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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.12.2004
Aktenzeichen: 21 U 58/04
Rechtsgebiete: VVG, BGB, AGBG, ZPO, GewO, HGB


Vorschriften:

VVG § 67 Abs. 1 S. 1
BGB § 254 Abs. 1 Satz 1
BGB § 278 Abs. 1 S. 1
BGB § 282
BGB § 288
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
AGBG § 9
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3
EGBGB Art. 229 § 5
ZPO § 531 Abs. 2
GewO § 34 a Abs. 2
HGB § 352 Abs. 1
HGB § 353
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. Januar 2004 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Klägerin auf die zuerkannte Hauptforderung Zinsen nur in folgender Höhe zustehen:

5 % vom 25. März 1999 bis zum 27. Juni 2000,

6,5 % vom 28. Juni 2000 bis zum 03. Dezember 2001,

5 %-Punkte über dem Basiszins vom 04. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2001,

6,4 % vom 01. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2002 und

5 % seit dem 01. Januar 2003

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Vortrags der Parteien stellt sich der Sachverhalt nunmehr wie folgt dar:

Die Klägerin verlangt als Feuerversicherer der D GmbH aus gem. § 67 Abs. 1 S. 1 VVG übergegangenem Recht Ersatz eines Schadens, der ihrer Versicherungsnehmerin in Höhe von 4.831.708,20 € durch einen am 29.10.1997 gegen 5.30 Uhr ausgebrochenen Brand einer für die Lagerung von Monitoren genutzten Halle in N2, F-Straße (im folgenden Halle F3 genannt) entstanden sein soll. Sie macht die Beklagte als von der D GmbH mit der Bewachung der Halle beauftragtes Unternehmen (s. Vertrag vom 18./24.09.1996, Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 29.01.2002, Bl. 161 - 177 GA) u. a. deshalb für den Brand verantwortlich, weil deren wachhabende Mitarbeiter fahrlässig oder gar vorsätzlich nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hätten, nachdem sie gegen 2.30 Uhr einen Lichtschein in der Halle festgestellt hätten. Der später ausgebrochene Brand sei zwecks Vertuschung eines Diebstahls gelegt worden. Die Beklagte bestreitet eine Pflichtverletzung ihrer Mitarbeiter und behauptet zudem, als Brandursache komme ein technischer Defekt in Betracht.

Die Leichtbauhalle F3 war im Jahre 1990 mit den äußeren Abmessungen 52,46 m x 40,85 m zweischiffig mit zwei Satteldächern errichtet worden, wobei die Firsthöhe 8,90 m und die Traufhöhe 5,23 m betrugen. In einem Trakt waren nebeneinander ein Traforaum, ein Schaltraum, ein Heizraum und ein Hausanschlußraum angeordnet. Im Heizraum befand sich eine als konventionelle Warmwasserheizung ausgelegte Gasheizung, die der Beheizung anderer Hallen diente. Auf dem Dach des Heizungsraums war zudem eine Hallenheizung installiert. Dabei handelte es sich um einen Brenner, der heiße Luft erzeugte, die nach Zwischenschaltung eines Wärmetauschers über ein unter der Decke angebrachtes Rohr mit Auslaßöffnungen in die Halle abgegeben wurde. In der Halle war außerdem ein Sozialtrakt mit Sanitärraum und Küche untergebracht. Schließlich war ein Verwaltungstrakt eingebaut. Für batteriebetriebene Gabelstapler befanden sich in der Nähe der Tore Ladestationen, die nachts genutzt wurden. Die Halle war maßgeblich mit 400 Watt Kaltlichtlampen beleuchtet. Zur Einbruchssicherung war neben einer Videoüberwachungsanlage eine Einbruchmeldeanlage (EMA) mit Infrarotbewegungsmeldern installiert, die beim X2 Wachschutz (X2) auflief. Außerdem war eine Brandmeldeanlage eingebaut, die bei der Feuerwehr der Stadt N2 aufgeschaltet war. Die von einer Firma X 1991 eingebrachte elektrische Anlage war von dieser zuletzt am 02.06.1997 einer Funktions- und Sichtprüfung unterzogen worden. Anfang 1997 hatte der Zeuge Dipl.-Ing. P im Auftrag der Klägerin ein Gutachten zur Elektroinstallation erstellt.

Nachdem der letzte Mitarbeiter der D GmbH die Halle F3 am 28.10.1997 verlassen hatte, hatten die für die Beklagte tätigen Wachmänner Y und L die EMA scharf zu schalten. Dies soll laut dem von Y geführten Wachbuch (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 25 GA) um 20.15 Uhr geschehen sein, während nach dem Auszug der X2 über die Scharf- und Unscharfschaltungen (Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 26 GA) dort eine entsprechende Scharfschaltung nicht aufgelaufen ist. Etwa zwischen 22.35 und 22.50 Uhr unternahmen Y und L eine Kontrollrunde auch im Außenbereich der Halle F3. Nach einem im Wachbuch angebrachten "Kommentar" wurde Y gegen 23.00 Uhr bei einem Anruf beim X2 die Scharfschaltung aller Bereiche bestätigt. In der Telefonliste des X2 (Anlage K 25 zum Schriftsatz vom 20.02.2002, Bl. 215 - 217 GA) ist ein derartiger Anruf nicht verzeichnet. Um 2.35 Uhr stellten die Wachmänner laut Eintragung im Wachbuch fest, daß in der Halle F3 Licht brannte. Bei einem Anruf beim X2 erhielten sie die Auskunft, die Halle F3 sei nicht scharf geschaltet. Gemäß Auszug des X2 über die Scharf- und Unscharfschaltungen erfolgte die Scharfschaltung sodann um 2.47 Uhr. Nach ihren Zeugenaussagen im von der Staatsanwaltschaft Essen unter dem Aktenzeichen 66 Js 929/97 eingeleiteten Ermittlungsverfahren kontrollierten die Wachmänner die Halle von außen (Vernehmungsprotokoll Anlagen K 21 - K 24 zum Schriftsatz vom 20.02.2002, Bl. 191 - 214 GA). Weitere Maßnahmen ergriffen sie nicht.

