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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.03.2009
Aktenzeichen: 21 U 60/08
Rechtsgebiete: VOB/B, ZPO, BGB


Vorschriften:

VOB/B § 1 Nr. 4
VOB/B § 2 Nr. 6
VOB/B § 2 Nr. 6 Abs. 1 S. 2
VOB/B § 2 Nr. 6 Abs. 2 S. 1
VOB/B § 2 Nr. 7 Abs. 1 S. 4
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 1 S. 1
ZPO § 287
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 631
BGB § 632
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 06.03.2008 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin errichtete aufgrund eines VOB-Bauvertrages mit Pauschalpreisvereinbarung für die Beklagte einen M-Supermarkt in F. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind Nachtragsforderungen in Höhe von 53.553,09 € brutto, die die Klägerin aus einer Erhöhung der Parkplatzanzahl von 58 auf 77, aus der Errichtung einer Stützwand und aus einer Bordsteinabsenkung herleitet.

Unter dem 16. / 22.11.2004 schlossen die Parteien einen Generalunternehmervertrag über die schlüsselfertige Erstellung eines M-Supermarktes inklusive Außenanlagen in F für einen Pauschalpreis von 855.000,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer. In § 2 des Vertrages vereinbarten sie die ergänzende Geltung der Bestimmungen der VOB Teil B und C. Ferner nahmen sie zur Bestimmung des Vertragsinhalts Bezug auf das Angebot der Klägerin vom 08.10.2004, die Baugenehmigung für das Objekt vom 24.04.2003 sowie verschiedene Pläne und sonstige Unterlagen. Wegen der Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf die Vertragsurkunde vom 16. / 22.11.2004 (Bl. 4 ff d.A.), das Angebot der Klägerin vom 08.10.2004 (Anlage zum Schriftsatz vom 22.01.2007) und die Baugenehmigung vom 24.04.2003 (Bl.68 d.A.) Bezug genommen.

Während der Durchführung des Bauvorhabens fanden verschiedene Baubesprechungen statt, in denen unter anderem eine Erhöhung der Parkplatzanzahl und die Errichtung einer aufwendigeren Stützwand thematisiert wurden. So wies der Sohn der Beklagten anlässlich einer Besprechung vom 26.01.2005 auf hierdurch veranlasste Mehrkosten von mindestens 30.000,00 € hin. Am 02.02.2005 fand eine weitere Baubesprechung zu diesem Punkt statt, an der Mitarbeiter der Klägerin und der Fa. M sowie der Architekt teilnahmen. Ausweislich des Protokolls sollten der Bauherrin Mehrkosten in Höhe von ca. 56.309,40 € wegen der Errichtung zusätzlicher Parkplätze nebst Stützwand sowie wegen einer Bordsteinabsenkung angezeigt werden. Der Architekt forderte die Klägerin sodann auf, unverzüglich mit dem Bau der zusätzlichen Parkplätze und der Stützwand zu beginnen. Mit Schreiben an die Beklagte vom 03.02.2005 meldete die Klägerin unter Bezugnahme auf die Besprechung vom 02.02.2005 Mehrkosten für die Vergrößerung der Parkplatzfläche und die Errichtung der aufwendigeren Stützwand in Höhe von 38.666,40 € netto an.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Besprechungsprotokolle vom 26.01.2005 (Bl.71 ff d.A.) und vom 02.02.2005 (Bl.20 ff d.A.) sowie auf das Schreiben vom 03.02.2005 nebst Anlage (Bl.24 ff d.A.) Bezug genommen.

Nach Beendigung der Baumaßnahmen fand Ende März 2005 ein Abnahmetermin statt. Unter dem 27.04.2005 erstellte die Klägerin die Schlussrechnung (Bl.18 ff d.A.), die mit einer Restforderung von 164.843,42 € endete. Die Restforderung setzte sich zusammen aus der letzten Rate der vereinbarten Pauschalsumme sowie verschiedenen Nachtragsforderungen.

Anlässlich einer am 30.05.2005 nach Erhalt der Schlussrechnung erfolgenden Besprechung zwischen den Parteien rügte die Beklagte die mangelnde Prüffähigkeit der Schlussrechnung.

