Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.02.2002
Aktenzeichen: 23 W 450/01
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 2
ZPO § 104 Abs. 1
BRAGO § 52
1. Die Kosten eines Verkehrsanwalts können grundsätzlich nur für die erste und zweite Instanz als Tatsacheninstanzen erstattungsfähig sein.

2. Dasselbe kommt für die Revisionsinstanz ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn, z.B. aufgrund einer Auflage des Revisionsgerichts, eine Unterrichtung des Revisionsanwalts über tatsächliche Umstände notwendig wird.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

23 W 450/01 OLG Hamm

in dem Rechtsstreit

Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 12. Februar 2002 auf die sofortige Beschwerde des Streithelfers der Beklagten vom 05. November 2001 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Essen vom 26. Oktober 2001 durch den Richter am Oberlandesgericht Schnapp, die Richterin am Oberlandesgericht Rautenberg und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Funke

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Die von dem Streithelfer der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden anderweitig auf 11.342,70 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 03. August 2001 festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde des Streithelfers der Beklagten und der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag des Klägers werden zurückgewiesen.

Der Streithelfer trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert bis zu 300 EUR.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger nach einem Gegenstandswert bis zu 13.000 EUR.

Gründe:

Die als Erinnerung bezeichnete zulässige sofortige Beschwerde des Steithelfers der Beklagten hat nahezu in vollem Umfang Erfolg.

Die Kosten des im Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof als Verkehrsanwalt tätigen erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers sind bis auf den Betrag einer Unkostenpauschale von 40,00 DM nicht prozessnotwendig angefallen; sie haben insoweit außer Ansatz zu bleiben.

Anknüpfungspunkt für die Zubilligung von Verkehrsanwaltskosten ist die Notwendigkeit, den Prozessbevollmächtigten über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu unterrichten. Die Einschaltung von Verkehrsanwälten ist daher grundsätzlich nur für die 1. und 2. Instanz als Tatsacheninstanz gerechtfertigt. Eine Sachstandsunterrichtung des Revisionsanwalts ist hingegen in der Regel nicht gefordert, da in der Revisionsinstanz das angefochtene Urteil lediglich anhand des vom Berufungsgericht festgestellten und aus den Gerichtsakten ersichtlichen Sachverhalts auf Rechtsfehler überprüft wird (vgl. OLG Hamm in JurBüro 1972, 782; Senatsbeschluss vom 04.11.1991 in 23 W 426/91 und vom 25.05.1992 in 23 W 236/92).

Nur wenn im Revisionsverfahren ausnahmsweise weiterer Sachvortrag erforderlich wird, z.B. aufgrund einer Auflage des Revisionsgerichts (vgl. OLG Hamm RPfleger 1961, 260), der eine Unterrichtung des Revisionsanwalts über tatsächliche Umstände notwendig macht, gilt etwas anderes.

Im vorliegenden Fall ging es im Revisionsverfahren ausschließlich um Rechtsfragen aus dem Gesellschaftsrecht, insbesondere des GmbH-Rechts, die sich in Zusammenhang mit der streitigen Aktivlegitimation des Klägers im Rahmen der von ihm angestrengten Feststellungsklage und dem Einwand der Nichtigkeit des vom Streithelfer der Beklagten als damaligem Geschäftsführer der Beklagten zu 2) in Zusammenwirken mit der Geschäftsführerin der Beklagten zu 1) vereinbarten Grundstücksveräußerungsvertrages. Auflagen des Bundesgerichtshofs, das bisherige Vorbringen zu bestimmten Punkten in tatsächlicher Hinsicht zu ergänzen, die eine Unterrichtung des Revisionsanwalts des Klägers über tatsächliche Umstände erforderlich gemacht hätten, sind nicht erfolgt. Die Revisionserwiderung des Klägers enthält wohl aus diesem Grunde insgesamt keinen Tatsachenvortrag, der nicht bereits Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen wäre. Auch dieser Umstand indiziert die Entbehrlichkeit zusätzlicher Informationen an die Revisionsanwälte des Klägers. Die Weiterleitung der im Schriftsatz vom 03.12.2001 angeführten Unterlagen und Dokumente durch den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers an dessen BGH-Anwälte war daher mangels Prozessnotwendigkeit im Sinne des § 91 ZPO überflüssig. Eine Überbürdung der dadurch ausgelösten Verkehrsanwaltsgebühr (§ 52 BRAGO) auf den Streithelfer der Beklagten im Wege der Kostenfestsetzung verbietet sich daher.

Bei kostenbewusstem Verhalten hätte der Kläger seine Revisionanwälte schriftlich beauftragt und im weiteren Verlauf des Revisionsverfahrens weiterhin auf schriftlichem Wege oder fernmündlich den Kontakt zu ihnen aufrechterhalten. In diesem Falle wären lediglich Porto- oder Telefonkosten angefallen. Hierfür ist ein Pauschbetrag von 40,00 DM in Ansatz zu bringen.

Die dem Vortrag des Klägers zufolge notwendige Abklärung zusätzlicher Sach- und Rechtsfragen aus Anlass des Widerspruchs des Pflegers der Beklagten gegen die Revision ihres Streithelfers erforderte ebenfalls nicht der Einschaltung eines zweiten Anwalts. Derartige Fragen sind grundsätzlich unmittelbar zwischen dem Revisionsanwalt und seinem Mandanten zu erörtern. Der Hinweis des Klägers, durch seine intensive juristische Aus- und Fortbildung sei er hieran gehindert gewesen, ist in dieser Form mangels konkreter zeitlicher Angaben zu seiner damaligen ausbildungsbedingten Einbindung und zeitlichen Belastung nicht nachvollziehbar und damit nicht geeignet, die erhebliche Mehrkosten auslösende Inanspruchnahme eines Verkehrsanwalts im dritten Rechtszug zu rechtfertigen.

Nach alledem reduzieren sich die erstattungsfähigen Kosten des Klägers für das Revisionsverfahren auf den Betrag von 22.184,40 DM (Kosten der Revisionsanwälte: 22.144,40 DM zzgl. Auslagenpauschale: 40,00 DM) entsprechend 11.342,70 EUR.

Auf diesen letztgenannten Betrag war der angefochtene Beschluss abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus Nr. 1953 der Anlage 1 zu § 11 GKG und § 92 Abs. 2 ZPO; die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 12 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück