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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.07.2009
Aktenzeichen: 21 U 145/05
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB, ZPO, AGBG, EGBGB


Vorschriften:

VOB/B § 4 Nr. 3
VOB/B § 10 Nr. 4 Abs. 2
VOB/B § 12 Ziff. 4 Abs. 1 Satz 1
VOB/B § 13
VOB/B § 13 Nr. 2
VOB/B § 13 Nr. 4
VOB/B § 13 Nr. 4 Abs. 1
VOB/B § 13 Nr. 5
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 2
VOB/B § 13 Nr. 6
VOB/B § 13 Nr. 7
VOB/B § 16
VOB/B § 16 Nr. 5 Abs. 3
VOB/B § 17 Nr. 8
BGB §§ 208 ff
BGB § 212 Abs. 2 a. F.
BGB § 242
BGB § 284 Abs. 3
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 389
BGB § 477 Abs. 2 Satz 1
BGB §§ 631 ff
BGB §§ 633 ff
BGB § 633 Abs. 3
BGB § 634 Abs. 1
BGB § 635
BGB § 638
BGB § 638 Abs. 1
BGB § 639 Abs. 1
BGB § 639 Abs. 2
BGB § 765 Abs. 1
BGB § 767 Abs. 1 S. 2
BGB § 767 Abs. 1 Satz 3
BGB § 768 Abs. 1
BGB § 770 Abs. 1
BGB § 770 Abs. 2
BGB § 776
ZPO § 167
ZPO § 411a
AGBG § 9
AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 24 S. 1
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Streithelferin wird das am 04.08.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Essen -unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 88.210,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.03.2002 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 60 %. Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 32 % und die Beklagte zu 68 %. Die außergerichtlichen Auslagen der Streithelferin tragen jene selbst zu 68 % und zu die Klägerin zu 32 %.

Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 9 OH 22/98, LG Essen sind nicht Kosten des hiesigen Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Streithelferin können die Zwangsvollsteckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils gegen sie auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin kann jeweils die Zwangsvollstreckung der Beklagten und der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Streithelferin jeweils zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten für die Beseitigung von Spurrinnenausbildungen bei dem Bauvorhaben Straßen- und Brückenarbeiten für den Neubau A 42 zwischen B 57 und L 475 in E2-C in Anspruch.

Die B A 42/B 57 Baerl, GbR , bestehend aus den Firmen I und T5 GmbH & D2 KG und der W. I GmbH & D2. KG (Rechtsvorgängerin der Steithelferin), (nachfolgend B) reichte bei der Klägerin unter dem 13.02.1990 ein Angebot betreffend das in Rede stehende Bauvorhaben zu einem Preis in Höhe von 21.795.332,72 DM (K 1) ein. Mit Zuschlagsschreiben vom 19.02.1990 erteilte die Klägerin den Zuschlag (K 6). Unter dem 28.06./ 26.07.1990 wurde von Klägerin und B der Vertragsschluss mit weiteren Zusatzvereinbarungen durch Vertragsurkunde O. 34/90 bestätigt (K 7).

Vom Vertrag sollten umfasst sein die Leistungsbeschreibung (vgl. zunächst deren Inhaltsverzeichnis (K 2), die Besonderen Vertragsbedingungen, BVB-StB (K 3), die Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau, Ausgabe 1988, ZVB-StB 88 (K 4), die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen (K 5) (damit u.a. die Technischen Vorschriften für die Bauleistungen auf Straßen, Ausgabe 1986 (ZTV-Stra 86), die Technischen Vorschriften und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau, Ausgabe 1976, berichtige Fassung 1978 ZTVE-StB sowie die Technischen Vorschriften und Richtlichen für den Bau bituminöse Fahrbahndecken, Ausgabe 1984, ZTV bit-StB 84), die VOB/C, Ausgabe 1988 sowie -nachrangig- die VOB/B DIN 1961, Ausgabe 1988 (nachfolgend VOB/B).

Hinsichtlich der Verjährung der Gewährleistung bestimmt Ziffer 1.8.2.1 ZTV bit-StB 84 für Fahrbahndecken eine Frist von 4 Jahren.

Ziffer 33 Abnahme, Unterziffer 33.1 Satz 2 der ZVB-StB 88 lautet:

Alle Leistungen sind förmlich abzunehmen; § 12 Nr. 5 gilt nicht.

Im Leistungsverzeichnis (Auszüge Bl. 30 ff des Anlagenheftes der Beiakte des Parallelverfahrens 8 O 220/06, LG Köln) heißt es hinsichtlich Asphaltbinderschicht und Gussasphaltdeckschicht u. a. unter Ordnungsziffer 1.5.005, Asphaltbinder einbauen 85000 Quadratmeter

Asphaltbinder in Fahrbahn und ggfs. Nebenflächen einbauen und verdichten.

(1.1) Binder 0/22 MM Bindemittelgehalt Min. 4,0 Gew. - v. H.

(2.3) Bindemittel = Bitumen B 65,

(3.4) Einbaudicke 8, 5 cm,

(4.1) SZ-Wert der Splitte Max. 18 Gew. - v. H.

(5.2) Basalt oder Diabasedelsplitt

(6.1) Basalt- oder Diabasedelbrechsand, Natursand, Kalksteinfüller

(6.3) Seitliche Abböschungen mit Neigung 1 zu 2 anlegen und verdichten sowie unter Ordnungsziffer 1.5.009, Gussasphalt 0/11 S einbauen 65000 Quadratmeter wie vor (nämlich 1.5.008: Gussasphalt 0/11 S für Strassen der Bauklassen I und II und für Verkehrsflächen mit besonderen Beanspruchungen einbauen.)

(1.2) Einbau in Fahrstreifen (ohne Randstreifen),

(2.2) Einbaudicke 3, 5 cm, einschl. eingedrücktem Abstreumaterial

(3.1) Schlag-Zertrümmerungswert der Splitte Max. 18 Gew. - v. H.

(4.2) Bindemittel = Bitumen B 45 und 2 Gew. - v.H. Trinidad-Epure,

(5.13) Basalt- oder Diabas-Edelsplitt 8/11 und 5/8 mm, Moräne-Edelsplitt 2/5 mm

(7.3) Basalt- oder Diabas-Edelbrechsand, Natursand, Kalksteinfüller

Die Arbeiten wurden von der B in der Zeit vom 29.06.1990 bis zum 07.05.1992 ausgeführt. Die Abnahme erfolgte am dem 27.05.1992. Die Leistungen wurden von der Klägerin vollständig bezahlt.

Unter dem 13.02.1992 überreichte die B der Klägerin die auf den 12.02.1996 (gemeint ist wohl der 12.02.1992) datierte Bürgschaftsurkunde, mit der die Beklagte für den streitgegenständlichen Bauvertrag zwischen der Klägerin und der B "für die Erfüllung der Ansprüche auf Gewährleistung einschließlich Schadensersatz" die selbstschuldnerische Bürgschaft über einen Gesamtbetrag von bis zu 466.000,- DM unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtung und der Aufrechnung sowie der Vorausklage übernahm (K 13). Unter dem 17.06.2002 erklärte die Klägerin, dass sie die Bürgschaft nur noch bis zu 180.000.- € in Anspruch nehmen werde.

Unter dem 19.03.1996 stellte der Streckenwart Bonnes der Autobahnmeisterei S Fahrbahnschäden auf der A 42 zwischen N-Nord und E2 C fest. Der entsprechende Vermerk führt Schäden im Bereich Fahrtrichtung E zwischen km 4,000 und km 6,350 (vgl. Text zu km 6,130) sowie im Bereich Fahrtrichtung L zwischen km 6,525 bis 4,505 auf (K 14).

In einem daraufhin durchgeführten Ortstermin vom 06.05.1998 stellten die Klägerin und die B die in dem Vermerk aufgeführten Spurrinnen, Löcher und Ausmagerungen im erstellten Straßenbereich fest (Niederschrift über Ortsbesichtigung, K 15, dem der Vermerk vom 19.03.1996 als Anlage beigefügt ist). Die Parteien vereinbarten, dass die genaue Spurrinnentiefe von der Auftraggeberseite in der 20. und 21. Kalenderwoche 1996 gemessen werde und die Auftragnehmerseite eine Stellungnahme und Ausführungsvorschläge bis zu 24. Kalenderwoche unterbreiten solle. Zudem heißt es in der Niederschrift "Sind die Mängel bis zu diesem Termin, spätestens zum Ablauf der Gewährleistungsfrist nicht beseitigt, so verzichtet der Auftragnehmer auf die Einrede der Verjährung."

Unter dem 10.05.1996 führten Mitarbeiter der Klägerin Messungen zur Bestimmung der Spurrinnentiefe durch. Dabei wurden sowohl in Fahrtrichtung E zwischen km 4,250 bis 6,220 als auch in Fahrtrichtung L zwischen km 4,350 bis 4,500 Spurrinnen festgestellt (Vermerk von 14.05.1996, K 16). Mit Schreiben vom 20.06.1996 (K 17) teilte die Klägerin der B das Ergebnis mit und forderte erneut zur Einreichung eines Ausführungsvorschlages zur Beseitigung der Mängel bis zur 24. Kalenderwoche auf. Der Vermerk vom 14.05.1996 bezieht sich auf einen Gesamtbereich von 485 Metern nach Maßgabe der weiteren Aufschlüsselung aus dem Schriftsatz der Streithelferin vom 24.11.2005 (Seiten 16, 17; Bl. 226, 227 d. A.).

Die B holte das Gutachten des Privatgutachters Dr. Ing. M vom 05.09.1996 (K 21) ein. Mit Schreiben vom 06.09.1996 forderte die Klägerin die B nochmals zur Mängelbeseitigung bis Ende September auf. In der Folgezeit behob die B Löcher und Abmagerungen, verweigerte am 20.12.1996 die Beseitigung der Spurrinnen.

Nachdem die Klägerin die B erneut mit Schreiben vom 16.01.1997 (K 22) zur Mängelbeseitigung bis zum 20.02.1997 aufgefordert hatte, erneuerte die B ihre Ablehnung mit Schreiben vom 03.06.1997 (K 23). Die Klägerin forderte die B mit weiteren Schreiben vom 17.06.1997 (K 24), 18.08.1997 (K 25) und 07.01.1998 (K 26) erfolglos zur Mängelbeseitigung auf.

Mit Antrag vom 26.03.1998, bei Gericht eingegangen am 31.03.1998 und den B-Gesellschaftern zugestellt am 08.05. und 22.05.1998, strengte die Klägerin das selbständige Beweisverfahren 9 OH 22/98 vor dem LG Essen an, in welchem gemäß Beweisberschluss vom 02.07.1998 (Bl. 59 f. BA) das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. T über den Zustand der Fahrbahn A 42 in Fahrtrichtung E hinsichtlich km 4,000 bis 6,350 und in Fahrtrichtung L hinsichtlich km 4,350 bis 4,500 eingeholt wurde. Die Bereiche Fahrtrichtung E km 4,000 bis 6,350 und km 6,130 bis 6,350 sowie Fahrtrichtung L km 4,505 bis 6,525 waren bereits Gegenstand des vorgenannten Vermerkes C vom 19.03.1996. Der Sachverständige legte sein schriftliches Gutachten vom 29.02.2000 (lose bei der Beiakte = Anlage K 29) sowie ergänzende Stellungnahmen vom 01.02.2001 (Bl. 158 ff d. BA) und 28.08.2001 (Bl. 253 ff d. BA) vor. Das Beweisverfahren wurde mit Verfügung vom 26.10.2001 (Bl. 310 f d. BA) durch das Gericht für beendet erklärt. Die Verfügung (Mitteilung an Beteiligte) wurde am 29.10.2001 (Bl. 311 d. BA) von der Geschäftsstelle ausgeführt. Mit Beschluss vom 22.10.2001 war den Beteiligten zuvor eine letztmalig bis 31.10.2001 verlängerte Stellungnahmefrist eingeräumt worden. Dieser Beschluss ging dem Landesbetrieb Straßenbau O-Straße am 31.10.2001 (Bl. 315 d. BA) zu.

Im selbständigen Beweisvefahren verkündete die B als Antragsgegnerin der Fa. I1 & C AG, die die Deckschicht erstellt hatte, den Streit, welche ihrerseits unter Beitritt auf Seiten der Antragsgegnerin der Fa. E3 AG, die den in der Deckschicht eingebauten Gussasphalt geliefert hatte, den Streit verkündete, wobei die Letzgenannte auf Seiten der Fa. I1 & X beitrat.

Die Klägerin ließ sodann Ende 2001 die Spurrinnen auf der A 42 anderweitig beseitigen, nachdem sie dies der B mit Schreiben vom 04.04.2001 (K 32) angekündigt und um Kostenübernahmeerklärung gebeten hatte. Mit der Beseitigung der Spurrinnen beauftragte die Klägerin die B U/T aus C2. Für die Beseitigung der Spurrinnen im Bereich Fahrtrichtung L (Strecke über 150 m) und Fahrtrichtung E von km 4,239 bis km 7,275 (Strecken über 750m und 885m) stellte diese der Klägerin unter dem 31.12.2001/04.01.2002 einen Betrag in Höhe von 321.148,16 DM (= 164.200,44 EUR) in Rechnung (K 34 nebst Aufmaßblättern 3 bis 5).

Mit Schreiben vom 15.02.2002 (K 37) forderte die Klägerin von der B Zahlung des vorgenannten Betrages von 164.200,44 € zuzüglich einer Verwaltungskostenpauschale für den Überwachungsaufwand in Höhe von 9 % der Mängelbeseitigungskosten, also 14.778,48 EUR. Der letztgenannte Betrag wurde in erster Instanz von der Klägerin noch geltend gemacht; in zweiter Instanz verfolgt sie ihn indes nicht weiter. Zugleich drohte die Klägerin bei Nichtzahlung eine Aufrechnung mit bestehenden Forderungen der B gegen die Bundesstraßenverwaltung an. Eine Forderung der Fa. I und T5 GmbH & D2.KG gegen die Klägerin wurde deshalb in Höhe von 178.978,92 € zunächst nicht ausgeglichen.

Da jedoch der Fa. I die Insolvenz drohte, erklärte die Klägerin auf entsprechendes Ansinnen der Verfahrensbevollmächtigten der B aus dem selbständigen Beweisverfahren 9 OH 22/98, LG Essen gemäß Schriftsatz vom 19.02.2002 (K 38) die Aufrechnung nur in Höhe eines Betrages von 34.940,22 EUR. In dem vorgenannten Schriftsatz war ausgeführt, dass die Fa. I seinerzeit die Löhne für Januar und Februar 2002 noch nicht gezahlt habe und bei Ausbleiben einer Zahlung in der Folgewoche Insolvenzantrag gestellt werden müsse. Bei dem Betrag von 34.940,22 € handelte es sich um den Betrag, den die Klägerin und die B gemeinsam als Ersatzvornahmekosten (lediglich) für die Beseitigung der im März bzw. Mai 1996 (ausdrücklich) örtlich gerügten Mangelstellen, also der vorgenannten Strecke von 485 m, davon 150 m im Bereich der Fahrtrichtung L rechnerisch zugeordnet hatten. Der Differenzbetrag von 129.260,22 € (160.200,44 € - 34.940,22 €) entfällt auf geltend gemachte Ersatzvornahmekosten über den Bereich der 485 m hinaus.

Die restliche potentiell zur Aufrechnung stehende Hauptforderung in Höhe von 144.038,26 € zahlte die Klägerin aus und forderte von der B umgekehrt am 17.05.2002 mit Fristsetzung bis zum 10.06.2002 die Zahlung der restlichen geltend gemachten Ersatzansprüche in Höhe von 144.038,26 EUR. Ein Austauschbürgschaft zur Reduzierung des Höchstbetrages von 466.000.- DM auf 180.000.- € stellte die B der Klägerin nicht zur Verfügung.

Da die B Zahlungen nicht leistete und die Fa. I unter dem 28.06.2002 Insolenzantrag stellte, nimmt die Klägerin nunmehr die Beklagte als Bürgin in Anspruch.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 26.06.2008 konnte hinsichtlich des Parallelverfahrens 8 O 220/06, LG Köln in Beiziehung dieser Akte Folgendes festgestellt werden:

Die auf den 21.10.2005 datierte Klage ist im Original am 24.10.2005 (vergl. Stempel Bl. 463 d. A. u. Bl. 6 d. BA) beim LG Essen eingegangen. Zuvor war die Klage (vgl. Bl. 2 der BA) bereits unter dem 21.10.2005 per Fax an das LG Essen übermittelt worden. In Verkennung der Gebührenfreiheit der Klägerin wurde unter dem 25.10.2005 von der Geschäftsstelle zunächst ein Kostenvorschuss angefordert. Diesen Fehler klärte der Klägervertreter unter dem 27.10.2005 (Bl. 4 d. BA) auf. Unter dem 02.11.2005 (Bl. 59 d. BA) wurde vom Vorsitzenden der 9. Zivilkammer bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens die Klagezustellung verfügt, die schließlich am 07.11.2005 (Bl. 60 d. BA) erfolgte.

Mit Antrag vom 29.12.2004 hat die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheides gegen die hiesige Beklagte über eine Forderung in Höhe von 160.000,- EUR beantragt, welcher am 31.01.2005 antragsgemäß erlassen und der Beklagten am 02.02.2005 zugestellt worden ist.

Die Klägerin hat behauptet:

Sämtliche Spurrinnen seien darauf zurückzuführen, dass die B die Binderschicht nicht ausschließlich mit Edelbrechsand hergestellt habe, wozu die B aber nach den anerkannten Regeln der Technik verpflichtet gewesen sei und - zusätzlich - die ausgeschriebene Dicke von 3,5 cm der Gusasphaltdeckschicht nicht durchgehend ausgeführt habe. Beide Faktoren wirkten sich "sehr nachteilig" auf die Standfestigkeit der aus. Die B habe berücksichtigen müssen, dass es sich bei dem Bauvorhaben um die Erstellung einer "hochbelasteten Autobahn" gehandelt habe. Die A 42 sei infolge des Schwerverkehrs in die Bauklasse SV einzustufen, so dass die von der B - basierend auf der Eignungsprüfung vom 05.08.1991 für den Binder 0/22 - gewählte Bindermischrezeptur wegen Zugrundelegung einer Bauklasse I - III, statt SV unzutreffend gewesen sei.

Die Klägerin hat - nach teilweiser Klagerücknahme - beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 144.038,26 nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.03.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Die Werkleistung habe im Zeitpunkt der Abnahme vom 27.05.1992 den Regeln der Technik entsprochen, da sich die Erkenntnis, dass die Binderschicht ausschließlich mit Edelbrechsand zu mischen sei, erst später durchgesetzt habe. Entsprechendes gelte für die seinerzeit gewählte Korngrößenverteilung des Binders. Zudem seien die Spurrinnen überwiegend auf die überproportional gestiegene Verkehrsbelastung zurückzuführen.

Überdies seien etwaige Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin verjährt. Bei einer Abnahme am 27.05.1992 sei die Verjährungsfrist am 27.05.1996 abgelaufen. Den Mängelrügen der Klägerin aus Mai 1996 käme keine quasi-verjährungsunterbrechende Wirkung zu, da § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B zwischen Klägerin und B nicht wirksam vereinbart worden sei. Die VOB/B sei vorliegend nämlich nicht "im Ganzen" vereinbart worden. Beispielsweise sei nach ZVB-StB 88 eine förmliche Abnahme vereinbart worden und die (seinerzeitige) zweijährige Regelgewährleistungsfrist der VOB/B sei zu Lasten des Hauptschuldners durch Einbeziehung der weiteren Regelwerke auf 5 bzw. 4 Jahre verlängert worden. Daher unterliege § 13 Nr. 5 Abs. 1 Abs. 1 Satz 2 VOB/B der AGBG-Inhaltskontrolle und halte ihr nicht Stand.

Darüber hinaus könne -mit dem OLG Koblenz, Urteil vom 24.11.2004, 1 U 532/04- nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B eine Mangelrüge nur dann zur Unterbrechung führen, wenn die Rüge vor Ablauf der zweijährigen Regelfrist erhoben werde. Außerdem könne sich die Klägerin auf die "Alt-Mangelrügen" nicht berufen, weil diese sich nicht auf die Gewährleistungssachverhalte erstreckten, die Gegenstand dieses Verfahrens seien. Denn die nunmehr geltend gemachten Kosten der Spurrinnensanierung beträfen weitere Abschnitte von 750 m bzw. 885 m. Vor Ablauf der Gewährleistungsfrist sei gerügt nur ein Abschnitt von 485 m.

Auch könne die Klägerin der Verjährungsproblematik nicht über § 17 Nr. 8 VOB/B entgehen. Die Vorschrift sei unwirksam, da sie einer isolierten Inhaltskontrolle nach dem AGBG nicht standhalte. Der BGH habe überdies seine Rechtssprechung aufgegeben, wonach bei Vorliegen einer schriftlichen Mängelrüge eine Bürgschaft trotz Verjährung der Gewährleistungsrechte habe gezogen werden können.

Schließlich könne es nach §§ 767 Abs. 1 Satz 3, 776 BGB nicht zu Lasten der Beklagten als Bürgin gehen, dass die Klägerin nach einer Vereinbarung mit der Hauptschuldnerin übereingekommen sei, von der möglichen und gebotenen Aufrechnung Abstand zu nehmen.

Das Landgericht hat durch am 04.08.2005 verkündetes und den Parteien am 24.08.2005 zugestelltes Urteil die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 129.260,22 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.03.2002 zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zu 15 % und der Beklagten zu 85 % auferlegt. Die Kosten der Streithilfe im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Essen, 9 OH 22/98 hat das Landgericht den dortigen Streithelfern auferlegt.

Das Landgericht hat im Umfang der Klagestattgabe insoweit einen Anspruch der Klägerin gegen die B aus § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 VOB/B bejaht. Den Anspruch auf die geltend gemachte Verwaltungspauschale hat das Landgericht abgewiesen.

Dabei hat das Landgericht zunächst vorausgestellt, dass die VOB/B trotz der von der Beklagten aufgezeigten Abweichungen "als Ganzes" in den Werkvertrag einbezogen worden sei und im Übrigen § 13 Nr. 5 Abs. 1 und 2 VOB/B in einer Einzelbetrachtung dem AGBG entspreche.

