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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: 21 W 7/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 648 Abs. 1
BGB § 648 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 24.01.2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin erbrachte im Auftrag der C GmbH Bauträger- Baubetreuer- Makler Dachdecker- und Klempnerarbeiten am Bauvorhaben F-X/ X zum Stadtwald 10 in I. Miteigentümer des unter der lfd. Nr. 8 im Grundbuch von Z1 Bl. 138 (Amtsgericht Hattingen) eingetragenen Grundstücks sind zu je 1/4 Anteil der Antragsgegner, der zugleich alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH ist, S L, E L2 und N L3. Den Arbeiten lag ein - für die GmbH von dem Antragsgegner unterzeichneter - VOB-Vertrag vom 07./09.12.2004 zugrunde. Vertragsgrundlage war u. a. ein Einheitspreisangebot vom 01.12.2004 über 135.175,64 Euro. Im Zuge der Arbeiten kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Vertragsparteien. Die Antragstellerin forderte daraufhin mit Schreiben vom 09.04.2005 unter Hinweis auf § 648 a BGB Sicherheit in Höhe von 128.183,79 Euro bis zum 26.04.2005 und wies darauf hin, dass sie nach Ablauf der Frist ihre Leistung verweigere. Unter dem 19.05.2005 setzte sie eine Nachfrist zum 06.06.2005 und erklärte für den Fall fruchtlosen Fristablaufs die Kündigung. Nachdem auch diese Frist verstrichen war, ohne dass die GmbH Sicherheit geleistet hat, rechnete die Antragstellerin ihre Leistungen mit Schlussrechnung vom 10.08.2005 ab. Die Rechnung schließt unter Berücksichtigung diverser Nachträge und Abschlagszahlungen mit einem (Netto-) Betrag von 21.893,71 Euro.

Die Antragstellerin hat wegen dieser Forderung sowie wegen eines Kostenbetrages von 1.291,80 Euro zur Sicherung ihres Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek eine Vormerkung auf dem 1/4-Miteigentumsanteil des Antragsgegners aufgrund einstweiliger Verfügung verlangt. Sie hat geltend gemacht, der Antragsgegner müsse sich nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als wäre er ihr Auftraggeber. Zum einen beherrsche er die GmbH als deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer. Zum anderen ziehe er einen tatsächlichen Vorteil aus ihren Leistungen, da er - unstreitig - eine Wohnung im Haus X Zum Stadtwald 10 selbst nutze und die Wohnungen im Hause F-X gemeinsam mit den anderen Eigentümern vermietet habe.

Das Landgericht hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß vom 24.01.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsgegner müsse sich nicht so behandeln lassen, als wäre er Auftraggeber der Antragsteller. Dergleichen komme nur in Betracht, wenn der Grundstückseigentümer die Werkleistung optimal nutze. Davon könne aber bei der Nutzung einer Wohnung und der Vermietung anderer Wohnungen keine Rede sein.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie rügt, das Landgericht habe einen zu strengen Maßstab angelegt. Eine optimale Nutzung der Werkleistung sei nicht voraus zu setzen; insoweit genüge vielmehr, dass der Grundstückseigentümer tatsächlich Vorteil aus der Werkleistung ziehe.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Essen vom 24.01.2006 im Wege der einstweiligen Verfügung zu beschließen:

Auf dem 1/4-Miteigentumsanteil des Antragsgegners an dem unter der laufenden Nr. 8 im Grundbuch von Z1 Bl. 138 (Amtsgericht Hattingen) eingetragenen Grundstück wird zugunsten der Antragstellerin eine Vormerkung zur Sicherung ihres Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek für ihre Forderung aus erbrachten Dachdeckerarbeiten aufgrund Bauvertrags vom 07./09.12.2004 in Höhe von 21.893,71 Euro gem. Schlussrechnung vom 10.08.2005 sowie wegen eines Kostenbetrages von 1.291,80 Euro eingetragen.

Das Grundbuchamt beim Amtsgericht Hattingen wird um Eintragung der Vormerkung ersucht.

Der Antragsgegner beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Er meint, die Antragstellerin könne sich nicht auf Treu und Glauben berufen. Dass die GmbH nicht Eigentümerin des Grundstücks sei, hätte sich schon deshalb aufdrängen müssen, weil sie - unstreitig - als Generalunternehmerin aufgetreten sei. Darüber hinaus habe die Antragstellerin - ebenfalls unstreitig - vor Vertragsschluß Pläne erhalten, die die Eigentümergemeinschaft L als Bauherr auswiesen. Auch bei den Vertragsverhandlungen sei mehrmals erklärt worden, dass das Grundstück nicht im Eigentum der GmbH stehe. Deshalb sei die Antragstellerin nicht schutzwürdig, zumal sie eine Sicherheit nach § 648 a BGB schon vor Ausführung der Arbeiten hätte verlangen können. Schließlich seien Mängel vorhanden gewesen, deren Beseitigung rund 30.000,-- Euro gekostet habe.

