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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.11.2000
Aktenzeichen: 22 U 60/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 433
BGB § 434
BGB § 440
BGB § 326
BGB § 883
Ist im Zeitpunkt der Eintragung einer Auflassungsvormerkung, aber nach Vertragsschluß, eine Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek voreingetragen worden, so hat diese der Verkäufer zu beseitigen; der Käufer, der zur Zahlung nach Eintragung der Auflassungsvormerkung verpflichtet ist, braucht erst gegen Vorlage der Löschungsbewilligung der Vormerkung zu zahlen.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 60/00 OLG Hamm 4 O 311/99 LG Hagen

Verkündet am 9. November 2000

Skrzypek, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2000 durch die Richter am Oberlandesgericht Gottwald und Aschenbach und die Richterin am Oberlandesgericht Uetermeier

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 3. Februar 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Der Beklagten wird nachgelassen, Sicherheit auch durch unbedingte unbefristete oder selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder Sparkasse zu erbringen.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Durch notarielles Angebot vom 10.03.1998 des Notars - in bot die Beklagte der Klägerin den Kauf einer Teilfläche von 2.294 qm vom Gesamtgrundstück, Grundbuch von Blatt Nr. an. Gemäß Kapitel I "Vorbemerkungen" Ziffer 3 des Angebots waren Grundpfandrechte im Grundbuch nicht eingetragen. Gemäß § 3 sollte der Kaufpreis 125,00 DM pro Quadratmeter, also insgesamt 286.750,00 DM betragen. Er sollte auf ein Konto des Veräußerers acht Wochen nach Angebotserstellung, aber nicht vor Eintragung der nachbewilligten Auflassungsvormerkung gezahlt werden. Gemäß § 3 Ziffer 2 des Angebots war der Veräußerer befugt, die Eintragung der Auflassungsvormerkung und einer in § 5 vorgesehenen Finanzierungsgrundschuld zugunsten des Käufers durch die Hingabe einer selbstschuldnerischen unwiderruflichen und zeitlich nicht befristeten Bankbürgschaft einer deutschen Bank zu ersetzen. Die Erwerberin wurde in § 5 des Angebots bevollmächtigt, den Grundbesitz mit den zur Finanzierung des Kaufpreises und der geplanten Baumaßnahme erforderlichen Grundpfandrechten zu belasten. Zu diesem Zweck war ein Rangrücktritt der zugunsten des Käufers einzutragenden Auflassungsvormerkung hinter die Grundpfandrechte bewilligt und beantragt. In § 7 des Angebots sah Ziffer 1 vor, daß der Vertragsgegenstand frei von Belastungen und anderer Rechte Dritter (mit Ausnahme der Dienstbarkeit) zu übereignen sei. Ziffer 4 sah vor, daß die Auflassung erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises erfolgen solle. In § 8 bewilligten und beantragten die Parteien die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten im Grundbuch zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an dem näher angegebenen Grundbesitz. Wegen der Regelung des Angebots im einzelnen wird auf die bei den Akten befindliche Kopie Anlage 1 ff. Bezug genommen. Unter dem 06.04.1998 nahm die Klägerin das Angebot der Beklagten vom 10.03.1998 an. Auf die Kopie Anlage A 12 ff. wird verwiesen. Am 09.07.1998 wurde im Grundbuch des an die Beklagte veräußerten Grundbesitzes zugunsten einer Firma eine Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek für Werklohnforderungen in Höhe von 128.888,78 DM eingetragen. Unter dem 29.07.1998 beurkundeten die Parteien einen Änderungsvertrag, weil sich die Grundstücksfläche des Kaufobjektes um 77 qm reduziert hatte. Sie legten damit fest, daß der Kaufpreis statt 286.750,00 DM 277.125,00 DM betragen sollte. Sie wiesen darauf hin, daß die Vormerkung auf den Grundstücken eingetragen werden solle. Wegen des Inhalts des Vertrages wird auf die Anlage 16 ff. Bezug genommen. Am 24.09.1998 wurde zugunsten der Beklagten die Auflassungsvormerkung bezüglich der zu veräußernden Fläche eingetragen. Mit Schreiben vom 11.11.1998, Anlage A 21 f., wandte sich die Beklagte an die Klägerin. Sie wies darauf hin, daß, nachdem alle anderen Genehmigungen vorliegen und die Umschreibung nach Zahlung des Kaufpreises erfolgen könnte, sich herausgestellt habe, daß das