Das Werk sei -wie eine Würdigung des Gutachtens im Beweisverfahren 9 OH 22/98, LG Essen ergebe- mangelhaft, da die B eine zu dünne Gussasphaltschicht aufgebracht, die Binderschicht aus ungeeigneten Sandarten gemischt und zum Teil zu weiches Bitumen verwendet habe. Insbesondere habe der Sachverständige ausgeführt, dass zur Zeit des Vertragschlusses die ausschließliche Verwendung von Brechsand unter Fachleuten und auch nach den ZTV bit-StB84 empfohlen werde. Dass die ausschließliche Verwendung von Brechsand zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vorgeschrieben gewesen sei, stehe nicht entgegen, da der Bauunternehmer nicht nur niedergeschriebene Bauvorschriften beachten müsse, sondern auch die sonstigen gesicherten Erkenntnisse der Fachwelt. Die Zunahme des Schwerverkehrs auf der A 42 hindere den Klageanspruch nicht, da ein mangelfreies Werk geschuldet sei, unabhängig davon, ob etwaigen Mangelerscheinungen durch sonstige Einflüsse verstärkt würden.

Der Mangel sei innerhalb der vereinbarten Verjährungsfrist hervorgetreten. Die Gewährleistung verjähre nicht für jede Spurrinne gesondert. Die Spurrinnen stellten keinen selbständigen Mangel dar, sondern seien rechtlich unselbständige Erscheinungen des mangelhaften Aufbaus.

Die Klägerin habe am 06.05.1996 die Mängelbeseitigung innerhalb der vereinbarten Verjährungsfrist verlangt. Entgegen dem OLG Koblenz müsse die Mängelrüge nach § 13 Nr. 5 Abs.1 Satz 2 VOB/B nicht innerhalb der seinerzeit kurzen Regelverjährung erhoben werden.

Der Klageanspruch sei bei jener Sichtweise auch nicht verjährt. Der weitere Anspruch auf Mängelbeseitigung gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B verjähre binnen 2 Jahren seit der Aufforderung vom 06.05.1996. Die Verjährung sei aber unterbrochen durch den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens am 31.03.1998. Nach dem Ende der Unterbrechung am 26.10.2001 habe sich erneut die vereinbarte 4-jährige Verjährungsfrist angeschlossen, deren Lauf durch die Zustellung des Mahnbescheides gegen die Beklagte am 02.02.2005 gehemmt worden sei.

Schließlich scheitere der Klageanspruch auch nicht an den Vorschriften der §§ 767 Abs. 1 Satz 3, 776 BGB. Durch die nur teilweise Aufrechnung sei die Beklagte als Bürgin nicht stärker belastet worden als mit Übernahme der Bürgschaft vereinbart. Eine Sicherheit sei dadurch ebenfalls nicht aufgegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Prteivorbringens und der Erwägungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der Streithelferin am 09.09.2005 zugestellten Schriftsatz vom 25.08.2005 hat ihr die Beklagte Streit verkündet. Mit Schriftsatz vom 22.09.2005 ist die Streithelferin dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten und hat gegen das der Beklagten am 24.08.2005 zugestellte Urteil Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 24.11.2005 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 24.11.2005 begründet.

In der Berufungsbegründung wiederholt und vertieft die Streithelferin zunächst das Vorbringen der Beklagten in erster Instanz. Insbesondere rügt die Streithelferin, dass das Landgericht fehlerhaft nicht berücksichtigt habe, dass das Sachverständigengutachten nebst Ergänzungen aus dem selbständigen Beweisverfahren nach Auffassung der Streithelferin zu dem Ergebnis gelange, dass die maßgeblichen Ursachen der Spurrinnen, die überproportional gestiegene Verkehrsbelastung, insbesondere die Schwerverkehrbelastung einhergehend mit gestiegenen Achslasten nicht in den Verantwortungsbereich der B fielen. Eine genaue Bezifferung der jeweiligen Verursachungsbeiträge sei daher erforderlich. Auch verweist die Streithelferin darauf, dass der Sachverständige im Gutachten vom 29.02.2000 (Seite 12) ausgeführt habe, die Erkenntnis, dass die Binderschicht für hohe Beanspruchungen mit mehr Splitt und auschließlich Brechsand gebaut werden solle, erst 1994 als Hinweis veröffentlicht worden sei, wodurch sie dem Auftragnehmer im Zeitpunkt des Einbaus nicht bekannt sein konnte. Widersprüchlich sei es dann, wenn der Sachverständige in der Gutachtenergänzung vom 28.08.2001 (Seite 4) ausführe, nicht nur in Fachkreisen sei 1990 schon seit Jahren bekannt gewesen, dass auf hochbelasteten Autobahnen mit besonderer Beanspruchung durch den Schwerverkehr Binderschichten ausschließlich mit Edelbrechsand hergestellt werden sollten.

Ferner bestreitet die Streithelferin, dass über die im Jahre 1996 gerügten Spurrinnen auf der Strecke 485 m hinaus auf den später sanierten Abschnitten Schäden aufgetreten seien; der Sachverständige habe diese Bereiche nicht untersucht. Zudem trägt die Streithelferin erstmals vor, dass die Klägerin während des Einbaus aller Materialen Proben der Zusammensetzung genommen und deren Zusammensetzung nach Prüfung nicht gerügt habe. Die Eignungsprüfungen habe die Klägerin sämtlich genehmigt.

Zudem habe das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht erkannt, dass die Ansprüche der Klägerin verjährt seien. Zum einen sei bereits zweifelhaft, ob die Vertragsparteien tatsächlich eine 4jährige Verjährungsfrist vereinbart hätten. Denn die 4-jährige Frist sei lediglich der ZTV bit-StB 1984 zu entnehmen und es sei fraglich, ob § 13 Nr. 4 VOB/B eine solche Klausel zur Abweichung von der Regelfrist ausreichen lasse. Zudem seien in nicht verjährter Frist nur die in dem Vermerk vom 19.03.1996 aufgeführten Spurrinnen über eine Länge von 485 m gerügt. Diese seien mit den weiter in Rede stehenden Mängeln nicht gleichzusetzen.

Insoweit wenden sich Streithelferin und Beklagte in den Berufungsbegründungen und nachfolgenden Schriftsätzen gegen die Anwendung der Symptomtheorie und betrachten die gerügten Mängel über den untersuchten Bereich von 485 m hinaus als "neue Mängel", hinsichtlich derer nach Ablauf der Gewährlistungsfrist keine Haftung bestehe. Ferner bestreiten beide, dass die mit der Klage geltend gemachten Ersatzvornahmekosten sich auf die Beseitigung der nunmehr in den Rechtsstreit eingeführten Mängel beziehen würden und der Höhe nach erforderlich gewesen seien.

In Ergänzung zu jenen Ausführungen sowie ihrem erstinstanzlichem Vorbringen rügt die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung weiter, dass das Landgericht fehlerhaft die Hauptschuldverjährung mit der Verjährung des rechtlich selbständigen Bürgschaftsanspruchs vermengt habe. Insbesondere könne die Klage gegen den Bürgen keine verjährungsunterbrechende Wirkung gegenüber dem Anspruch gegen den Hauptschuldner haben. Zudem vertritt die Beklagte nunmehr die Auffassung, dass die Feststellungen aus dem selbständigen Beweisverfahren 9 OH 22/98, LG Essen für sie mangels Verfahrensbeteiligung nicht bindend seien.

Die Streithelferin beantragt,

unter Abänderung des am 04.08.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Essen die Klage im vollen Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt in ihrer Berufungserwiderung das erstinstanzliche Urteil. Den Vortrag der Streithelferin, wonach die Klägerin die Materialien nach Prüfung nicht gerügt habe, bestreitet sie und rügt ihn als verspätet. Ferner trägt sie zur Verjährungsproblematik ergänzend vor und verweist auf die Klage gegen die Streithelferin im Parallelverfahren 8 O 220/06, LG Köln, wonach ihrer Auffassung der Eintritt der Verjährung insoweit unterbrochen worden sei. Zudem verweist sie auf § 17 Nr. 8 VOB/B.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. T. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Senatstermins vom 26.06.2008 nebst Berichterstattervermerk verwiesen. Ferner wurden gemäß § 411 a ZPO das in der Beiakte 9 OH 22/98, LG Essen enthaltene schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Prof- Dr.-Ing. T vom 29.02.2000 (lose bei der Beiakte) nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 01.02.2001 (Bl. 158 ff d. BA) und 28.08.2001 (Bl. 253 ff d. BA) verwertet. Ferner lag die Beiakte 8 O 220/06, LG Köln vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die gem. § 66 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit dem Beitritt der Streithelferin auf Seiten der Beklagten für jene eingelegte Berufung ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen, Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB.

Das angefochtene Urteil muss teilweise abgeändert und die Klage über die bereits erfolgte teilweise Klageabweisung hinaus noch weitergehend abgewiesen werden. Die Klägerin hat gegen die Beklagte unter Berücksichtigung einer erforderlichen eigenen Kostenbeteiligung an den Ersatzvornahmekosten im Umfang von 1/4 wegen Mitverursachung auf Grund von Fehlern in der Ausschreibung sowie unter Berücksichtung der weiteren Reduzierung der Bürgenhaftung wegen der klägerischen Aufrechnung in Höhe von 34.940,22 € Zahlungsansprüche in Höhe von 88.210,11 € aus § 765 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Bürgschaftsvertrag vom 12.02.1992.

A.

Die Bürgenhaftung der Beklagten aus § 765 Abs. 1 BGB knüpft an einen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen die B aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B wegen Verweigerung der geforderten Mängelbeseitigung in Bezug auf solche Mängel an, die während der vereinbarten Verjährungsfrist hervorgetreten sind (dazu 1.). Die Gewährleistungsforderung der Klägerin gegen die B ist wegen Fehlern in der klägerischen Ausschreibung und dementsprechender Mitverursachung der Mängel um 1/4 reduziert (dazu 2.), so dass die Klägerin berechtigterweise die Erstattung von 3/4 der Bruttogesamtkosten von 164.200,44 € (321.148,16 DM brutto / 276.851,86 DM netto) für die von der B verweigerte Spurrinnenbeseitigung gem. Rechnung der B Teerbau/E3 vom 04.01.2002/31.12.2001 (Anlage K 34), also 123.150,33 € abzüglich unstreitig aufgegerechneter 34.940,22 €, mithin 88.210,11 € verlangen kann. Die weitergehenden Angriffe von Beklagter und Streithelferin gegen die Höhe der abgerechneten Ersatzvornahmekosten greifen nicht durch (dazu 3.). Die Gewährleistungsforderung der Klägerin gegen die B ist nicht verjährt, so dass sich die Beklagte als Bürgin nicht gemäß § 768 Abs. 1 BGB auf die Einrede der Verjährung berufen kann (dazu 4.). Ebenfalls kann sie sich nicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB berufen oder unter sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten anspruchsausschließend geltend machen, die Klägerin habe weitergehend als geschehen zum Ausschluss der Bürgeninanspruchnahme aufrechnen müssen und so nach § 389 BGB die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten herbeiführen können (dazu 5.).