Um 5.31 Uhr ging bei der Feuerwehr ein Brandalarm, um 5.40 Uhr bei dem X2 ein Einbruchalarm ein. Die nunmehr tätigen Mitarbeiter der Beklagten unterrichteten den für die Halle auf seiten der D GmbH tätigen Zeugen T2. Als dieser ca. 10 - 15 Minuten nach dem Brandalarm an der Halle eintraf, erschien ihm die Halle zunächst dunkel, wechselte jedoch plötzlich auf rot. Bei dem Brand wurden die Halle und das gelagerte Gut nahezu vollständig zerstört.

Der Brandsachverständige Dipl.-Ing. T erstellte am 14.02.1998 im Auftrag der Staatsanwaltschaft Essen ein Gutachten zur Brandursache (Anlage K 6 zur Klageschrift, Bl. 34 --66 GA). Er konnte keine Anhaltspunkte für einen technischen Defekt als Brandursache feststellen und ging deshalb von Brandstiftung aus, ohne allerdings Anhaltspunkte für den Einsatz eines Brandbeschleunigers zu haben. Auch das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen fand bei der Untersuchung von Kleidungsstücken und Löschwasserproben (Untersuchungsbericht vom 30.12.1997, Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 10.08.2004, Bl. 685 f. GA) keine Hinweise auf Anhaftungen brennbarer Flüssigkeiten.

Die Klägerin hat gemeint, die Wachmänner der Beklagten hätten wegen folgender Verhaltensweisen vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig ihre Pflichten verletzt:

- unterbliebene Scharfschaltung der Halle F3 um 20.15 Uhr

- zunächst unterbliebener Kontrollanruf hinsichtlich der Scharfschaltung beim X2

- unterbliebene Einlegung von Bändern in den Videorecorder

- unterbliebene Beobachtung der Überwachungsmonitore

- im Anschluß an die Feststellung eines Lichts in der Halle um 2.35 Uhr lediglich die zuvor unterbliebene Scharfschaltung der EMA nachgeholt, ohne weitere Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere die vorgesehene Unterrichtung des Zeugen Scharf und der Notrufzentrale der Beklagten

Der eingetretene Schaden beruhe auf Brandstiftung. Eine andere Ursache komme ernsthaft nicht in Betracht. Das grobe Fehlverhalten der Wachmänner habe die Brandstiftung ermöglicht, wobei aus § 282 BGB folge, daß die Beklagte eine Schadenskausalität des pflichtwidrigen Verhaltens zu widerlegen habe.

In der Halle hätten sich 19.297 Monitore befunden, die verbrannt seien. Entsprechend einem Gutachten des Dipl.-Kaufmanns B vom 19.01.1998 (Anlage K 7 zur Klageschrift, Bl. 67 - 87 GA) sei ihrer Versicherungsnehmerin durch die Zerstörung der Monitore ein Schaden von 9.215.000,00 DM entstanden. Darüber hinaus könne sie weitere 235.000,00 DM ersetzt verlangen, die sie ihrer Versicherungsnehmerin, wie unstreitig ist, gemäß einem Vergleich vom 30.12.1998 (Anlage K 8 zur Klageschrift, Bl. 88 GA) als Abfindung für weitere Schadenspositionen gezahlt habe. Gemäß einer Aufstellung vom 10.01.1999 (Anlage 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.10.2003, Bl. 432 GA) habe ihre Versicherungsnehmerin ursprünglich neben dem hinsichtlich der Monitore entstandenen Schaden insgesamt sogar 601.085,02 DM geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.831.708,20 € nebst 6,5 % Zinsen vom 25.03.1999 bis zum 30.04.2000 sowie nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Wachmann Y habe die EMA um 20.15 Uhr scharf geschaltet und diesbezüglich beim X2 rückgefragt. Eine technische Manipulation des entgegenstehenden Kontrollstreifens und der Anruferliste des X2 sei nicht auszuschließen. Im übrigen sei in der betreffenden Nacht bei der D GmbH das Telefonsystem zusammengebrochen. Die Überwachungsmonitore seien beobachtet worden, hätten aber mangels Licht in der Halle nur schwarze Bilder geliefert. In die Videorecorder seien Cassetten eingelegt worden, worauf es im vorliegenden Zusammenhang ohnehin nicht ankomme. Die gegen 2.30 Uhr festgestellte gleichmäßige schwache Lichtquelle habe weitere Maßnahmen nicht erforderlich gemacht. Die EMA sei so ausgerichtet, daß sie nach Scharfschaltung auch zuvor aufgetretene Unregelmäßigkeiten anzeige. Der Brand sei nicht gelegt worden. Es müsse ein technischer Defekt oder eine Knallgasexplosion infolge des Betriebes der Ladestation für die Gabelstapler eingetreten sein. Im übrigen habe man an den Sicherungseinrichtungen vorbei durch die nicht mit Bruchkontaktgebern gesicherten Fenster und das Dach in die Halle gelangen können. Die Anlagen seien nur unzureichend gewartet worden. Der Versicherungsnehmerin der Klägerin sei im übrigen deshalb ein Mitverschulden vorzuwerfen, weil sie den X2 nicht beauftragt habe, bei einer fehlenden Scharfschaltung nachzufragen. Ihre, der Beklagten, Haftung sei gem. Nr. 6 Abs. 2 des Bewachungsvertrages in Verbindung mit der Versicherungsbestätigung des I2 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 29.01.2002, Bl. 177 GA), die im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß übergeben worden seien, jedenfalls auf 5.000.0000,00 DM begrenzt. Die Beklagte hat zudem die Schadenshöhe bestritten.

Das Landgericht hat die Zeugen C, S2, P, X, T, T2 und N vernommen. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses wird auf die Sitzungsprotokolle vom 07.08.2002 (Bl. 279 ff. GA), vom 20.11.2002 (Bl. 349 ff. GA), vom 20.01.2003 (Bl. 370 ff. GA) und vom 21.01.2004 (Bl. 547 ff. GA) verwiesen. Außerdem hat die Kammer ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M vom 29.09.2003 eingeholt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Im Kammertermin vom 21.01.2004 ist der Sachverständige zudem ergänzend gehört worden (Sitzungsprotokoll Bl. 547 ff. GA).