Die Klägerin hat behauptet, den in der Schlussrechnung berechneten Nachtragsforderungen lägen Arbeiten zugrunde, die in der Baubesprechung vom 02.02.2005 zusätzlich beauftragt worden und die von dem Pauschalpreis nicht umfasst gewesen seien. So habe die Anzahl der Parkplätze von den ursprünglich vorgesehenen 58 auf 77 erhöht werden sollen, was eine Vergrößerung dieses Bereichs um ca. 320 qm bedeutet habe. Hierdurch sei auch eine - im Vergleich zur ursprünglichen Planung - stärkere Stützwand erforderlich geworden. Schließlich sei eine Bordsteinabsenkung als weitere Sicherungsmaßnahme zusätzlich beauftragt worden. Die für die zusätzlichen Arbeiten verlangten Preise seien marktgerecht. Eine Abrechnung auf der Basis des vereinbarten Pauschalpreises sei insoweit nicht möglich, da es keine Urkalkulation gebe.

Die Klägerin hat ihre in der Berufungsinstanz noch streitgegenständlichen Nachtragsforderungen im Einzelnen wie folgt berechnet:

1. Erhöhung der Parkplatzanzahl von 58 auf 77

14.400,00 € Mehrfläche Parkplätze (320 qm x 45,00 €) ./. 8.000,00 € Entfall Pflanzfläche (320 qm x 25,00 €) = 6.400,00 €;

2. Errichtung Stützwand

45.016,40 € Stützwand (220 qm x 204,62 €) ./. 12.750,00 € Entfall Winkelstützwand (85 lfm x 150,00 €) = 32.266,40 €;

später hat sie diesbezüglich unter Bezugnahme auf verschiedene Rechnungen von Drittunternehmen eine "Nachtragskalkulation" vorgelegt, die ebenfalls mit dem Betrag von 32.266,40€ endete. Wegen der Einzelheiten wird auf die Nachtragskalkulation (Bl.219 d.A.) Bezug genommen;

3. Bordsteinabsenkung

7.500,00 € Bordsteinabsenkung.

Gesamt: 46.166,40 € netto zzgl. 16 % MwSt. = 53.553,09 €.

Erstinstanzlich hat die Klägerin zunächst gemäß ihrer Schlussrechnung vom 27.04.2005 einen Betrag von 164.843,42 € brutto geltend gemacht. Nachdem die Klägerin ihre Klage in Höhe von 2.424,60 € zurückgenommen hat, haben die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.01.2007 einen Teilvergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte verpflichtet hat, an die Klägerin 111.940,00 € nebst anteiliger Zinsen zu zahlen. Damit sollten Restforderungen der Klägerin hinsichtlich des Pauschalfestpreises und der Kanalarbeiten abgegolten sein. Wegen des genauen Inhalts des Teilvergleiches wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.01.2007 (Bl.170 d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat sodann beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 162.418,82 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005 abzüglich gezahlter 111.940,00 € zu zahlen.

Die Beklagte hat sich hinsichtlich des gezahlten Betrages der Erledigungserklärung angeschlossen und im übrigen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eine Auftragserteilung für die zusätzlichen Arbeiten sowie die Verursachung der Errichtung einer aufwendigeren Stützwand durch die Erhöhung der Parkplatzanzahl bestritten. Eine Stützwand habe angesichts des Geländeverlaufs von vornherein eingeplant werden müssen. Schließlich sei die Schlussrechnung auch nicht prüffähig und nicht - wie erforderlich - in die ursprüngliche Kalkulation eingebettet. Hilfsweise hat die Beklagte weiterhin mit Vertragsstrafeansprüchen wegen Verzögerungen aufgerechnet.