1. Gesicherte Forderung in Form eines Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B wegen Verweigerung der geforderten Mangelbeseitigung

Die Klägerin konnte von der B und kann nun von der für Verbindlichkeiten der B entsprechend § 128 HGB akzessorisch haftenden Streithelferin als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen B-Gesellschafterin W. I GmbH & D2. KG nach 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B im Anschluss an die von der B ab 20.12.1996 trotz vorheriger schriftlicher Fristsetzung zur Nacherfüllung verweigerte Beseitigung von Spurrinnen dem Grunde nach Erstattung der erforderlichen Ersatzvornahmekosten für die Mängelbeseitigung verlangen.

a) Mangel

Die Werkkleistung der B war in den später von der B U/T sanierten Bereichen mangelbehaftet.

Der B sind in diesen Bereichen sowohl bei der Erstellung der Binderschicht als auch bei der Erstellung der Deckschicht entgegen dem im Zeitpunkt der Abnahme vom 27.05.1992 maßgeblichen Stand der Technik und entgegen der maßgeblichen Regelwerke und Regeln der Baukunst Ausführungsfehler anzulasten.

aa)

Der Sachverständige hat ausgeführt, dass er die an ihn gestellten Beweisfragen auf Grundlage von von ihm als repräsentativ eingestuften Messpunkten beantwortet habe. Insgesamt seien 15 bis 20 Bohrkerne entnommen worden. Die Bohrkernentnahmen erfolgten unter Wahrung von Parteiöffentlichkeit der am selbständigen Beweisverfahren 9 OH 22/98, LG Essen Beteiligten und unter deren Beteiligung bei fließendem Autobahnverkehr durch Mitarbeiter des Sachverständigen. Üblicherweise -so der Sachverständige- geschehe die Wahl der Entnahmestellen im Benehmen mit den Parteien. Zwar könne man auch mehr als die gewählten Bohrkerne entnehmen, jedoch führe dies -so der Sachverständige- zu keinem besseren Ergebnis. Vorliegend seien an drei Messpunkten die Werte in Ordnung gewesen, an den übrigen seien Defizite festzustellen gewesen.

Der Senat folgt dem auf dem Gebiet des Straßenbaus und mit der Gutachtenerstattung langjährig erfahrenen Sachverständigen darin, dass durch ihn eine repräsentative Untersuchung vorgenommen wurde.

bb)

Spurrinnen stellen das äußerlich wahrnehmbare Erscheinungsbild eines mangelhaften Straßenaufbaus dar. Sie treten regelmäßig auf den rechten, nicht aber auf den linken Fahrstreifen auf. Für die Ausbildung von Spurrinnen auf Grund eines mangelhaften Straßenaufbaus sind nämlich ausschließlich Lkw, nicht Pkw verantwortlich. Der Schwerverkehr benutzt regelmäßig die rechten Fahrstreifen.

Straßen können bei Wahl eines optimierten Belages beim Aufbau, insbesondere auch in Deck- und Binderschicht ohne weiteres extreme Belastungen durch den Schwerverkehr aufnehmen. Auch nach 5 bis 10 Jahren sind dann allenfalls geringe Ansätze von Spurrinnenbildung festzustellen. Bei nicht optimierter Rezeptur kann es bei Überschreiten gewisser Temperaturen im Sommer zur Spurrinnenbildung durch den Schwerverkehr kommen. Im Winter kommt es nie zur Spurrinnenbildung. Aus sachverständiger Erfahrung lässt sich feststellen, dass theoretisch ein einzelner Fehler im Straßenaufbau zur Spurrinnenbildung führen kann. Zumeist ist es jedoch ein Zusammenwirken verschiedener Fehler beim Aufbau, die in ihrer Gesamtheit die Spurrinnenausbildung unter Schwerverkehreinfluss ermöglichen.

Auch beim vorliegenden Bauvorhaben waren verschiedene Fehler beim Aufbau der Autobahn für die spätere Spurinnenausbildung ursächlich. Aus der Ausschreibung war ersichtlich, dass eine Verkehrsfläche mit besonderer Beanspruchungen zu erstellen war. Aufgrund der Verkehrsbelastung und mit Blick auf den Schwerverkehr war die zu bauende Autobahn in die Bauklasse SV, diejenige, an die mit einer Verkehrbelastungszahl von über 3200 die höchsten Anforderungen zu stellen sind, einzustufen. Nach der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen ZTV bit-STB 84, die in den Bauvertrag einbezogen wurde, wurde zwischen den Bauklassen I bis VI differenziert. Noch vor Vertragsschluss im Februar 1990 wurde durch dass "Allgemeine Rundschreiben Straßenbau Nr. 18/1989" vom 24.11.1989 des Bundesministers für Verkehr, wurde zusätzlich für eine Verkehrsbelastungszahl von über 3200 die Bauklasse SV eingeführt.

Im Zeitpunkt der Ausführung der bituminösen Arbeiten (Sommer 1991; die Eignungsprüfung datiert vom 05.08.1991) war die ZTV bit-StB 84, Ausgabe 1990 durch Allgemeines Rundschreiben vom 31.08.1990 des Bundesministers für Verkehr bekanntgemacht. Der Sachverständige hat deutlich gemacht, dass größeren im Autobahnbau tätigen Unternehmen die Einführung der Bauklasse SV allein wegen deren Einbindung in den Diskussionsprozess um die Regelwerkausbildung bekannt war. Dementsprechend -dies hat die Streithelferin in zweiter Instanz auch nicht ernsthaft bezweifelt- war die zu erstellende Autobahn nach der Bauklasse SV zu erstellen.

cc)

Vorliegend hat der Sachverständige mit der Wahl eines ungeeigneten Binders vom Typ B 65, der nicht ausschließlichen Verwendung von Edelbrechsand in der Binderschicht, einem zu geringen Grobsplittanteil in der Binderschicht sowie in einer teilweise wegen Unterschreiten der vorgesehenen Einbaudicke von 3,5 cm zu schwachen Deckschicht Fehler beim Bau von Deck- und Binderschicht festgemacht, die die Ausbildung von Spurrinnen ermöglicht haben.

(a)

In der Binderschicht wurde ganz überwiegend ein zu weiches Bitumen verwendet, nämlich ein solches vom Typ B 65. Allerdings war eben dieses Bitumen in der Ausschreibung der Klägerin für die Binderschicht mit 8,5 cm Einbaudicke auch ausdrücklich vorgesehen (vgl. Ordnungsziffer 1.5.005 Asphaltbinder einbauen des Leistungsverzeichnisses). Bitumen vom Typ B 65 ist deshalb weich, weil sein Erweichungspunkt bei ca. 52 Grad Celsius liegt. Derartige Werte können im Sommer durchaus erreicht werden, so dass die Gefahr von Spurrinnenbildung besteht. Bitumen vom Typ B 45 hat demgegenüber einen Erweichungspunkt von 65 Grad Celsius. Derartige Werte werden auch im Sommer eher selten erreicht. In der mit 3,5 cm Einbaudicke ausgeschriebenen Deckschicht (vgl. Ordnungsziffer 1.5.009 Gussasphalt 0/11 (in Fahrstreifen) einbauen) war in der Ausschreibung der Klägerin Bitumen vom Typ B 45 vorgesehen. Ein Unterschied von 13 Grad Celsius beim Erweichungszeitpunk ist nach den Ausführungen des Sachverständigen ganz erheblich. Aus diesem Grund sei ein Binder vom Typ B 45 auch als hoch standfester Binder einzustufen.

Die Vorgabe des Binders vom Typ B 65 in der Ausschreibung wertet der Sachverständige als Ausschreibungsfehler, der sowohl Auftragnehmer wie ausschreibender Verwaltung hätte auffallen müssen.

(b)

Nach der ZTV bit-StB 84, Tabelle 2.1 war für einen Asphaltbinder 0/22 ein Brechsand-Natursandverhältnis von >1:1 vorgeschrieben. In der gleichen Vorschrift wird unter Ziffer 2.3 "Baustoffe, Baustoffgemische für Binder 0/22 und Straßen mit besonderer Beanspruchung" die ausschließliche Verwendung von Edelbrechsand empfohlen. Verwendet wurde ein Gemisch aus Natur- und Brechsand. Zum Teil war der Anteil von Natursand mit ca. 55 % höher als der von Brechsand. Zum Teil geht der Sachverständige von einem Verhältnis von 1:1 aus. An einer Entnahmestelle, der Entnahmestelle 4, wurde 100 % Brechsand ausgeführt. Einhergehend mit der dortigen Verwendung von Bitumen Typ B 45 konnten an dieser Entnahmestelle keine Spurrinnen festgestellt werden.

Anders als Natursand wird Brechsand künstlich aus größerem Gesteinmaterial hergestellt. Seine Körner sind nicht rund, sondern eckig und kantig. Dies bedeutet einen höhren Energieaufwand bei der Verdichtung als bei Natursand. Allerdings wird zugleich eine deutlich höheren Standfestigkeit als bei der Verwendung von Natursand erreicht. Reiner Natursand mit seinen runden Körnern wirkt quasi wie ein Kugellager.

Der Sachverständige hat ausgeführt, dass in Kreisen von Fachunternehmen seit langem bekannt gewesen sei, dass bei hoch belasteten Straßen ausschließlich Brechsand zur Mischung des Binders verwendet werden solle. In der Praxis komme es jedoch immer wieder vor, dass in Vermeidung des hohen Verdichtungsaufwandes Natursand anstelle von Brechsand Verwendung finde.

Zur Überzeugung des Senats steht demnach fest, dass die Spurrinnenausbildungen auf der gewählten, vorstehend festgestellten Bauausführung beruhen. Jene Bauausführung stellt auch einen Mangel im Rechtssinne dar, da sie nicht den im Zeitpunkt der Abnahme (Merl, § 12 Rdn. 260) anerkannten Regeln der Baukunst entsprach. Demgegenüber entsprach die Mischung des Binders ausschließlich mit Brechsand dem seinerzeitigen Stand der Technik. Denn dies ist dann anzunehmen, wenn die fragliche technische Regel in der Wissenschaft als theoretisch richtig anerkannt und sich in der Praxis als zutreffend bewährt und durchgesetzt hat, was der Sachverständige bestätigt hat.

Unerheblich ist deshalb, dass die Zusammensetzung des Binders ausschließlich mit Brechsand bei Fahrbahnen mit besonderer Beanspruchung erst 1994 im technischen Regelwerk vorgeschrieben wurde. Denn es kann durchaus vorkommen, dass die Technischen Vertragsbedingungen und andere technische Normen nicht auf den neusten Stand der Technik sind und daher hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben (Merl, § 12 Rdn. 250, Werner/Pastor a. a. O., Rdn. 1461 ff). In diesen Fällen gehen die anerkannten Regeln der Technik gleichwohl vor und sind von dem Unternehmer zu beachten.

Ebenso unerheblich ist, dass in der dem Vertrag zugrunde liegenden ZTV bit-StB 84 die ausschließliche Verwendung von Brechsand nur empfohlen und nicht vorgeschrieben war, vielmehr ein Brechsand-Natursandverhältnis von >1:1 vorgeschrieben war. Sofern die in den ZTV bit StB 84 genannte Bindermischrezeptur nicht mehr den schon damals anerkannten Regeln der Technik entsprach, hätte es jedenfalls eines Bedenkenhinweises durch die B bedurft. Dass ein schriftlicher Bedenkenhinweis nach § 4 Nr. 3 VOB/B durch die B gegeben und von der Klägerin nicht berücksichtigt worden wäre, ist nicht vorgetragen.

