugleichen, nach den §§ 2, 4.1 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 17.12.1976 ergänzt wurden, blieb von den Elementen des Betreiberbegriffs L nichts mehr übrig. Vielmehr führte die Klägerin das HKW III/A auf eigene Rechnung.

b)

Die Anwendung des KWK-G auf den in Rede stehenden Strom ist nicht etwa nach § 2 Abs. 2 KWK-G ausgeschlossen.

aa)

Nach dem Wortlaut der Vorschrift wird Strom von Energieversorgungsunternehmen nach § 2 Abs. 1 S. 1 KWK-G nicht erfasst, sofern deren installierte elektrische Kraftwerksleistung in Kraft- Wärme-Kopplung bezogen auf ihre installierte Kraftwerksleistung insgesamt weniger als 25 % und deren in Kraft- Wärme-Kopplung erzeugte Strommenge bezogen auf ihre gesamte Stromerzeugung im Jahr weniger als 10 % beträgt. Diese - unternehmensbezogenen - Voraussetzungen sind in Bezug auf die Klägerin nicht erfüllt. Ihre installierte elektrische Kraftwerksleistung in Kraft- Wärme-Koppelung betrug in der Zeit vom 18.05. bis zum 31.12.2000 und im Jahr 2001 jeweils 154 MW, ihre installierte elektrische Kraftwerksleistung belief sich in der Zeit vom 18.05. bis zum 31.12.2000 und im Jahr 2001 insgesamt auf jeweils 399 MW. Das entspricht einem Anteil von 38,6 %. Ihre in Kraft- Wärme-Kopplung erzeugte Strommenge betrug in der Zeit vom 18.05. bis zum 31.12.2000 138 GWh und im Jahr 2001 313 GWh, ihre jährlich insgesamt erzeugte Strommenge belief sich in der Zeit vom 18.05. bis zum 31.12.2000 auf 980 GWh und im Jahr 2001 auf 1421 GWh. Das entspricht einem Anteil von 14,1 % (18.05. bis 31.12.2000) bzw. 22 % (01.01. bis 31.10.2001). Auch für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.2002 ist unstreitig, dass die Klägerin die Schwellenwerte von 25 % bzw. 10 % erreichte.

bb)

Darauf, ob das HKW III/A die in § 2 Abs. 2 KWK-G genannten Schwellenwerte erreichte, kommt es nicht an. Die Vorschrift ist nämlich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht etwa auch anlagenbezogen auszulegen.

Mit dem Wortlaut der Vorschrift ist eine anlagenbezogene Betrachtungsweise nicht zu vereinbaren (Salje, § 2 Rdnr. 151). Denn die dort genannten Schwellenwerte von 25 % bzw. 10 % können sich nach dem Relativpronomen "deren" nur auf die Worte "Energieversorgungsunternehmen gemäß Absatz 1 Satz 2" beziehen, nicht hingegen auch auf die von dem Unternehmen betriebene (n) Kraft- Wärme-Kopplungsanlage (n), zumal die Vorschrift den Begriff der Kraft- Wärme-Kopplungsanlage gar nicht verwendet.

Die von der Beklagten vorgetragenen Gründe rechtfertigen es nicht, die Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut anlagenbezogen auszulegen. Richtig ist zwar, dass die Schwellenwerte im Falle eines Energieversorgungsunternehmens, das nur eine Kraft- Wärme-Kopplungsanlage betreibt, auch von der Anlage selbst erreicht werden müssen und dass der Energieeinsparung und dem Klimaschutz, in deren Interesse die Kraft- Wärme- Kopplung geschützt werden soll (§ 1 KWK-G), am Besten mit möglichst effizienten Anlagen gedient würde. Gleichwohl wird eine anlagenbezogene Auslegung Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 KWK-G nicht gerecht.

Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 2 KWK-G (BT-Drucks. 14/2765 Seite 4) soll mit den Schwellenwerten dem Umstand Rechnung getragen werden, dass diejenigen Kraft- Wärme-Kopplungsanlagen der öffentlichen Versorgung keiner Förderung bedürfen, deren Weiterbestand im betreffenden Energieversorgungsunternehmen nicht gefährdet ist, weil sie dort anteilsmäßig für die Stromversorgung nur von deutlich untergeordneter Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 06.07.2005 - VIII ZR 152/04, Seite 12). Das zeigt, dass den Schwellenwerten wirtschaftliche, nicht etwa ökologische Erwägungen im Sinne der von der Beklagten geltend gemachten Effizienzkriterien zugrunde liegen. In dieselbe Richtung deutet der Hinweis in der Gesetzesbegründung zu § 1 KWK-G (BT-Drucks. 14/2765 Seite 4) auf die besonderen Übergangsprobleme, vor die der stufenlose Übergang zu einer vollständigen Marktöffnung vor allen Energieversorgungsunternehmen mit einem hohen Anteil an Kraft- Wärme-Kopplung stelle.

Danach hat der Gesetzgeber offenbar aus Vereinfachungsgründen eine über das ökologisch ohne weiteres begründbare Maß hinausgehende - gleichsam überschießende - Förderung in Kauf genommen, um im Sinne eines "kleinen Deckungsbeitrages" zu den Zielen der Energieeinsparungen des Klimaschutzes möglichst viele Kraft- Wärme- Koppelungsanlagen vor der Stilllegung zu bewahren (Salje, § 2 Rdnr. 157 f.).