Die nach dem Teilvergleich verbliebene restliche Klageforderung hat das Landgericht nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. X abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass die Höhe eines Anspruchs auf Mehrvergütung auf der Grundlage der Vertragspreise für den Hauptauftrag zu ermitteln sei. Einen auf dieser Grundlage bestehenden Mehrvergütungsanspruch habe die Klägerin nicht bewiesen. Der Sachverständige habe einen solchen nämlich nicht ermitteln können, weil die Klägerin ihm die Urkalkulation nicht vorgelegt habe. Auf den nach allgemeinen Grundsätzen festzustellenden angemessenen Preis könne nicht zurückgegriffen werden. Auch einen solchen habe der Sachverständige aber im übrigen mangels vorgelegter Unterlagen nicht feststellen können.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach die hier noch im Streit stehenden und mit Schlussrechnung vom 27.04.2005 berechneten Arbeiten in der Baubesprechung vom 02.02.2005 zusätzlich beauftragt worden seien. Die Beklagte könne angesichts der übersandten Besprechungsprotokolle und der Mehrkostenanmeldung vom 03.02.2005 von den Zusatzkosten auch nicht überrascht gewesen sein. Der Umstand, dass sie sich daraufhin nicht geäußert habe, sei als Zustimmung zu werten.

Darüber hinaus wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des Landgerichts, mangels Vorlage einer Urkalkulation, sei der Mehrvergütungsanspruch gem. § 2 Nr.6 VOB/B nicht schlüssig dargelegt. Eine Urkalkulation könne die Klägerin nicht vorlegen. Sie habe seinerzeit "im Kopf" kalkuliert. Es habe daher eine Schätzung gem. § 287 ZPO erfolgen müssen. Außerdem müsse § 2 Nr.6 VOB/B vorliegend einschränkend ausgelegt werde. Die VOB/B sei angesichts diverser Abweichungen im Vertrag vom 16. / 22.11.2004 nicht "als Ganzes" vereinbart worden und daher einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei § 2 Nr. 6 VOB/B nur wirksam, wenn man ihn in Bezug auf das Ankündigungserfordernis einschränkend auslege. Gleiches müsse bezüglich des Erfordernisses gelten, eine Urkalkulation vorzulegen, wenn eine solche nicht existiere. In der landgerichtlichen Auslegung, wonach die Nichtvorlage einer Urkalkulation zum Verlust des Vergütungsanspruchs führe, sei § 2 Nr. 6 VOB/B daher AGB-rechtlich unwirksam. Folglich habe § 632 BGB angewendet werden müssen. Hinreichende Preisermittlungsgrundlagen dafür seien vorgetragen gewesen. Wende man hingegen § 2 Nr. 6 VOB/B an, sei zunächst zu prüfen, ob die Parteien sich nicht bereits über die Zusatzvergütung verständigt hätten, und zwar hier durch konkludente Annahme des Mehrkostenangebots vom 03.02.2005 über 38.666,40 €. Folge man dem nicht, so habe man die Kalkulationsansätze nach § 287 ZPO schätzen müssen. Man habe den Pauschalpreis zur vereinbarten Leistung in Bezug setzen und sodann überprüfen müssen, ob die Zusatzvergütung in das so ermittelte Preisgefüge passe. Für einen Sachverständigen sei eine Schätzung möglich.

Mit Verfügung vom 20.08.2008 hat der Senat darauf hingewiesen, dass er die Auffassung der Klägerin zu 2 Nr.6 VOB/B nicht teilt und Gelegenheit zur Vorlage einer Vertragskalkulation gegeben.

Die Klägerin hat dies abgelehnt. Sie hält die Anforderungen an die Substantiierungslast für unzulässig überhöht. Da sie seinerzeit keine Urkalkulation aufgestellt habe, könne sie auch nicht vortragen, wie man kalkuliert hätte, wenn man kalkuliert hätte. Tatsächlich gebe die Fa. M bei entsprechenden Bauvorhaben - so auch hier - die Preise anhand bestimmter Parameter vor, es werde dann letztlich nur noch über Nachlässe verhandelt. Dies sei zwar ein besonderes System der Preisfindung, jedoch bestehe keine Möglichkeit, darauf Einfluss zu nehmen. Die Mehrkosten habe sie daher zu Recht auf der Grundlage der ortsüblichen Preise berechnet.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie über den im Teilvergleich vom 04.01.2007 der Klägerin zuerkannten Betrag von 111.340,00 € nebst Zinsen hinaus weitere 53.553,09 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag das angefochtene Urteil. Es sei im übrigen - so ihre Auffassung - völlig lebensfremd anzunehmen, dass die Klägerin keine Vorstellung zu einer Preisuntergrenze gehabt habe. Dies setze aber eine Kalkulation voraus.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf zusätzlichen Werklohn gem. § 631 BGB i.V.m. § 2 Nr.6 VOB/B ist wegen fehlender Prüfbarkeit der Schlussrechnung vom 27.04.2005 nicht fällig.