Mit am 21.01.2004 verkündetem Urteil, wegen dessen näheren Inhalts auf Bl. 571 ff. GA verwiesen wird, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 4.831.708,20 € nebst 5 % Zinsen vom 25.03.1999 bis zum 27.06.2000, 6,5 % Zinsen vom 28.06.2000 bis zum 03.12.2001, 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz vom 04.12.2001 bis zum 31.12.2001 und 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002 zu zahlen. Wegen der Zinsmehrforderung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer im wesentlichen ausgeführt, die Hauptforderung sei nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung in Verbindung mit § 67 Abs. 1 S. 1 VVG gerechtfertigt. Die Wachmänner hätten gegen die gemäß der Aussage des Zeugen T2 bewiesene Anweisung verstoßen, diesen von einem außergewöhnlichen Vorfall, um den es sich bei dem um 2.35 Uhr festgestellten Lichtschein gehandelt habe, zu unterrichten. Das um 2.47 Uhr erfolgte Scharfschalten der EMA sei zur Bewältigung der Situation nicht ausreichend gewesen. Die Ursache hätte vielmehr zusammen mit dem Zeugen T2 durch einen Kontrollgang in der Halle geklärt werden müssen. Die Pflichtverletzung sei für den späteren Brand adäquat kausal. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Beklagte entsprechend § 282 BGB das Gegenteil beweisen müsse, der Klägerin könne jedenfalls nur der Nachweis abverlangt werden, daß das Fehlverhalten der Wachmänner im allgemeinen geeignet sei, einen Schadenserfolg der eingetretenen Art herbeizuführen. Dies sei zu bejahen. Auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen M und der vernommenen Zeugen schieden eine Explosion von beim Betrieb der Ladestation entstandenem Knallgas, eine Erdgasexplosion infolge der im maßgeblichen Zeitraum abgeschalteten Heizung sowie ein sonstiger technischer Defekt als Brandursache aus. Die Annahme einer Brandstiftung sei deshalb naheliegend. Der Zeitabstand zwischen der Scharfschaltung der EMA um 2.47 Uhr und der Brandmeldung um 5.31 Uhr lasse sich durch den Einsatz von Fidibussen und Zündmechanismen erklären. Eine Inspektion der Halle wäre nicht nur unter besonders unwahrscheinlichen Umständen geeignet gewesen, die Brandentstehung zu vermeiden, und hätte die Möglichkeit geboten, Diebe mit ihrer Beute unter Einsatz der Polizei zu stellen. Ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin sei nicht ersichtlich.

Soweit die Beklagte ihre Haftung gem. Nr. 6 des Bewachungsvertrages für den Fall der einfachen Fahrlässigkeit eines Erfüllungsgehilfen auf die Höhe der Deckungszusage ihrer Haftpflichtversicherung begrenzt habe, sei diese Beschränkung der Haftung für Kardinalpflichten wegen Verstoßes gegen § 9 AGB-Gesetz unwirksam. Die Haftungsobergrenze decke den vertragstypisch zu erwartenden Schaden nämlich nicht vollständig ab. Die Klägerin habe nachgewiesen, daß ihrer Versicherungsnehmerin ein Schaden von zumindest 4.831.708,20 € entstanden sei. Davon entfielen 9.215.000,00 DM auf 19.247 zerstörte Monitore. Der darüber hinaus geltend gemachte Schaden von 235.000,00 DM sei über die sich auf insgesamt 68.105,37 DM belaufenden unstreitigen Positionen 1 - 7, 14, 21 und 26 der Liste vom 10.01.1999 (Bl. 432 GA) hinaus wegen der Positionen 19, 20 (zusammen 564,30 DM) und 11 - 13 (davon jedenfalls 166.332,33 DM) in voller Höhe begründet.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie meint, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, die Gasheizung scheide als Brandursache aus. Nach der Aussage des Zeugen T2 sei nämlich nur die auf dem Heizungsraum angebrachte Hallenheizung, nicht jedoch die im Heizungsraum befindliche Heizung ausgestellt gewesen. Deren Automatik sei entsprechend der Aussage des Zeugen T2 auf 5.00 Uhr eingestellt gewesen, so daß eine in die Halle führende Gasheizungsleitung eine halbe Stunde später den Brand habe auslösen können.

Denkbar sei auch eine Knallgasexplosion. Die Ladestation der Gabelstapler, die unzulässig ohne Lüftung betrieben worden sei, könne über mehrere Nächte unter dem Spitzdach des betreffenden Hallenteils den notwendigen Sättigungsgrad von 4 % erzeugt haben. Die Zündung könne durch Kontakt mit einem Beleuchtungskörper, das Anspringen der Heizung oder einen Brand infolge Verpuffung oder Bleischwammbildung innerhalb der Batterien erfolgt sein.