Eine solche pauschalierende Betrachtungsweise, nach der die Förderung durch das KWK-G im Interesse einer vorübergehenden Bestandssicherung selbst dann nicht versagt wird, wenn die konkrete Anlage keinen nennenswerten Beitrag zur Energieeinsparung und zum Klimaschutz zu leisten vermag, erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte des KWK-G, das innerhalb weniger Monate zu dem Zweck erlassen worden ist, die im liberalisierten Strommarkt in ihrem Fortbestand bedrohte und deswegen "umgehender Hilfe" bedürftige Stromerzeugung durch Kraft- Wärme-Koppelung in der allgemeinen Versorgung bis zum Inkrafttreten einer langfristigen Regelung (§ 7 Abs. 2 KWK-G) in Gestalt des KWK-G 2002 befristet zu sichern (vgl. zur Entstehungsgeschichte BGH, Urteil vom 06.07.2005 - VIII ZR 152/04, Seite 17 unter Hinweis auf die BT-Drucks. 14/2765 Seite 4 unter "Allgemein" und zu § 1 sowie auf die BT-Drucks. 14/3007 Seite 7 Anlage 1 zu Nr. 8).

Bestätigt wird diese Sichtweise schließlich auch durch die Gesetzesbegründung zum KWK-G 2002. Darin heißt es zum gesetzgeberischen Ziel, dass im Sinne einer "Neuausrichtung des Gesetzes" eine zwar geringere, aber auf besonders ressourcenschonende und klimaschützende Weise erzeugte Strommenge begünstigt werden solle (BT-Drucks. 14/7024 Seite 9). Eine "Neuausrichtung des Gesetzes" liegt darin jedoch nur dann, wenn das KWK-G einen substantiellen Beitrag der konkreten Anlage zur Energieeinsparung zum Klimaschutz gerade nicht vorsah.

c)

Die Klägerin hat den in Rede stehenden Strom in ihr eigenes Netz eingespeist. Hierbei handelt es sich, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt hat, in Bezug auf alle 3 Anlagen um das nächstgelegene Netz mit einer für die Einspeiseleistung geeigneten Spannungsebene (vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 KWK-G). Die - erstinstanzlich zwischen den Parteien mit Blick auf das HKW III/A noch umstrittene - Frage, ob es im Fall der Einspeisung in das eigene Netz überhaupt auf die Entfernung des Netzes zum Standort der Anlage ankommt, kann daher dahinstehen.

d)

Die Klägerin hat für den Strom, den sie in den Zeiträumen vom 18.05. bis zum 31.12.2000, vom 01.01. bis zum 31.10.2001 und vom 01.01. bis zum 31.03.2002 in ihr Netz eingespeist hat, auch getrennte Konten nach § 9 Abs. 2 EuWG geführt (§ 3 Abs. 2 S. 2 KWK-G).

Entgegen der Ansicht des Landgerichts, das gemeint hat, § 3 Abs. 2 S. 2 KWK-G normiere keine Anspruchsvoraussetzung, sondern diene lediglich der Transparenz der Rechnungslegung, kann auf die Kontentrennung nicht verzichtet werden, weil die "Zahlungen an sich selbst" bei der Geltendmachung des Ausgleichsanspruches sonst nicht nachgewiesen werden könnten (vgl. Salje § 3 Rdnr. 59 f.).

Die Klägerin hat dem Erfordernis getrennter Kontenführung genügt. Sie hat die Strombezugskosten - wie die Beklagte im Senatstermin unstreitig gestellt hat - buchhalterisch in einem ersten Schritt der Sparte Stromerzeugung, die die Stromerzeugung und den Strombezug umfasst, zugeordnet und die Kosten sodann in einem zweiten Schritt der Sparte Stromverteilung, die das gesamte Stromnetz und den Stromverkauf abbildet, weiter belastet. Damit ist das Erfordernis getrennter Kontenführung erfüllt. Denn mehr als eine innerbetriebliche Leistungsverrechnung zwischen der Netzbetriebsabteilung und der Erzeugungsabteilung des Energieversorgungsunternehmens ist insoweit nicht erforderlich (vgl. Salje, § 3 Rdnr. 58 bis 60, 73).

3.

Dem Anspruch auf Belastungsausgleich steht schließlich - entgegen der auch im Senatstermin wiederholten Ansicht der Beklagten - nicht etwa entgegen, dass die Klägerin durch das KWK-G keine wirtschaftliche Belastung erlitten hat, weil ihre Stromerzeugungs- und Strombezugsbedingungen unverändert geblieben sind. Eine solche Belastung in Form einer Verteuerung der Stromerzeugung oder des Strombezugs setzt § 5 Abs. 1 KWK-G weder nach seinem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck voraus. Soweit in der Überschrift der Vorschrift von einer "Belastung" die Rede ist, bezieht sich das ersichtlich darauf, dass der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber die gegenüber dem niedrigeren Markt- bzw. Vertragspreis erhöhte Vergütung nach § 4 KWK-G zu zahlen hat (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.2005 - VIII ZR 152/04, Seite 15). Diese Erwägung trifft auch im Streitfall zu. Im übrigen wäre es mit der Ausgestaltung des Belastungsausgleichs als einem pauschalen Festbetrag (BGH, Urteil vom 06.07.2005 - VIII ZR 152/04, Seite 15, 17) nicht zu vereinbaren, ihn auf den Betrag einer konkreten Belastung in dem von der Beklagten geltend gemachten Sinn herab zu setzen.

4.

Gegen die Berechnung der Höhe des zuerkannten Belastungsausgleichs durch das Landgericht erhebt die Beklagte keine Einwendungen und bestehen auch sonst keine Bedenken.

5.

Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, weshalb die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Frage, ob § 2 Abs. 2 KWK-G anlagenbezogen auszulegen ist, wurde, soweit ersichtlich, bisher höchstrichterlich nicht geklärt. Sie berührt auch das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts, weil sie, wie von der Beklagten unwidersprochen geltend gemacht, für eine unbestimmte Vielzahl von Verfahren entscheidungserhebliche Bedeutung haben kann.

Ende der Entscheidung

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