Zwischen den Parteien ist unter ergänzender Einbeziehung der VOB/B ein Werkvertrag in Form eines Pauschalpreisvertrages über die Errichtung eines M-Supermarktes inklusive Außenanlagen zustande gekommen. Die Übergabe einer prüfbaren Schlussrechnung ist daher gem. § 16 Nr.3 Abs.1 S.1 VOB/B Fälligkeitsvoraussetzung.

Die Beklagte ist mit dem Einwand der fehlenden Prüfbarkeit der Schlussrechnung auch nicht ausgeschlossen, da sie ihn rechtzeitig geltend gemacht hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich der Auftraggeber nach Treu und Glauben dann nicht mehr auf die fehlende Fälligkeit der Werklohnforderung wegen einer nicht prüfbaren Schlussrechnung berufen, wenn er diesen Einwand nicht innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Schlussrechnung geltend gemacht hat. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Erhebung der Prüfbarkeit zur Fälligkeitsvoraussetzung der Beschleunigung der Abrechnung dient, die verspätete Erhebung des Einwands diesem Zweck aber zuwiderlaufen würde (BGH, BauR 2004, 1937; BGH IBR 2006, 128; BGH, NZBau 2006, 179; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3.Aufl., 2008, 5.Teil Rn.150). Hier hat die Beklagte jedoch unstreitig in einer Besprechung am 30.05.2005 und damit rechtzeitig nach Erhalt der Schlussrechnung vom 27.04.2005 die fehlende Prüfbarkeit hinsichtlich der Nachtragsforderungen geltend gemacht.

Die Beklagte hat den Einwand auch zu Recht erhoben, da die Nachtragsberechnungen der Klägerin nicht überprüfbar sind.

Hier macht die Klägerin Mehrvergütungsansprüche gem. §§ 2 Nr.6 i.V.m. 2 Nr.7 Abs.1 S.4 VOB/B für die Errichtung zusätzlicher Parkplätze, sowie für den Bau einer aufwändigeren Stützwand und einer Bordsteinabsenkung geltend. In diesen Fällen richtet sich die Abrechnung der Höhe nach grundsätzlich nach dem vertraglichen Preisgefüge und nicht nach den angemessenen und üblichen Preisen.

Eine unter Berücksichtigung des vertraglichen Preisgefüges schlüssig dargelegte Nachtragsberechnung wäre allerdings dann entbehrlich, wenn die Parteien die Höhe der geltend gemachten Mehrvergütungsansprüche der Klägerin konkret durch Vereinbarung geregelt hätten. Dies kann hier indes nicht festgestellt werden. Zwar hat die Klägerin ihre Mehrvergütungsansprüche - jedenfalls hinsichtlich der Parkplätze und der Stützwand - mit Schreiben vom 03.02.2005 beziffert angekündigt. Eine Vergütungsvereinbarung der Parteien hinsichtlich dieser Arbeiten liegt jedoch nicht vor. Es ist schon zweifelhaft, ob man in der bezifferten Mehrkostenankündigung gleichzeitig ein vertragliches Nachtragsangebot über diese Leistungen zu den dort genannten Preisen sehen kann. Zumindest lässt sich aber eine hinreichend eindeutige Annahme der Beklagten - gerade auch in Bezug auf die Höhe der Mehrkosten - nicht feststellen. Eine ausdrückliche Erklärung hat die Beklagte hierzu nicht abgegeben, so dass allenfalls eine konkludente Annahmeerklärung in Betracht kommt. Gem. §§ 133, 157 BGB kann jedoch aus Sicht der Klägerin als Erklärungsempfängerin allein in der widerspruchslosen Hinnahme der Mehrkostenaufstellung vom 03.02.2005 in Verbindung mit der Entgegennahme der Zusatzleistungen keine konkludente Annahme gesehen werden. Weder die Umstände - etwa sonstige Äußerungen der Parteien - noch die Interessenlage sprechen hierfür. Vielmehr sind beide Parteien bezüglich der Mehrvergütungsansprüche nach dem in der VOB/B vorgesehenen Procedere vorgegangen. Die Beklagte hat die Ausführung der Arbeiten - jedenfalls hinsichtlich der Parkplätze und der Stützwand - gefordert und die Klägerin hat ausweislich des Wortlauts ihres Schreibens vom 03.02.2005 den Mehrvergütungsanspruch vor Ausführung gem. § 2 Nr.6 Abs.1 S.2 VOB/B angekündigt. Angesichts dessen konnte die Klägerin in der widerspruchslosen Hinnahme dieses Schreibens und der Leistungen auch keine konkludente vertragliche Erklärung der Beklagten zur Höhe der Mehrvergütung sehen. Eine besondere Interessenlage der Parteien, die dieser Beurteilung entgegenstehen könnte, ist nicht ersichtlich.

Mangels einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung, waren die Mehrvergütungsansprüche hier daher gem. §§ 2 Nr.6 i.V.m. 2 Nr.7 Abs.1 S.4 VOB/B abzurechnen.

Nach dem klägerischen Vorbringen handelt es sich bei den fraglichen Arbeiten - bei der Errichtung zusätzlicher Parkplätze, einer aufwändigeren Stützwand und einer Bordsteinabsenkung - nämlich um im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehene Zusatzleistungen, die von der Beklagten während der Ausführung der Baumaßnahme gefordert worden sind.

Zusatzleistungen im Sinne des § 2 Nr.6 VOB/B sind dabei zunächst einmal alle im ursprünglichen Vertrag nicht vereinbarten Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich sind und vom Auftragnehmer nach § 1 Nr.4 VOB/B schon aufgrund einseitigen Verlangens des Auftraggebers mit ausgeführt werden müssen. Zum anderen fallen aber auch nicht erforderliche Zusatzleistungen darunter, die der Auftragnehmer nur mit seiner Zustimmung auszuführen braucht. Erklärt er sich in Ergänzung des bereits bestehenden Vertrages damit einverstanden und erbringt er nicht erforderliche Zusatzleistungen, ohne zuvor seinen Mehrvergütungsanspruch durch Vereinbarung zu regeln, so fallen auch diese als sog. "andere" Leistungen im Sinne des § 1 Nr.4 VOB/B unter § 2 Nr.6 VOB/B (Beck'scher VOB-Kommentar, 2.Aufl., 2008, Jansen, B, § 2 Nr.6 Rn.22, 25; Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 2.Aufl., 2007, von Rintelen, B, § 1 Rn.117). Lediglich neue selbstständige Leistungen, die in keinem sachlichen Zusammenhang mit der bisher vereinbarten Leistung stehen, fallen nicht mehr unter § 2 Nr.6 VOB/B (Beck'scher VOB-Kommentar, a.a.O., Jansen, B, § 2 Nr.6 Rn.27; Kapellmann/Messerschmidt, VOB, a.a.O., von Rintelen, B, § 1 Rn.117). Danach sind sowohl die Errichtung zusätzlicher Parkplätze nebst Stützwand als auch der Bau der Bordsteinabsenkung als Zusatzleistungen im Sinne des § 2 Nr.6 VOB/B zu qualifizieren. Auch wenn die Errichtung der zusätzlichen Parkplätze nebst Stützwand und Bordsteinabsenkung nicht für eine funktional ordnungsgemäße Ausführung der ursprünglichen Vertragsleistung in dem Sinne erforderlich war, dass ohne sie die Leistung insgesamt mangelhaft gewesen wäre, fallen diese Arbeiten unzweifelhaft unter § 2 Nr.6 VOB/B. Die bloße Erweiterung der Parkplatzfläche sowie auch die weiteren Arbeiten an den Außenanlagen, nämlich Errichtung einer aufwändigeren Stützmauer und einer Bordsteinabsenkung, stehen in einem derart engen sachlichen Zusammenhang mit dem Ursprungsauftrag, dass eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt wäre.

