Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.10.2008
Aktenzeichen: 21 U 62/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, VOB/B


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 1 S. 2
BGB § 291
BGB § 476 n. F.
BGB § 535 Abs. 2
BGB § 830 Abs. 1 S. 2
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 633 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 533
VOB/B § 13 Nr. 1
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 2
VOB/B § 13 Nr. 7
VOB/B § 13 Nr. 7 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 11.3.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Essen teilweise abgeändert.

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 16.8.2005 (05-2051538-1-0 sowie 05-2051538-2-8) wird in Höhe weiterer 3.645,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.7.2005 aufrechterhalten.

Im übrigen bleibt der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Verurteilung der Klägerin auf die Widerklage bleibt bestehen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben zu 84 % die Klägerin und zu 16 % die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 82 % der Klägerin und zu 18 % den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

1.

Die Vergütung i. H. v. 3.465,00 € für die Installation und Überlassung von Trocknungsgeräten im Tiefgeschoss nach dem Wasserschaden Ende März 2004 hat das Landgericht der Klägerin zu Unrecht versagt.

a)

Der Anspruch auf sie ergibt sich aus einem gemischten Werk- und Mietvertrag gemäß §§ 631 Abs. 1, 535 Abs. 2 BGB, der zwischen den Parteien unter der Bedingung zustandegekommen ist, dass eine Verantwortlichkeit der Klägerin für die vorangegangene Überschwemmung nicht feststellbar sein würde. Von einem solchen bedingten Vertrag ist bei einer Aufforderung zu mangel- oder schadensbeseitigenden Maßnahmen durch den Bauherrn zumindest dann auszugehen, wenn der Unternehmer ein Vergütungsverlangen für den Fall seines Nichtvertretenmüssens ausdrücklich ankündigt und der Bauherr die Maßnahmen daraufhin widerspruchslos in Anspruch nimmt (vgl. OLG Karlsruhe BauR 2003, 1241). Eine derartige Ankündigung ist hier in dem Faxschreiben der Klägerin vom 5.4.2004 erfolgt, welches neben dem Architekten und dem Ingenieurbüro auch an die Beklagten persönlich gerichtet war; den Zugang haben sie nicht bestritten. Da sie in der Folgezeit die Trocknungsgeräte weiter in ihrem Haus in Betrieb gehalten und dem Schreiben vom 5.4.2004 auch nicht widersprochen haben, haben sie selbst durch schlüssiges Verhalten - ohne dass es auf die fehlende Vertretungsmacht ihres Architekten ankommt - das bedingte Vertragsangebot der Klägerin angenommen. Die Vergütungspflicht für den Fall, dass die Klägerin die Überschwemmung nicht zu vertreten hat, stellen sie denn in ihrer Berufungserwiderung auch nicht in Abrede.

b)

Entgegen dem Landgericht ist eine Einstandspflicht der Klägerin indes tatsächlich nicht festzustellen.

Dass die Überschwemmung durch einen Ausfall der von ihr installierten Tauchpumpe ausgelöst worden ist, hat sie zwar nicht bestritten, sondern im Gegenteil in ihrem o. g. Faxschreiben selbst eingeräumt und auch später keine Alternativursache benannt, obwohl ihr ja die gesamte Wasserinstallation des Hauses bekannt ist.

Die bloße Tatsache, dass ein elektrisches Gerät mehrere Monate nach Lieferung bzw. Abnahme einmalig nicht arbeitet, lässt jedoch nicht auf einen bei Abnahme vorliegenden oder auch nur "bereits angelegten" Defekt schließen. Um so mehr gilt das, wenn, wie hier, das Gerät sich anschließend durch erneutes Einschalten wieder einwandfrei in Betrieb setzen lässt und danach über einen erheblichen Zeitraum störungsfrei weiterläuft. Dies vermag der Senat auch ohne Hinzuziehung eines elektrotechnischen Sachverständigen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilen. Die Möglichkeit einer konkreten technischen Aufklärung der Ausfallursache besteht aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und zumindest ca. zweijährigen weiteren Benutzung der Pumpe ebenfalls nicht mehr.