Grundstück bereits seit dem 09.07.1998 mit der Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek belastet sei. Vor Löschung dieser Sicherungshypothek könne der Kaufpreis nicht gezahlt werden und eine lastenfreie Umschreibung nicht erfolgen. Sie, die Beklagte, habe das Recht, den Kaufgegenstand frei von dem Mangel der eingetragenen Hypothek zu beanspruchen. Sie setzte der Klägerin eine Frist bis 30.11.1998, um die Löschung des vorgenannten Rechtes zu bewirken. Nach Ablauf dieser Frist werde sie vom Vertrage zurücktreten. Mit Brief vom 27.11.1998, Anlage A 26 f., schrieb die Klägerin der Beklagten, daß der von der Firma eingeschaltete Anwalt verbindlich erklärt habe, daß jene auf eingetragene Sicherungshypotheken verzichten werde. Die Löschung werde in Kürze erfolgen, sobald ihm - dem Anwalt der Klägerin - die Löschungsbewilligungen in notarieller Form vorliegen würden. Soweit die Gegenseite die Zahlung eines Betrages von 50.000,00 DM für sich in Anspruch nehme, übersende er in der Anlage eine Mitteilung der Kreissparkasse, in welcher diese bestätigt habe, daß sie auf das Konto von ihm 50.000,00 DM zur treuhänderischen Verwaltung angewiesen habe. Er werde den Betrag von 50.000,00 DM an die Firma weiterleiten, soweit ihm die Löschungsbewilligungen vorliegen würden. Dem Schreiben war eine Abschrift eines Faxes der Rechtsanwälte vom 26.11.1998 beigefügt, in dem diese bestätigen, daß die Firma der Löschung der Vormerkung zustimmen werde. Die Anwälte erklären in diesem Schreiben unwiderruflich namens und im Auftrag der Firma daß sie bei den vorbezeichneten Grundstücken aus den eingetragenen Vormerkungen keine Rechte geltend machen würden. Die Löschung werde in Kürze in notarieller Form erfolgen. Im Gegenzug habe sich die Klägerin zu verpflichten, 50.000,00 DM gegen Übergabe der Löschungsbewilligungen zu zahlen. Auf die Kopie Anlage 25 d.A. wird Bezug genommen. Unter dem 02.12.1998 erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Auf ihr Schreiben vom 02.12.1998 Anlage 28 d.A. wird Bezug genommen. Am 09.12.1998 legte die Firma die Löschungsbewilligung bezüglich der am 09.07.1998 eingetragenen Vormerkung vor. Die Klägerin leitete diese mit Schreiben vom 11.12.1998 an das Grundbuchamt weiter. Unter dem 10.02.1999 wurde die Vormerkung auf Eintragung einer Sicherungshypothek im Grundbuch gelöscht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht wirksam vom Vertrag zurückgetreten. Sie, die Klägerin, habe sich nicht in Verzug befunden, da sie vor dem Schreiben vom 11.11.1998 nicht zur Herbeiführung der Lastenfreiheit gemahnt worden sei. Außerdem habe sie die Lastenfreiheit nicht zum 30.11.1998, sondern erst zum Zeitpunkt der Eintragung der Beklagten als Eigentümerin im Grundbuch geschuldet. Verzug habe auch deshalb nicht vorgelegen, weil sich die Beklagte selbst mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug befunden habe. Wenn die Beklagte im übrigen vertragsgemäß sofort, spätestens jedoch nach Klärung der Flächenänderung am 18.05.1998, die Eintragung der Vormerkung beantragt hätte, wäre es zur vorhergehenden Eintragung der Vormerkung zugunsten der Firma nicht gekommen. Jedenfalls habe schon vor Ablauf der gesetzten Frist die mit Schreiben vom 24.11. und 26.11.1998 abgegebene verbindliche Verzichtserklärung der Firma vorgelegen, so daß jedenfalls materielle Lastenfreiheit bestanden habe. Schließlich sei die Nachfristsetzung nicht angemessen gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 277.125,00 DM nebst 7,25 % Zinsen hieraus seit dem 20.11.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe sich in Verzug befunden, da der Vertrag nicht habe durchgeführt werden können, wenn nicht eine Löschung der vorrangigen Vormerkung erfolgt sei. Die eingetragene Auflassungsvormerkung habe daher den vertraglichen Anspruch auf Lastenfreiheit nicht sichern können. Die behauptete Verzichtserklärung der Firma habe mit Rücksicht auf § 875 Abs. 2 BGB vor Ablauf der Rücktrittsfrist keine Rechtsverbindlichkeit erlangt. Sie, die Beklagte, habe die Eintragung der Auflassungsvormerkung nicht verzögert. Diese sei allein durch die notwendige Vertragsänderung eingetreten. Die von ihr gesetzte Nachfrist sei angemessen gewesen.