Ob das - von der Beklagten bestrittene - klägerische Vorbringen, wonach diese Arbeiten im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehen waren und später von der Beklagten zusätzlich gefordert worden sind, zutrifft, kann hier letztlich dahinstehen. Denn auch bei Zugrundelegung des klägerischen Vorbringens insoweit, hat die Berufung keinen Erfolg, weil keine prüfbare Abrechnung der in Betracht kommenden Mehrvergütungsansprüche gem. § 2 Nr.6 VOB/B erfolgt ist. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass jedenfalls hinsichtlich der Erhöhung der Parkplatzanzahl der Klägervortrag durch die vorgelegten Unterlagen bestätigt wird. So war sowohl nach der Baugenehmigung vom 24.04.2003, auf die in § 2 des Vertrages zur Beschreibung des Vertragsinhalts Bezug genommen wird, als auch nach dem Lageplan vom 10.09.2004 und der Ausführungsplanung vom 18.10.2004 lediglich die Errichtung von 58 Parkplätzen vorgesehen. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten wird weder begründet, noch findet sie eine Stütze in den Unterlagen. Pläne mit einer größeren Anzahl von Parkplätzen sind vielmehr erst nach Vertragsschluss gefertigt worden.

Eine prüfbare Abrechnung der Mehrvergütungsansprüche gem. §§ 2 Nr.6, 2 Nr.7 Abs.1 S.4 VOB/B setzt voraus, dass der Preisbildungsprozess genau nachzuvollziehen ist. Gem. § 2 Nr.6 Abs.2 S.1 VOB/B bestimmt sich die Vergütung für die im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehenen Leistungen nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der (zusätzlich) geforderten Leistung. Danach genügt es also nicht zu behaupten, der geltend gemachte Preis sei der angemessene. Vielmehr ist der Unternehmer an das Preisgefüge des Vertragspreises und damit an seine ursprüngliche Kalkulation gebunden. Aus dieser muss der Preis hergeleitet werden. Dabei sind die neuen - und ggf. die entfallenen - Leistungen genau darzustellen und deren Preise gemessen an dem durch den Vertragspreis bestimmten Wert der Leistung nachträglich zu bestimmen (Kniffka/Koeble, a.a.O., 5.Teil Rn.89, 91, 138).

Die vertraglichen Preisermittlungsgrundlagen sind nur dann nicht übertragbar, wenn die vertraglichen und die zusätzlichen Leistungen nicht vergleichbar sind und daher in keiner kalkulatorischen Beziehung stehen (Beck'scher VOB-Kommentar, a.a.O., Jansen, B, § 2 Nr.6 Rn.83). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Für die bloße zusätzliche Errichtung der Parkplätze liegt dies auf der Hand. Aber auch hinsichtlich der Errichtung einer - im Vergleich zur ursprünglich vorgesehenen - aufwändigeren Stützwand und einer Bordsteinabsenkung gibt es keine Anhaltspunkte für eine fehlende kalkulatorische Beziehung.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin vorliegend keine nachvollziehbare Berechnung ihrer Mehrvergütungsansprüche gem. § 2 Nr.6 VOB/B vorgelegt, da sie keine Angaben zu den vertraglichen Preisermittlungsgrundlagen gemacht hat und auch nach entsprechendem Hinweis des Senats die Vorlage einer Urkalkulation abgelehnt hat. Ihre Schlussrechnung vom 27.04.2005 ist daher nach wie vor nicht prüffähig.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der betreffenden Regelungen des § 2 Nr.6 VOB/B bestehen nicht. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die VOB nicht "als Ganzes" vereinbart war und die Regelungen daher einer Inhaltskontrolle zu unterziehen sind. Bei richtiger - nämlich das Ankündigungserfordernis einschränkender - Auslegung hält § 2 Nr.6 VOB/B einer Inhaltskontrolle aber stand (BGH, BauR 1996, 542; BGH, BauR 2002, 312). Eine darüber hinausgehende einschränkende Auslegung dahingehend, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Vorlage einer Urkalkulation entbehrlich ist, kommt dagegen nicht in Betracht. Selbst wenn ursprünglich keine detaillierte schriftliche Vertragskalkulation gefertigt worden ist, besteht nämlich immer die Möglichkeit, eine solche nachträglich zu erstellen und vorzulegen. Eine unzumutbare Belastung für den Mehrkosten beanspruchenden Unternehmer liegt unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage hierin nicht. Vielmehr gebietet die Bindung der Mehrvergütungsansprüche an das vertragliche Preisgefüge, dass die maßgeblichen Preisermittlungsgrundlagen dargelegt werden.