Diese Umstände müssen zu Lasten der für einen im Abnahmezeitpunkt bestehenden Mangel beweisbelasteten Beklagten gehen. Eine entsprechende Anwendung der bei Verbraucherkaufverträgen geltenden Beweislastumkehr für Mängel, die sich innerhalb der ersten 6 Monate nach Gefahrübergang zeigen (§ 476 n. F. BGB), kommt nicht in Betracht. Zum einen wird eine Übertragung der Vorschrift auf das Werkvertragsrecht in Rechtsprechung und Literatur, soweit ersichtlich, nirgends befürwortet; ihr Anwendungsbereich wird im Gegenteil schon innerhalb des Kaufrechts restriktiv ausgelegt (vgl. Palandt/Weidenkaff, 67. Aufl., Rn. 3 a. E. zu § 476; Münchner Kommentar/Lorenz, BGB, 5. Aufl., Rn. 6 zu § 476; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2004, Rn. 7 zu § 476). Zum anderen ist wie gesagt nicht nur unaufklärbar wann, sondern auch ob überhaupt ein Defekt der Pumpe vorlag; über die letztere Ungewissheit würde selbst § 476 n. F. BGB nicht hinweghelfen.

Schließlich ist entgegen der im Termin geäußerten Auffassung der Beklagten auch nicht schon der Umstand, dass die Pumpe nicht während des gesamten Gewährleistungszeitraumes störungsfrei funktioniert hat, als solcher als Sachmangel i. S. d. § 633 Abs. 2 BGB zu werten. Eine solche Mangeldefinition wäre mit dem Gesetz bzw. der hier geltenden VOB/B, die beide nun einmal auf die Beschaffenheit im Abnahmezeitpunkt (= Gefahrübergang gemäß § 644 BGB, vgl. Palandt/Sprau, 67. Aufl., Rn. 3 zu § 633) abstellen, nicht vereinbar und kommt deshalb auch bei hochwertigen Produkten bzw. Werkbestandteilen nicht in Betracht.

c)

Der Vergütungsanspruch ist nicht durch die am Ende des Senatstermins erklärte Hilfsaufrechnung der Kläger mit einem entgegengesetzten Schadensersatzanspruch (zu ihm i. ü. näher unten 2.) erloschen, da diese Hilfsaufrechnung prozessual nicht zum Zuge kommt und daher auch materiell-rechtlich als nicht erfolgt gilt (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 29. Aufl., Rn. 18 zu § 145; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., Rn. 15 zu § 145; Münchner Kommentar/Wagner, ZPO, 3. Aufl., Rn. 26 zu § 145).

Die nachträgliche Hilfsaufrechnung des Schadensersatzanspruches - auch - gegen den Vergütungsanspruch für die Trocknungsgeräte verbunden mit der Umwandlung eines gleich hohen Anteils des Widerklageantrages (3.645,00 €) in einen Hilfswiderklageantrag war nämlich letztlich wegen des Widerspruchs der Klägerin nicht zuzulassen. Diese Antragsumstellung würde zwar keinen Bedenken im Hinblick auf § 533 ZPO begegnen, weil eine Erweiterung des entscheidungsrelevanten Tatsachenstoffes nicht stattfände und es auch sachdienlich gewesen wäre, eine wechselseitige Verurteilung zu Geldzahlungen, die aller Wahrscheinlichkeit nachträglich doch wieder durch eine Aufrechnung aufgelöst worden wäre, zu vermeiden. Bei der teilweisen Herabstufung der Widerklage zu einer Hilfswiderklage handelt es sich jedoch in der Sache um eine Teilrücknahme derselben, welche nach mündlicher Verhandlung gegen den Willen des Gegners nicht mehr zulässig ist (§ 269 Abs. 1 ZPO).

d)

Der Zinsanspruch ist gemäß § 291 i. V. m. § 288 Abs. 1 S. 2 gerechtfertigt. Ein vor Rechtshängigkeit eingetretener Verzug ist nicht dargetan.

2.