Durch am 03.02.2000 verkündetem Urteil des Landgerichts Hagen ist die Klage abgewiesen worden. Das Landgericht vertritt in den Entscheidungsgründen die Auffassung, die Beklagte sei gem. §§ 433, 440, 326 BGB wirksam vom Vertrage zurückgetreten und deshalb zu seiner Erfüllung nicht mehr verpflichtet. Die Klägerin sei mit der Herstellung der Lastenfreiheit im Zeitpunkt des Schreibens vom 11.11.1998 in Verzug gewesen. Zwar schulde der Verkäufer eines Grundstückes die Lastenfreiheit grundsätzlich erst im Zeitpunkt des Rechtsübergangs. Die im Streitfall getroffene Regelung verlagere die Erfüllung dieser Pflicht jedoch auf den Zeitpunkt der Eintragung der Auflassungsvormerkung vor, da dadurch bereits die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung, die zudem unmittelbar an die Klägerin erfolgen sollte, ausgelöst werde. Die Klägerin sei mit ihrer Verpflichtung zur Verschaffung einer Lastenfreiheit des Grundbuchs in Verzug gekommen. Unstreitig sei vor Eintragung der Auflassungsvormerkung bereits am 09.07.1998 die Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek eingetragen worden. Diese Fremdlast habe die Klägerin bis zum Ablauf der Nachfrist zum 30.11.1998 nicht beseitigt. Die mit Schreiben vom 11.11.1998 gesetzte Frist sei angemessen gewesen. Zur Wahrung ihrer Rechte hätte bereits die Vorlage der Löschungsbewilligung der Firma gem. § 875 Abs. 2 BGB genügt, die aber nicht erfolgt sei. Allein auf die Verzichtserklärung der Firma habe sich die Beklagte nicht einzulassen brauchen, da sie ihr gegenüber keine rechtsverbindliche Wirkung gehabt habe. Auf die Entscheidungsgründe Bl. 39 R bis 41 R d.A. wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und begründet. Mit dieser trägt sie vor, die Beklagte sei nicht wirksam gem. § 326 BGB vom Kaufvertrag zurückgetreten. Die Verschaffung einer lastenfreien Auflassungsvormerkung sei bereits keine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflicht. Daß sie eine solche nicht sei, ergebe sich bereits aus der Ersetzungsbefugnis des Verkäufers, die Auflassungsvormerkung durch eine Bürgschaft zu ersetzen. Darüber hinaus habe die Auflassungsvormerkung nicht einen bestimmten Grundbuchstand absichern sollen. Jedenfalls sei ein Anspruch auf Lastenfreiheit nicht bereits im November 1998 fällig gewesen. Weiterhin sei die Beklagte darauf hinzuweisen, daß sie im Schreiben vom 11.11.1998 nicht ihrerseits annahmeverzugsbegründend die Zahlung des Kaufpreises angeboten habe. Die Klägerin ihrerseits habe die Erwirkung der unwiderruflichen Verzichtserklärung innerhalb der Frist erreicht. Jedenfalls über die Anwendung von § 242 BGB verbiete sich ein Rücktritt der Beklagten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hagen vom 03.02.2000 teilweise abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 277.125,00 DM nebst 7,25 % Zinsen seit dem 03.12.1998 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe des Besitzes an den im Grundbuch des Amtsgerichts für Blatt. Nr. eingetragenen Teilgrundstücken der Gemarkung Flur Furstücke 3/49, 3/50, 3/51, 3/52, 3/55, 3/56, 3/57 und 3/58;

