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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.02.2007
Aktenzeichen: 21 U 109/06
Rechtsgebiete: ZPO, VOB/B, GKG


Vorschriften:

ZPO § 221
ZPO § 312 Abs. 1
ZPO § 329 Abs. 1 S. 2
ZPO § 356
ZPO § 379 S. 2
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
VOB/B § 15 Nr. 1 Abs. 3
GKG § 21 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers werden das am 01. Juni 2006 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen und das ihm zugrundeliegende

Verfahren aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden niedergeschlagen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens stellt sich der Sachverhalt nunmehr wie folgt dar:

Der Kläger verlangt 13.716,17 € Restwerklohn für Zaunarbeiten (im Mahnverfahren noch 15.231,82 €), die er im Zusammenhang mit der Erweiterung der Kläranlage an der C-Straße in I erbracht haben will (siehe Pläne K 9, Bl. 132 GA; B 7, Bl. 109 GA; Fotos K 10, Bl. 133-136 GA).

Nachdem er ein Leistungsverzeichnis des Beklagten erhalten hatte, versah er dies mit Einheitspreisen (K 2, Bl. 17-42 GA) und sandte es dem Beklagten mit Schreiben vom 11.02.2003 (K 3, Bl. 43 GA) zurück, in dem es auszugsweise wie folgt hieß:

Auf die von uns angegebenen Preise gewähren wir einen Rabatt von 3% und bei Zahlung innerhalb von 8 Tagen 3% Skonto.

Grundlage des Angebotes ist die VOB bei Bodenklasse LN, LB + LO nach DIN 18 301. Bei eventuell anfallenden Stemmarbeiten berechnen wir im Stundenlohn einschl. "E"-Hammer EUR 45,00 + 16% MWSt.

Der Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 24.02.2003 (K 4, Bl. 44 GA) den Auftrag auf der Grundlage des Angebotes, das sich nach seiner Prüfung auf 65.227,84 € brutto belief.

Nach Durchführung der Arbeiten übersandte der Kläger dem Beklagten mit Anschreiben vom 13.07.2004 (B 1, Bl. 90 GA) eine Schlussrechnung vom selben Tage (K 6, Bl. 49-52 GA) über noch offene 23.383,99 € brutto (80.687,99 € abzüglich bereits gezahlter 57.304 €). Der Rechnung waren Aufstellungen über insgesamt 170,5 geleistete Arbeitsstunden (K 5, Bl. 45-48 = 96-99 GA) beigefügt, die im Stundenlohn abgerechnet waren.

Der Beklagte wies die Rechnung mit Schreiben vom 22.07.2004 (B 2, Bl. 91 GA) zurück, wobei er geltend machte, die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Stundenlohn nach § 15 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B lägen nicht vor.

Zudem seien die Mengenansätze wegen Differenzen zu den von ihm ermittelten Aufmaßen hinsichtlich verschiedener Rechnungspositionen nicht nachvollziehbar.

Daraufhin übermittelte der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 20.12.2004 (B 3, Bl. 43 GA) eine auf den 08.11.2004 datierte "korrigierte Aufstellung" zu seiner Schlussrechnung (K 7, Bl. 53 f. = 94 f. GA), mit der er seine Restforderung auf 21.868,34 € kürzte. Auch diese Berechnung wies der Beklagte am 27.12.2004 zurück (B4, Bl. 100 GA).

Er berief sich auf eine durch den Dipl.-Ing. N im Februar/März 2005 auf der Grundlage des Planes B 7 (Bl. 109 GA) durchgeführte Rechnungsprüfung, nach der lediglich noch 8.152,17 € offen (B 6, Bl. 104-108 GA) stünden. Diesen Betrag glich der Beklagte aus.

Die Klageforderung von 13.716,17 € brutto ergibt sich aus der Differenz der korrigierten Rechnungssumme von 21.868,34 € und des darauf gezahlten Betrages von 8.152,17 €.

Dabei sind folgende Rechnungspositionen (netto) streitig:

 Pos. 6.1.10 576,60 lfdm (korr. Ber. Bl. 53; nach urspr. SR 636,60) Hecke gerodet und Zauntrasse freigeschnitten, einschl. Entsorgung 
per lfdm 3,50 € 2.018,10 €
Nach RE-Prüfung der Beklagten: 106,50 lfdm372,75 €
Differenz1.645,35 €

 Pos. 6.1.30 681,68 lfdm (korr. Ber. Bl. 53; nach urspr. SR 771,68) vorhandenen Zaun ca. 1,0 bis 1,80 m hoch, demontiert und entsorgt 
per lfdm 2,80 € 1.908,70 €
Nach RE-Prüfung der Beklagten: 629,80 lfdm1.763,44 €
Differenz145,26 €

 Pos. 6.2.10 1.024,52 lfdm (Ber. Bl. 53) Doppelstabgitterzaun geliefert und montiert 
per lfdm 35,06 €35.919,67 €
Nach RE-Prüfung der Beklagten: 1013,80 lfdm 35.543,83 €
Differenz375,84 €

 Pos. 20 706,16 lfdm (korr. Ber. Bl. 54; urspr. SR 856,16) Bauzaun angeliefert, aufgestellt, abgebaut und abgefahren 
per lfdm 5,90 €4.166,34 €
Nach RE-Prüfung der Beklagten: 134,00 lfdm790,60 €
Differenz3.375,74 €

 Pos. 6.4.10 170,50 Monteurstunden 
Zusatzarbeiten gemäß Stundennachweisen per Std. 37,00 € 6.308,50 €
Differenz6.308,50 €

 Pos. 27 42,75 Std. "E"-Stemmhammer 
per Std. 8,00 €342,00 €
Differenz342,00 €

Der Kläger hat mit der Klagebegründungsschrift behauptet, den Umfang der Arbeiten richtig abgerechnet zu haben. Die Stundenlohnarbeiten seien von der Bauleitung angeordnet worden. Zum Beweis hat er sich auf "Zeugnis N.N.", die Baustellentagesberichte und wegen der Massen auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens bezogen.

Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 02.03.2006 die Massen i.e. bestritten und zudem geltend gemacht hatte, Pos. 6.4.10 des Leistungsverzeichnisses biete als Bedarfsposition ohne eine Anweisung, die nicht erfolgt sei, keine Grundlage für die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten, bat der Kläger durch seinen Anwalt um eine Verlegung des für den 13.04.2006 anberaumten Verhandlungstermins, da eine Stellungnahme voraussichtlich nicht mehr möglich sei (Bl. 110 GA). Dies wurde abgelehnt (Bl. 111 GA).

Am Schluss der Sitzung vom 13.04.2006 hat die Kammer einen Beschluss (Bl. 119 f. GA) erlassen, in dem sie den Kläger daraufhin gewiesen hat, die Beauftragung der Stundenlohnarbeiten und des Einsatzes eines Elektro-Stemmhammers seien nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt. Außerdem hat die Kammer eine Beweisaufnahme zur Richtigkeit bestimmter streitiger Massen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und Vernehmung von dem Kläger zu benennender Zeugen sowie des von der Beklagten benannten Zeugen Dipl.-Ing. N angeordnet, wobei die Ladung zu einem für den 01.06.2006 anberaumten Haupttermin von der Zahlung von Auslagenvorschüssen bis zum 04.05.2006 abhängig gemacht worden ist.

Im Termin vom 13.04.2006 hat die Kammer wie folgt auf den beabsichtigten Beschluss hingewiesen (Bl. 117 GA):

Das Gericht wies darauf hin, dass beabsichtigt sei, am Schluss der Sitzung eine Entscheidung zu verkünden, dass möglicherweise diese Entscheidung eine Fristsetzung an die Parteien enthalte und der Fristablauf mit öffentlicher Verkündung der Entscheidung beginnt.