Die Verwendung eines Brandbeschleunigers sei nicht plausibel. Der von der Staatsanwaltschaft Essen im Ermittlungsverfahren beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. T habe in seinem Gutachten vom 14.02.1998 "Anhaltspunkte für den Einsatz eines Brandbeschleunigers nicht erkannt" und dies bei seiner Zeugenvernehmung gegenüber der Kammer wiederholt. Auffällig sei auch, daß das Landeskriminalamt an Asservaten keine Anhaftungen brennbarer Flüssigkeiten festgestellt habe. Zudem sei der Sachverständige M zu Unrecht davon ausgegangen, wasserlösliche Brandbeschleuniger, wie z. B. Spiritus, Propanol und Methanol erzeugten beim Verbrennen Rauch. Die Flammtemperatur derartiger Brandbeschleuniger liege zudem bei 12 Grad Celsius, die in der Halle bei ausgeschalteter Heizung und einer Außentemperatur von - 4,8 Grad Celsius nicht geherrscht haben könne. Schließlich sei nicht erklärlich, daß ein vor 2.47 Uhr in der Halle verteilter wasserlöslicher Brandbeschleuniger erst etwa drei Stunden später zum Brand geführt habe, weil bis dahin rd. 600 Liter verdampft gewesen wären. Entgegen der Theorie des Sachverständigen Dipl.-Ing. M über einen an mehreren Stellen mittels Brandbeschleuniger gelegten Brand habe die Klägerin selbst behauptet, laut Mitteilung der Feuerwehr habe sich der Brand insbesondere in der Mitte der Halle entwickelt.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. M habe auch nicht berücksichtigt, daß in der Halle die ganze Nacht Licht gebrannt habe. Der bis 18.30 Uhr tätige Wachmann D2 habe zwar im Ermittlungsverfahren ausgesagt, das Licht kurz nach 18.30 Uhr gelöscht zu haben. Dies müsse aber unrichtig sein, weil in der Halle bis gegen 20.00 Uhr Mitarbeiter der Versicherungsnehmerin der Klägerin gearbeitet hätten. Beim ersten Rundgang gegen 23.00 Uhr sei den Wachmännern Y und L das Licht in der Halle F3 wegen der noch voll beleuchteten benachbarten Logistikhalle nicht aufgefallen. Das Licht in der Halle F3 sei erst um 2.30 Uhr beim zweiten Rundgang bemerkt worden. Darauf hätten die Wachmänner die Halle von außen auf Einbruchspuren untersucht. Gegen einen Einbruch spreche auch, daß das Landeskriminalamt bei der Untersuchung von Schließzylindern und Schlüsseln keine Auffälligkeiten entdeckt habe. Die angebliche Pflichtverletzung der Wachmänner sei schließlich nicht schadensursächlich. Jedenfalls könne sie sich mit Erfolg auf die vereinbarte Haftungsbeschränkung von 5.000.000,00 DM berufen. Zudem bestreitet die Beklagte weiterhin die Berechtigung einzelner geltend gemachter Schadenspositionen sowie der Zinshöhe.

Sie beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, entgegen der Annahme des Landgerichts sei hinsichtlich der Klausalität zu ihren Gunsten von einer Beweislastumkehr auszugehen. Selbst wenn man dies anders sähe, sei der Nachweis für die Schadensursächlichkeit der Pflichtverletzung der Wachmänner der Beklagten auf Grund des sogenannten Eliminationsverfahrens erbracht. Die von der Beklagten zweitinstanzlich angeführten Ursachentheorien seien verspätet und im übrigen unzutreffend, wie auch eine von ihr eingeholte Stellungnahme des Sachverständigen Dipl.-Physiker L2 vom 28.09.2004 (Anlage BE 1 zum Schriftsatz vom 09.11.2004, Bl. 767 - 774 GA) zeige. Auf Grund der Vernehmung des Zeugen T2 stehe fest, daß es nicht zu einer Explosion, sondern zu einem Flash Over gekommen sei, der entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M auf Grund der Umstände nur durch einen an mehreren Stellen gelegten Brand erklärlich sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Protokolle der Sitzungen jeweils nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat den Sachverständigen Dipl.-Ing. M im Senatstermin vom 09. Dezember 2004 ergänzend vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll und den Berichterstattervermerk verwiesen.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist bis auf die vom Senat abgewiesene Zinsmehrforderung unbegründet.

Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht eine Schadensersatzforderung in Höhe von 4.831.708,20 € zugesprochen. Der Anspruch steht ihr aus gem. § 67 Abs. 1 S. 1 VVG auf sie übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin, der D GmbH, nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zu, die hier anwendbar sind, weil gem. Artikel 229 § 5 EGBGB das bürgerliche Gesetzbuch in der vor dem 01. Januar 2002 geltenden Fassung einschlägig ist.

I.

Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem mit der Versicherungsnehmerin der Klägerin geschlossenen Bewachungsvertrag schuldhaft verletzt. Dabei muß sie sich ein Fehlverhalten ihrer Wachmänner L und Y, derer sie sich zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten bedient hat, gem. § 278 Abs. 1 S. 1 BGB auch dann zurechnen lassen, falls diese vorsätzlich gehandelt haben und an einem strafbaren Verhalten beteiligt waren (s. BGH NJW 1999, 1031).

Selbst wenn die Wachmänner entsprechend den Eintragungen in dem von ihnen geführten Wachbuch um 20.15 Uhr die Scharfschaltung der EMA veranlaßt und diesbezüglich um 23.00 Uhr bei dem X2 noch einmal nachgefragt sowie zunächst ihre sonstigen Aufgaben erfüllt haben sollten, habe sie in gravierender Weise jedenfalls dadurch gegen ihre Pflichten verstoßen, daß sie die gebotenen Maßnahmen unterlassen haben, als sie in der Halle F3 um 2.35 Uhr einen Lichtschein entdeckten. Auf Grund dieses Ereignisses hätte sich ihnen aufdrängen müssen, daß möglicherweise Unbefugte in die Halle eingedrungen waren. Sie konnten nicht annehmen, es handele sich um das am Abend zuvor nicht gelöschte normale Hallenlicht. Beim ersten Rundgang um 22.30 Uhr war ihnen keine Helligkeit in der Halle aufgefallen, so daß es zwischenzeitlich eine Veränderung gegeben haben mußte. Sie haben den Lichtschein tatsächlich auch subjektiv als ungewöhnlich empfunden, wie insbesondere daraus folgt, daß der als Zeuge im Ermittlungsverfahren vernommene Wachmann L ausgesagt hat, das Licht sei ihm "ein wenig spanisch" vorgenommen. Soweit die Beklagte erstmals zweitinstanzlich behauptet, um 2.35 Uhr sei lediglich das seit dem vorherigen Abend durchgängig brennende Hallenlicht aufgefallen, handelt es sich im übrigen um ein neues Verteidigungsmittel, das gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zugelassen werden kann. Die Behauptung widerspricht der eigenen erstinstanzlichen Darstellung, nach der es sich lediglich um einen schwachen Lichtschein im Bereich der oben liegenden Fenster gehandelt haben soll, der nicht im Sichtfeld der Videokamera gelegen habe.