2. festzustellen, daß sich die Beklagte im Verzug der Annahme der Besitzübergabe an den in Ziff. 1.) aufgeführten Grundstücken befindet.

Die Beklagte beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen,

ihr zu gestatten, die von ihr zu leistende Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Verpflichtung zur Lastenfreiheit der Auflassungsvormerkung sei eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflicht. Sie, die Beklagte, habe am 11.11.1998 hinreichend gemahnt und eine wirksame Nachfrist mit Ablehnungsandrohung gesetzt. Die von der Klägerin erreichte unwiderrufliche Verzichtserklärung der Firma sei nicht bindend gewesen. Nach dem Ablauf der Frist sei der Rücktritt wirksam ausgesprochen worden. Die gesetzte Nachfrist sei angemessen gewesen.

Wegen des Vortrags der Parteien im einzelnen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Der geltend gemachte Kaufpreisanspruch steht ihr aufgrund des wirksamen Rücktritts der Beklagten nicht zu.

Zwar ist der Kaufpreisanspruch aus dem durch Angebot vom 10.03.1998 und Annahme vom 06.04.1998 zustandegekommenen Kaufvertrag in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 29.07.1998, in dem die Parteien lediglich wegen einer Verminderung der veräußerten Flächen den vereinbarten Kaufpreis von 286.750,00 DM auf 277.125,00 DM reduziert haben, entstanden. Allerdings ist der Kaufvertrag durch den von der Beklagten am 02.12.1998 erklärten Rücktritt rückabgewickelt worden. Gem. §§ 433, 434, 440, 326 BGB war die Beklagte zum Rücktritt berechtigt. Denn im Zeitpunkt des Schreibens vom 11.11.1998, mit dem sie eine Frist unter Ablehnungsandrohung setzte, war die Klägerin mit der Erfüllung einer Hauptleistungspflicht in Verzug. Die Klägerin hatte nämlich gem. § 434 BGB die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptverpflichtung, der Beklagten den verkauften Gegenstand frei von Rechten Dritter zu verschaffen, verletzt. Dieses ist ohne Zweifel eine synallagmatische Verpflichtung, was sich bereits daraus ergibt, daß über § 440 BGB ihre Nichterfüllung die Rechtsfolgen der §§ 320 ff. BGB eröffnet (vgl. auch BGH NJW 2000, 1256). Zu Recht weist allerdings die Klägerin darauf hin, daß der Anspruch auf Beseitigung der unter § 434 BGB fallenden Rechtsbelastungen grundsätzlich (erst) fällig ist, wenn der Anspruch auf Übereignung fällig ist (vgl. Soergel-Huber, BGB, 11. Aufl., § 434 Rdn. 55; ähnlich Palandt-Putzo, BGB, 59. Aufl., § 434 Rdn. 3). Legt man dies zugrunde, so waren die Voraussetzungen für eine Fälligkeit des Lastenfreiheitsanspruchs aus § 434 BGB am 11.11.1998 noch nicht gegeben: Nach § 7 Ziffer 4 des Vertrages vom 10.03.1998/06.04.1998 sollte die Auflassung erst nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises erfolgen. Diesen hat die Beklagte nie gezahlt, obwohl der Kaufpreis gem. § 3 Ziffer 2 des Vertrages mit einer später als 8 Wochen nach Angebotserstellung eingetragenen Auflassungsvormerkung grundsätzlich fällig war.