Nicht zu beanstanden ist das landgerichtliche Urteil dagegen, soweit es den unstreitigen Restwerklohnanspruch aus dem Hauptauftrag gemäß § 631 Abs. 1 BGB i. H. v. 4.608,88 € als durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2, Nr. 7 Abs. 1 VOB/B (2000) i. H. v. 16.000,00 € erloschen abgewiesen und den verbleibenden Schadensersatzanspruch auf die Widerklage hin zugesprochen hat.

a)

Das Werk der Klägerin war mit einem Mangel dergestalt behaftet, dass in der Dusche des sog. Elternbades der Anschluss zwischen Ablaufgehäuse und Aufstockelement nicht die notwendige Dichtigkeit hatte. Diese von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. L schon in erster Instanz festgestellte Undichtigkeit ist von der Klägerin als solche nicht angegriffen und von dem Sachverständigen auch noch einmal im Termin überzeugend erläutert worden.

Soweit die Klägerin behauptet, nicht sie, sondern die nach ihr tätig gewordene Natursteinlegerfirma habe die Undichtigkeit herbeigeführt, indem sie den Dichtungsring z. B. durch Einwirkung auf das Aufstockelement aus seiner ursprünglich korrekten Position verschoben habe, hat der Sachverständige einen solchen Vorgang zwar als möglich bezeichnet. Das würde aber an der gewährleistungsrechtlichen Verantwortlichkeit der Klägerin nichts ändern, weil sie gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B für die objektive Mangelfreiheit ihres Gewerkes im Zeitpunkt der Abnahme, die vorliegend erst nach Vollendung des Natursteinbodens erfolgt ist, einstehen muss.

b)

Da eine weitere Aufklärung, ob die Klägerin oder der Natursteinleger die Undichtigkeit des Ringes herbeigeführt hat, nicht mehr möglich ist, hat die Klägerin auch den ihr obliegenden Nachweis, dass sie den Mangel nicht i. S. d. § 13 Nr. 7 VOB/B verschuldet hat (vgl. Ingenstau/Korbion/Wirth, VOB, 16. Aufl., Rn. 7 zu § 13 Nr. 7 VOB/B), nicht geführt.

c)

Aufgrund des von ihr zu vertretenden Mangels haftet die Klägerin auch für die Verursachung des Wasserschadens an der darunterliegenden Deckenkonstruktion.

Dafür bedarf es nicht einer Klärung der Frage, ob auch noch an anderen Stellen als dem Übergang zwischen Ablaufgehäuse und Aufstockelement Undichtigkeiten vorhanden sind, die ebenfalls für die Verursachung des Wasserschadens in Betracht kommen. Selbst wenn sich solche weiteren Undichtigkeiten als vorhanden herausstellen würden, wäre nämlich nach der nachvollziehbaren Aussage des Sachverständigen heute nicht mehr feststellbar, durch welche der dann mehreren Undichtigkeiten das Wasser seinerzeit tatsächlich in die Erdgeschossdecke gelangt ist. In dieser Situation aber ist die deliktsrechtliche Vorschrift des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB, die bei mehreren jeweils möglicherweise ursächlichen Schädigungsbeteiligten eine Haftung eines jeden von ihnen begründet, auch im Vertragsrecht anzuwenden (vgl. BGH NJW 2001, 2538; Palandt/Sprau Rn. 13 zu § 830). Beteiligte in diesem Sinne ist die Klägerin, weil es hierfür genügt, dass die von ihr zu verantwortende Undichtigkeit abstrakt zur Herbeiführung eines Schadens wie des vorliegend eingetretenen geeignet war (rechtswidrige Gefährdung der Schutzsphäre des Betroffenen, vgl. BGH NJW 1989, 2943).

Auch wegen eines möglichen Mitverschuldens bedarf es nicht der Aufklärung möglicher weiterer Undichtigkeitsstellen, weil die für diese verantwortlichen anderen Unternehmer im Verhältnis zur Klägerin nicht Erfüllungsgehilfen der Beklagten wären, ihr Verschulden den Beklagten daher nicht zugerechnet würde. Vielmehr würde eine gesamtschuldnerische Haftung bestehen.