Der Sachverständige stuft das Bauen ohne oder mit zu wenig Brechsand als groben Fehler ein. Der Unternehmer müsse um die Risiken für die Standfestigkeit der Straße wissen. Dem folgt der Senat ebenfalls.

(c)

Ergänzend hat der Sachverständige auch darauf hingewiesen, dass in der Binderschicht auch der Grobsplittanteil -Brechsand und Grobsplitt unterscheiden sich in der Korngröße- zu gering gewesen sei. Auch dieses Ausführungsdefizit wirke sich negativ auf die Standfestigkeit der Gesamtkonstruktion aus, weil eine Binderschicht mit zu geringem Grobsplittanteil die vom Verkehr verursachten Schubbeanspruchungen nur eingeschränkter aufnehmen und dementsprechend Verformungen nur eingeschränkter verhindern könne. Hinzu komme, dass statt der ausgeschriebenen Edelsplitte (vgl. Leistungsverzeichnis Ordnungsziffer 1.5.005: (5.2) Basalt oder Diabasedelsplitt) zum Teil lediglich Kalkstein verwendet wurde. Damit habe im Ergebnis wegen Verwenderung anderen als des ausgeschriebenen Materials keine Eignungsprüfung stattgefunden, da sich die durchgeführte Eignungsprüfung sich auf die Kombination von Basaltsplitt, Edelbrechsand und Bitumen B 65 bezogen habe. Der gebotene Optimierungsprozess, der auf der Eignungsprüfung aufbaue, habe, sei durch deren Ausfall ebenfalls gestört. Auch hätte bei Erhöhung des Kalksteinanteils -je nach Eignungsprüfung- ggfs. der Binderanteil erhöht werden müssen. Das Bauen mit anderem als dem geprüften Material, also ohne effektive Eignungsprüfung stuft der Sachverständige als sehr groben Fehler ein, weil praktisch "ins Blaue hinein" gebaut werde.

Bei im Autobahnbau tätigen Fachunternehmen hätten sich in der Diskussion gesicherte Erkenntisse darüber eingestellt, dass im Zusammenhang mit Straßenverformungen die Aspekte Bitumenhärte und Brechsandverwendung Relevanz hätten.

(d)

Schließlich sei beim Gussasphalt die ausgeschriebene Einbaudicke von 3,5 cm nicht eingehalten worden, was sich ebenfalls negativ auf die Standfestigkeit der Gesamtkonstruktion auswirke. Zum Teil sei lediglich eine Stärke von 2 cm ausgeführt worden, zum Teil allerdings eine solche von 8 cm. Im Durchschnitt sei zu wenig Gussasphalt euingebaut worden. Auch bezogen auf den Gussasphalt hat der Sachverständige zum Teil die Wahl des Bitumens als zu weich bezeichnet, was Wulstbildungen begünstige. Hinzuweisen ist darauf, dass für den Gussasphalt der Deckschicht im Fahrstreifenbereich (Leistungsverzeichnis Ordnungsziffer: 1.5.009 (4.2)) indes Binder vom Typ B 45 ausgeschrieben war.

(e)

Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. T hat in seinem im Termin vom 26.06.2008 erstatteten mündlichen Gutachten die vorstehend festgestellten Ursachen für den mangelhaften Straßenaufbau in Deck- und Binderschicht, der zur Spurrinnenausbildung geführt hat, unter teilweiser Bezugnahme auf die nach § 411a ZPO zu vertwertenden Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren 9 OH 22/98, LG Essen überzeugend ausgeführt. Letzte Ergänzungsfragen, weniger Widersprüche und Unklarheiten, im Anschluss an das Gutachten vom 29.02.2000, die nicht bereits durch die ergänzenden Stellungnahmen vom 01.02.2001 und vom 28.08.2001 ausgeräumt wurden, konnten durch das fundierte, mündlich erstattete Gutachten geklärt werden. Die Position aus dem Gutachten vom 29.02.2000, die Ausbildung der Spurrinnen beruhe auf einer Kombination aus der überproportional gestiegenen Verkehrsbelastung sowie den bautechnischen Mängeln, hat er entsprechend der Ausführungen aus den Gutachtenergänzungen nicht weiter vertreten. Er hat vielmehr erläutert, warum allein der mangelhafte Aufbau der Straße für die Spurrinnen ursächlich ist:

Da Spurrinnenausbildungen bei optimierter Bauausführung auch bei extremer Beanspruchung vermeidbar sind, kann eine überproportionale gestiegene Verkehrsbelastung, insbesondere auch durch Schwerverkehr, einhergehend mit erhöhten Achslasten nicht als Ursache für die Spurrinnenausbildung gesehen werden. Dies gilt um so mehr, als dass die Bauklasse SV keine Begrenzung der Verkehrsbelastungszahl nach oben vorsieht. Ursächlich für die Spurrinnenausbildung und deshalb der Mangel ist jeweils der ungeignete Aufbau der Straße durch die B, der die Spurrinnenausbildung ermöglicht.

b) Hervortreten der Mängel während der Verjährungsfrist und Fristsetzungsschreiben

Die festgestellten Mängel sind innerhalb der vereinbarten Verjährungsfrist hervorgetreten, d. h. wahrnehmbar geworden.

Die Klägerin hat die B nach den Grundsätzen der Symptomtheorie zur Beseitigung gerade auch der Mängel aufgefordert, deren Ersatzvornahmekosten sie nunmehr im Streitfall geltend macht. Auch wenn die Klägerin im März und Mai 1996 zunächst lediglich die in dem handschriftlichen Vermerk vom 19.03.1996 aufgeführten Spurrinnen gerügt hat und diese nur eine Strecke von insgesamt 485 m betrafen, ist dies schadlos.

Nach st. Rspr. des BGH (vgl. Werner/Pastor, a. a. O., Rn 1625 m. w. N.) ist der Mangel vom Auftraggeber nach seinem äußeren objektiven Erscheinungsbild exakt zu beschreiben. Dass der Auftraggeber auch die Mangelursache beschreibt, ist nicht erforderlich. Dabei bezieht sich die Nacherfüllungspflicht des Auftragnehmers automatisch auf alle Mangelursachen, die den beschriebenen Mangel verursacht haben. Mit der Bezeichnung des Escheinungsbildes macht der Besteller nicht nur diese Erscheinung, sondern den zugrunde liegenden Mangel selbst in vollem Umfang zum Gegenstand seiner Erklärung (Symptomtheorie). Daraus folgt für den vorliegenden Fall zunächst einmal, dass durch die Rüge, es seien Spurrinnen zu beseitigen, auch der zugrunde liegende Mangel der fehlerhaften Materialzusammensetzung sowie der unzulänglichen Dicke des Gussasphalts hinreichend gerügt worden ist.

Soweit Streithelferin und Beklagte einwenden, dass sich dies nur auf den Bereich beziehen könnte, der vor Ablauf der Gewährleistungsfrist seinerzeit gemeinsam untersucht worden sei, steht dies mit der Symptomtheorie nicht in Einklang.

Denn an die Mängelrüge dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. So war es nicht nötig, alle Spurrinnen nach Lage, Länge und Breite zu kennzeichnen, wenn sämtliche Risse zweifelsfrei in den Leistungsbereich des Auftragnehmers fallen. Die Mängelrüge ist nicht örtlich begrenzt, sondern erstreckt sich umfassend auf die Mangelursache und zwar auch auf Bereiche, in denen sich die Mangelerscheinungen noch nicht gezeigt haben. Es ist dann Sache des Auftragnehmers sein, den Mangel und seine Ursachen nachzuprüfen. Aus dieser Prüfung ergibt sich dann auch der Umfang seiner Nacherfüllungspflicht (Wirth in Ingenstau-Korbion, § 13 Nr. 5, Rdn. 38).

Ausgehend von diesen Grundsätzen spielt es dann auch keine Rolle, wenn die Spurrinnen in den seinerzeit nicht überprüften Bereichen schon innerhalb der Verjährungsfrist offen zutrage getreten wären.

Ferner hat die Klägerin als Auftragnehmerin mit der Niederschrift über die Ortsbesichtigung sowie dem darauf beruhenden Vermerk vom 14.05.1996 (K 15 und K 16) schriftlich eine konkretisierte Nacherfüllungsaufforderung gestellt.

Mit Verweigerung der Spurrinnensanierung durch die B sind die Voraussetzungen für den Ersatzvornahmekostenerstattungsanspruch aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B damit dem Grunde nach erfüllt.

2. Abwägung der Verursachungsbeiträge

Der Ersatzvornahmekostenerstattungsanspruch reduziert sich bei Mitverursachung des Mangels durch den Auftragnehmer. Letztlich beruht dieser vertragliche Nebenanspruch des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber auf Treu und Glauben, § 242 BGB (vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2. Aufl. 2007, Rn 228 zu § 13 VOB/B m. w. N.).

Vorliegend erscheint nach Auffassung des Senats eine Anspruchskürzung um 1/4 angemessen, so dass sich Haupt- und Bürgenschuld entsprechend reduzieren.

Die Fehler bei der Binderschicht im Zusammenhang mit der nicht ausschließlichen Verwendung von Brechsand, zu wenig Grobsplitt und Kalkstein anstelle von Basalt und demgemäß nicht gegebener Eignungsprüfung stellen nach den Ausführungen des Sachverständigen T grobe Fehler dar und sind in vollem Umfang der B zuzurechnen.

Der Fehler im Zusammenhang mit der Verwendung von zu weichem Bitumen vom Typ B 65 in der Binderschicht stellt sich als der Klägerin zuzurechnender erheblicher Fehler dar, der freilich einen Bedenkenhinweis der B nach § 4 Nr. 3 VOB/B erforderlich gemacht hätte. Hier sieht der Senat gleichwertige Mangelverursachungsbeiträge.

Da der Senat beide Fehlerkomplexe als grundsätzlich gleichgewichtig einstuft -der Sachverständige hat eindrucksvoll ausgeführt, dass Spurrinnenbildung selten auf einer Mangelursache allein beruhe- leitet sich die vom Senat zu Grunde gelegte Quote von 1/4 zu 3/4 zu Lasten der Auftragnehmerseite her.

Weitere Verschiebungen zu Lasten der Auftraggeberseite waren nicht angezeigt, da die Optimierung der Rezeptur allein Sache des Auftragnehmers ist und die selbständigen Planungsleistungen der Auftraggeberseite nach den Ausführungen des Sachverständigen recht beschränkt sind. Bezüglich der Eignungsprüfungen nimmt der Auftraggeber die Ergebnisse der Auftragnehmerseite entgegen und prüft sie allenfalls auf grobe Plausibilität. Damit greift der erstmals in zweiter Instanz vorgebrachte Einwand, die Klägerin habe die Zusammensetzung der Materialien geprüft sowie nicht gerügt und die Eignungsprüfungen seien von der Klägerin genehmigt worden, nicht durch. Die Eignungsprüfung hat der Auftragnehmer nach Ziffer 1.6.3 ZTV bit StB 84 und Ziffer 1.2 ZTV Stra 86 eigenverantwortlich durchzuführen. Die Genehmigung der Klägerin erfolgte sodann lediglich dahingehend, dass die von der Klägerin genommenen Proben mit der von der B durchzuführenden Eignungsprüfungen übereinstimmen.

3.

Auf Grundlage seiner repräsentativen Untersuchung hat der Sachverständige eine zu sanierende Gesamtstrecke von 2500 m ausgemacht.