Das Landgericht stellt auch nicht auf eine Verletzung der Lastenfreistellung bei Fälligkeit des Übereignungsanspruchs, sondern zu Recht auf die Verpflichtung ab, der Beklagten eine den Zustand des Grundbuchs bei Vertragsschluß sichernde Auflassungsvormerkung zu verschaffen. In der Tat ist die Vormerkung ein Sicherungsmittel für den Eigentumsverschaffungsanspruch und seinen Rang, wie bereits § 8 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages vom 10.03.1998/06.04.1998 verdeutlicht. Ist nun im Zeitpunkt der Eintragung der Auflassungsvormerkung eine Voreintragung im Grundbuch vorhanden, hat die Klägerin der Beklagten eine rangschlechtere Auflassungsvormerkung verschafft und ihre Vertragspflicht zur Bestellung einer Vorrang sichernden Auflassungsvormerkung verletzt. Der Vertrag hebt in § 7, aber auch in der Vorbemerkung unter Ziffer 3 deutlich hervor, daß Grundpfandrechte nicht eingetragen seien und der Vertragsgegenstand frei von Belastungen und anderen Rechten Dritter zu übereignen sei. Wie wichtig der Beklagten eine vorrangige Auflassungsvormerkung war, ergibt sich aus § 5 des Vertrages. Dieser weist aus, daß sich die Klägerin bereiterklärt, zur Finanzierung des Kaufpreises für die Beklagte Grundpfandrechte auf dem Grundbesitz in beliebiger Höhe nebst beliebig hohen Zinsen und Nebenleistungen eintragen zu lassen und das Grundstück der dinglichen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Diese von den Parteien in einer verbindlichen Regelung festgehaltenen Rechte der Beklagten liefen aber leer, wenn noch vor Eintragung der Auflassungsvormerkung die Vormerkung auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek im Grundbuch eingetragen war. Die Eintragung der dann rangschlechteren Auflassungsvormerkung gefährdete die Verwirklichung des Kaufvertrages: Unwidersprochen hat die Beklagte vorgetragen, daß der Vertrag nicht durchgeführt werden konnte, wenn nicht eine Löschung der vorrangigen Sicherungshypothek respektive der deren Eintragung rangsichernden Vormerkungen erfolgte. Anders sei ihr die Finanzierung des Kaufobjektes durch Eintragung von Grundpfandrechten in beliebiger Höhe nebst beliebig hohen Zinsen und Nebenleistungen nicht möglich. Dieser Auslegung steht nicht die der Klägerin in § 3 Ziffer 2 des Vertrags vom 10.03.1998/06.04.1998 eingeräumten Befugnis entgegen, die Eintragung der Auflassungsvormerkung und der Grundschuld - damit ist die für die Beklagte einzutragende gemeint - durch Hingabe einer Bankbürgschaft zu ersetzen. Diese Vereinbarung bestätigt gerade die Wichtigkeit der Auflassungsvormerkung und Belastungsvollmacht für die Durchführung des Kaufvertrages; sie hat aber keine Bedeutung erlangt, da die Klägerin eine Bürgschaft nicht gestellt hatte.

Nach alledem ist davon auszugehen, daß die Klägerin am 11.11.1998 eine wesentliche im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflicht, die auch bereits fällig geworden war, verletzt hatte: Die Verpflichtung zur Lastenfreistellung haben die Parteien, so die Auslegung des Vertrages, auf den Zeitpunkt der Eintragung der Auflassungsvormerkung vorverlagert. Mit der Erfüllung dieser Verpflichtung war die Klägerin in Verzug. Unter Fristsetzung fordert das Schreiben vom 11.11.1998 zur Löschung der Vormerkung der Sicherungshypothek auf; das ist eine verzugsbegründende Mahnung; sie kann mit der Fristsetzung verbunden werden (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 326 Rdn. 14). Die von der Klägerin zitierte Entscheidung BGH NJW 1996, 1814 betrifft einen anderen Fall, in dem das Fristende vor Zugang der Mahnung abgelaufen war. Die Ablehnungsandrohung ist in der Ankündigung des Rücktritts nach erfolglosem Ablauf der Frist zu sehen.