II.

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zur Eintragung einer Vormerkung mit Recht zurückgewiesen (§§ 883 Abs. 1 S. 1, 885 Abs. 1 S. 1, 937 Abs. 2 ZPO). Denn die Antragstellerin kann wegen ihrer Forderung aus dem Vertrag vom 07./09.12.2004 über Dachdecker- und Klempnerarbeiten am Bauvorhaben F-X/X zum Stadtwald 10 in I gem. Schlußrechnung vom 10.08.2005 nicht die Einräumung einer Sicherungshypothek an dem 1/4-Miteigentumsanteil des Antragsgegners an dem unter der laufenden Nr. 8 im Grundbuch von Z1 Bl. 138 (Amtsgericht Hattingen) eingetragenen Grundstück verlangen (§ 648 Abs. 1 BGB).

1.

Grundsätzlich kann der Unternehmer die Einräumung einer Sicherungshypothek nach § 648 Abs. 1 BGB nur verlangen, wenn Besteller und Grundstückseigentümer rechtlich dieselbe Person sind (formale Beurteilung); eine Übereinstimmung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise genügt in der Regel nicht (BGHZ 102, 95/100; OLG Hamm, BauR 1990, 365; OLG Naumburg, NJW-RR 2000, 311; OLG Frankfurt/M., MDR 2001, 1405; OLG Celle, BauR 2000, 101; 2001, 834 f.; 2003, 576; NJW-RR 2005, 460; Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl. 2006, § 648 Rdn. Rdn. 3; Pastor, in: Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 11. Aufl. 2005, Rdn. 253). Allerdings schließt das nicht aus, dass sich der Grundstückseigentümer ausnahmsweise nach § 242 BGB wie ein Besteller behandeln lassen muß, wenn sich sonst wegen der formalen Beurteilung ein untragbares Ergebnis ergäbe (BGHZ 102, 95/102 ff.; OLG Hamm, BauR 1990, 365/366; OLG Naumburg, NJW-RR 2000, 311/312; OLG Frankfurt/M., MDR 2001, 1405; OLG Celle, BauR 2000, 101; 2001, 834/835; 2003, 576 f.; NJW-RR 2005, 460/461; Palandt/Sprau, a.a.O.; Pastor in: Werner/Pastor, Rdn. 258).

2.

Nach diesen Grundsätzen steht der Antragstellerin gegen den Antragsgegner kein Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek zu.

a)

Besteller und Grundstückseigentümer sind rechtlich verschiedene Personen. Auftraggeberin der Dachdecker- und Klempnerarbeiten ist die C GmbH Bauträger-Baubetreuer-Makler. Eigentümer des unter laufender Nummer 8 im Grundbuch von Z1 Bl. 138 (Amtsgericht Hattingen) eingetragenen Grundstücks sind hingegen zu je 1/4-Anteil der Antragsgegner, S L, L2 und N L3.

b)

Der Antragsgegner muß sich auch nicht etwa nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen, als wäre er Auftraggeber der Antragstellerin. Denn um einen Ausnahmefall, in dem sich nach der formalen Betrachtung ein untragbares Ergebnis ergäbe, handelt es sich hier nicht.

aa)

Dass der Antragsgegner die C GmbH Bauträger- Baubetreuer- Makler als deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer beherrscht, kann allein nicht dazu führen, ihn über § 242 BGB als Auftraggeber der Antragstellerin zu behandeln. Vielmehr müssen insoweit die Regeln gelten, die für die sogenannte Durchgriffshaftung entwickelt worden sind. Wollte man über die Voraussetzungen des Durchgriffs hinaus allein an die beherrschende Stellung des alleinigen Gesellschafters und Geschäftsführers einer GmbH anknüpfen, liefe das nämlich darauf hinaus, dass entgegen dem oben genannten Grundsatz im Ergebnis doch eine Übereinstimmung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise genügen würde (vgl. BGHZ 102, 95/103; OLG Hamm, BauR 1990, 365/366; OLG Dresden, BauR 1998, 136; OLG Celle, BauR 2000, 101; OLG Frankfurt/M., MDR 2001, 1405; Palandt/Sprau, a.a.O.). Nach den Regeln der Durchgriffshaftung (vgl. Palandt/Heinrichs, Einführung vor § 21 Rdn. 12 bis 12 e) ist eine Mithaftung des Antragsgegners nicht zu begründen. Insbesondere macht die Antragstellerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, nicht etwa geltend, die Kapitalausstattung der GmbH sei so unzureichend gewesen, dass von vornherein zu erwarten gewesen wäre, sie könne den Bauvertrag vom 07./09.12.2004 nicht erfüllen.

bb)

§ 242 BGB kann im Streitfall auch nicht schon deshalb eingreifen, weil der Antragsgegner den Bauvertrag kannte und billigte. Das ergab sich zwangsläufig darauf, dass er den Vertrag vom 07./09.12.2004 für die GmbH als deren Geschäftsführer unterzeichnet hatte (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Daraus kann nicht etwa hergleitet werden, der Antragsgegner habe sich mit der späteren Einräumung einer Sicherungshypothek einverstanden erklärt. Gegen eine solche Auslegung spricht vor allem, dass ansonsten der - mit der Gründung einer GmbH regelmäßig verfolgte und von der Rechtsordnung gebilligte - Zweck, die persönliche Haftung zu beschränken, verfehlt würde (vgl. BGHZ 102, 95/103 f.; OLG Frankfurt/M. MDR 2001, 1405 f.; ähnlich OLG Celle, NJW-RR 2005, 460/461 für zwangsläufige Kenntnis eines Ehegatten beim Bau eines gemeinsamen Hauses).

cc)

Von besonderen Umständen im Sinne des § 242 BGB kann schließlich selbst dann nicht gesprochen werden, wenn man über die oben genannten Gesichtspunkte hinaus berücksichtigt, dass der Antragsgegner über die von ihm beherrschte GmbH insofern tatsächlich Vorteil aus den Arbeiten der Antragsgegnerin zieht, da er eine Wohnung im Hause X zum Stadtwald 10 selbst nutzt und die Wohnungen im Hause F-X gemeinsamen mit den anderen Eigentümerin vermietet hat.

Die wirtschaftliche Beherrschung des Bestellers durch den Grundstückseigentümer und das tatsächliche Ausnutzen der Werkleistung sind zwar Umstände, die es rechtfertigen können, den Eigentümer wie einen Besteller zu behandeln (vgl. BGHZ, 102, 95/104 f.; OLG Celle, BauR 2003, 576/577; OLG Dresden, BauR 1998, 136/137; Pastor, in: Werner/Pastor, Rdn. 258; Palandt/Sprau, § 648 Rdn. 3). Allerdings weist der Streitfall eine Besonderheit auf, die der Annahme eines Ausnahmefalls entgegen steht.

Die Antragstellerin hätte, was der Antragsgegner zu Recht geltend macht, aus mehreren Umständen erkennen müssen, dass die GmbH nicht Eigentümerin des Grundstücks ist. Bereits der Umstand, dass die GmbH als Generalunternehmerin auftrat, wies auf fremdes Eigentum hin, weil Generalunternehmer in der Regel nicht Eigentümer der zu bebauenden Grundstücke sind (OLG Celle, BauR 2000, 101; Pastor: in Werner/Pastor, Rdn. 253). Hinzu kommt, dass die Antragstellerin vor Vertragsschluß Pläne erhalten hatte, die die Eigentümergemeinschaft Kurbasevic als Bauherrn auswiesen.

Unter diesen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, das gesetzliche Erfordernis der Identität von Besteller und Grundstückseigentümer nach § 242 BGB zu durchbrechen. Der Unternehmer ist in der Regel nicht schutzbedürftig, wenn er hätte erkennen müssen, dass der Besteller nicht zugleich Grundstückseigentümer ist (OLG Schleswig, BauR 2000, 1377; Pastor, in: Werner/Pastor, Rdn. 256; ähnlich OLG Köln, BauR 1986, 703/704). Dass die Antragstellerin ausnahmsweise gleichwohl schutzwürdig sein sollte, ist nicht ersichtlich, zumal ihr Geschäftsführer im Senatstermin erklärt hat, wichtig sei nur die Person des Auftraggebers gewesen; darüber, wer Grundstückseigentümer sei, habe er sich keine Gedanken gemacht.

dd)

Auf die von dem Antragsgegner aufgeworfene (Streit-) Frage, ob der Unternehmer, der eine Leistung auf einem bestellerfremden Grundstück erbringt, durch die Möglichkeit, schon vor Ausführung der Arbeiten eine Sicherheit nach § 648 a BGB zu verlangen, in der Regel ausreichend geschützt ist (bejahend OLG Celle, BauR 2000, 101/102; NJW-RR 2005, 460/461; ablehnend OLG Naumburg, NJW-RR 2000, 311/312; KG, BauR 1999, 921; Pastor: in Werner/Pastor, Rdn. 258, Palandt/Sprau, § 648 Rdn. 3), kommt es danach im Streitfall nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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