Gemäß Beweisberschluss vom 02.07.1998 (Bl. 59 f. BA) wurde das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. T über den Zustand der Fahrbahn A 42 in Fahrtrichtung E hinsichtlich km 4,000 bis 6,350 und in Fahrtrichtung L hinsichtlich km 4,350 bis 4,500 eingeholt. Angemerkt sei, dass die Bereiche Fahrtrichtung E km 4,000 bis 6,350 sowie Fahrtrichtung L km 4,505 bis 6,525 bereits Gegenstand des Vermerkes Bonnes vom 19.03.1996 waren. Zugleich waren sie damit durch die Inbezugnahme Gegenstand der Niederschrift über die Ortsbesichtigung vom 06.05.1996.

Der Sachverständige untersuchte -wie ausgeführt- stichprobenartig die Bereiche der Streckenkilometer Fahrtrichtung L 4,350 bis 4,500 und Fahrtrichtung E von 4,000 bis 6,350. In der Rechnung der B U/T vom 04.01.2002/04.01.2003 werden ein Bereich von 150 m in Fahrtrichtung L (Baukilometer 2 + 772,5 bis Bauende = Streckenkilometer 4,350 bis 4,500; Aufmaßblatt 3) sowie zwei Bereiche in Fahrtrichtung E von 1400 m (Baukilometer 0 + 000 bis 1 + 400 = Streckenkilometer 4,238 bis 5,638; Aufmaßblatt 4) und 712 m (Baukilometer 1 + 400 bis 2 + 112 = Streckenkilometer 5,638 bis 6,350; Aufmaßblatt 5) abgerechnet. Demgemäß beziehen sich die in der Rechnung der B U/T abgerechneten Ersatzvornahmekosten betreffend den vorbezeichneten 2262 m-Bereich vollständig auf den vom Sachverständigen

untersuchten Bereich. Die tatsächlichen Kosten von 321.148,16 DM für den im Wege der Ersatzvornahme durch die Klägerin sanierte Bereich von 2262 m gemäß Rechnung B U/T bleiben noch hinter den vom Sachverständigen in seiner Kostenschätzung aus dem Gutachten vom 29.02.2000 veranschlagten 2500 m-Bereich zurück. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass es aus technischer Sicht nicht anders darstellbar sei, als großflächig zu sanieren. Bei Belassen kleinerer unsanierter Teilstücke bestünde die Gefahr, dass immer wieder etwas komme. Auch erscheinen die zu Vergleichszwecken auf Kosten je lfd. Meter heruntergerechneten Ersatzvornahmekosten von rd. 142.- DM je lfd. Meter (321.148,16 DM : 2262 lfd. Meter) aus Ende Dezember 2001 im Vergleich zu den vom Sachverständigen bereits Ende Februar 2000 kalkulierten 139.- DM je lfd. Meter (347.500.- DM : 2500 lfd. Meter) nicht übersetzt, zumal die Kosten für Verkehrssicherung und Baustelleneinrichtung weitestgehend unabhängig von der Länge des zu sanierenden Straßenbereiches sind.

Unterschiede im Einheitspreis zwischen Bindern vom Typ B 45 und B 65 ergeben sich nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht, so dass Sowiesokosten bei der Bewertung der Ersatzvornahmekosten nicht zu berücksichtigen sind. Ebenfalls sind der Klägerin aus der aus der erfolgten Sanierung, die sich auf einen verhältnismäßig kleinen Bereich bezieht, keine auszugleichenden Vorteile unter dem Gesichtspunkt "Neu für Alt" erwachsen. Bei erforderlicher Gesamterneuerung des Straßenbelages in größerem Rahmen können die außerplanmäßig sanierten Bereiche nicht unsaniert bleiben.

Hinzu kommt, auch dies hat der Sachverständige T ausgeführt, dass bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben, anders als gewöhnlich die eingebrachten Materialien und Zutaten in rascher Folge gewechselt hätten. Eine Sanierung in kleineren Abschnitten würde sich als Stückwerk darstellen.

Damit gehen die Angriffe und Rügen von Beklagter und Streitverkündeter gegen die Höhe der geltend gemachten Ersatzvornahmekosten und die genaue Detailverortung der Sanierungsflächen fehl. Dem Senat ist mit Blick auf die vorstehend festgestellten und mitgeteilten Grundlagen eine Zuordnung der erforderlichen Ersatzvornahmekosten auf den von der B U/T abgerechneten Betrag von 321.148,16 DM möglich.

4. Verjährung

Da der Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B nicht verjährt ist, kann sich die Beklagte nicht auf die dem Bürgen zustehende Einrede der Verjährung aus § 768 Abs. 1 BGB berufen.

a)

Die Abnahme der Werkleistung erfolgte am 27.05.1992.

b)

Durch Einbeziehung der ZTV bit-StB 1984, der für den in Rede stehenden Fahrbahnbelag unter Ziffer 1.8.2.1 eine Gewährleistungsfrist von 4 Jahren vorsieht, wurde -entgegen der Auffassung der Streithelferin- eine von der seinerzeitigen Regelfrist des § 13 Nr. 4 VOB/B von zwei Jahren abweichende Verjährungsfrist vereinbart. Denn durch jene Zusätzliche Technische Vertragsbedingung ist die VOB/B nur in einem Bereich ergänzt worden, wo es die VOB/B ausdrücklich zulässt. Es handelt sich um einen durch Technische Vertragsbestimmungen regelungsfähigen Punkt nach §§ 10 Nr. 4 Abs. 2, 13 Nr. 2 VOB/A.

c)

Durch Übergabe der Terminsniederschrift mit der darin enthaltenen Rüge des Vorhandenseins von Spurrinnen am 06.05.1996 trat eine sog. Quasi-Unterbrechnung des Laufes der Gewährleistungsfrist, die ansonsten am 27.05.1996 abgelaufen wäre, nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B ein.

Die Regelung des § 13 Nr. 5 VOB/B wurde wirksam in den Vertrag von Klägerin und B einbezogen, sie hält einer erforderlichen (dazu aa)) isolierten Inhaltskontrolle nach dem AGBG stand (dazu bb)).

aa)

Nach aktueller Rechtssprechung des BGH (Urteil vom 22.01.2004, VII ZR 419/02, BauR 2004, 668 ff = NJW 2004, 1597 ff) ist die VOB/B nur dann einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG entzogen, wenn sie als Ganzes vereinbart worden ist. Dabei führt jede Abweichung von der VOB/B dazu, dass die VOB/B nicht mehr "als Ganzes" vereinbart ist. Auf das Gewicht des Eingriffs kommt es - entgegen der früheren Rechtsprechung - nicht mehr an.

Vorliegend weicht der Vertrag bereits insoweit von der VOB/B ab, als dass anstelle der seinerzeitigen 2-jährigen Regelfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B eine Gewährleistungsfrist von 4 Jahren vereinbart sowie die fiktive Abnahme nach § 12 Ziffer 4 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ausgeschlossen wurde. Bereits aufgrund jeder einzelnen dieser beiden Änderungen ist die Privilegierung der VOB/B entfallen. Sofern teilweise die Auffassung vertreten wird, dass in Fällen, in denen die VOB/B durch eine Öffnungsklausel eine inhaltliche Abweichung ausdrücklich zulasse (so insbesondere für den hier einschlägigen Fall der Verlängerung der Gewährleistungsfrist nach § 13 Nr. 4 VOB/B) keine Änderung vorliege, die die Privilegierung der VOB/B entfallen lasse (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage 2008, Rdn. 1021), teilt der Senat diese Auffassung nicht. Denn auch wenn die VOB/B eine vertragliche Änderung ausdrücklich zulässt, kann gleichwohl eine solche Änderung derart in das Gesamtgefüge der VOB/B eingreifen, dass dies - insbesondere vor dem Hintergrund der neuen, typisierenden Rechtsprechung des BGH - zu einer Beeinträchtigung in der inhaltlichen Ausgewogenheit der VOB/B im Einzelfall führt. Ob im Einzelfall eine unangemessene Benachteiligung durch die Änderung vorliegt, ist jeweils unter Wegfall der Privilegierung im Wege der isolierten Inhaltskontrolle zu prüfen.

bb)

Die Unterbrechung der Verjährung durch § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B hält einer isolierten Inhaltskontrolle stand.

Der Senat teilt bei dieser Bewertung die inhaltsgleiche Auffassung des BGH aus dem Urteil vom 23.02.1989, VII ZR 89/87 (NJW 1989, 1602 ff), welcher sich auch das Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.04.2006, Az. 2 U 138/05 (BauR 2007, 551-555) und das Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 05.09.2007 (BauR 2008, 353-356) angeschlossen haben.

Der BGH hat für das seinerzeit geltende und auch vorliegend maßgebliche alte Werkvertrags- und Verjährungsrecht unter anderem ausgeführt, dass eine Gewährleistungsregelung, die sich aus einer Verweisung auf § 13 VOB/B und einer davon abweichenden 5-jährigen Verjährungsfrist zusammensetze, hinsichtlich der ausdrücklich aufgeführten Gewährleistungsfrist der Vorschrift des § 638 Abs. 1 BGB entspreche. Im übrigen weiche sie durch die Bezugnahme auf § 13 VOB/B von den für das Werkvertragsrecht geltenden Gewährleistungsvorschriften der §§ 633 ff BGB sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Auftraggebers ab. So könne der Auftraggeber gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B abweichend von den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 208 ff BGB durch eine schriftliche Anzeige einen Neubeginn der zweijährigen Regelfrist des § 13 Nr. 4 VOB/B herbeiführen. Auch gewähre ihm § 13 Nr. Abs. 2 VOB/B schon nach fruchtlosem Ablauf einer dem Auftragnehmer zur Mängelbeseitigung gesetzten angemessenen Frist ein Ersatzvornahmerecht; anders als nach § 633 Abs. 3 BGB müssten dabei nicht alle Verzugsvoraussetzungen erfüllt sein. Demgegenüber sei - abweichend vom § 634 Abs. 1 BGB - gemäß § 13 Nr. 6 VOB/B ein Anspruch des Auftraggebers auf Minderung unter engeren Voraussetzungen gegeben; ob eine Wandelung überhaupt in Betracht komme, sei zumindest zweifelhaft. Auch sei ein Schadensersatzanspruch des Auftraggebers gemäß § 13 Nr. 7 VOB/B anders als nach § 635 BGB davon abhängig, daß ein wesentlicher, die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigender Mangel vorliege.

Dieser sich von den einschlägigen BGB-Vorschriften unterscheidende Inhalt der Klausel führe jedoch nicht dazu, daß die Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werde, nicht zu vereinbaren sei. Zwar möge es für den Auftraggeber einfacher sein, lediglich durch eine schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung die Verjährungsfrist zu verlängern und dadurch unter Umständen eine Gewährleistungsverpflichtung des Auftragnehmers von nahezu sieben Jahren zu erreichen. Die Möglichkeit, die Gewährleistungsfrist zu verlängern, habe der Auftraggeber aber auch dann, wenn er mit dem Auftragnehmer einen Werkvertrag nach §§ 631 ff BGB abschließe. Rüge der Besteller eines solchen Werkvertrags einen Mangel und unterziehe sich der Unternehmer der Beseitigung des Mangels, werde nach § 639 Abs. 2 BGB die (gemäß § 638 Abs. 1 BGB 5-jährige) Verjährung - unter Umständen für eine nicht unerhebliche Zeit - gehemmt. Erkläre sich der Unternehmer zur Mängelbeseitigung im Rahmen seiner Nachbesserungspflicht bereit, liege darin vielfach ein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis im Sinne des § 208 BGB, die 5-jährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB beginne dann nach Beendigung der Unterbrechung neu zu laufen. Beantrage der Besteller - wie in der Praxis häufig - eine gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises, werde gemäß § 639 Abs. 1 in Verbindung mit § 477 Abs. 2 Satz 1 BGB die Verjährung ebenfalls unterbrochen. Auch in diesem Fall laufe somit nach Beendigung der Unterbrechung erneut die 5-jährige Verjährungsfrist.