Ein Verzugseintritt scheitert nicht daran, daß die Beklagte die ihr obliegende Gegenleistung, den Kaufpreis, nicht gleichzeitig mit dem Schreiben vom 11.11.1998 angeboten hat. Zwar ist davon auszugehen, daß das Schreiben vom 11.11.1998 nicht ein annahmeverzugsbegründendes Angebot des Kaufpreises enthält. Denn bei Geldschulden muß dem Gläubiger die Verfügungsmöglichkeit eingeräumt werden (Soergel-Wiedemann, a.a.O., § 294 Rdn. 4). Das ist im vorliegenden Fall nicht der Fall. Auch greift nicht § 295 BGB ein, bei dem ein wörtliches Angebot ausgereicht hätte. Gleichfalls reicht nicht aus, daß die Beklagte nach dem Inhalt des Schreibens zur Erbringung der Leistung bereit war - falls die Vormerkung auf Eintragung einer Sicherungshypothek gelöscht war. Geht man allerdings davon aus, daß die Klägerin bereits im Zeitpunkt der Eintragung der Auflassungsvormerkung (24.09.1998) verpflichtet war, die Vormerkung auf Eintragung einer Sicherungshypothek für die Firma zur Löschung zu bringen, weil sie die Sicherung eines lastenfreien Eigentumsüberganges verhinderte, die Beklagte auf eine solche zur Finanzierung des Kaufpreises angewiesen war, konnte die Beklagte von der Klägerin die vorherige Sicherstellung einer vorrangigen Auflassungsvormerkung verlangen, bevor sie zahlte. Da der Vertrag die Fälligkeit des Kaufpreises erst nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung herbeiführte, die nachrangig eingetragene Auflassungsvormerkung eine Nichterfüllung darstellt, konnte die Beklagte bis zur Herstellung einer lastenfreien Auflassungsvormerkung mit der Zahlung zuwarten.

Daß die Auflassungsvormerkung erst nach der Eintragung der Vormerkung für die Sicherungshypothek eingetragen wurde, hat nicht die Beklagte zu vertreten, zumal vor Eintragung der Auflassungsvormerkung noch der Änderungsvertrag beurkundet wurde, zu dessen Vorbereitung nach dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 20.12.1999 die Klägerin mit dem Notar eine Korrespondenz geführt hatte. Davon abgesehen weist die Beklagte darauf hin, daß die Eintragung der Auflassungsvormerkung in den Händen des Notars lag und die Klägerin selbst den Notar hätte auffordern können, den Vertrag abzureichen.

Die von der Beklagten im Schreiben vom 11.11.1998 gesetzte Frist war, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, im Hinblick auf § 875 Abs. 2 BGB ausreichend. Zur Erlangung der Erteilung der Löschungsbewilligung, u.U. gegen Zahlung von 50.000,00 DM durch die Klägerin an die Firma reichte die Frist aus. Die Löschungsbewilligung hätte die Klägerin bereits seit Eintragung der Vormerkung auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek am 09.07.1998 beschaffen können. Die Löschungsbewilligung lag der Beklagten nicht innerhalb der gesetzten Frist vor, geschweige denn war die Löschung bewirkt. Selbst wenn die Firma am 26.11.1998 erklärt hatte, aus der Vormerkung keine Rechte geltend zu machen, so war diese Erklärung vor Abgabe der Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt oder Aushändigung der Löschungsbewilligung ohne Bindung, § 875 Abs. 2 BGB, der auf eine Vormerkung entsprechend angewandt wird (vgl. Palandt, a.a.O., § 886 Rdn. 3). Die Beklagte brauchte sich hierauf somit nicht zu verlassen, abgesehen von der Verbindung der Erklärung der Firma mit der Forderung nach Zahlung von 50.000,00 DM. In der Tat wurde die Löschungsbewilligung von der Firma auch erst deutlich nach der Erklärung des Rücktritts vom 02.12.1998 am 11.12.1998 dem Grundbuchamt zugeleitet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Ziffer 10, 711, 546 ZPO.

Ende der Entscheidung

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