Das Protokoll mit dem am Schluss der Sitzung vom 13.04.2006 verkündeten Beschluss wurde dem Kläger am 29.05.2006 zugestellt (Bl. 124 GA). Mit Fax vom 30.05.2006 (Bl. 120 f. GA) beantragte er, den für den 01.06.2006 anberaumten Haupttermin aufzuheben und ihm Gelegenheit zu geben, die Auslagenvorschüsse bis zum 15.06.2006 einzuzahlen. Aufgrund des Streiks beim LG Essen sei ihm eine telefonische Abfrage des ergangenen Beschlusses nicht möglich gewesen. Ihm sei nicht zuzumuten gewesen, die auf die morgens um 9.30 Uhr stattgefundene mündliche Verhandlung vom 13.04.2006 nachmittags um 16.00 Uhr erfolgte Verkündung des Beschlusses abzuwarten. Der Kammervorsitzende lehnte eine Verlegung des Termins ab (Bl. 125 R GA). Im Kammertermin vom 01.06.2006 überreichte der Anwalt des Klägers einen Schriftsatz vom 31.05.2006 (Bl. 129 ff. GA) mit ergänzenden Ausführungen unter Benennung von Zeugen. Die Kammer erklärte eine Bezugnahme auf diesen Schriftsatz für unangemessen (Bl. 127 GA) und wies die Klage mit am Schluss der Sitzung verkündetem Urteil (Bl. 137 ff. GA) mit der Begründung ab, der Kläger habe den behaupteten Umfang der ausgeführten Arbeiten nicht bewiesen. Da der Kläger trotz Fristsetzung keine Auslagenvorschüsse eingezahlt habe, stehe § 356 ZPO einer Beweisaufnahme entgegen. Es sei unerheblich, dass der Kläger das Protokoll vom 13.04.2006 erst am 29.05.2006 erhalten habe, weil der verkündete Beschluss mit seiner Verkündung wirksam geworden sei und er sich von dessen Inhalt auf geeignetem Wege habe informieren müssen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter und beantragt hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung an das Landgericht. Er meint, die Unkenntnis von dem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 13.04.2006 bis zur Zustellung am 29.05.2006 könne ihm nicht vorgeworfen werden. Es sei unzumutbar, im Anschluss an einen Termin am frühen Vormittag an einem auswärtigen Gericht bis nachmittags um 16.00 Uhr die Verkündung einer Entscheidung abzuwarten. Angesichts des Streiks beim LG Essen habe keine Möglichkeit bestanden, die Entscheidung telefonisch zu erfragen. Die Sekretärin Frau B seines Prozessbevollmächtigten habe dies vom 14.04. bis zum 26.05.2006 nahezu werktäglich versucht (siehe eidesstattliche Versicherung K 11, Bl. 170 GA). Die Geschäftsstelle der 18. Zivilkammer sei jedoch weder direkt noch über die Telefonzentrale zu erreichen gewesen. Für die Frage, ob eine Kenntniserlangung von dem Beschluss zumutbar gewesen sei, sei der Maßstab anzulegen, der ohne einen Arbeitskampf maßgeblich sei. Die Folgen eines Streiks könnten nicht auf die rechtsuchende Partei abgewälzt werden.

In der Sache wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen u.a. aus dem Schriftsatz vom 31.05.2006. Hinsichtlich der Richtigkeit der behaupteten Massen benennt er unter Bezugnahme auf Eintragungen im Plan K 9 (Bl. 132 GA) seine ausführenden Mitarbeiter S, F und C2 als Zeugen und beantragt zudem die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Des weiteren behauptet er, am 27.02.2003 mit der Errichtung eines Bauzauns für die Zeit zwischen der Demontage des alten Zauns und der Montage des neuen Zauns (706,16 lfdm) und mit Stundenlohnarbeiten (Stemm- und Planierarbeiten, Setzen von Randsteinen) beauftragt worden zu sein (Zeuge S). Hierfür hätten insgesamt 170,5 Std. aufgewandt werden müssen, wobei ein "E"-Hammer 42,75 Std. habe eingesetzt werden müssen.