Der Auftraggeber als Besteller eines Werkvertrags könne daher - auch ohne Vereinbarung der VOB/B - nach den gesetzlichen Vorschriften eine Gewährleistungsverpflichtung des Auftragnehmers erreichen, die unter Umständen aufgrund jahrelanger Unterbrechungen einen Zeitraum von fünf Jahren erheblich überschreite und weit über sieben Jahre andauere. Es könne deshalb nicht angenommen werden, daß die in der Klausel enthaltene Heranziehung der VOB/B-Regeln die Vorschriften des BGB über die Unterbrechung der Verjährung unterlaufe. Im Hinblick auf diese gesetzliche Regelung erscheine es auch nicht unangemessen, wenn aufgrund einer entsprechenden Ausgestaltung der Klausel, insbesondere in Verbindung mit der Vorschrift des § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B, die gesetzliche Verjährungsfrist verlängert werden könne. Da - wie ausgeführt - eine solche Verlängerung über eine Unterbrechung der Verjährung nach den gesetzlichen Vorschriften ohnedies möglich sei, könne die in der Klausel getroffene Regelung nicht als ungerechtfertigte Abweichung von den §§ 208 ff über die Unterbrechung der Verjährung angesehen werden.

Gerade das Argument, dass auch nach den gesetzlichen Regelungen unabhängig von der VOB/B Quasi-Verjährungsunterbrechung diverse Möglichkeiten bestehen, die zur Verlängerung der Gewährleistung führen können, insbesondere auch die einseitige Möglichkeit des Bestellers, ein selbständiges Beweisverfahren einzuleiten, hält der Senat für durchgreifend. Beachtlich sind aber auch die weiteren darzustellenden Argumente des OLG für das Land Sachsen-Anhalt.

In seiner Entscheidung vom 27.04.2006 führt es auch in Abgrenzung zu der dem BGH nicht folgenden Entscheidung des des LG Halle vom 08.07.2005, 1 S 68/05 (BauR 2006, 128 ff) eingehend aus, dass auch die Möglichkeit nach § 638 BGB zur Verlängerung der Verjährungsfrist durch Vertrag Teil der gesetzlichen Regelung sei, an welcher die Klausel des § 13 Nr. 5 VOB/B zu messen sei.

In der Berufungskammer-Entscheidung werde dieser Aspekt nicht hinreichend berücksichtigt. Eine Schutzbedürftigkeit des Auftragnehmers wegen einer möglichen Verlängerung der Verjährung habe der Gesetzgeber im Gegensatz zu einer Schutzbedürftigkeit des Auftraggebers hinsichtlich einer vertraglichen Verkürzung der Verjährung nicht gesehen. Auch dies spreche dafür, in der vorliegenden Vertragsgestaltung eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers nicht zu sehen.

Zu berücksichtigen sei auch, dass genau genommen nicht eine mehr als siebenjährige Verjährung vereinbart worden sei, sondern eine - dem BGB entsprechende - Verjährung in einer Frist von fünf Jahren; erleichtert worden sei lediglich die Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung bei Geltendmachung bestimmter Mängel. Der Unternehmer bleibt nicht über sieben Jahre völlig im Ungewissen, ob Mängel geltend gemacht werden, sondern nach Ablauf der Verjährung gemäß BGB kann er sich darauf einstellen, nur für solche Mängel noch einstehen zu müssen, die bereits gerügt worden sind. Auch dies spreche dafür, dass der mit der hier in Frage stehenden Verlängerung der Gewährleistungsfrist verbundene Nachteil nicht im Sinne von § 9 AGB-Gesetz unangemessen sei.

Zutreffend weist das Oberlandesgericht für das Land Sachsen-Anhalt schließlich darauf hin, dass aus dem neueren obiter dictum des BGH eine Tendenz, von der Entscheidung aus dem Jahr 1989 zur Wirksamkeit einer Quasi-Verlängerung der Verjährung durch AGB abzuweichen, nicht hergeleitet werden könne. Das Urteil des BGH vom 13.01.2005, VII ZR 15/04 (NJW-RR 2005, 605) lasse einen derartigen Schluss nicht zu. In dem Urteil werde der Klageanspruch als nicht verjährt angesehen. Der BGH habe, weil Verjährung keineswegs eingetreten sei, dahingestellt sein lassen, ob im dortigen Fall die VOB/B als ganzes vereinbart worden sei, ob die Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz eröffnet gewesen sei und ob die dort maßgebliche Bestimmung ihr standhalten hätte. Aus jener den Klageanspruch jedenfalls als nicht verjährt charakterisierenden Entscheidung könne eine Abkehr von der die streitgegenständliche Klausel für wirksam haltenden Entscheidung aus dem Jahr 1989 nicht hergeleitet werden.

cc)

Als Zwischenergebnis steht mithin unter Berücksichtigung des im Tatbestand dargestellten Geschehensablaufes um die Klageerhebung im Rechtsstreits 8 O 220/06, LG Köln fest, dass der Anspruch gegen die Streithelferin als nicht insolventes B-Mitglied nicht verjährt ist.

Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung aus § 768 Abs. 1 BGB greift nicht durch.

d)

Durch Übergabe der Terminsniederschrift am 06.05.1996 (Anlage K 15) erfolgte nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B eine Quasi-Unterbrechung der Verjährung mit zunächst neuem Fristablauf am 06.05.1998.

Der Senat teilt nicht die vom OLG Koblenz im Urteil vom 24.11.2004, 1 U 532/04 vertretene Auffassung, wonach die Quasi-Unterbrechung nur dann greife, wenn das schriftliche Mängelbeseitigungsverlangen innerhalb der 2-jährigen Regelfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B erfolgt. Bereits dem Wortlaut des § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B kann dies nicht entnommen werden, was bereits das OLG Celle im Urteil vom 05.09.2007, 7 U 26/07 ausgeführt hat. Ebenso hat es mit zahlreichen weiteren Nachweisen (vgl. u. a. BGH, BauR 2005, 710/711; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl. 2008, Rn 2437, 2438) ausgeführt, dass in Rechtssprechung und Literatur § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B ganz allgemein und uneingeschränkt auch in den Fällen angewandt wird, in denen die Parteien eine längere als die in § 13 Nr. 4 VOB/B bestimmte Verjährungsfrist vereinbart haben und die Mängelanzeige nicht innerhalb von zwei Jahren seit Abnahme erfolgt.

Auch die weitere Begründung des OLG Koblenz, die gewählte Auslegung könne eine unausgewogene Verlängerung der Verjährung verhindern, greift nach Auffassung des Senates nicht. Unter Lit. A. Ziffer 4 lit. c) bb) wurde im Zusmmenhang mit den Ausführungen zur isolierten Inhaltskontrolle ausgeführt, dass die Verlängerung der Verjährung bei herkömmlichen Verständnis keine unangemessene Benachteiligung für den Werkunternehmer bedeutet. Aus diesem Grunde besteht kein aus Sinn und Zweck der Regelung getragenes Bedürfnis für die vom OLG Koblenz gewählte, vom Wortlaut der Norm nicht gebotene Auslegung, die von der h. M. deshalb zu Recht nicht geteilt wird.

e)

Eine erneute Unterbrechung trat sodann durch den Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens 9 OH 22/98, LG Essen vom 31.03.1998 ein. Das selbständige Beweisverfahren endete am 31.10.2001 mit Zugang des Beschlusses vom 22.10.2001 zur Möglichkeit der abschließenden Stellungnahme bei der dortigen Antragstellerin und hiesigen Klägerin (Bl. 315 der BA). Nach § 212 Abs. 2 BGB a. F. endet eine Verjährungsunterbrechung mit der letzten Prozesshandlung der Parteien oder des Gerichts. Nach BGH, Urteil vom 20.02.1997, VII ZR 227/96 (NJW 1997, 1777) und BGH, Urteil vom 05.021998, VII ZR 279/96 (NJW-RR 1998, 954) kommt es bei gerichtlichen Prozesshandlungen in Gestalt von Verfügungen auf den Zeitpunkt deren Wirksamwerdens, nämlich deren Zugang an.

f)

Mit BGH, Urteil vom 13.01.2005, VII ZR 15/04 (NJW-RR 2005, 605 m. w. N.) lief sodann ab Ende des selbständigen Beweisverfahrens vom 31.10.2001 eine neue Verjährungsfrist von 4 Jahren.

g)

Die Klage im Parallelverfahren 8 O 220/06 LG Köln ging am 21.10.2005 beim später verweisenden Landgericht Essen ein und wurde der Streithelferin sodann am 07.11.2005 zugestellt. Die Verzögerungen in der Zustellung beruhen ausschließlich auf der im Tatbestand dargestellten Sachbehandlung durch Landgericht Essen, welches zunächst die Gebührenfreiheit der Klägerin nicht beachtet hatte. Mithin liegt in Ermangelung klägerischer Versäumnisse eine "demnächst erfolgte" Zustellung im Sinne von § 167 ZPO vor, so dass hinsichtlich der weiteren Hemmung der Verjährung auf den 21.10.2005 abzustellen ist.

h)

Nach alledem sind mangels Verjährung der Hauptschuld die von den Parteien erörterten Fragen um Wirsamkeit (bei vorzunehmender isolierter Inhaltskontrolle) und Bedeutung der Regelung von § 17 Nr. 8 VOB/B auf Grundlage des Urteils des BGH vom 21.01.1993, VII ZR 127/91 (BGHZ 153, 279) nicht entscheidungserheblich.

5.

Die Beklagte kann sich nicht auf die die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB (dazu a)) berufen. Sie kann ebenfalls nicht anspruchsvernichtend geltend machen, die Klägerin hätte weitergehend als geschehen zum Ausschluss der Bürgeninanspruchnahme aufrechnen müssen und so nach § 389 BGB die Erfüllung des geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten herbeiführen können (dazu b)). Schließlich bedeutet der Aufrechnungsverzicht auch keine unzulässige nachträgliche Erweiterung der Hauptschuld im Sinne von § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB oder eine Sicherheitenaufgabe im Sinne von § 776 BGB (dazu c)).

a)

Vorliegend ist zweifelhaft, ob die Beklagte im Bürgschaftsvertrag vom 12.02.1992 (Anlage K 13) formularmäßig auch hinsichtlich unbestrittener oder rechtskräftig festgestellter Forderungen, mit denen die Klägerin als Gläubigerin gegenüber der B hätte aufrechnen können, wirksam auf die Einrede der Aufrechenbarkeit nach § 770 Abs. 2 BGB verzichten konnte und ob insoweit bei der Bewertung Berücksichtigung finden muß, dass es sich bei der Beklagten um eine Bürgschaftsbank handelt.