Danach kann sich die Klägerin hier nicht darauf berufen, dass sie eine Urkalkulation nicht vorlegen könne, da sie seinerzeit anlässlich des Vertragsschlusses keine Urkalkulation schriftlich gefertigt habe. Nach ihrem eigenen Vortrag hat sie zumindest eine überschlägige Kalkulation "im Kopf" vorgenommen. Alles andere widerspräche im übrigen jeglicher Lebenserfahrung. Dass ein Bauunternehmer bei einem Bauvorhaben in dieser Größenordnung überhaupt keine rekonstruierbaren Kalkulationsschritte anstellt, um die Auskömmlichkeit des anzubietenden Preises für ihn zu überprüfen, ist lebensfremd. Vor diesem Hintergrund ist es der Klägerin ohne weiteres möglich und auch zuzumuten, die maßgeblichen Preisermittlungsgrundlagen - ggf. nachträglich - zu fertigen und vorzulegen. Dies gebietet schon der Umstand, dass es der Gegenseite möglich sein muss, zu überprüfen, ob die Mehrvergütungsansprüche zutreffend unter Berücksichtigung des vertraglichen Preisgefüges berechnet worden sind. Bei diesen Angaben handelt es sich um notwendigen Parteivortrag, um den verlangten Mehrpreis für die Zusatzleistungen schlüssig und prüffähig zu machen, und nicht um vom Sachverständigen selbst durchzuführende Ermittlungen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Kalkulation stets einem gewissen Spielraum unterliegt, der unter anderem auf der notwendigen Berücksichtigung betrieblicher Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens beruht. Entsprechend werden Einheitspreise in der Regel gerade nicht auf einem gleichmäßig hohen Niveau kalkuliert, was auf die Berechnung der Mehrkosten Einfluss haben kann. Aufgabe des Sachverständigen kann es daher nicht sein, solche Vertragskalkulationen anstelle des Unternehmers selbst vorzunehmen und dabei auf angemessene Einheitspreise zurückzugreifen, sondern lediglich, die vorgelegten Kalkulationen auf Plausibilität zu überprüfen. Hinzu kommt, dass bei Vorlage einer plausiblen Vertragskalkulation auch die - dann prüffähigen - Mehrvergütungsansprüche ganz oder teilweise unstreitig werden könnten, wodurch eine Beweisaufnahme zumindest teilweise entbehrlich würde. Soweit die Klägerin sich auf feste Preisvorgaben der Fa. M beruft, führt dies ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Entscheidend ist nämlich nicht, wie die Fa. M ihre Preisvorstellungen entwickelt, sondern wie die Klägerin kalkuliert hat, um angesichts der auf sie zukommenden Material-, Lohn- und Drittunternehmerkosten die Auskömmlichkeit des Preises festzustellen.

Da die Klägerin die geltend gemachten Mehrvergütungsansprüche nicht prüfbar abgerechnet hat, ist die Klage wegen fehlender Fälligkeit derzeit unbegründet. Die Berufung bleibt danach ohne Erfolg.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Senat liegt mit seiner Entscheidung auf der Linie der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Klärungsbedürftige Rechtsfragen, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können, wirft dieses Verfahren nicht auf. Die Zulassung der Revision ist daher weder wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache noch zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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