Als weitere Besonderheit neben dem Lichtschein in der Halle kam hinzu, daß die Wachmänner auf Nachfrage von dem X2 die Auskunft erhielten, die Halle F3 sei nicht scharf geschaltet. Dies mußte für sie auch dann alamierend sein, wenn sie zuvor eine Scharfschaltung veranlaßt haben sollten und ein Fehler deshalb aus anderen Gründen, etwa beim X2, aufgetreten sein mußte. In dieser Situation konnten sie sich nicht damit begnügen, die Halle von außen auf Einbruchspuren zu untersuchen und sich die nunmehr erfolgte Scharfschaltung vom X2 bestätigen zu lassen. Mögliche Diebe konnten, ohne offensichtliche Einbruchspuren zu hinterlassen, etwa mit Hilfe von Nachschlüsseln in die Halle eingedrungen sein. Zudem konnte nicht als sicher davon ausgegangen werden, daß die EMA bei einer nachträglichen Scharfschaltung Veränderungen bemerken mußte, die zuvor durch eingedrungene Personen verursacht worden waren.

Es handelte sich um eine gravierende Unregelmäßigkeit, die entsprechend einer von dem Zeugen T2 bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung glaubhaft geschilderten Vereinbarung seine sofortige Benachrichtigung und entsprechend Teil II Nr. 4 der in den Bewachungsvertrag einbezogene Dienstanweisung eine telefonische Meldung an die Notrufzentrale der Beklagten erfordert hätte. Es bedurfte einer Nachschau in der Halle, um feststellen zu können, ob Personen eingedrungen waren und dort Gegenstände entwendet und schadensträchtige Handlungen begangen hatten. Da die Wachmänner hierzu von sich aus nicht befugt waren, hätten sie die Ankunft des Zeugen T2 abwarten müssen, um die Halle unter dessen Leitung einer Innenkontrolle unterziehen zu können.

II.

Die Pflichtverletzung der Wachmänner war für den von der Brandmeldeanlage um 5.31 Uhr angezeigten Brand ursächlich.

1.

Auf Grund der nachvollziehbaren und glaubhaften Aussage des Zeugen T2 steht fest, daß er im Falle einer Benachtichtigung durch die Wachmänner zur Halle F3 gekommen und diese zusammen mit ihnen auch von innen in Augenschein genommen hätte. Als auf seiten der D GmbH für die Halle verantwortlicher Person hätte sich für ihn aufgedrängt, daß ein während der Nacht aufgetretener Lichtschein und zusätzlich die Auskunft des X2, die EMA sei nicht scharf geschaltet gewesen, eine sorgfältige Kontrolle unerläßlich machte.

2.

Der Senat ist auch davon überzeugt, daß eine derartige Überprüfung, die gegen 3.00 Uhr hätte erfolgen können, den gegen 5.30 Uhr ausgebrochenen Brand verhindert hätte. Der Brand muß aus den unten unter 3. bis 5. noch darzustellenden Gründen nämlich bereits dadurch vorbereitet gewesen sein, daß an mehreren Stellen Brandbeschleuniger deponiert waren, deren Zündvorgang mittels Brandverzögerern, etwa in Form von Kerzen, für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen war. Diese Mechanismen wären bei einer eingehenden Nachschau zu entdecken gewesen. Das gilt umso mehr, weil als Motiv für die Brandlegung nachvollziehbar nur weitere auffällige Veränderungen der Halle in Betracht kommen, insbesondere eine Wegnahme dort gelagerter Monitore. Gegen ein unbefugtes Eindringen in die Halle spricht nicht, daß das Landeskriminalamt an untersuchten Schließzylindern und Schlüsseln keine auffälligen Spuren entdeckt hat. Dadurch ist etwa der Einsatz von Nachschlüsseln nicht ausgeschlossen, zumal es sich auch bei den geprüften Schlüsseln bereits um Nachschlüssel gehandelt hat.

3.

Die Gewißheit des Senats, daß als Brandursache nur Brandstiftung mittels an mehreren Stellen verwandter Brandbeschleuniger in Betracht kommt, beruht auf den Untersuchungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. Andere im Grundsatz in Erwägung zu ziehende Ursachen scheiden aus. Dabei genügt es, daß die feststehenden Indizien in ihrer Gesamtschau ein solch praktisches Maß an Überzeugung für eine Brandstiftung ergeben, das vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet. Die Feststellung einer vorsätzlichen Brandstiftung fordert nicht, daß die konkrete Art und Weise der Tatbegehung geklärt ist (siehe für den Fall einer Eigenbrandstiftung durch einen Versicherungsnehmer BGH NJW-RR 1997, 1112, 1113; OLG Düsseldorf RuS 2002, 379). Wie der Sachverständige Dipl.-Ing. M auch im Senatstermin noch einmal nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat, hat er unter Verwendung des seit Jahrzehnten anerkannten und zuverlässigen Computersimulationsverfahrens CFAST eine außergewöhnlich hohe initiale Brandleistung von ca. 60 Megawatt ermittelt. Dabei hat er u.a. die konkreten Bedingungen in der Halle und den Umstand, daß es entsprechend dem von dem Zeugen T2 glaubhaft geschilderten Zeitablauf ca. 15 bis 20 Minuten nach der Brandmeldung zu einem flash over gekommen ist, berücksichtigt. Da diese Daten feststanden, waren nach seinen Angaben quasi ideale Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Computersimulationsverfahrens gegeben. Die Annahme eines flash over, dessen Entstehung der Sachverständige Dipl.-Ing. M im Senatstermin erläutert hat, ist durch die Beobachtungen der Feuerwehr, die zunächst mangels Feuerscheins wieder abrücken wollten, und des Zeugen T2 gesichert. Die Schilderung einer zunächst schwarzen Halle und das plötzliche Umschlagen auf rot läßt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nur dadurch erklären, daß vor den Lichtbändern zunächst dichte Rauchgaswolken gestanden haben, die bei Erreichen der erforderlichen Temperatur in Form eines flash over durchgezündet haben. Dagegen spricht nicht die im Senatstermin angesprochene Frage eines Rauchabzuges durch die Rauchabzugsanlage. Im Falle starker Rauchentwicklung kann die Abzugsanlage von nur untergeordneter Bedeutung sein, zumal ihre Funktion zur Vermeidung eines Unterdruckes auf die Zuführung von Luft angewiesen ist. Eine starke Rauchentwicklung innerhalb der Halle ist durch den Brand der gelagerten Waren erklärlich, ohne daß es darauf ankommt, ob Rauch zusätzlich auch durch die Brandbeschleuniger entstanden ist.