Der Kläger beantragt,

1. Das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 13.716,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2005 zu zahlen,

2. hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung sowie Entscheidung an das Landgericht Essen zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte tritt der Berufung entgegen. Er meint, die fehlende Kenntniserlangung von dem mit seiner Verkündung wirksam gewordenen Beschluss beruhe auf einer Nachlässigkeit des Klägers, ohne dass die Streiksituation kausal geworden sei. Schon mit der Klageschrift hätte der Kläger Zeugen benennen müssen, ohne sich auf "Zeugen N.N." beschränken zu dürfen. Auf dieses Defizit sei er im Kammertermin vom 13.04.2006 hingewiesen worden, ohne dass es auf den nachfolgend ergangenen Beschluss noch angekommen sei. Im Übrigen habe eine Möglichkeit der Kenntnisnahme bestanden. Der Beklagtenvertreter Rechtsanwalt Dr. E habe, wie unstreitig ist, den Kammervorsitzenden am 18.04.2006 angerufen und von diesem komplikationslos das Ergebnis des Termins erfahren.

In der Sache wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag einschließlich der gegenbeweislichen Benennung der Zeugen Dipl.-Ing. N und Dipl.-Ing. C.

Der Senat hat eine dienstliche Auskunft der Präsidentin des Landgerichts Essen vom 05.12.2006 (Bl. 192 GA) eingeholt.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers führt auf seinen Hilfsantrag (zum Ausreichen eines Hilfsantrags s. Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 538 Rdnr. 4) gem. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Landgericht.

1.

Dem Landgericht ist ein wesentlicher Verfahrensfehler unterlaufen, indem es wegen des Ablaufs der mit Beschluss vom 13.04.2006 gesetzten Frist zur Einzahlung von Auslagenvorschüssen unter Hinweis auf § 356 ZPO eine Beweisaufnahme abgelehnt hat. Zwar ist der Beschluss gem. §§ 329 Abs. 1 S. 2, 312 Abs. 1, 221 ZPO mit seiner Verkündung am 13.04.2006 und nicht erst mit dem Zugang des Protokolls am 29.05.2006 gegenüber dem Kläger wirksam geworden (s. auch Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 329 Rdnr. 13). Der Grundsatz des fairen Verfahrens verbietet es jedoch, dass das Gericht für eine Partei nachteilige prozessuale Folgen aus einer Versäumung nach §§ 356, 379 S. 2 ZPO gesetzter Fristen herleitet, wenn die Einhaltung der Frist für die Partei unzumutbar erschwert war oder aus Gründen unterblieben ist, die maßgeblich der Sphäre des Gerichts zuzuordnen sind. Dies gilt z. B. dann, wenn das Gericht einen Beweisantrag übergeht, obwohl es zu kurze Ausschlussfristen nach §§ 356, 379 S. 2 ZPO gesetzt hat (Zöller-Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rdnr. 25), aber auch dann, wenn eine Partei, etwa wegen eines Streiks bei dem angerufenen Gericht, den Inhalt eines Beschlusses nicht auf die üblichen Weise in Erfahrung bringen kann. Dem Kläger stand hier der normale Weg, von dem Beschluss vom 13.04.2006 und der in ihm enthaltenen Fristsetzung Kenntnis zu nehmen, nicht zur Verfügung. Die insoweit bestehenden Zumutbarkeitsanforderungen für eine Partei sind nicht deshalb höher anzusetzen, weil die Funktion des Gerichtsbetriebes gestört ist. Die Folgen einer derartigen Problematik dürfen nicht auf die Partei abgewälzt werden. Obwohl die Kammer die Parteien im Termin vom 13.04.2006 auf eine mögliche Fristsetzung am Schluss der Sitzung hingewiesen hatte, konnte von dem Kläger und seinem Anwalt nicht erwartet werden, dass sie im Anschluss an den für 9.30 Uhr anberaumten Termin bis zur Verkündung der Entscheidung am Schluss des Sitzungstages um 16.00 Uhr abwarteten. Ein solches Verhalten ist völlig unüblich und unpraktikabel. In der Regel kann das Ergebnis einer verkündeten Entscheidung telefonisch bei der Geschäftsstelle der jeweiligen Zivilkammer erfragt werden. Dies hat die Sekretärin des Anwalts des Klägers vom 14.04. bis zum 26.05.2006 regelmäßig erfolglos versucht. Wie sich auch aus der vom Senat eingeholten dienstlichen Auskunft der Präsidentin des Landgerichts vom 05.12.2006 ergibt, waren die Telefone der Geschäftsstellen im maßgeblichen Zeitpunkt nicht besetzt. Es waren lediglich Anrufbeantworter geschaltet. Möglicherweise hätte zwar, wie das Beispiel des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zeigt, eine telefonische Nachfrage bei einem Richter der 18. Zivilkammer Erfolg gehabt. Die Nutzung einer solchen Maßnahme durch den Kläger bzw. seinen Prozessbevollmächtigten durfte die Kammer jedoch nicht voraussetzen, weil der übliche telefonische Zugang über die Geschäftsstelle versperrt war und eine Auskunft direkt bei einem nur durch das Verfahren bekannten Richter nicht der gängigen Verfahrensweise entspricht. Da der Streik beim Landgericht Essen eine Kenntniserlangung des Klägers von der gesetzten Frist auf normalem Wege verhinderte, durfte die Kammer aus den Folgen einer Fristversäumnis keine nachteiligen Konsequenzen für ihn ziehen.