Wegen der unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegebenen Relevanz weiterer Undichtigkeitsstellen liegt in der Weigerung der Beklagten, eine Aufklärung in dieser Richtung zu ermöglichen, auch keine Beweisvereitelung.

d)

Soweit es sich bei den von den Beklagten geltend gemachten Aufwendungen um solche zur Beseitigung der Undichtigkeit selbst, d. h. des Mangels und nicht des Folgeschadens, handelt, was nach den Ausführungen des Sachverständigen einen Teilbetrag von 2.900,00 € (nebst Mehrwertsteuer und anteiliger Regiekosten) betrifft, hätte es gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zwar grundsätzlich zunächst einer befristeten Mängelbeseitigungsaufforderung an die Klägerin bedurft, um anschließend zu einem Ersatzanspruch in Geld übergehen zu können. Eine solche war bzw. ist jedoch im vorliegenden Fall entbehrlich, weil die Klägerin ihre Verantwortlichkeit für den Mangel während des gesamten Rechtsstreits, insbesondere auch noch nach Vorliegen des erstinstanzlichen Sachverständigengutachtens bis hin zur Berufungsinstanz (vgl. S. 6 vorletzter Absatz der Berufungsbegründung), ernsthaft von sich gewiesen hat.

e)

Die vom Sachverständigen ermittelte und vom Landgericht zuerkannte Schadenshöhe von 16.000,00 € ist vom Senat ohne weitere Aufklärung zugrundezulegen.

Nachdem der Sachverständige die Schadensbeseitigungskosten auf diese, den ursprünglich geltend gemachten Betrag übersteigende Summe beziffert hat, haben sich die Beklagten seine Schadensermittlung zu eigen gemacht und die Widerklage entsprechend erhöht. Dies war unabhängig davon, ob sich der Sachverständige mit seinem Vorgehen im Rahmen des Beweisbeschlusses gehalten hat oder nicht, zulässig. Dass die Klägerin ihrerseits mit Schriftsatz vom 11.1.2008 ausdrücklich auf Fragen und Einwendungen zu dem Gutachten - "Rechtsausführungen jedoch vorbehalten" - verzichtet hat, lässt zumindest naheliegend erscheinen, dass sie damit ihr Bestreiten der ursprünglich bezifferten Schadensaufwendungen fallengelassen hat, so dass sie mit ihm nunmehr gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen wäre. Selbst wenn man dies jedoch nicht annähme, wäre sie aber zumindest mit Einwendungen gegen das Gutachten gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, was in der Sache zu demselben Ergebnis führt, nämlich dass das Ergebnis des Gutachtens für den Senat bindend ist.

Offensichtlich unrichtige Feststellungen, die einer solchen Bindungswirkung möglicherweise entgegenstehen könnten, enthält das Gutachten ebenfalls nicht. So können beispielsweise die zunächst sehr hoch erscheinenden Kosten für Demontage, Einlagerung und Remontage der Duschtrennwand (Pos. 1: 600,00 € netto) mit der sehr aufwendigen Konstruktion dieser Trennwand aus mehreren gebogenen Glaselementen mit entsprechenden Wand-, Bodenabdichtungen und Scharnieren zumindest erklärbar sein. Gerade der fachkundigen Klägerin wäre es in einem solchen Punkt zuzumuten gewesen, durch konkrete Darlegung eines wesentlich niedrigeren Arbeitsaufwandes schon im Rahmen der erstinstanzlich eingeräumten Frist Anhaltspunkte für einen Überprüfungsbedarf darzulegen.

Was die von der Klägerin ebenfalls gerügten Regiekosten anbetrifft, so bewegen sich diese gleichfalls in dem dem Senat aus Erfahrung geläufigen Rahmen von ca. 15 % der eigentlichen Baukosten; die Rechtsfrage, ob Regiekosten überhaupt erstattungsfähig sind, ist bei einer anspruchsvollen Bauaufgabe wie der hier vorliegenden zu bejahen.

f)

Der Zinsanspruch auf die Widerklageforderung ist gemäß § 291 i. V. m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB gerechtfertigt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück