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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.03.1998
Aktenzeichen: 22 U 5/97
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 419
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 818
BGB § 138 Abs. 1
ZPO § 540
ZPO § 590
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 5/97 OLG Hamm 4 O 151/92 LG Hagen

Verkündet am 12. März 1998

Skrzypek, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Dreher, den Richter am Oberlandesgericht Gottwald und die Richterin am Oberlandesgericht Gödel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 31. Oktober 1996 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen aufgehoben:

Die Klage gegen den Beklagten zu 1) ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Hinsichtlich der Höhe und hinsichtlich der Beklagten zu 2) wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert jede Partei in Höhe von 200.000,00 DM.

Tatbestand:

Der Beklagte hatte im Jahre 1981 das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück in zu einem Kaufpreis von 410.000,00 DM gekauft (vgl. Beiakte Grundakten des AG Bl.). Im Jahre 1982 begründete er Wohnungseigentum an den einzelnen Wohnungen des im Jahre 1911 errichteten Hauses. Die Wohnflächen der Wohnungen mit Ausnahme derjenigen der beiden etwas kleineren Dachgeschoßwohnungen, die 60 qm und 80 qm betragen, sind knapp 66 qm bzw. knapp 86 qm groß.

Die Dachgeschoßwohnungen verkaufte der Beklagte mit Kaufvertrag vom 06. Januar. 1984 zu Kaufpreisen von 120.000,00 DM bzw. 140.000,00 DM, die Eigentumswohnungen Nr. 8 und Nr. 9 des Aufteilungsplanes verkaufte er mit notariellem Kaufvertrag vom 30. Juli 1984 für 130.000,00 DM bzw. 155.000,00 DM, jeweils an einen Herrn.

Mit notariellen Kaufverträgen vom 20. Mai 1988 verkaufte der Beklagten die Wohnungen Nr. 4 und 5 des Aufteilungsplanes ebenfalls für 130.000,00 DM und 155.000,00 DM an einen Herrn Grundlage der Kaufpreisbemessung waren in allen Kaufverträgen Gutachten des Zeugen die dieser für den Beklagten im Zuge des Verkaufs dieser Wohnungen gemacht hatte.

Der Kläger und der Beklagte zu 1), die sich seit längerer Zeit privat kannten, hatten Ende 1987/Anfang 1988 verabredet, gewinnbringend zusammenzuarbeiten. Der Beklagte, der bis zu seinem Herzinfarkt im Jahre 1984 als Immobilienmakler tätig war, sollte Häuser oder Eigentumswohnungen ersteigern. Der Kläger, der, bevor er Hausmeister wurde, als selbständiger Fußbodenleger tätig war, sollte die Wohnungen renovieren. Nach Ablauf der Spekulationsfrist sollten die Immobilien verkauft und der erzielte Gewinn geteilt werden.

Da die Parteien nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügten, schlug der Beklagte dem Kläger vor, zwei Eigentumswohnungen aus seinem Bestand zu erwerben. Hierdurch sollten dem Beklagten Gelder für die weitere Zusammenarbeit beschafft werden. Durch notarielle Verträge vom 26. Mai 1988 kaufte der Kläger die Eigentumswohnung Nr. 6 des Aufteilungsplanes, 2. Obergeschoß rechts, knapp 66 qm groß, zu einem Kaufpreis von 130.000,00 DM und die Eigentumswohnung Nr. 7 des Aufteilungsplanes, 2. Obergeschoß links, knapp 86 qm groß, zum Preis von 155.000,00 DM des Hausgrundstücks Grundlage für die Kaufpreisbemessung war dabei eine Wertschätzung des Zeugen vom 08. März 1987, die der Beklagte dem Kläger bei den Vertragsverhandlungen zur Verfügung stellte und in der der Zeuge den Verkaufswert mit rund 155.000,00 DM ermittelt hatte.

Zuvor hatte der Zeuge in dem Zwangsversteigerungsverfahren betreffend die Eigentumswohnung Nr. 9 des Herrn den Verkehrswert auf 81.000,00 DM ermittelt und zur Erläuterung angegeben, daß für Wohnraum vergleichbarer Art, Lage, Ausstattung und Beschaffenheit im Raum rund 800,00 bis 920,00 DM je Quadratmeter Wohnfläche erzielt werden. Für die zu bewertende Eigentumswohnung Nr. 9 seien 900,00 DM je Quadratmeter Wohnfläche angemessen und marktgerecht. Auf die Einzelheiten des Gutachtens vom 24. Februar 1986 (Bl. 29 bis 40 GA) wird verwiesen.

Die Vollfinanzierung der vom Kläger geschuldeten Kaufpreise für die beiden Eigentumswohnungen in Höhe von insgesamt 285.000,00 DM erfolgte bei der BHW-Bausparkasse und der Genossenschaftshypothekenbank. An den Beklagten wurde ein Betrag von insgesamt 285.395,77 DM einschließlich einer Barzahlung des Klägers in Höhe von 48.000,00 DM am 24. Februar 1989 gezahlt. Der Beklagte stellte dem Kläger für die Erwerbskosten (Notar/Grundbuchamt) zudem ein Darlehen in Höhe von 25.000,00 DM zur Verfügung.

Die beiden Eigentumswohnungen des Klägers wurden - ebenso wie diejenigen der übrigen Käufer - zwangsversteigert. Die in den die Eigentumswohnungen des Klägers betreffenden Zwangsversteigerungsverfahren eingeholten Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Stadt ergaben für die Eigentumswohnung Nr. 6 zum Bewertungsstichtag 30. August 1990 einen Verkehrswert von 65.430,00 DM und für die Eigentumswohnung Nr. 7 zum Bewertungsstichtag 07. November 1990 einen Verkehrswert von 85.960,00 DM. Die kleinere Eigentumswohnung wurde am 21. Januar 1992 für 50.500,00 DM und die größere Eigentumswohnung einige Monate später für 75.000,00 DM versteigert.

Der Kläger verlangt mit der Klage die Rückgewähr der gezahlten Kaufpreise unter Berücksichtigung erteilter Gutschriften und macht einen Teilbetrag von 200.000,00 DM geltend.

Der Kläger meint, die Kaufverträge vom 26. Mai 1988 seien gemäß § 138 BGB nichtig. Er behauptet, bei Abschluß der Kaufverträge habe die für 155.000,00 DM erworbene Eigentumswohnung Nr. 7 nur einen Verkehrswert von 83.000,00 DM und die für 130.000,00 DM gekaufte Eigentumswohnung Nr. 6 nur einen solchen von 63.000,00 DM gehabt.

Dem Beklagten sei auch der tatsächliche Wert der Eigentumswohnungen bei Abschluß des Kaufvertrages bekannt gewesen. Dies ergebe sich unter anderem daraus, daß das Wertgutachten des Zeugen in dem Zwangsversteigerungsverfahren betreffend die mit der von ihm - dem Kläger - gekauften Eigentumswohnung Nr. 7 vergleichbare Eigentumswohnung Nr. 9 vom 24. Februar 1986 nur einen Wert von 81.000,00 DM ergeben habe und für nur 40.500,00 DM ersteigert worden sei. Dies sei - wie unstreitig ist - dem Beklagten bei Abschluß der Kaufverträge mit ihm - dem Kläger - bekannt gewesen.

Der Beklagte habe den Zeugen veranlaßt, in seinem Gutachten vom 08. März 1987 den Verkaufswert der Eigentumswohnung erhöht zu schätzen, um ihn, den Kläger, über den wahren Wert der Wohnungen zu täuschen und zur Vereinbarung der den Wert der Wohnungen weit übersteigenden Kaufpreise zu bewegen.

Die vereinbarten Kaufpreise seien wucherisch, so daß die verwerfliche Gesinnung des Beklagten zu vermuten sei.

Die zugleich in Anspruch genommene Ehefrau des Beklagten zu 1) hafte wegen der am 25. September 1990 vorgenommenen Übertragung der in gelegenen Grundstücke des Beklagten zu 1), die dessen gesamtes Vermögen dargestellt hätten, gemäß § 419 BGB für die geltend gemachten Forderungen.

Die Klage ist durch Urteil des Landgerichts vom 02. März 1994 abgewiesen worden.

Auf die Berufung des Klägers hat der Senat durch Urteil vom 06. April 1995 dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Berufung - zurückverwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 200.000,00 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 01. Mai 1992 zu zahlen,

hilfsweise,

2.

die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung in Höhe von 200.000,00 DM in den Grundbesitz Gemarkung, Flur, Flurstücke und eingetragen beim Amtsgericht im Grundbuch von Bl. zu dulden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) behauptet, die Kaufpreise seien angemessen, marktgerecht und nicht überzogen gewesen. Der Zeuge habe den Wert der Eigentumswohnung in seinem Gutachten vom 08. März 1987 zutreffend eingeschätzt; ein Gefälligkeitsgutachten liege nicht vor. Er, der Beklagte, habe auf die Wertschätzung des Zeugen vertrauen dürfen. Auch die finanzierenden Banken hätten den Verkehrswert der Wohnungen ebenso eingeschätzt.

Zudem habe er, der Beklagte, dem Kläger am 24. Februar 1989 insgesamt 60.000,00 DM zurückgezahlt. Dieser Betrag habe im Rahmen der vorgesehen Zusammenarbeit zwischen den Parteien zur Verfügung stehen und gemeinsam für die Renovierung von Eigentumswohnungen ausgegeben werden sollen. Der Kläger habe dieses Geld jedoch für persönliche Zwecke verwandt.

Hilfsweise erklärt der Beklagte mit seinem angeblichen Wertersatzanspruch die Aufrechnung gegen die Klageforderung.

Die Beklagte zu 2) hält einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 1) nicht für gegeben. Zudem habe der Beklagte zu 1) bei der Übertragung der Grundstücke in auf sie, die Beklagte, nicht sein gesamtes Vermögen übertragen.

Der Beklagte zu 1) habe, als sie die Grundstücke des Beklagten zu 1) in erworben habe, über ein weiteres Hausgrundstück in sowie über ein Barvermögen von mindestens 50.000,00 DM verfügt, wie ihr positiv bekannt gewesen sei.

Nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen und durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen sowie durch mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Gründe und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil - einschließlich seiner Verweisungen - Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

abändernd,

nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen zu erkennen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf ihre Schriftsätze und die mit ihnen überreichten Anlagen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen. Der Sachverständig hat zudem sein in erster Instanz erstattetes Gutachten vor dem Senat erläutert. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.

Die Akten 31 K 102/90, 31 K 11/90 AG Hagen, die Grundakten des AG Bl. und die Akten 21 O 160/89 sowie 16 O 255/90 jeweils LG Hagen lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

I.

Die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage ist dem Grunde nach begründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 1) ein Anspruch gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 BGB dem Grunde nach zu, weil die notariellen Kaufverträge vom 26. Mai 1988 gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig sind.

Ein Rechtsgeschäft kann nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn das Mißverhältnis zwischen Leitung und Gegenleistung so krass ist, daß allein daraus schon auf eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragspartners zu schließen ist (vgl. BGH, WM 1981, 404 f.; 1987, 353 f.; NJW-RR 1990, 950; NJW-RR 1991, 589). Für das Vorliegen eines auffälligen Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung und die daran anknüpfende Vermutung der verwerflichen Gesinnung kommt es allein auf die objektiven Werte dieser Leistungen an (vgl. BGH, WM 1984, 874). Ein besonders grobes Mißverhältnis kann - wenn es sich wie hier, um hohe absolute Beträge handelt, angenommen werden bei einer Wertrelation von 80.000,00 zu 42.500,00 DM (vgl. BGH, NJW 1992, 899), von 138.000, 00 DM zu 64.480,00 DM (BGH, NJW-RR 1990, 950; weitere Beispiele aus der Rechtsprechung sind in Palandt-Heinrichs, BGB, 56. Aufl., § 138 Rdn. 34 aufgeführt).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, daß ein grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt.

Den Verkehrswert der 86 qm großen Eigentumswohnung hat der Sachverständige Dipl.-Ing. und Architekt in seinem überzeugenden Gutachten vom 28. Juli 1993 zum Stichtag auf 86.000,00 DM und, den der 66 qm großen auf 73.000,00 DM geschätzt, und zwar zu Recht unter Anwendung des Vergleichswertverfahrens. In Relation zu den Verkaufspreisen gesetzt, liegt damit hinsichtlich der kleineren Eigentumswohnung eine Überhöhung von 78,1 %, und hinsichtlich der größeren Eigentumswohnung eine solche von 80,2 % vor.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts können die von dem Sachverständigen ermittelten Verkehrswerte nicht um je 10 % erhöht und sodann ein grobes Mißverhältnis im Hinblick auf die sich dann ergebende Wertrelation zwischen Kaufpreis und Wohnungseigentum verneint werden. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung vor dem Senat klargestellt, daß zwar ein bis zu 10 % schwankender Bewertungsrahmen bei der Verkehrswertermittlung vertretbar, darüber hinausgehende Abweichungen nicht mehr marktgerecht seien. Er hat jedoch im einzelnen dargelegt, daß die von ihm ermittelten Verkehrswerte von 86.000,00 und 73.000,00 DM den Preis darstellten, der zur damaligen Zeit im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den tatsächlichen Eigenschaften, insbesondere der Lage und der sonstigen Beschaffenheit der zu bewertenden Eigentumswohnungen zu erzielen gewesen wäre. Hierbei handelte es sich um einen festen Wert, der sich maßgeblich an den Verkaufspreisen für vergleichbare Objekte orientiere. Einen Schätzrahmen habe er für die Ermittlung der Verkehrswerte nicht zur Verfügung stellen wollen. Dies entspräche auch nicht der einschlägigen Wertermittlungsverordnung.

Auch in den dem Senat bekannten, einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs wird von festen Verkehrswerten und nicht von einem Bewertungsrahmen ausgegangen.

Der Sachverständige hat zudem verneint, daß die tatsächlich gezahlten höheren Mieten zu einem - von ihm zur Kontrolle ermittelten - höheren Ertragswert führen könnten. Der Sachverständige hat zutreffend dargelegt, daß er bei den von ihm ermittelten Ertragswerten die nachhaltig erzielbaren Mieten zugrundegelegt hat.

Der Beklagte, der bis 1984 als Immmobilienhändler tätig war und noch in der Folgezeit aus seinem Bestand unter anderem die Eigentumswohnungen seines Mehrfamilienhauses in veräußert hatte, kannte auch den wahren Verkehrswert der beiden Eigentumswohnungen.

Der Beklagte hat das grob fehlerhafte Wertgutachten des Zeugen benutzt, um dem in Immobiliengeschäften unerfahrenen Kläger einen höheren Wert der beiden Eigentumswohnungen vorzutäuschen, wie sich aus folgendem ergibt:

Unstreitig ist das Gutachten des Zeugen vom 08. März 1987, in dem dieser den Verkaufswert für die größere Eigentumswohnung für Beleihungszwecke auf rund 155.000,00 DM ermittelt hat, für den Beklagten ausschließliche Grundlage seiner Kaufpreisbemessungen gewesen, obwohl ihm das Gutachten des Zeugen vom 24. Februar 1986 in dem Zwangsversteigerungsverfahren betreffend die Eigentumswohnung Nr. 9 des damaligen Eigentümers (Bl. 28 ff. GA), in dem der Zeuge zu einem Verkehrswert von nur 81.000,00 DM, allerdings unter Zugrundelegung einer fehlerhaften Wohnfläche von 90 qm kommt, bekannt war. Auch wußte der Beklagte, daß diese Eigentumswohnung, die er zu einem Kaufpreis von ebenfalls 155.000,00 DM an verkauft hatte, im August 1986 für nur 90.500,00 DM versteigert worden war. Nur die Wertschätzung vom 08. März 1987 hat der Beklagte jedoch dem Kläger präsentiert.

Daß dieses Beleihungsgutachten grob fehlerhaft ist, drängt sich an zahlreichen Stellen auf und ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 28. Juli 1993. Diese Fehler sind dem im Immobiliengeschäft erfahrenen Beklagten schon im Hinblick auf das weitere Gutachten des Zeugen vom 24. Februar 1986 offensichtlich gewesen. In diesem Gutachten stellt der Zeuge fest, daß für Wohnraum vergleichbarer Art, Lage, Ausstattung und Beschaffenheit im Raum rund 800,00 bis 900,00 DM je Quadratmeter Wohnfläche erzielt werden und hält für die von ihm bewertete Eigentumswohnung einen Vergleichspreis von 900,00 DM/qm für angemessen. Demgegenüber kommt der Zeuge, in seinem ein gutes Jahr später erstellten Beleihungsgutachten für die vom Kläger gekaufte, 86 qm große Eigentumswohnung Nr. 7 derselben Wohnungseigentumsanlage zu einem Quadratmeterpreis von 1.783,00 DM. In seiner Wertschätzung vom 08.März 1987 geht der Zeuge - offensichtlich falsch - von einer Lebensdauer von 45 bis 50 Jahren bei entsprechender Bewirtschaftung aus, obwohl die mögliche Restnutzungsdauer hier maßgeblich ist, die der Zeuge in seinem Gutachten vom 24. Februar 1986 auch nur mit rund 35 Jahren angegeben hat.

Demgegenüber kann sich der Beklagte nicht auf eine bessere Ausstattung und Instandhaltung der an den Kläger verkauften Eigentumswohnungen berufen. Zwar befanden sich in der Eigentumswohnung Nr. 9 des Herrn lediglich Einzelöfen, während sich in den Eigentumswohnungen des Klägers Gasetagenheizungen befinden. Der Sachverständige hat jedoch bei seinen Besichtigungen der beiden Eigentumswohnungen des Klägers im einzelnen dargelegt und festgestellt, daß auch bei diesen beiden Eigentumswohnungen nur von einer einfachen Ausstattung auszugehen ist. Eine schlechte Instandhaltung der Eigentumswohnung hat sich bei dem Verkehrswertgutachten des Zeugen entgegen den Bekundungen dieses Zeugen nicht maßgeblich auf den von ihm ermittelten Verkehrswert ausgewirkt, wie sich schon daraus ergibt daß er die Instandhaltung für die Wohnung mit Zufriedenstellend bezeichnet hat (Bl. 36 GA).

Damit kann dies die gravierenden Unterschiede der von dem Zeugen ermittelten Verkehrswerte nicht rechtfertigen. Auch läßt sich nicht feststellen, daß die schlechtere Ausstattung der an den Käufer verkauften Eigentumswohnung bei der Kaufpreisermittlung eine Rolle gespielt hat. Denn der Kläger hat unabhängig von der jeweiligen Ausstattung die größeren Eigentumswohnungen zu Kaufpreisen von 155.000,00 DM und die kleineren zu Kaufpreisen von 130.000,00 DM verkauft; für die beiden etwas kleineren Dachgeschoßwohnungen hat der Beklagte Kaufpreise von 120.000,00 DM bzw. 140.000,00 DM vereinbart, wobei in allen Fällen - wie der Beklagte einräumt - Grundlage der Kaufpreisbemessung Wertschätzungen des Zeugen waren.

Darüber hinaus wird die Kenntnis des Beklagten von dem tatsächlich geringeren Verkehrswert der beiden Eigentumswohnungen auch dadurch belegt, daß er seinerseits das Hausgrundstück im Jahre 1981 für einen Kaufpreis von 410.000,00 DM erworben hat und das Objekt nach Umwandlung in Wohnungseigentum - ohne grundlegende Sanierung; wie sich aus den gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen ergibt - sukzessive zu einem (beurkundeten) Gesamtkaufpreis von 1.400.000,00 DM verkauft hat. Auch der Umstand, daß der Beklagte nach seinem eigenen unbestrittenen - Vortrag mit dem Käufer vereinbart hatte daß an diesen nach Abschluß der Kaufverträge pro Eigentumswohnung 30.000,00 DM aus den Kaufpreisen erstattet werden, spricht für eine Kenntnis des Beklagten von dem tatsächlich erheblich geringeren Wert der Eigentumswohnungen.

Es steht damit zur Überzeugung des Senats fest, daß ein besonders krasses Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt und daß dieses krasse Mißverhältnis dem Beklagten auch bekannt war. Die hieran anknüpfende Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Beklagten (vgl. hierzu auch BGH, NJW-RR 1993, 298 ff.) hat dieser nicht widerlegen können.

Der in Immobiliengeschäften erfahrene Beklagte hat vielmehr das mangelnde Urteilsvermögen des Klägers ausgenutzt. Es ist davon auszugehen, daß dem als Hausmeister tätigen Kläger die Marktlage für Eigentumswohnungen und deren Bewertung nicht bekannt war, so daß er zur eigenständigen Beurteilung und Prüfung der von dem Kläger verlangten Kaufpreise nicht in der Lage war. Diese Unkenntnis des Klägers hat der Beklagte dadurch ausgenutzt, daß er dem Kläger die grob fehlerhafte und überhöhte Wertschätzung des Zeugen präsentierte und diese zur Grundlage der von ihm geforderten Kaufpreise machten.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist in diesem Zusammenhang nicht zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, daß sowohl der Kläger als auch der Beklagte den Kauf der Eigentumswohnungen durch den Kläger mit dem Ziel durchgeführt haben, ihre Vorstellung, durch Kauf, Renovierung und Veräußerung von Immobilien gewinnbringend zusammenzuarbeiten, zu realisieren; weil die Verkaufserlöse des Beklagten als Anstoßfinanzierung eingesetzt werden sollten. Denn das große finanzielle Risiko aufgrund der vollen Fremdfinanzierung des Wohnungskaufs sowie des angeschlagenen Gesundheitszustandes des Beklagten, der wegen seines Herzinfarktes bereits 1984 sein Immobiliengewerbe abgemeldet hatte (vgl. Bl. 187 ff.) lag allein auf seiten des Klägers, den der Beklagte im Hinblick auf diese Planung zum Kauf seiner Eigentumswohnungen zu überhöhten Kaufpreisen hat motivieren können.

Zu Recht hat demgegenüber das Landgericht die nach Behauptung des Beklagten am 29. Februar 1989 an den Kläger geleistete Zahlung von 60.000,00 DM auch bei unterstellter Richtigkeit des Vortrags des Beklagten nicht vom vereinbarten Kaufpreis in Abzug gebracht. Denn nach dem eigenen Vortrag des Beklagten erfolgte diese Zahlung als vorläufige und im Nachhinein zu verrechnende Anschubfinanzierung für die verabredete gewinnbringende Zusammenarbeit, nicht aber als teilweise Kaufpreisrückzahlung.

Der Klageanspruch rechtfertigt sich damit zugleich dem Grunde nach unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo. Denn der Beklagte hat dem Kläger durch die Vorlage der grob fehlerhaften Wertschätzung des Zeugen eine Werthaltigkeit der beiden Eigentumswohnungen vorgespiegelt, die - wie bereits festgestellt - nach seiner Kenntnis nicht gegeben war und den Kläger hierdurch veranlaßt, die beiden Eigentumswohnungen zu überteuerten Kaufpreisen zu kaufen (vgl. hierzu im einzelnen BGH, Der Wohnungseigentümer 1997, 157).

Eine Entscheidung durch den Senat zur Höhe des Klageanspruchs gemäß § 540 ZPO ist nicht sachdienlich.

Zur Höhe des Klageanspruchs ist die Sache noch nicht entscheidungsreif. Die Feststellung zur Höhe hängt von tatsächlichen Umständen ab, die nur nach umfangreicher Beweisaufnahme festgestellt werden können.

Der Kläger verfolgt eine Teilforderung von 200.000,00 DM aus seinem vorläufig in Höhe von 293.835,43 DM errechneten Gesamtanspruch. Dem Kläger, der sich zur Darlegung der genauen Höhe des von ihm verfolgten Schadensersatzanspruchs ergänzenden Sachvortrag vorbehalten hat, ist Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag zu ergänzen und eine genaue Aufstellung seiner Ansprüche unter Verrechnung der erzielten Versteigerungserlöse und der gezogenen Mieteinnahmen zu fertigen und diese zu belegen bzw. unter Beweis zu stellen. Ferner ist Beweis darüber zu erheben, ob der Beklagte zu 1), wie von ihm behauptet, 60.000,00 DM an den Kläger gezahlt hat, die er hilfsweise mit der Klageforderung verrechnen will.

II.

Die Klage gegen die Beklagte.

Hinsichtlich des gegen die Beklagte zu 2) verfolgten Klageanspruchs ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Eine Entscheidung durch den Senat gemäß § 590 ZPO ist nicht sachdienlich. Eine Prüfung durch das Landgericht, ob die Voraussetzungen des von dem Kläger gegen die Beklagten zu 1) verfolgten Anspruchs vorliegen, ist bisher nicht erfolgt. Gegebenenfalls ist Beweis zu erheben; der Kläger hat sich zum Beweis für seine Behauptung, die Beklagte zu 2) habe das Vermögen des Beklagten zu 1) übernommen, auf die Parteivernehmung beider Beklagten berufen.

Eine zuverlässige Aufklärung dieser Umstände, von denen die Entscheidung des Rechtsstreits abhängt, ist nur gewährleistet, wenn sie über zwei Tatsacheninstanzen erstreckt werden kann. Der unterlegenen Partei ist die Möglichkeit zu geben, daß er, ihm nachteilige Feststellungen in einer zweiten Tatsacheninstanz zur Überprüfung stellen kann.

Ende der Entscheidung

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