Die enorme Brandleistung von ca. 60 MW konnte in der kurzen Zeit seit Ausbruch des Brandes aus einem punktuellen Brand nicht erzielt werden. Erklärlich ist sie nur auf Grund eines fachmännisch an mehreren Stellen gelegten Brandes, der sodann zusammengewachsen ist. Gegen die Richtigkeit dieser gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. M spricht nicht, daß nach dem Abbrennen der Halle keine Brandbeschleuniger nachgewiesen werden konnten. Wie der Sachverständige im Senatstermin klargestellt hat, ist der fehlende Nachweis ohne weiteres durch die Größe des Brandes, den enormen Löschwassereinsatz und das Beräumen der Brandstelle erklärlich.

4.

Andere im Prinzip denkbare Brandursachen hätten sich lediglich von einem Punkt aus entwickelt und hätten deshalb kurzfristig keine Brandleistung von 60 MW bewirken können. Darüber hinaus scheiden andere Brandursachen auch aus sonstigen Gründen aus.

a)

Die Kammer hat bereits im einzelnen dargelegt, daß keinerlei Anhaltspunkte für einen technischen Defekt der Elektroinstallation ersichtlich sind. Hierauf wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

b)

Auch ein schadensursächlicher Fehler der Gasheizung kommt nicht in Betracht. Zwar ist es richtig, daß die Automatik der im abgeschlossenen Heizungsraum befindlichen Heizung, die der Beheizung wohl vornehmlich anderer Hallen diente, anders als die abgeschaltete Heizung für die Halle F3 nach der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen T2 auf 5.00 Uhr eingestellt war. Es ist jedoch nicht ersichtlich, wie von dieser Heizungsanlage in größerem Umfang Gas in die Halle F3 hätte entweichen können. Der Heizungsraum war nach den dem Sachverständigen Dipl.-Ing. M vorliegenden Unterlagen mit einer Feuerschutztür gegenüber der Halle gesichert, die einen Brand auf den Heizungsraum selbst begrenzt hätte. Im übrigen läßt sich die Verlaufszeit des Brandes nicht mit einer durch die Heizungsanlage ausgelösten Entzündung von Erdgas vereinbaren.

c)

Eine Explosion von Knallgas, das durch die Ladung der Batterien der Gabelstapler entstanden ist, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Insoweit wird auf die Auführungen im angefochtenen Urteil verwiesen. Zu ergänzen ist, daß der Sachverständige im Senatstermin überzeugend ergänzende Ausführungen dazu gemacht hat, daß die Bildung einer für eine Explositon notwendigen Konzentration von 4 % schon wegen der Größe der Räumlichkeiten ausscheidet und wegen der Nähe zu den Toren auch eine genügende Luftbewegung gewährleistet war. Er hat insofern aus einschlägigen technischen Richtlinien zitiert.

d)

Die Hallenbeleuchtung wäre nach den Angaben des Sachverständigen Dipl.-Ing. M für den Brand auch dann irrelevant, wenn sie gemäß dem unzulässigen zweitinstanzlichen Vorbringen der Beklagten die gesamte Nacht in Betrieb gewesen wäre.

5.

Der Senat ist auch davon überzeugt, daß der Brand - wahrscheinlich zur Vertuschung eines Diebstahls - durch die Täter bereits vorbereitet war, als die EMA auf die nach 2.35 Uhr erfolgte Nachfrage der Wachleute zumindest nunmehr scharf geschaltet wurde, so daß die im Falle pflichtgemäßer Unterrichtung des Zeugen T2 gegen 3.00 Uhr erfolgte Innenkontrolle zur Brandverhinderung geeignet gewesen wäre. Die Tatsache, daß der Lichtschein in der Halle zwischen dem 1. und 2. Kontrollgang, also zwischen 22.50 Uhr und 2.35 Uhr entstanden war , spricht entscheidend dafür, daß sich die Brandstifter zwischenzeitlich in die Halle begeben hatten. Hinzu kommt, daß die EMA zumindest ab 2.47 Uhr scharf geschaltet war und deshalb bis zum Brandausbruch umfangreiche Brandvorbereitungsmaßnahmen hätten auffallen müssen, während zuvor hinsichtlich der EMA eine Unregelmäßigkeit selbst dann bestanden haben muß, wenn die Wachmänner aus ihrer Sicht die Maßnahmen, die für die um 20.15 Uhr behauptete Scharfschaltung erforderlich waren, entgegen den Unterlagen des X2 veranlaßt haben sollten. Anders läßt sich nicht erklären, daß von seiten des X2 nach 2.35 Uhr die Auskunft erteilt wurde, die EMA sei nicht in Betrieb.

Der zeitliche Abstand zwischen den vor 2.47 Uhr erfolgten Brandvorbereitungen und dem für 5.31 Uhr gemeldeten Brandausbruch ist auch aus technischer Sicht ohne weiteres erklärlich. Der Sachverständige Dipl.-Ing. M hat überzeugend dargelegt, daß der hier in Frage stehende Zeitraum schon mittels einfach zu konstruierender Brandverzögerer überbrückt werden kann. Derartige Fälle sind ihm in seiner langjährigen Praxis mehrfach bekannt geworden. Die von der Beklagten angesprochene Problematik, daß verschütteter Brandbeschleuniger zwischenzeitlich verdunstet gewesen wäre, ist ohne Bedeutung, weil ein versierter Brandstifter Brandbeschleuniger nicht offen verteilt, sondern, etwa in Falschen, aufstellt.

Nach alledem bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, daß das Fehlverhalten der Wachmänner für den Brand ursächlich gewesen ist.

6.

Selbst wenn man den Beweis nicht als geführt ansähe, könnte von einer Schadensursächlichkeit der unterlassenen Unterrichtung des Zeugen T2 durch die Wachmänner ausgegangen werden. Zu Gunsten der Klägerin gelten nämlich Beweiserleichterungen. Zwar ist anerkannt, daß ein auf Zahlung der Versicherungssumme in Anspruch genommener Feuerversicherer zur Abwehr eines solchen Anspruchs vollen Beweis für eine Eigenbrandstiftung des Versicherungsnehmers erbringen muß, ohne daß ihm ein Anscheinsbeweis zu Gute kommt (BGH NJW-RR 1997, 1112, 1113; BGH NJW 1988, 2040, 2041). Hier liegt der Fall jedoch anders. Es mag dahinstehen, ob ein Bewachungsunternehmer entsprechend einer teilweise vertretenen Ansicht generell auf Grund einer analogen Anwendung des § 282 BGB (so OLG Hamburg MDR 2002, 329) oder zumindest im Falle einer groben Verletzung von Berufspflichten die Kausalität einer Pflichtverletzung für einen eingetretenen Schaden auf Grund einer Beweislastumkehr selbst ausräumen muß. Jedenfalls greifen in Fällen wie dem vorliegenden die Grundsätze über den Anscheinsbeweis. Möglich ist ein Beweis des ersten Anscheins dann, wenn im Einzelfall ein typischer Geschehensablauf vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trägt, daß die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten (z.B. BGH NJW 1988, 2040, 2041). Anders als im Falle einer in Betracht kommenden Eigenbrandstiftung eines Versicherungsnehmers, bei der ein Willensentschluß bewußt in die Tat umgesetzt wird, kann für den hiesigen Fall ein typischer Geschehensablauf bejaht werden. Ein solcher wird von der Rechtsprechung etwa bei einem Verstoß gegen Schutzgesetze, technische Normen (z.B. DIN-Vorschriften), Feuerverhütungsvorschriften oder Verkehrssicherungspflichten vielfach angenommen, wenn sich die Gefahr realisiert, die durch die Schutzmaßnahme gerade verhindert werden sollte. Hier sind wesentliche Pflichten, die sich aus dem Bewachungsvertrag ergaben, verletzt worden. Diese Pflichten dienten gerade der Verhinderung von Schäden, wie sie im zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung eingetreten sind. Wenn einem offensichtlichen Verdacht, Unbefugte seien in eine mit zum Diebstahl geeigneten Waren gefüllte Halle eingedrungen, nicht nachgegangen wird, besteht typischerweise nicht nur die Gefahr, daß ein Diebstahl zunächst unentdeckt bleibt, sondern auch, daß durch Vertuschungsmaßnahmen der Täter weitere Schäden entstehen. In einem solchen Fall kann es nicht angehen, daß ein Schuldner, dessen vertragliche Verpflichtung gerade darin besteht, einen bestimmten Schaden durch seine Tätigkeit möglichst zu verhindern, sich nach Eintritt des Risikos trotz einer gravierenden Pflichtverletzung darauf zurückziehen kann, die Kausalität könne auf Grund der schadensbedingten Beweislage nicht mehr festgestellt werden. Gegenüber dem sich aus dem typischen Geschehensablauf ergebenden Anscheinsbeweis für die Brandursächlichkeit hätte die Beklagte Umstände darlegen und beweisen müssen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Hergangs ergäbe. Dies ist ihr entsprechend den obigen Ausführungen nicht gelungen.

III.

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin im Sinne von § 254 Abs. 1 Satz 1 BGB bei der Entstehung des Brandes ist nicht ersichtlich. Entscheidend war letztlich, daß die Wachmänner im Anschluß an die Feststellung des Lichtscheins in der Halle F3 und die Auskunft des X2, eine Scharfschaltung der EMA sei nicht zu verzeichnen, auf der Hand liegende Maßnahmen unterlassen haben. Insoweit hat die Versicherungsnehmerin der Klägerin keinen eigenen Verursachungsbeitrag gesetzt. Soweit über die von ihr für die Halle veranlaßten Sicherungsmaßnahmen hinaus weitere Sicherungsmöglichkeiten bestanden hätten, ist schon nicht ersichtlich, daß sie diese nach den Umständen für erforderlich halten mußte. Dies gilt auch für die von der Beklagten angesprochene Frage, ob die Versicherungsnehmerin der Klägerin dem X2 den Auftrag hätte erteilen müssen, bei einer fehlenden Scharfschaltung nachzufragen. Offenbar waren die Wachmänner der Beklagten mit einer Nachfrage beauftragt. Anders ist nicht erklärlich, daß eine solche Nachfrage für die Brandnacht durch den Zeugen Y im Wachbuch eingetragen ist. Im übrigen würde ein allenfalls in Betracht kommendes geringes Mitverschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin hinter dem erheblichen Pflichtenverstoß der Wachmänner der Beklagten vollständig zurücktreten.

IV.

Die Beklagte kann aus der Regelung in Nr. 6 des Bewachungsvertrages vom 18./24.09.1996 auch keine Haftungsbeschränkung auf die Höhe der von ihr über 5 Millionen DM abgeschlossenen Haftpflichtversicherung herleiten. In der Klausel heißt es wie folgt:

Der Auftragnehmer haftet entsprechend der gesetzlichen Regelung, wenn ein Schaden auf einer grob fahrlässigen Vertragsverletzung des Auftragnehmers oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers beruht oder wenn der Schaden darauf beruht, daß gerade eine vom Auftragnehmer erteilte Zusicherung nicht eingehalten worden ist.

Beruht der Schaden nicht darauf, daß eine Zusicherung des Auftragnehmers nicht eingehalten wurde oder beruht der Schaden auf einfacher Fahrlässigkeit des Auftragnehmers oder eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers, so haftet der Auftragnehmer nur im Rahmen der gemäß § 34 a Abs. 2 GewO in Verbindung mit der Verordnung über das Bewachungsgewerbe vom 22.11.1963 in der jeweils gültigen Fassung abgeschlossenen Haftpflichtversicherung.

Der Höhe nach ist die Haftung begrenzt gemäß beiliegender Deckungsbestätigung.

Auf Grund der bereits dargelegten Umstände ist den Wachmännern zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, so daß die Haftungsbeschränkung schon ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig ist. Wegen des während der Nacht auftretenden Lichtscheins und der Auskunft des X2 über eine nicht erfolgte Scharfschaltung waren die ergriffenen Maßnahmen offensichtlich unzureichend.