Bedenken gegen die Wirsamkeit des Einredeverzichts bestehen, weil es sich bei der Bürgschaftsurkunde jedenfalls um ein von der Klägerin nach Nr. 48 ZVB-StB 88 gestelltes Gewährleistungsbürgschaftsformular und mithin um AGB der Klägerin handelt.

Der BGH hat in der Entscheidung vom 16.01.2003, IX ZR 171/00 seine bisherige Rechtsprechung geändert und eine der im hiesigen Rechtsstreit verwendeten entsprechende Klausel wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1, 2 Nr. 1 AGBG für unwirksam erachtet. Fraglich erscheint indes, ob die Beklagte als Bürgschaftsbank durch das AGB-Recht geschützt werden soll und sich auf eine etwaige Unwirksamkeit berufen kann. Andererseits gilt über § 24 S. 1 AGBG die Generalklausel auch für die Beklagte als juristische Person; freilich mit der Maßgabe des Satzes 2, 2. Halbsatz, dass auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen ist. Überdies betont der BGH in der Entscheidung vom 16.01.2003 zwar, dass der Bürge meist uneigennützig handelt, beschränkt seine Entscheidung jedoch nicht auf derartige Konstellationen, sondern gewährt auch einem Mehrheitsgesellschafter den Schutz des AGB-Rechts vor einer Klausel, die einen vorbehaltlosen Einredeverzicht bestimmt.

Der 8. ZS des BGH hielt hingegen in seiner Entscheidung vom 24.11.1980, VIII ZR 317/79 anders als der 9. ZS in der Entscheidung vom 16.01.2003 den vorbehaltlosen Einredeverzicht des Bürgen nach § 770 Abs. 2 BGB auch bei rechtskräftig festgestellten oder unstreitigen Forderungen für AGB-rechtlich unproblematisch, wenn es sich bei der Bürgin um eine Bank handelt, da für sie das Avalgeschäft ein vertrauter Gegenstand ihres Handelsgewerbes sei.

Vorliegend kann allerdings wegen des Entfalls der weitergehenden Aufrechnungsmöglichkeit infolge der erfolgten Auszahlung die Frage einer etwaigen Unwirksamkeit des Einredeverzichts nach § 9 Abs. 1, 2 Nr. 1 AGBG offen bleiben.

b)

Es gilt nämlich, dass das Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen nach § 770 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 BGB dann entfällt, wenn die Aufrechnungsmöglichkeit entfällt (vgl. Palandt-Sprau, 67. Aufl. 2008, Rn 3 zu § 770 BGB). Vorliegend ist durch die erfolgte Auszahlung in Höhe von 144.038,26 € der Klägerin aus Februar 2002 an die Fa. I und T5 die Aufrechnungsmöglichkeit entfallen.

Die Beklagte ist im Anschluss an den dargestellten Entfall der Möglichkeit der Aufrechnung von ihrer Haftung als Bürgin aus § 765 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Bürgschaftsvertrag vom 12.02.1992 auch nicht nach § 242 BGB frei geworden.

Denkbar ist dies nur in besonderen Konstellationen, wenn die Klägerin der Beklagten durch das Unterlassen der vollständigen Aufrechnung ohne Wahrung eigener Interessen willkürlich nur Schaden zufügen wollte bzw. zugeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.1980, VIII ZR 317/79, wobei im dortigen Entscheidungsfall zu billigende Interessen der Hauptschuldnerin angenommen und willkürliches Handeln zum Schaden der bürgenden Bank verneint wurde).

Vorliegend ist eine zum Freiwerden der Beklagten von der Bürgenschuld führende Konstellation nicht anzunehmen, da die Klägerin im Anschluss an die entsprechenden Bitten des seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der B mit der schließlich geleisteten Zahlung die Insolvenz der Fa. I vermeiden helfen wollte. Die Zahlung von 144.038,26 € erfolgte im Februar 2002 in einer Situation, in welcher das Unternehmen die fälligen Löhne ihrer Arbeitnehmer für Janaur und Februar 2002 nicht hat zahlen können. Durch die Zahlung wurde der ansonsten noch im Februar 2002 vom seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der B für erforderlich gehaltene Insolvenzantrag zunächst einmal abgewendet; auch wenn ein solcher später Ende Juni 2002 doch noch erforderlich wurde. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der geleisteten Zahlung rechtsmißbräulich zum Nachteil der Beklagten gehandelt hätte.

c)

Schließlich -dies hat hat das Landgericht zutreffend ausgeführt- ist auch keine nach § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB unbeachtliche Erweiterung der Hauptschuld vorgenommen worden. Durch die Vereinbarung, von der weitergehenden Aufrechnung Abstand zu nehmen, ist die Hauptschuld gerade nicht erweitert worden, sondern blieb in dem Umfang wie zur Zeit der Übernahme bestehen. Ebenso hat dass Landgericht zutreffend ausgeführt, dass mit dem Verzicht auf die weitergehende Aufrechnung keine Sicherheit im Sinne des § 776 BGB aufgegeben wurde, so dass die Beklagte auch nach der vorgenannten Norm von ihrer Bürgenhaftung nicht frei wird.

B.

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 284 Abs. 3, 288 Abs. 1 BGB in der seit 01.05.2000 geltenden Fassung, Art. 229 § 1 Abs. 1 EGBGB. Im Anschluss an die klägerische Zahlungsaufforderung vom 15.02.2002 (Anlage K 37) geriet die B spätestens zum 18.03.2002 in Verzug. Die Beklagte als Bürgin haftet aus § 767 Abs. 1 S. 2 BGB auch für Verzugszinsen. Die Zuvielforderung -gesondert ausgewiesene Verwaltungspauschale von 9 % und Nichtberücksichtigung der Reduzierung des Ersatzvornahmekostenerstattungsanspruchs wegen Mitverursachung durch fehlerhafte Ausschreibung im Umfang von 1/4- schadet nicht. Auch eine Zuvielforderung begründet eine wirksame Mahnung, wenn -wie vorliegend- die Schuldnerin die Erklärung der Gläubigerin nach den Umständen des Falles als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen musste und die die Gläubigerin zur Annahme der gegnüber ihren Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl. 2001, Rn 19 zu § 284 BGB und 67. Aufl. 2008, Rn 20 zu § 286 BGB, jew. m. w. N.)

Der Auffassung der Beklagten, dass Verzugszinsen wegen § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B erst ab Nachfristsetzung begehrt werden könnten, greift nicht, weil sich § 16 VOB/B nur auf die Vergütungsansprüche des Werkunternehmers bezieht. Vorliegend steht indes ein Ersatzvornahmekostenerstattungsanspruch des Bestellers in Rede.

C.

Die prozessualen Nebenentscheidung zu Kosten und vorläufiger Vollsteckbarkeit ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, Fall 2, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Hinsichtlich der Kostenentscheidung gilt, dass bereits mangels Parteiidentität die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 9 OH 22/98, LG Essen nicht Kosten des hiesigen Rechtsstreits sind, so dass insoweit die diesen Umstand nicht berücksichtigende Kostenentscheidung des Landgerichts im Rahmen der von Amts wegen zu treffeneden Kostenentscheidung abgeändert werden muss.

Das Landgericht hat die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 9 OH 22/98, LG Essen ersichtlich als Kosten des hiesigen Rechtsstreits betrachtet und -insoweit konsequent- in der Kostenentscheidung des angegriffenen Urteils gesondert nur die Kosten der Streithilfe im selbständigen Beweisverfahren erwähnt.

Die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten sind Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens, wenn Parteien und Streitgegenstand identisch sind (vgl. BGH, Beschluss vom 09.02.2006, VII ZB 59/05 m. w. N.). Dies ist stets bereits dann der Fall, wenn im Hauptsachrechtsstreit vom Antragsteller des Beweisverfahrens ein dortigen Antragsgegner nunmehr als Beklagter hinsichtlich eines Mangels in Anspruch genommen wird, wegen dessen sich auch das Beweisverfahren bereits gegen diesen Antragsgegner gerichtet hatte; bleibt die Hauptsacheklage hinter dem Verfahrensgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens zurück, können im Hauptsacheverfahren dem Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 96 ZPO die dem Antragsgegner durch den überschießenden Teil des selbständigen Beweisverfahrens entstandenen Kosten auferlegt werden (vgl. BGH, a.a. O. sowie Beschlüsse v. 24.06.2004, VII ZB 34/03 und 22.07.2004, VII ZB 9/03, wobei sich letztere Entscheidung mit der Problematik auseinandersetzt, dass das sich spätere Hauptsachverfahren nur gegen einen von zwei Antragsgegnern aus dem selbständigen Beweisverfahren richtet).

Vorliegend war die Beklagte nicht Antragsgegnerin des selbständigen Beweisverfahrens 9 OH 22/98 LG Essen. Vielmehr dürfte sich das Parallelverfahren 8 O 220/06 LG Köln als nachfolgender Hauptsacheprozess darstellen, was durch den Senat indes nicht zu entscheiden ist.

Wird eine Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch genommen, gehören die Kosten einer vorausgegangenen Beweissicherung gegen den Werkunternehmer mangels Parteiidentität selbst dann nicht zu den Kosten des Rechtsstreits, wenn er dem Prozess als Streithelfer der Bank beigetreten ist (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 07.05.2004, Az. 14 W 329/04 m. w. N.). In Ermangelung einer Streitverkündung im selbständigen Beweisverfahren 9 OH 22/98 LG Essen gegenüber der hiesigen Beklagten muss nicht entschieden werden, ob von (teilweiser) Parteiidentität jedenfalls dann auszugehen ist, wenn der Bauherr der Bank im selbständigen Beweisverfahren den Streit verkündet hat (vgl. OLG Koblenz, a. a. O., das diese Frage wegen dort ebenfalls nicht erfolgter Streitverkündung ausdrücklich offen gelassen hat).

Anträge auf Schriftsatznachlass wurden in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2008 nicht gestellt. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 10.07.2008 und der Streithelferin vom 10.07.2008 geben dem Senat keinen Anlass zur Wiedereröffnung der geschlossenen mündlichen Verhandlung; die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Der Fragenkreis hinsichtlich Sowiesokosten wurde vom Sachverständigen ausgeführt. Bereits in erster Instanz war der Aspekt Bitumenhärte Gegenstand der Erörterungen. Demgemäß war die Thematisierung des Sanierungsmaterials betreffend die Binderschicht, nämlich Bitumen vom Typ B 45 statt des verwandten vom Typ B 65 absehbar. Auch die weiteren im Schriftsatz der Streithelferin angesprochenen Aspekte hatten nach dem bisherigen Verfahrensgang erwartungsgemäß Thema des mündlichen Gutachtens des Sachverständigen T zu sein. Unter diesen Umständen ist die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht sachgerecht.

Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung seine Rechtsansicht, dass eine Inanspruchnahme der Bürgin wegen der nur teilweisen erfolgten Aufrechnung unzulässig sei, ausgeführt. Daher besteht vor dem Hintergrund der nunmehr mit gleicher Zielrichtung vorgebrachten Rechtsansichten aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz kein Grund zur Wiedereröffnung, zumal im Senatstermin eine ausführliche Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgte, an die der Schriftsatz nun anknüpften will.

Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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