In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass der Kläger bis zum Kammertermin vom 13.04.2006 seiner Prozessförderungspflicht womöglich nur unzureichend nachgekommen und er darauf bereits im Kammertermin hingewiesen worden war. Mit dem am Schluss der Sitzung in seiner Abwesenheit verkündeten Beschluss hat das Gericht ihm zu Recht die Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt. Die Nutzung dieser Gelegenheit konnte ihm durch die außergewöhnlichen streikbedingten Probleme der gerichtlichen Abläufe nicht genommen bzw. unangemessen erschwert werden.

2.

Zur Entscheidung des Rechtsstreits ist eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme im Sinne von § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlich. Dabei geht es zum einen um die Klärung der Frage, ob der Kläger Arbeiten in dem behaupteten Umfang durchgeführt hat. Zu diesem Punkt sind von beiden Seiten insgesamt fünf Zeugen benannt, die unter Zugrundelegung der Pläne B 7 (Bl. 109 GA) und K 9 (Bl. 132 GA) im Einzelnen dazu zu vernehmen sind, in welchen Bereichen der Kläger auf welcher Länge Zaunarbeiten verrichtet hat. Wie das Landgericht in seinem Beschluss vom 13.04.2006 bereits vorgesehen hat, wird insoweit ein Sachverständiger hinzuzuziehen sein. Zum zweiten wird darüber Zeugenbeweis zu erheben sein, ob und inwieweit Stundenlohnarbeiten, teilweise auch unter Hinzuziehung eines Elektrohammers, in Auftrag gegeben worden sind. Zur Notwendigkeit des Umfangs des Stundenaufwands wird ergänzend eventuell ein Sachverständiger zu hören sein.

Da die maßgeblichen tatsächlichen Fragen und Rechtsprobleme erstinstanzlich bisher nicht geklärt worden sind, hält es der Senat unter Berücksichtigung der Gesamtumstände für angemessen, das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens hat der Senat nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG niedergeschlagen.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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