Im übrigen kann - wie die Kammer bereits zu Recht ausgeführt hat - die Haftung auch für einfache Fahrlässigkeit im Falle der Verletzung von Kardinalpflichten, die hier in Rede stehen, summenmäßig nur auf einen Betrag begrenzt werden, der die vertragstypischen, vorhersehbaren Schäden abdeckt (BGH NJW 1993, 335, 336; siehe auch BGH NJW 1999, 1031, 1032). Die Begrenzung auf 5 Millionen DM war, wie sich hier zeigt, nicht geeignet, vorhersehbare Schäden auszugleichen. Selbst wenn die Halle wegen des anstehenden Weihnachtsgeschäftes besonders gefüllt war, ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte mit einer solchen Auslastung nicht zu rechnen braucht. Im übrigen lag der Schaden allein hinsichtlich der Monitore bei 9.215.000,00 DM. Von dem insoweit bestehenden Risiko war nur gut die Hälfte abgedeckt, so daß die Haftungshöchstgrenze auch bei einer deutlich weniger ausgelasteten Halle nicht gereicht hätte.

Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Beklagte der Versicherungsnehmerin der Klägerin im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß die beschränkte Versicherungsbestätigung des I2 vom 15.01.1997 übergeben hat. Dies ist im übrigen nicht nachvollziehbar, weil der Vertrag selbst bereits am 18./24.09.1996 unterschrieben worden ist.

V.

Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden von 9.450.000,00 DM, entsprechend 4.831.708,20 € ist ihrer Versicherungsnehmerin in voller Höhe entstanden.

1.

Der Verlust von 19.247 Monitoren im Wert von 9.215.000,00 DM ist durch das Kurzgutachten des Diplom-Kaufmanns B vom 19.01.1998 im einzelnen dargelegt. Im Anschluß an die Zeugenvernehmung des Regulierungsbeauftragten N der Klägerin hat das Landgericht diese Schadensposition zu Recht für bewiesen gehalten. Diese Würdigung wird von der Beklagten auch nicht mehr angegriffen. Falls einige Monitoren bereits vor dem Ausbruch des Brandes durch Diebe abtransportiert worden sein sollten, hätte eine zügige Innenkontrolle der Halle gegen 3.00 Uhr zur Verhinderung eines diesbezüglichen Verlustes führen können. Zu diesem Zeitpunkt wäre noch in Betracht gekommen, die Täter zu fassen und eventuell schon abtransportiertes Diebesgut sicherzustellen. Insoweit bestehende Zweifel müssen zu Lasten der Beklagten gehen, weil entsprechend den obigen Ausführungen zu Gunsten der Klägerin Beweiserleicherungen gerechtfertigt sind. Wenn eine rechtzeitige Innenkontrolle trotz einem konkreten Diebstahlsverdacht unterbleibt und sich im nachhinein auf Grund von Vertuschungsmaßnahmen der Täter, die wegen der Pflichtverletzung der Wachmänner ebenfalls nicht entdeckt worden sind, die Einzelheiten der Tatbegehung und der Schadensentstehung nicht mehr aufklären lassen, muß das Bewachungsunternehmen darlegen und beweisen, daß eine rechtzeitige Kontrolle zur Verhinderung des Diebstahlsschadens nicht geeignet gewesen wäre. Einen solchen Beweis kann die Beklagte nicht führen.

2.

Die Schadenspositionen 1 bis 7, 14, 21 und 26 der Aufstellung vom 10.01.1999 (Bl. 432 GA) in Höhe von insgesamt 68.105,37 DM sind unstreitig.

3.

Die Positionen 19 und 20 dieser Aufstellung in Höhe von zusammen 564,30 DM, die sich auf beim Brand beschädigte Kleidungsstücke beziehen, hat das Landgericht im Anschluß an die Aussage des Zeugen N bejaht, ohne daß hiergegen mit der Berufung etwas vorgebracht wird.

4.

Streitig ist die Berechtigung der Positionen 11 bis 13 der Aufstellung. Dabei handelt es sich um Kosten der Entsorgung der Brandstelle in Höhe von insgesamt 347.487,61 DM, die das Landgericht in Höhe von zumindest 166.332,33 DM für gerechtfertigt gehalten hat. Die Schadenspositonen 11 bis 13 sind durch 3 Rechnungen der S GmbH vom 2., 16. und 31.12.1997 (Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.10.2003, Bl. 474 bis 480 GA) belegt. Die Beklagte macht geltend, die Versicherungsnehmerin der Klägerin habe gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) verstoßen, indem sie die Arbeiten in Auftrag gegeben habe. Der Zeuge N hat bei seiner Vernehmung durch die Kammer jedoch erläutert, nach seiner überschlägigen Berechnung seien nur etwa 10 % bis 25 % einzusparen gewesen. Angesichts dieser Aussage ist jedenfalls nicht ersichtlich, daß der Versicherungsnehmerin der Klägerin ein Mitverschuldensvorwurf gemacht werden kann, der dazu führt, daß von den sich auf 347.487,61 DM belaufenden Schadenspositionen 11 bis 13 weniger als 166.332,33 DM gerechtfertigt sind.

VI.

Die vom Landgericht ausgeurteilte Zinsforderung ist allerdings teilweise nicht begründet. Soweit die Kammer seit dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, dem 04.12.2001, bzw. seit dem 01.01.2002 Prozeßzinsen von 5 Prozentpunkten bzw. 8 Prozentpunkten über dem Basiszins zugesprochen hat, kann dem nicht gefolgt werden, da die Forderung vor dem 01.05.2000 fällig geworden ist. Gemäß Artikel 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB ist § 288 BGB in der bis zum 30.04.2000 geltenden Fassung anwendbar, so daß die späteren Fassungen des § 288 BGB, die höhere Zinssätze vorsehen, nicht einschlägig sind. Das gilt auch für Prozeßzinsen nach § 291 BGB, weil diese Vorschrift auf § 288 Abs. 1 BGB verweist. Da die Klägerin jedoch unbestritten für die Jahre 2001 und 2002 Anlagezinsen von 13,2 % bzw. 6,4 % dargelegt hat, kann es für die Zeit vom 04. bis zum 31.12.2001 bei den niedriger ausgeurteilten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins verbleiben, während für das Jahr 2002 6,5 % und für die anschließende Zeit gemäß §§ 352 Abs. 1, 353 HGB 5 % Zinsen zuzusprechen sind.

VII.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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